Johanna Klee

Gestörte Ruhe

In Westafrika gibt es eine ganz besondere Tierart, die noch kein Biologe oder Zoologe bis jetzt erforscht hat. Diese Tierart ist so besonders, dass sie über Jahrhunderte hinweg unentdeckt am Leben blieb: Es handelt sich um grüne Zwergflusspferde.

 

Natürlich sind Zwergnilpferde der Wissenschaft bekannt, man nennt sie sogar bei dem komplizierten Namen Choeropsis liberiensis. In vielen Zoos auf der Welt werden alle Arten der Nilpferde sogar den Menschen präsentiert. Doch normalerweise sind Nilpferde nun einmal grau oder braun – und nicht grün.

 

Wahrscheinlich sind grüne Zwergflusspferde unbekannt, weil auch ihre ebenso kleinen, grauen Artgenossen schon schwer zu finden sind. Im Gegensatz zu ihren größeren Verwandten, den Flusspferden, lebt diese Art nämlich hauptsächlich auf dem Land oder im Dickicht. Sie sind sehr zurückhaltende und scheue Tiere und werden nicht größer als ein ausgewachsenes Schwein.

 

Die grünen Zwergflusspferde haben noch eine zusätzliche Stärke, wodurch sie noch weniger zu finden sind: Durch ihre grüne Färbung heben sie sich kaum von den Blättern im Dickicht ab und sind dadurch noch mehr geschützt. So können selbst ihre Feinde sie nicht sehen.

 

So haben sich die grünen Zwergnilpferde durch ihre Abgeschiedenheit zu sehr intelligenten Tieren entwickelt, die friedlich im tiefsten Wald leben.

 

 

Eines dieser grünen Nilpferde hatte den Namen Knollnase, weil es schon seit seiner Geburt vor einem Jahr eine große Nase hatte. Er war ein sehr schüchternes Jungtier und hatte seine Mutter noch nicht verlassen. Nur selten traute er sich alleine in die Nähe des großen Flusses oder zu seinen Freunden.

 

Als er sich eines Tages wieder besonders abenteuerlustig fühlte, wackelte er mit seinen kurzen Beinen bis zum Rand eines Flusses und versteckte sich dort im dichten Dickicht.

 

Durch die Hitze der im Zenit stehenden Sonne war er schon ein wenig schläfrig geworden, so kaute er gelangweilt an einem grünen Blatt, wackelte mit den Ohren um die Fliegen zu verscheuchen und beobachtete die großen Flusspferde im Wasser.

 

Knollnase staunte über die langen Elfenbeinzähne und über die massigen Leiber. Er fragte sich, ob es wohl noch anderswo solche Tiere. Doch da erinnerte er sich an ein Gespräch mit seiner Mutter, die ihm einst erzählte, dass die meisten Nilpferde schon längst ausgestorben waren und es nur noch welche unterhalb der Sahara in nicht allzu dichten Urwaldgebieten gäbe.

 

Nackte Tiere, die Menschen genannt wurden, wollten die langen Elfenbeinzähne der Nilpferde besitzen und töteten sie deshalb. Manchmal sperrten sie die Nilpferde auch in Kisten ein!

 

Knollnase lief trotz der tropischen Hitze ein kalter Schauer über den Rücken als er daran dachte. Wie konnte man solch edle Tiere nur aussterben lassen?

 

Plötzlich zuckte das kleine Zwergflusspferd zusammen, als ein ihm unbekanntes Geräusch über den Fluss hallte. Ein tiefes, lautes Brummen erfüllte die Luft, welches die Vögel in den Himmel fliegen ließ. Ein riesiges, schnelles Ding tauchte am Horizont und raste über den Fluss, so dass an seinen Seiten Wasser in alle Richtungen spritzte.

 

Die Tiere im Wald versteckten sich hinter den Bäumen und auch Knollnase beobachtete ängstlich den lauten Gegenstand. Auf ihm standen zwei aufgerichtete Wesen, die fast gänzlich nackt waren und nur an ihren Beinen blaues Fell trugen. Das mussten Menschen sein! Waren sie etwa hierher gekommen, um die Nilpferde wegen ihrer Zähne zu töten?

 

Als die zwei Menschen bei den Nilpferden ankamen und dort anhielten, fingen diese an den Weg zu versperren. Die großen Flusspferde fürchteten sich zwar vor den Waffen der Menschen und vor ihrem lauten Fahrzeug, doch sie wussten auch, dass sie sich mit ihren Zähnen notfalls wehren konnten.

 

Die kleineren Nilpferdbabys versteckten sich, in dem sie untertauchten oder hinter ihre Eltern schwammen.

 

Einer der Menschen beobachtete die Nilpferde grimmig, die ganze Zeit zielte er mit einem schwarzen, langen Gerät auf die Nilpferde. Diese wurden dadurch noch aggressiver und zeigten ihre großen Zähne.

 

Der andere Mensch reagierte daraufhin verunsichert, mit seltsamen Lauten redete er auf seinen Artgenossen ein. Er zeigte mit wilden Gesten auf die Seite des Flusses, von der sie gekommen waren. Anscheinend wollte er zurückkehren.

 

Doch der andere Mensch wurde noch wütender, er fing an zu schreien und mit seinem Gerät in der Luft herumzufuchteln. Sein Artgenosse war davon nicht beeindruckt, schließlich gelang es ihm seinen Mitmenschen zu beruhigen.

 

Er hantierte an dem Fahrzeug herum und lenkte es in die entgegengesetzte Richtung – weg von den Nilpferden. Allerdings schien sein Partner immer noch darüber wütend zu sein.

 

Knollnase war jedenfalls sehr erleichtert, dass die beiden merkwürdigen Wesen verschwanden. Nachdenklich kehrte er zu seiner Mutter zurück und erzählte ihr die Geschichte. Würden etwa noch mehr von diesen Wesen kommen? Waren auch sie bald nicht mehr unentdeckt? Vielleicht wurde dann auch Knollnase in eine Kiste gesteckt! Oder er wurde wegen seiner seltenen Hautfarbe getötet!

 

Warum konnten die Menschen die Tiere im Urwald nicht einfach in Ruhe lassen, sondern mussten alles zerstören?

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.11.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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