Tina Stein

Geständnis oder: die Augen

Endlich hatte ich es geschafft, mein Leben verlief wieder in geregelten Bahnen. Ich dachte schon ich könnte nie mehr glücklich sein. Jetzt lebe ich in einem neuen Haus, meinem absoluten Traumhaus, zusammen mit meinem neuen Mann und meiner Tochter, ich habe einen gut bezahlten Job der mir viel Spaß gemacht hat. So glücklich war ich schon lange nicht mehr. Ich denke heute nicht gerne an die Vergangenheit zurück, aber manchmal holen mich die alten Gedanken einfach ein.
Ich weiß nicht mehr wie es damals passiert ist, niemand hatte Probleme mit uns, es gab keinen Grund. Alles was ich noch weiß ist das ich in den Keller gegangen bin, keine Ahnung warum und dort sah ich ihn liegen, meinen Mann, regungslos auf dem kalten grauen Betonboden, die Augen weit und auf unheimliche Art wissend aufgerissen, glasig aber trotzdem trüb. Ich werde diese Augen nie mehr vergessen noch heute überfallen sie mich im Schlaf oder wenn ich es am wenigsten erwarte. Immer wenn ich an ihn denke sehe ich zuerst dieses unheimliche Bild vor mir, er tot auf dem Kellerboden mit diesen grausigen Augen.
Er wurde erstochen. Sieben Stiche in die Brust und einen in den Bauch. Das Messer steckte noch ihn ihm als ich ihn fand, es tropfte sogar noch ein wenig Blut aus der Wunde und die Klinge sowie der Griff des Messers waren blutbeschmiert. Ich glaube ich habe mich übergeben, ich weiß es nicht mehr genau. Die Erinnerungen an das, was vor diesem Tag geschah sind wie ausgelöscht, liegen verborgen im dunkeln, in den abgründen meiner Gedanken und doch sind sie da.
Ob ich sie verdrängt habe? Ja, das kann sein. Ich will mich nicht mehr erinnern aber das muss ich auch nicht, dieses Bild was ich ständig vor mir sehe reicht völlig aus. Ich habe auch Angst vor der Wahrheit, ich kann und will nicht akzeptieren was passiert ist. Er hatte es nicht verdient zu sterben, ich habe ihn mehr geliebt als alles andere, jeden Wunsch hat er mir erfüllt. Er hat so oft tief in meine Augen geschaut und gesagt: Ich liebe dich und werde dir niemals wehtun.
Schon wieder sehe ich diese Augen vor mir, leer und ausdruckslos aber auf ihre Art und Weise irgendwie verwundert, als wäre die Erkenntnis des Todes gerade erst gekommen sehen sie wieder aus dem leblosen Körper zu mir auf. Diese grausamen Bilder quälen mich so, ob er genauso gelitten hat wie ich jetzt? Oder war es ein schneller schmerzloser Tod? Das ist eher unwahrscheinlich, er muss wohl eine Weile leidend und blutend dort gelegen haben bis der Tod ihn erlöste. Ihn erlöste........
Warum nur verfolgen mich diese Augen? Ich will sie nicht mehr sehen, jetzt blicken sie nicht mehr leer sie sehen mich vorwurfsvoll aber gleichzeitig auch schuldig auf mich herab. Ich weiß das sie mich irgendwann in den Tod treiben werden. Aber ich gebe nicht auf. Nicht ich. Ich habe richtig gehandelt. Ich musste damals irgendetwas machen, ich hätte damit nicht weiterleben können. Augen, ich sehe immer diese Augen, sehe wie er tot am boden liegt.
Ich habe getan was getan werden musste, mich trifft keine Schuld. Und klagend blicken die Augen des Toten........

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.05.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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