Norbert Wittke
Wie Dr. Konrad Adenauer
Unlängst hatte ich die Möglichkeit, das Schloss in Bruchsal zu besichtigen.
Die Stadt wird Ihnen zumindest von den Staumeldungen auf der Autobahn
ein Begriff sein.
Angegliedert an die normale Schlossbesichtigung ist die Möglichkeit,
das Museum mit der größten Anzahl mechanischer Musikinstrumente
und Spieluhren in Augenschein zu nehmen. Dazu gehört natürliche eine
fachkundige Führung mit sorgfältig ausgebildeten Kräften.
Während der Führung kamen wir auch an einen schönen normal aussehenden
Flügel. Nur die Pedale waren sehr verstärkt.
Unsere nette Führerin bat mich, am Flügel Platz zu nehmen.
Meinen Einwand:" Ich kann überhaupt nicht spielen", ließ sie nicht gelten.
Sie sagte nur: "Das macht doch nichts. Sie werden sehen Sie können das
schon. Sie müssen nur die Pedale treten und tun Sie dabei, als wenn Sie richtig
spielen würden."
Nun das Treten erforderte schon etwas Kraft. Der Lohn. Ein wunderschönes
Klaviersolo erklang. Ich muss mich loben, denn ich spielte einfach meisterhaft.
Mein ausdrucksvolles Spiel wurde sogar gelobt.
Wir erfuhren,dass der Flügel einst dem verstorbenen 1. Bundeskanzler der
Bundesrepublik Dr. Konrad Adenauer gehört hatte.
Er konnte genauso wenig spielen wie ich. Sein Arzt hatte ihm mehr Bewegung
verordnet. Auf einem Trimmrad mochte er nicht strampeln. So legte er sich
diesen Flügel zu, der früher in Musikfilmen verwendet worden ist.
Vor dem Regieren wurde jeden Morgen eine Viertelstunde das Piano
getreten. Immerhin hatte er rund 500 Musikstücke zur Auswahl. Sogar
sehr flotte Melodien gehören zu der Sammlung. Dieser Flügel wurde von
den Erben mit dem Zubehör an das Museum veräußert.
Nun kann ich mich rühmen das gleiche Musikinstrument getreten zu haben
wie er, der große bekannte Politiker.
Vielleicht sollten sich andere Politiker hieran ein Beispiel nehmen und mit
Musik beim Vor- und Rückwertstreten für einen eventuellen Rücktritt
üben. Mit Musik geht manches leichter. Auch das Regieren.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.12.2005.
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