Gisela Gebhardt

Der Wunsch eines Kindes

Weihnachten des kleinen Noel

Mit jedem neuen Tag wird der Kalender dünner und dünner, schon früh leuchten die Straßenlaternen, bunte Lichter kündigen das Weihnachtsfest an. Schneeflocken tanzen leise durch die stille Nacht. Brrrrrrrrrr, am Morgen ist es schon recht kalt.

Eile ist geboten, die Post an den Weihnachtsmann soll noch rechtzeitig ankommen. Weit ist der Weg, der Weg ist so weit. Wo mag nur Himmelspforten liegen?

Noel kann es kaum erwarten, dass die vierte Kerze angesteckt wird. „Es muss doch bald Weihnachten sein“, sagte er! Wie lange muss ich denn noch schlafen, einmal, zweimal oder? Ich weiß, „rief er etwas ungeduldig“, morgen kann ich wieder ein Blatt vom Kalender abreißen und dann, dann ist es endlich so weit!

Ein Kind stand vor mir und hatte viele Fragen. Wenn die Sonne untergeht und die Sterne leuchten, schauen dann die Engel zum Weihnachtsmann herüber, ob er noch Hilfe benötigt, dass alle Geschenke der Kinder rechtzeitig unter dem Tannenbaum liegen? Sicher hat er großen Zettel? Sie müssen aufpassen, jedes Geschenk soll doch richtig ankommen! „Er kann nicht alles allein schaffen“, sagte Noel, dabei sahen mich seine große dunkle Augen an. Ich wünsche mir, ich wünsche mir - es schien, als würde er einen Augenblick überlegen. Ein Polizeiauto, wünsche ich mir, das ist grün und die Sirene macht Tatütata und dann müssen alle schnell Platz machen. Auf dem Dach ist sogar eine Lampe und das Licht kann sich drehen......plapperte er drauflos. Sieh nur, dies ist doch kein richtiges Auto, aber das hat mein Papa gemacht. Rasch hob er sein altes rostiges Drahtgestell in die Höhe. Ich spürte seinen Stolz, für einen Moment hatte der Kleine seine Traurigkeit vergessen, vor langer Zeit hatte er sein Lachen verloren und nun lag sogar ein Glanz in seinen Augen.

„Mein Papa ist im Himmel und manchmal rede ich mit ihm“, sagte er kaum hörbar. Kannst du mir sagen, ob er mich lieb hatte und mich hören kann? Oft erzählte er mir Geschichten. Ach, war das schön – seufzte Noel, wenn er an meinem Bett saß. Ich bin dann schnell eingeschlafen, denn ich wusste, bevor er zur Arbeit ging, kam er noch einmal zu mir. „Bis später - mein Kind“, sagte er. Und nun, nun warte ich und mein Papa schaut nicht mehr durch die Tür. Er ist einfach gegangen, hat nichts gesagt, ließ mich und meine Mama allein. Manchmal höre ich die Mama weinen, dabei hat sie doch mich und ich werde immer bei ihr bleiben. Noel hob den Kopf, sah mich an und sagte: „Wie alle Kinder, hatten wir auch einen Opa”, aber auch er ist nicht mehr bei uns.

Ich nahm den Kleinen in den Arm, spürte das Pochen seines Herzens. Seine Ärmchen umklammerten mich. "Bleibst du bei mir?“ fragte er. Sanft strich ich über seine schwarzen Löcken, obwohl ich wusste - das es eine Notlüge war, sagte ich, „ja, immer wieder nur ja …“. Wenn ich noch einen Wunsch habe, wird der Weihnachtsmann noch einen Spaziergang machen? Es kann doch sein, dass er vielleicht einen Wunschzettel vergessen hat? Ohne auf eine Antwort zu warten, sagte er, „ich wünsche mir, dass alle Kinder glücklich sind, ein richtiges Zuhause haben, nicht frieren und genug zu Essen haben!“ Wie er so vor mir stand, ein kleiner Junge in seinen zerschlissenen Hosen, da liefen mir ein paar dicke Tränen die Wangen herunter. Ein Kind dachte an die Kinder dieser Welt. Weißt du, dass ich dich ganz doll lieb habe, bist du nun nicht mehr traurig? Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. Sag, hat der Weihnachtsmann einen langen weißen Bart, kommt er mit einem Schlitten und aus der Ferne ertönen leise Glöckchen? Dann streckte er mir ein zerknittertes Bild entgegen, das er in seinen kleinen Händen hielt, ein Bild vom Weihnachtsmann, das ich vergessen hatte. War es nur ein Bild? Heiligabend kam näher und näher, langsam viel auch mir das Warten schwer. Endlich wollte in seine strahlenden Augen sehen! Die Stunden vergingen, an diesem Abend schaute ich den Sternen nach, in Gedanken schickte ich meinen Wunsch zum Himmel, ich vergaß erwachsen zu sein und schlüpfte in die Rolle eines Kindes. Weihnachtsmann, wenn du mich hörst, zeige den Menschen, dass sie ohne Streit leben können, sie verschenken ihre Zeit. Was meinst du warum sie streiten? Manchmal denke ich, dass sie den rechten Weg verloren haben und allein diesen nicht zurückfinden. Du musst ihnen helfen!

Ich lag in meinem Bett und träumte …, dass aus der Ferne Friedensglöckchen zu hören waren, ich sah Engel, die an ihren Harfen saßen und leise eine Sinfonie erklang. Stille Nacht, heilige Nacht. War da nicht ein Flüstern? “Schau zu deinem Koffer", sagte eine innere Stimme. Plötzlich schien es als funkelten meine Wunderkerzen, dass das Polizeiauto sich selbstständig gemacht hatte und seine Runden drehte, nur das Tatütata blieb still. Es war ein schöner Traum.

Am Morgen war Noel schon früh aufgestanden, “es ist Sonntag”, rief er freudig, heute können wir wieder eine Kerze anzünden. Nun sind es schon drei. Ob der Weihnachtsmann seinen Schlitten gepackt hat, vielleicht hat er ja auch an mein Polizeiauto gedacht? Wieder schaute ich in fragende Kinderaugen. „ Nun dauert es nicht mehr lange, versuchte ich ihn zu trösten. Nächsten Sonntag können wir schon die vierte Kerze anzünden, dann musst du nur noch wenige Tage warten. „Hurra, hurra",rief er vor Begeisterung, selten hatte ich ihn so fröhlich gesehen. Hat er endlich sein Lachen wieder gefunden?

Papa wird dem Weihnachtsmann helfen, damit er die Geschenke schneller verteilt! Mama hat gesagt, dass Papa im Himmel ist. Da wird der Weihnachtsmann auch wissen, dass ich immer brav war? Mama kann dies bestätigen! "Wenn ich groß bin, dann helfe ich Mama”, sagte er. "Shirin sah ihren kleinen Jungen an, ja mein Kind, du warst immer brav", sagte sie. Ich denke, dass der Weihnachtsmann dich nicht vergessen wird. Der sehnlichste Wunsch, lag in einem kleinen Polizeiauto. Fast wäre ich zu meinem Koffer gelaufen und hätte das Auto geholt! Nur mit Mühe konnte ich mich zurückhalten. An diesem Tag gingen wir spazieren, die kleinen Kinderhände hielten mich umklammert und so gingen wir an den Häusern der Reichen vorbei. Die Weihnachtsbäckerei hatte angefangen und erfüllte so manches Haus mit ihrem süßlichen Duft: Spekulatius, Pfeffernüsse, Honigkuchen und vieles mehr der köstlichen Leckereien wurden vorbereitet. Fensterscheiben waren hell erleuchtet, wie schön sie geschmückt waren. Große Weihnachtsbäume erstrahlten in Glanz: Lametta, bunte Kugeln und Kerzen, wie sie schöner nicht sein konnten. „Sieh nur”, rief Noel, wie groß die Weihnachtsbäume sind, sie strecken sich als wollten sie den Himmel berühren. Sag, sind die Menschen glücklicher? Sie können doch alles kaufen.

Die Stunden vergingen nun wie im Flug, die vierte Kerze war längst erloschen, es ist Weihnachten. „Hörst du nun die Glöckchen vom Weihnachtsmann, fragte Noel?” Es ist spät, draußen ist es dunkel und später findet er den Weg vielleicht nicht. Horch, sei still, waren da nicht Glöckchen zu hören? Shirin lenkte ihren kleinen Sohn ab, rasch holte ich das Auto, legte es auf dem Tisch, dann erklang mein kleines Glöckchen. Eine besondere Spannung erfüllte den Raum, das Leuchten der Kerzen erstrahlte und verbreitete eine wohlige Wärme. Der Weihnachtsmann, der Weihnachtsmann ist da, erschallte Noels Stimme. Schnell lief er zum Tisch, öffnete sein Päckchen, dann folgte ein Freudenschrei: Hurra, hurra, hallte durch die Abendstunden. „Sieh nur”, rief er immer wieder, ein Polizeiauto, ein richtiges Polizeiauto, unaufhörlich ließ er die Sirene. Das Glück eines Kindes - lag in diesem Auto.

Fröhliche Weihnachten! © by sharasah

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.12.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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