Lutz Wagner

Deja-Vue oder Nächtlich grüßt das Murmeltier

Die Tür schlägt hinter mir zu. Ich versuche so schnell wie möglich von dem Haus weg zukommen, denn wenn ich weiter dort bleibe, bin ich tot. Also laufe ich weg. Ich renne die Straße runter. Während ich vom Haus weglaufe, höre ich wie die Tür wieder zuknallt. Ich drehe mich um und da kommen sie. Sie verfolgen mich. Was wollen die noch von mir? Ich habe denen doch alles gesagt. Wie konnte ich nur so naiv sein und glauben, dass die mich laufen lassen. Jetzt, wo sie alles aus mir herausgepresst haben, bin ich ein Sicherheitsrisiko. Und was macht man mit einem, der zuviel weiß? Ganz einfach, der wird liquidiert! Genau das wollen die jetzt mit mir machen. Wie konnte ich nur so blöd sein und denen alles sagen. Jetzt ist mein Leben kein Pfifferling mehr wert. Jetzt muss ich um mein Leben rennen. Mir kommt es so vor, dass, je schneller ich laufe, umso langsamer werde ich. Meine Verfolger holen schnell auf. Ich muss mich verstecken, aber wo?
Ich biege in die nächste Straße ein. Zum Glück ist die Straße eng und verwinkelt und sie hat viele Eingänge. Ich muss versuchen, mich in irgendein dieser Eingänge zu verstecken, denn ich habe starkes Seitenstechen. Meine Knien schmerzen fürchterlich und hin und wieder knicken meine Beine schon ein. Lange werde ich das wohl nicht mehr aushalten. Da, den Eingang und dann erst mal verschnaufen.
Was soll ich machen? Soll ich erst mal warten bis sie verschwunden sind, oder soll ich versuchen aus dem Gefahrengebiet rauszukommen?
Ich mache langsam die Tür auf um zu gucken. Ich muss sehe, das ich hier wegkomme. Ich schaue nach links, ich schaue nach rechts, keiner meiner Verfolger ist zu sehen. Langsam gehe ich wieder raus, ganz eng an der Mauer gehe ich die Straße runter. Mein Puls schlägt wieder fast normal und das Stechen in der Brust ist auch wieder weg . Die nächste Straße in die ich einbiege, es sieht so aus, als ob ich in einer anderen Welt eintauche. Ich drehe mich um, die Straße, die ich gerade langgelaufen bin, ist klein, verwinkelt und alt. Die Straße in der ich mich jetzt befinde, ist groß und ich sehe nur Hochhäuser. Da vorne, das sind doch die Twintower. Bin ich etwa in Manhattan? Das kann doch nicht sein! Ich war doch in Heidelberg. Wie komme ich denn jetzt hierher? Und wo sind die Leute? Manhattan ist doch immer voller Menschen, doch jetzt ist keiner zu sehen.
Ich stehe mitten auf der Straße und drehe mich im Kreis. Mit einmal höre ich Schreie. Ich drehe mich in die Richtung, aus der der Lärm kommt und da sehe ich meine Verfolger wieder. Sie haben mich wieder entdeckt und kommen sehr schnell näher. Jetzt geht das wieder los. Ich dachte, ich hätte sie abgeschüttelt. Ich renne in eines der Hochhäuser. Zum Glück ist die Tür offen. Zu meiner Linken sehe ich die Fahrstühle und rechts die Treppen. Was soll ich machen? Ich drehe mich um und sehe das ich keine Zeit habe lange zu überlegen, denn meine Verfolger kommen schnell näher. Jetzt zu den Fahrstühlen rennen, bringt nichts. Ehe die da sind, bin ich tot. Also, muss ich die Treppen nehmen. Soll ich hoch oder runter laufen?
Ich entschließe mich nach oben zu rennen. Ich versuche mehrere Stufen mit einmal zu nehmen, doch irgendwie klappt das nicht. Entweder dehnen sich die Stufen und ich bleibe daran hängen, oder sie zerfließen ineinander zu einer Rutsche und ich finde mit meinen Füßen keinen Halt und rutsche wieder runter. Ich darf nicht so schnell laufen, dann bleiben die Stufen auch normal. Ich komme nicht so richtig vorwärts und meine Verfolger sind schon sehr nahe.
Irgendwie schaffe ich es doch, die Treppen nach oben zu kommen. Hinter mir höre ich das Poltern und stöhnen der anderen. Ich haste weiter die Treppen rauf. Doch wie soll es weitergehen, wenn ich oben angekommen bin? Das war keine gute Idee nach oben zu rennen. Jetzt haben sie mich und ich kann nicht weg!
Endlich bin ich auf dem Dach angekommen. Ich schaue mich gehetzt um, doch ich finde rein gar nichts, wo ich mich verstecken kann. Da kommen auch schon meine Verfolger. Sie sehen mich an, grinsen mich unverschämt an, denn sie wissen, dass sie mich jetzt haben. Der Eine von ihnen zieht eine Pistole aus der Jacke und richtet sie direkt auf mich. Mir läuft der Schweiß in Strömen den Rücken runter. Ich schaue meine Vollstrecker an und fange an zu schreien. „Lasst mich in Ruhe, ihr habt doch alles erfahren, was ich weiß. Ich weiß nichts mehr, bitte, lasst mich doch in Ruhe! Was wollt ihr noch von mir? Ihr habt doch gesagt, dass, wenn ich euch alles sage, lasst ihr mich gehen.“
Doch wie ich so schreie, merke ich, dass kein Laut über meine Lippen gekommen ist. Ich versuche es weiter, doch nichts, rein gar nichts.
Die anderen kommen immer näher und ich weiche weiter vor ihnen zurück. Dann kann ich nicht weiter gehen, dass Dach ist zu Ende und ich stehe an der Kante. Ich gucke nach unten. Ich stehe auf einen 30geschossigen Hochhaus. Die Strasse verschwimmt vor meinen Augen. Als ich wieder nach hinten sehe, sind meine Verfolger nur noch zwei Meter von mir entfernt. Der, der die Pistole gezogen hatte, steckt sie wieder ein und gemeinsam mit seinen Kumpanen, kommen sie noch näher. Sie bleiben direkt vor mir stehen, alle haben ein hässliches Grinsen auf dem Gesicht. Einer von ihnen guckt mich mit seinen verlogenen Augen an und flüstert ganz leise, so das ich es fast nicht verstehen kann.
„Machs gut, Kleiner!“
Kaum das er das ausgesprochen hat, gibt er mir einen Tritt und ich stürze über die Kante nach unten. Meine Augen quellen vor Angst aus den Höhlen und ich schreie mir die Seele aus dem Leib. Die Strasse kommt immer näher, gleich werde ich aufschlagen.

Der Aufschlag macht mich wach. Ich bin klitschnass und liege in meinem Bett. Ich schaue auf die Uhr. Es ist 03.37 Uhr. Jede Nacht habe ich den gleichen Traum. Jede Nacht werde ich um die selbe Zeit wach.
Ich stehe auf und gehe in die Küche. Dort trinke ich eine Cola. Auch das ist immer gleich.
Wann endlich kann ich wieder durchschlafen und vor allem, wann träume ich was anderes?

- Ende -

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.05.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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