Michael Lieshoff

Eldoroth und die Wichte

Von den Tagen möchte ich Euch erzählen, von den Taten möchte ich sprechen, von großen Geschichten will ich es zu Euch verlauten lassen. In einer Zeit in der das Land nach Helden suchte, in der die Abenteurer glorreich waren, in der es Drachen und Dämonen gab und ha ! Einer Zeit, in der das Gold aus den größten Krügen fiel, die das Falkomannenreich zu bieten hatte ! Zu dieser Zeit lebte der Schwertmeister Eldoroth, gewandt und schnell mit dem Schwerte wie kein Anderer vor ihm. Es war auch die Zeit der Heilerin Brunhilde und des Handwerkers Paulus, die Eldoroth auf seinen Reisen begleiteten. Von diesen Geschichten über meinen Meister möchte ich Euch nun erzählen ...
 
Das Sonnenlicht leuchtete nur fleckchenweise den kleinen Waldweg aus. Eldoroth hob die Hand, als Zeichen für Paulus und Brunhilde Acht zu geben. Mißtrauisch und den Bogen vorgehalten, blickte er langsamen Schrittes in die Dickichte links und rechts neben dem Weg. Das Laub raschelte trotz der langsamen Bewegungen. Und wieder war da dieses Geräusch.
Langsam bewegte sich die Gruppe vorwärts, bis sie eine kleine Lichtung erreichte. Sie hielten inne und beobachteten das Schauspiel, das dort zwei Wichte boten. Sie stritten sich, fluchten und schimpften einander.
“Du gehst vor !”
“Nein du, du bist der ältere !”
“Nein du, du bist der größere !”
“Ich bin dümmer, deswegen gehst du vor, vielleicht finde ich den Weg nicht !”
“Schluß jetzt ihr beiden !” unterbrach Eldoroth laut rufende diesen Streit und die Wichte wandten sich der Gruppe junger Abenteurer zu.
“Was macht ihr denn hier ?”
“Ja, was sucht ihr denn ? Hä ?”
“Wir wollen nur den Weg passieren !” sagte Brunhilde.
“Na warum unterbrecht ihr uns dann ?”
“Ja warum ?”
“Weil mir eure zetrigen Worte die Ohren lähmen !” entgegenete Eldoroth.
“Ach ja ?”
“Und wessen Ohre sind das die wir lähmen ?”
“Eure nicht ihr schäbigen Wichte, denn Eure werde ich euch bald kürzen !” entgegenete Eldoroth, während er auf sein Schwert blickte, “Ich bin Eldoroth der Schwertmeister und dies sind meine Freunde !”
“Schwertmeister ? Seht wohl eher aus wie ein Waldmeister !”
“Psst ! Schwertmeister klingt gut wie Trolltöter und Trolltöter kann uns doch helfen ?”
“Hm, ja. Trolltöter helfen, gut !”
“Was redet ihr für wirre Worte ?” mischte sich Paulus ein.
“Ihr könntet uns behilflich sein. Wie wollen über den Berg, aber da hat sich ein Troll eingenistet in einer großen Höhle.”
“Okay, wir helfen euch.” erwiderte Eldoroth.
“Moment, was ist unserer Belohnung dafür ?” stoppte ihn Brunhilde.
“Belohnung ? Dieser Weg führt über den Berg, ihr müßt sowieso vorbei ! Aber was solls, alles aus der Höhle soll euch gehören !”
“Ich habe genug gehört, kommt mit wir werden diesen Troll manieren lehren !” sprach Eldoroth.
“Nein Nein Nein !”
“Ihr geht vor und wir gehen hinter Euch, sagen wir 5 Minuten !”
“Entweder geht mit uns zusammen oder gar nicht !” sagte Paulus.
“Na dann gehen wir gar nicht !”
“Ja, wir rasten hier lieber. Hehe !”
“Am liebsten würde ich euch in einen Sack stopfen, einen Sack voll mit Wichten !” erzürnte Eldoroth, “Kommt, sollen die Wichte uns in einem sicheren Abstand folgen.”
Die Wichte pfiffen und plötzlich sprangen aus dem Dickicht noch weitere kleine Wichte hervor, die sich ihren Brüdern anschloßen.
“Na toll, ein Sack voller Wichte !”
Und so marschierten Eldoroth, Paulus und Brunhilde weiter den Waldweg entlang, in gehörigem Abstand folgten die Wichte laut schreiend und singend, so daß ein Überraschungsangriff vermutlich schon von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre. Der Waldweg wurde schmaler und führte den kleinen Berg hinauf. Er endete an einem felsigen Vorsprung. Auf einer Seite bot sich ein tiefer Abgrund, auf der anderen Seite ein dunkles großes Loch in der Felswand, die Höhle des Trolls. An der Höhle vorbei setzte sich der Weg fort, dicht entlang einer Felswand. Leise so gut wie es ging, sah man mal vom Lärm ab, den Wichte nach auf dem Weg produzierten, schlichen sich die drei Abenteurer an der Höhle vorbei.
Überall lagen Knochenstücke aus dem sandigen Fels verstreut herum. Ein kleines Lagerfeuer mit einem großen Topf loderte vor sich hin. Es roch erbärmlich nach fauligem Fleisch. Schnell waren sich die drei Abenteuerer darüber im klaren, daß die Wichte sich auch an der Höhle vorbeischleichen könnten, wenn sie nur nicht einen solchen Lärm verbreiten würden.
Als sie am Wegfortsatz ankamen, der sich als sehr schmal herausstellte und recht abgenutzt war. Die feuchte Felswand bot kaum halt und die andere Seite bot einen schönen tiefen Abgrund. Brunhilde ging als Erste und Eldoroth folgte ihr. Als Paulus den Weg betreten wollte vernahm er den strengen Geruch von wildem Getier.
“Menschenfleisch !”
Er drehte sich um und duckte sich reflexartig, während über ihm eine dicke schwere Keule in die Felswand einschlug und etwas Gestein löste.
Dann drehte sich ein Pfeil durch die Luft und wandte sich geschickt über Paulus geduckten Körper. In einem Sekundenbruchteil bohrte er sich in die dichte Fellkleidung des Trolls und Eldoroth legte rasch einen weiteren Pfeil nach. Der Troll schrie wütend auf. Und im selben Moment schlug Paulus mit seiner Keule gegen das Bein des Trolls. Dieser verlor den Halt und fiel laut schreiend in den Abgrund.
“Wo ist das Menschenfleisch !” ertönte es dumpf und unheimlich aus der Höhle.
Die Abenteurer liefen weiter den Weg entlang, bis die ersten Wichte am Felsvorsprung laut singend und schreiend erschienen.
“Der Troll ist tot meine guten Freunde !” rief Eldoroth ihnen zu, “Ihr könnt alles haben, was in der Höhle zu finden ist !”
“Habt Dank liebe Menschenfreunde !”
Einer der Wichte, ein kleiner vorlauter Taugenichts rannte mit einem Sack in der Hand in die Höhle. Ein heller Schrei ertönte, gefolgt von einem schmerzerfüllten Kwieken. Ein Schmatzen und ein dumpfer Rülpser war zu hören.
“Das ist kein Menschenfleisch, das sind Wichte, Wichte ! Ich werde es Euch lehren in meine Höhle zu kommen !” brummte es laut aus der Höhle hinaus.
“Der Troll ist nicht tot !”
“Nein er lebt !”
“Bitte helft uns unseren Bruder zu befreien !” kwiekten die Wichte wild.
“Euer Bruder sollte es sich merken nicht so neugierig zu sein !” entgegenete Eldoroth, “Viele von Euch wird er nicht fressen bis er satt ist, nur die fettesten von Euch müssen herhalten !”
“Schert Euch fort !” rief Paulus, “Undankbarer Mob, nur von einem Troll war die Rede !”
Und so zogen die drei von dannen. Während sich vor der Trollhöhle ein wahres Wichtefressen bot. Die wütende Trollmama war aus ihrer Höhle gekommen, hatte einen oder zwei der Wichte einfach in den Abgrund geworfen. Einige wenige entkamen ihr, doch die meisten endeten im großen Maul der erzürnten Mama.
Als die Sonne unterging rasteten unsere Abenteuerer friedlich im Wald beim Lagerfeuer und einem schmackhaften Braten. Man Aß und trank wie üblich in Massen und somit war es auch nicht wunderlich, das bereits die zweite Nachtwache einschlief. Morgens erwacht machte man sich frisch und zog sich an. Eldoroth zog seine Stiefel an und streifte alsbald wütend von den Füßen. Einige der Wichte hatten darin ihr Geschäft verrichtet. Nun ja, was lernt man aus dieser Geschicht´, traue keinem Wicht !
 
So steht es geschrieben und so ist es geschehen,
aus den Geschichten über Eldoroth von Hügeltann.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.12.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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