Norman Boos

Anwesenheit

Die Welt schien still zu stehen. Das einzige was ich noch als wichtig wahrnahm warst du. Es spielte keine Rolle was mein Verstand als Einwände hervorbrachte um mir zu sagen das ich mich nicht wie ein Idiot fühlen oder verhalten sollte. In mir stieg dieses Gemisch aus Furcht, freudiger Erregung und geistiger Verwirrung, alleine nur durch deinen Anblick hervorgerufen.

Ich hatte geplant mit meinen Freunden einfach mal spontan ins Kino zu fahren, doch als ich an der Kasse anstand und dich plötzlich mit deiner Freundin am Eingang bemerkte, bekam ich eine Gänsehaut und mein Gefühl riet mir zu gegensätzlichem Handeln. Einerseits hatte ich das Verlangen so schnell wie möglich vor dir wegzulaufen bis ich nur noch ein kleiner blasser Punkt am Horizont sei, andererseits lockte er mich zu dir zu gehen und dich in den Arm zu nehmen und dann noch zu Dingen die eindeutig weiter führten. Also schloss ich einen Kompromiss: Ich erstarrte. Warum? Vielleicht Angst, vielleicht Verwirrung, vielleicht aus Scham wegen meiner Gedanken oder doch Liebe? An letzteres glaubte ich am wenigsten. Am wahrscheinlichsten hielt ich die einfachste Variante. Triebhaftigkeit. Ich kenne dieses Gefühl zwar schon sehr lange, doch werde ich dadurch oft übermäßig vorsichtig denn es stumpft die Sinne ab und lässt einen einfachen, erwachsenen Mann nur noch zu einem sabbernden, lügenden und peinlichen Geschöpf verkommen. Vor allem in meinem Fall, was schön des öfteren geschehen war. Es ist einfach sich darüber im Klaren zu sein das man eigentlich nur diesem Trieb widerstehen und sich ganz natürlich verhalten sollte, doch jedes männliche Wesen findet diesen Gedanke meines Erachtens von Anfang an amüsant. Ob es bei Frauen ähnlich ist mag dahingestellt sein da sie, im Gegensatz zu uns, selbständig denkende Individuen sind. Zumindest in dieser Hinsicht.

Ihr hattet uns gesehen und da wir fünf uns alle noch aus der Schule her kannten begrüßten sich alle herzlich. Ich brachte es auf ein dämliches Grinsen und merkte völlig grundlos Röte in meine Wangen steigen und spürte das sich mein Magen zusammenzog und sich meine Nackenhärchen sträubten. Der Grund lag nahe und ich hatte ihn oft genug hin- und hergeschoben. Um ein Beispiel dessen darzustellen wie sehr ich in Verlegenheit geriet und eine für den Großteil der Menschen verständliche Situation darzulegen verwende ich gern ein Beispiel Bezug nehmend auf Prominente. Nehmen wir einmal an einer meiner Kumpels hätte einen Film mit Jennifer Lopez bevorzugt während der andere für Angelina Jolie wäre. Diese Frauen wären für sie Symbole. Schablonen in welche sie einen weiblichen Verstand hinein legen würden der ihnen gefiele und schon hat man die wahre Liebe entdeckt. So einfach ist das. So in etwa ging es mir mit dir. Seit langem kam mir wenn ich an eine schöne Frau dachte immer dein Bild ins Bewusstsein. Wenn ich zum Beispiel ein Buch las und mich in die Rolle der Hauptfigur versetzte warst du seine Erwählte. Ich versuchte schon mit sehr viel Mühe dein Bildnis aus meinen Gedanken zu bannen, doch gelang es mir selbst dann nicht als es Zeiten gab in denen wir uns Monate lang nicht begegnet sind. Ich hasste mich dafür das ich so beschränkt und naiv war dich derart anzuhimmeln als wärst du eine Heilige oder dergleichen, doch geschah es mittlerweile ganz automatisch.

Ich sah dir kurz in die Augen als du einen Schritt auf mich zu machtest um mich freundschaftlich zu umarmen. Ich hatte das Gefühl du konntest die dummen Überlegungen die ich derzeit überschlug sehen als ob ich sie aufgeschrieben und dir vorgelegt hätte um deine Meinung darüber zu hören. Deine Umarmung konnte ich kaum erwidern da ich Angst hatte dich dann nicht mehr loszulassen. Bei deiner Freundin fiel es mir kaum leichter, wenngleich sie nicht die gleiche Wirkung auf mich hatte wie du mochte ich sie auch ganz gut leiden und die Tatsache das sie deine Freundin war wirkte stark auf mich ein. Warum habe ich als Mann immer sofort das Bedürfnis etwas zu tun das einer Frau die mir gefällt imponiert? Ich meine, haben Frauen das auch oder sind wir Männer einfach nur Idioten? Oder, am ehesten vorstellbar, bin einfach nur ich der Idiot? Diese These hatte schon seit langem einen hohe Wahrscheinlichkeitsfaktor in meinen Überlegungen.

Ich dachte daran einen Film zu wählen den du nicht wolltest deshalb räusperte ich mich um meine Befangenheit ein wenig abzuschütteln, blickte deine Freundin an und fragte welchen Film ihr beide sehn wolltet. Als du für sie geantwortet hast und meine Freunde mich sodann meuchelten indem sie ebenfalls Interesse an dem Film bekundeten wollte ich schon äußern das mir der Film nicht gefiele und ich allein in einen anderen gehen wollte, aber leider widersprach mir mein Kopf und formte in meinem Mund die Worte „Okay, scheint ganz interessant zu sein.". Falls es in meinem Leben jemals eine passende Stelle gab in dem ich Todessehnsucht hegte, dann war es dieser Moment. Ich sah mich gedanklich von einem hohen Wolkenkratzer fallen und dem Boden immer näher kommen doch kurz bevor ich aufschlug standest du auf der Straße und lächeltest mich im Fallen an. Die Faszination die das in mir auslöste bewirkte das ich in meiner kleinen Tagträumerei in der Luft stehen blieb und dich ansah und ebenfalls lächelte. Das Nächste was ich wahrnahm war die Tatsache das ich auf einem Stuhl saß und wir in einem kleinen Café vor dem Einlass noch etwas tranken um uns die Zeit zu vertreiben. Einer meiner Freunde berichtete gerade ausschweifend von der letzten Party auf der wir waren und wer sich peinlich betrunken, für den abend gefunden oder gar geprügelt hatte. Ich war leider auch dort gewesen und zu meiner Freude ließ er ausnahmsweise einmal meinen betrunkenen Glanzauftritt außen vor. Ich denke hätte er es erwähnt wäre ich auf der Stelle aus Scham gestorben oder schlimmeres. Aber so viel Glück hatte ich leider nicht. Statt dessen begannst du von einer Geschichte über dich und mich zu erzählen in der ich betrunken versucht hatte an eine frühere Freundin von dir heranzukommen. Ich knirschte mit den Zähnen und versuchte es wie ein Lächeln aussehen zu lassen. Aber es wirkte wohl eher als wenn ein Schoßhund die Zähne fletschte. Ich hatte das Bedürfnis wie ein Kind heulend nach Hause zu laufen, doch das Schicksal ließ mich weiter spüren was für ein Idiot ich war und bin. Irgendwas in mir zwang mich jedoch sitzen zu bleiben. Vielleicht die Angst davor mich noch mehr zu blamieren wenn ich jetzt beleidigt ging.

Du lachtest herzlichst über die Geschichte die du erzähltest und sahst mich schalkhaft an. Ich trank einen Schluck des Getränks das vor mir stand, keine Ahnung was es war, und entschuldigte mich zur Toilette.

Dann stand ich da. Ich war zum Glück alleine hier, also stellte ich mich ans Waschbecken und sah mir selbst in die Augen. Ein paar schöne Augenblicke war mein Kopf leer und ich verweilte in einem Zustand von erfüllendem Nichts. Das war ein kleines Ritual das ich schön öfters einmal in unangenehmen Situationen, wie beispielsweise Beerdigungen oder vor Bewerbungsgesprächen vollzog. Mich beruhigte der Anblick meiner Augen.k Nach kurzer Zeit jedoch kam ein anderer Mann herein und ging an mir vorbei. Ich wusch mir noch schnell die Hände und kehrte zurück. Ich fühlte mich als wäre es der Weg zum Schafott, was jedoch allemal besser war als das was ich vorher gefühlt hatte.

Meine kurze Pause dauerte wohl ein wenig länger als ich es wahrgenommen hatte, denn als ich an den Tisch zurückkehrte standen alle auf um zum Einlass zu gehen. Ich schloss mich wortlos an und reihte mich am Ende der kleinen Kolonne ein. Mit abgerissenen Karten meintest du an mich gewandt das ihr schon mal in den Saal vorgeht, also antwortete ich fast schon aus einem Schutzinstinkt heraus das ich noch etwas zu trinken hole und fragte anstandshalber ob ich euch beiden ebenfalls etwas mitbringen soll. Du verneintest und meintest grinsend „...wenn ich Durst bekomme kann ich ja bei dir mal trinken, oder?". Meine beiden Freunde standen ebenfalls an um etwas an dem Kiosk am Einlass zu holen. Es dauerte einige Momente bis wir dran kamen. Mit meiner Tagträumerei war ich als letzter an der Reihe. Ich dachte mir das ich die Anderen vorgehen lasse um nicht neben dir oder deiner Freundin zu sitzen. Ich glaube wenn das der Fall wäre dann... ich weis nicht was dann. Vielleicht würde ich einfach umfallen und nicht mehr aufwachen, aber so viel Glück würde ich auch diesmal nicht haben. Aber so viel Pech auch wieder nicht. Es war eine dumme Situation und ich fühlte mich erneut wie ein Idiot da ich derart in Panik geriet nur bei dem Gedanken neben dir zu sitzen. Als ich mir noch Gedanken machte meinte der Mann der hinter mir stand „Jetzt bestellen Sie sich endlich was!".

Ich kam mit meiner Cola am Saal an. Die Tür stand offen und ich sah das er war noch hell erleuchtet war. Meine Finger zitterten ein wenig. Es dauerte wohl noch ein paar Minuten bis das Licht gedimmt wurde und ich mich wirklich traute einzutreten. Die Furcht wieder an eine dieser peinlichen Geschichten erinnert zu werden, oder eine eben solche zu schaffen, nagte an mir, also beschloss ich noch eine Zigarette vor dem Saal zu rauchen. Eine Entscheidung mit Folgen da ich dich gleich darauf herauskommen sah. Lächelnd standest du dann vor mir und batest mich um eine Zigarette. Es dauerte einen Augenblick bis ich reagierte dir das Päckchen geöffnet hinhielt. Du nahmst sie in den Mund und ich gab dir Feuer. Dabei starrte ich einen Moment auf deine Lippen und hatte das Gefühl bei lebendigem Leib zu verbrennen. Glücklicherweise konnte ich mich rechtzeitig wieder davon lösen und sah den Gang entlang wo einige Gruppen von Kinobesuchern standen und rauchten und - wie sollte es anders sein- ein junges Pärchen stand und sich küsste. Mir kamen Gedanken die mich zu Boden sehn ließen und ich überlegte mir mich ein wenig zu unterhalten um das Pochen meines Herzens zu übertönen und die gesamte Situation für mich zu entschärfen. Aber meine Gedanken konnten nicht über mein primitives Begehren hinaus und so stand ich ein paar Momente schweigend und zu Boden sehend da. Wenn du wüsstest welche Wirkung du auf mich hast würdest du wohl nicht mehr aufhören können zu lachen, denke ich. Aber vielleicht weist du es wirklich und lachst einfach nur innerlich. Vielleicht genießt du es mich derart in Bedrängnis zu bringen. Oder vielleicht hab ich einfach nur ein Brett vorm Kopf das ich solche Gedanken überhaupt hege.

Ein wenig Trotz machte sich in mir breit das mir eine solche Situation erneut den Tag zu verderben drohte, und ich versuchte aus dem blauen heraus dich etwas zu fragen um ein Gespräch zu beginnen. Na gut, also... wie es dir geht ist eine dumme Frage. Persönlichere Fragen sind meist erst besser während einem Gespräch zu stellen also... Kino!

„Was denkst du über den Film? Hast du schon mal was davon gehört?" überwand ich mich.

„Nein, keine Ahnung." War deine knappe Antwort.

Ich hatte mir ein paar mehr Wörter erhofft. Es wurde mir heute wirklich nicht einfach gemacht. Ich blieb jedoch bei dem Thema um ein wenig Zeit zu schinden, auch wenn es dich vielleicht nicht interessierte. Es machte mir Mut einen klaren Satz in deiner Gegenwart herausgebracht zu haben.

„Ich hab gehört er soll ganz witzig sein. Was..." du fielst mir ins Wort.

„Wir wollen später noch was in der Stadt trinken gehen. Habt ihr Lust mitzukommen.?"

Ich wunderte mich nicht das du mich unterbrochen hattest. Wenn ich nicht wüsste das dies deine Art ist wäre ich beleidigt gewesen. Andererseits wunderte ich mich darüber das du in der Mehrzahl gesprochen hattest. Scheinbar warst du der Meinung das meine Freunde mir folgen würden wenn ich noch etwas unternehmen wollte - womit du gar nicht so unrecht hattest.

„Wo wollt ihr denn noch hin?" antwortete ich interessiert und nun innerlich ein wenig beruhigt. Wenn auch immer noch mit einigen obszönen Gedanken im Kopf die sich einfach nicht verdrängen ließen.

„Keine Ahnung. Wir wollen einfach nur ein bischen herumziehn. Kennst du was wo wir hingehen können?"

Ob ich was kannte? Ich weis nicht warum aber irgendwie hatte ich die Frage erwartet.

„Türlich. Wenn ihr mögt" ich ging davon aus das deine Freundin dir folgen würde „können wir noch in ein Billardcafe gehen. Wir sind dort öfters und es ist ganz nett dort."

Still gratulierte ich mir dafür. Billard wurde nicht langweilig und es wurde selten mehr erzählt als notwendig. Es gab auch kein störendes Schweigen in dem man immer ein paar Schluck trank um dann letztendlich die Kontrolle zu verlieren. Und falls Billard doch langweilig wurde konnte man ja immer noch Dart spielen.

„Okay." Meintest du vielsagend grinsend wie es deine Eigenart war, was mich innerlich zittern ließ. Dann blicktest du über die Schulter und sahst in den Saal. „Komm gehen wir rein. Das Licht ist gerade ausgegangen." Wir gingen zum Aschenbecher, löschten die Kippen und gingen rein. Ich ließ dich vorgehen da du wusstest wo wir sitzen. Die Sitzverteilung hatte ich mir anders vorgestellt. Meine beiden Freunde saßen auf den äußeren Plätzen und deine Freundin daneben. Da auf deren Seite schon Leute Platz genommen hatten wusste ich genau das ich einen einfachen Denkfehler begangen hatte: Frauen sitzen nicht gern neben Fremden wenn es sich vermeiden lässt, weshalb ich nun am anderen äußersten Sitz Platz nahm. Resignierend nun doch direkt neben dir zu sitzen dachte ich nach. Wart ihr vielleicht nur mit uns in den gleichen Film gegangen um nicht neben Fremden zu sitzen? Ich tat diesen Gedanken ab da ihr ja später mit uns noch ausgehen würdet. Du fingst an mit deiner Freundin zu tuscheln, worüber ich ganz glücklich war. Ich genoss die Werbung und die Trailer bis der Hauptfilm anfing und konnte mich einige Momente darauf konzentrieren, doch auf einmal fiel mir auf das der Sitz auf meiner anderen Seite immer noch frei war. Ich dachte erst daran darauf zu reagieren. Irgendwie. Dann kam mein, wie man es umgangssprachlich sagt, „anderes Ich" zum ersten Mal an diesem Abend zum Vorschein. Es war der Teil der in solchen Dingen nichts zu verlieren hatte. Zwar war er übermäßig zerstörungswütig gegenüber mir und der Welt im ganzen, doch hatte er drei Eigenschaften die mir total fremd waren: Mut, eine gute Portion Gerissenheit und eine totales Fehlen von Schamgefühl. (Man möchte betonen das wir beide noch immer der festen Überzeugung sind das wir nicht schizophren sind. Zumindest dieser Teil von uns)

Er verweilte nur kurz in meiner Gedanken und bildete den Satz „Idiot, du sitzt hier neben deiner Traumfrau im Kino und dein einziger Gedanke besteht darin so schnell wie möglich von hier abzuhauen. Mach was daraus!". Als er wieder weg war saß ich jedoch genauso da wie vorher, nur das ich es nicht für nötig hielt von deiner Seite zu fliehen. Zwar war ich immer noch sehr nervös, aber mittlerweile nur noch wie ein normaler Mensch nervös ist. Ich litt also keine Todesängste mehr... Es gelang mir sogar mich derart zu lockern das ich in aller Ruhe den Film sehn konnte ohne die Angst mich irgendwie vor dir zu blamieren.

Knapp zwei Stunden später. Mittlerweile waren wir in dem Billardcafe. Es war nicht sehr viel Betrieb und wir waren in der oberen Etage in der nur vier Billardtische und ein paar Sitzgelegenheiten standen. Außer uns fünf war niemand da. Da ihr Beide nicht spielen wolltet wechselten wir drei immer durch. Zwei spielten und der Dritte saß bei euch am Tisch. Zwar war das Spielen ganz gut, doch wenn ich Pause hatte und zwischen euch saß - ich weis auch nicht was Gott gegen mich hat an diesem Abend - kam dieses Gefühl erneut in mir auf. Mittlerweile haben wir nahezu alle peinlichen Geschichten von mir zum Besten gegeben, so dass ich mich fast daran gewöhnt habe peinlich berührt zu sein und trotzdem drüber zu lachen. Hollywood ich komme...

Deine Freundin entschuldigte sich auf zur Toilette und ließ uns zurück. Ich trank an meinem Cola - schließlich hatte ich noch vor zu fahren. Ich wollte gerade ein wenig näher darauf eingehen das mir deine Freundin erzählt hat das du seit langem das erste mal wieder unter Leute gehst als ich „Du bist dran." hinter mir hörte. Einer meiner Freunde nahm auf der anderen Seite des Tisches sodann Platz. Zum meinem Erstaunen biss ich die Zähne zusammen und ärgerte mich innerlich. Also stand ich auf und ging zum Tisch.

Am Tisch angekommen konnte ich mich kaum auf das Spiel konzentrieren. Ihr hattet ein lebhaftes Gespräch und habt viel gelacht. Es war einfach furchtbar. Ich war froh zu sehn das deine Begleitung zurückkehrte und du dich wenig später ebenfalls losgingst um dich frisch zu machen. Gleichzeitig fiel mir eine Besonderheit auf die ich bisher außer Acht gelassen hatte: Frauen gehen niemals und unter keinen Umständen allein zur Toilette um sich frisch zu machen. Dieser Gedanke gab mir viele mögliche Schlussfolgerungen als Möglichkeit. Einerseits könnte es sein das ihr geplant hab dich und mich allein zu lassen. Andererseits ist es mittlerweile wahrscheinlich das ihr geplant habt die beiden allein sitzen zu lassen. Oder beides oder gar nichts von beidem. Trotz der ungeheuren Furcht, der Unwahrscheinlichkeit und meiner gottgegebenen - danke nochmals recht herzlich du da oben! - Zweifel verfolgte ich diesen Gedanken weiter. Die Ausgangssituation war einfach. Ich war mit dem Wagen da, der mit dem ich am Tisch stand war gefahren und hat den anderen mitgenommen und deine Freundin war mit dem Auto gekommen. Faktische Schlussfolgerung ist meines Dafürhaltens: Einer von uns dreien fährt allein nach Hause - am idealsten der welcher liiert ist -, die Beiden am Tisch nehmen zusammen die Rückbank des Wagens deiner Freundin und ich fahr dich. Ich fahr dich... das klang irgendwie komisch. Bisher warst du immer gefahren wenn wir zusammen in einer Fahrgemeinschaft waren. Ich war nur zu oft der welcher auf der Autobahn die Hand vor den Mund hielt und artikulierte „Anhalten!".

„Naja, vielleicht war es einfach nur Zufall." Dachte ich „Was heißt vielleicht. Es war ganz bestimmt nur Zufall!"

Ich versuchte das Spiel so schnell wie möglich zu beenden um wieder rüber zu kommen. Leider war ich zu hektisch und es dauerte noch länger. Es dauerte bestimmt gut 20 Minuten bis ich mich wieder setzen konnte.

Eine halbe Stunde später sitze ich alleine neben dir und der Zufall wirkt immer unwahrscheinlicher. Wir sind nur noch zu viert hier und es ist mittlerweile gegen halb eins in der Nacht. Der eine meiner Kumpels ist zu seiner Freundin nach Hause gefahren, die beiden Anderen standen sich abwechselnd unterhaltend doch die meiste Zeit knutschend am Billardtisch und wir saßen da und unterhielten uns über die zwei. Das Thema das wir beide Single waren hatten wir schon durch, das wir auch beide damit glücklich waren hatten wir uns auch schon vorgelogen und fast im gleichen Satz die Fahrgemeinschaften festgelegt wie ich sie mir vorgestellt hatte. Zufall, was?

Auf dem Weg zum Wagen schwiegen wir und ich war immer noch verwirrt aufgrund des Verlaufes dieses Abends. Als wir ankamen trat ich zur Beifahrertür und schloss auf. Ich öffnete die Tür und trat einen Schritt zurück. Du wolltest gerade Einsteigen als du abrupt stehenbliebst. Unsere Gesichter waren gerade mal durch wenige Zentimeter getrennt und du lächeltest. Mein Herz begann zu klopfen, mein Verstand schaltete in den Standby-Modus, ich lächelte zurück und... ging um das Auto herum um einzusteigen.

Die Rückfahrt verlief schweigend. Wir überließen dem Radio die Unterhaltung und ich unterdrückte jedweden Gedanken der nichts mit Autofahren zu tun hatte. Vielleicht eine halbe Stunde oder weniger dauerte es bis wir vor deinem Elternhaus standen. Du stiegst aus und bedanktest dich für den netten abend, doch ich meinte nur das ich zu danken hätte. Du lächeltest mich erneut an und meintest das wird das wiederholen könnten. Ich stimmte zu und wenige Momente später war ich zu Hause.

Jetzt sitze ich hier, schreibe dies um zu verstehen was in meinem Kopf vorgeht. Ich weis nicht warum ich nicht versucht habe dich zu küssen als es der günstigste Augenblick meines Lebens war, doch vielleicht gab es ja noch eine Möglichkeit nächste Woche. Doch dazu musste ich erst einmal den Mut zusammen bekommen um dich anzurufen...

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.12.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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