Berühmt zu werden
ist keine Entscheidung, die man selbst treffen kann. Sicher, man kann den
Ehrgeiz entwickeln, von einem Casting zum nächsten zu rennen, von einer
Audition zur nächsten, von einer Agentur zur nächsten. Man kann seine Kleidung
dem Markt anpassen, seine Rhetorik einem Seminar, seine Freunde der
Karriereleiter. Man kann den Dow Jones analysieren und stundenlang auf die
Börsenberichte starren. Und trotzdem ist bloß eines entscheidend: Glück. Oder
weniger philosophisch ausgedrückt: Die Presse.
`Jeder bekommt
seine 15 Minuten Ruhm´, meinte einst der verstorbene Bananenkopierer, aber man
fragt sich, ob jeder diese 15 Minuten überhaupt haben will?
Waltraud Meier
hatte nichts gemeinsam mit diesen schillernden Filmpersönlichkeiten, sie wusste
weder, welche Gesichtshälfte ihre bessere ist, noch, wie man vor der Kamera
posiert, ohne allzu natürlich zu wirken. Wenn man sie gefragt hätte, wann Donna
Karen ihre nächste Kollektion herausbringt, hätte sie höflich gelächelt – so
wie es ihre Art war, um Unwissenheit zu überspielen – und sich nachher gefragt,
ob diese Frau Karen wohl eine Nachbarin sei.
Wo andere mit
hoch erhobenem Haupt zum nächsten Event stolzierten, schlurfte sie mit zwei
Billa-Sackerl nach Hause, den Kopf möglichst tief gesenkt, um der Hundescheisse
auszuweichen.
Ihr ganzer Stolz
war ein Siam-Kater namens Hubert II. Hubert der 1. war tatsächlich einer der
wenigen Menschen, die Waltraud besser gekannt haben. Sie waren 10 Jahre
zusammen und teilten sich eine kleine Wohnung, als Hubert ihr einen Zettel
hinterließ und auf Nimmerwiedersehen verschwand. Auf dem Zettel hieß es, sie
wären zu verschieden, sie wollten Beide etwas Anderes vom Leben und Waltraud
würde sich nie zu der Frau entwickeln, die er für den Rest seines Lebens an
seiner Seite haben wollte. Waltraud war Hubert nicht böse – sie konnte nie
jemandem lange böse sein. Sie war auch
nicht wütend darüber, dass sie Huberts WU-Studium finanziert, die Miete gezahlt und ihn täglich verköstigt
hatte, und er sich aus dem Staub gemacht hat, ohne Angabe einer Adresse, dafür
aber mit ihrem Videorekorder. Warum sollte sie deswegen auch wütend sein,
dachte sie sich damals vor 11 Jahren, als der Kloß in ihrem Hals die Tränen in
die Augen trieb. Irgendwie, so glaubte sie, den Zettel nach Stunden immer noch
in ihrer Hand, irgendwie...hatte Hubert ja recht. Sie war nun mal keine Frau,
in die man sich Hals über Kopf verliebt. Dafür war sie einfach
zu...unauffällig. Bei den wenigen Gelegenheiten, als man sie zu Partys einlud,
konnte sich nachher keiner mehr an sie erinnern, oder nur vage. Da hieß es
dann: `Fritz war da und Moritz und Hubert, und ach ja, wer war denn übrigens
die eine, die gar nichts getrunken hat, die mit den blonden Haaren?´ Darauf folgte
meist ein ratloses Kopfschütteln, und irgendwer fragte dann schließlich: `Waren
ihre Haare nicht braun?´
Aber zurück zum
Kater: Hubert II war der einzige Grund,
warum Waltraud jeden Tag aufstand und warum sie jeden Tag gerne nach Hause
zurückkam. Er gab ihr die Art Geborgenheit, dieses Gefühl von Gebraucht-werden,
das ihr niemals ein Mensch vermitteln konnte. Ausserdem konnte der Kater keine
Abschiedsbriefe schreiben.
Waltraud empfand
es als ungemein tröstlich, dass da jemand war, der am Abend auf sie wartete,
der maunzte, wenn kein Futter mehr da war und schnurrte, wenn der Napf voll
war. Alles war so einfach: Sie kam nach Hause, füllte die Schüssel, machte sich
selbst irgendeine Mikrollenwellenmahlzeit, setzte sich vor den Fernseher und
rief nach Hubert. Sie klopfte dreimal auf die Bettdecke und Hubert legte sich
zu ihr. Dann sahen sich Frauchen und Kater gemeinsam die Berühmtheiten an, die
über den Bildschirm flimmerten wie Fata Morganas, zum Greifen nah, aber doch
wie aus einem anderen Universum. Und manchmal,wenn eine dieser bildschönen
Starlets von Journalisten umringt war, drehte sich Waltraud zu Hubert II. um
und sagte `Na das wär´ kein Leben für uns, was?´ Und Hubert mit seinen
tiefgrünen, wie Moos schimmernden, unergründlichen Katzenaugen stimmte ihr zu.
Keiner konnte
später sagen, wie es eigentlich zu dieser haarsträubenden Verwechslung gekommen
war. Die beiden Frauen sahen sich nicht einmal besonders ähnlich, geschweige
denn wiesen sie sonst eine charakterliche Verbundenheit auf. Aber sagen wir mal
rein hypothetisch, es gab diesen desorientierten Journalisten einer zwar
unbedeutenden, aber ehrgeizigen Lokalzeitschrift, und dieser Journalist, wahrscheinlich ein Neuling in seinem
Berufsstand, hat Zusammenhänge hergestellt, wo keine vorhanden waren, Fragen
gestellt, wo Antworten am Stammtisch geklärt wurden und summa summarum ganz
einfach schlecht recherchiert. Weiters könnten wir behaupten, der nachfolgende
Domino-Effekt löste den ganzen Rummel aus, als eine Zeitung nach der anderen
die Geschichte aufgriff, das Gerücht in
eine Doktrine verwandelte, und deswegen aus Luftschlössern ein nicht minder
aufgeblasener Skandal entstand. Für die Zyniker unter den Analysten stand
später definitv fest, dass böswillige
Absicht hinter dem angeblichen Missverständnis steckte, aber dies würde auf
eine Spur lenken, die zwar dem skandalwitternden Konkurrenzblatt zugute käme,
aber nichts mit dieser Geschichte zu tun hat.
Es war einer
dieser sonnigen Altweibersommertage, als Waltrauds Wecker klingelte und zu einem
neuen, eintönigen Arbeitstag aufrief.. Nach einem morgendlichen Besuch am Klo
und dem vertrauten Maunzen = Napf füllen setzte sie Kaffee auf und verschwand
im Bad. Vor dem Spiegel fiel ihr das erste Mal in ihrem Leben auf, dass sie
älter wurde. Das kam überraschend, hatte sie sich bislang doch keine Gedanken
darüber gemacht, ob die kleinen Fältchen unter ihren Augen größer wurden. Sie
hielt nicht viel von diesen überteuerten Pflegeprodukten, die versprachen,
Falten in einer Woche, ach was sag ich, in ein paar Stunden zu entfernen
und die mondäne Buisnessfrau von heute
um Jahre jünger zu machen. Aber als Waltraud heute diesen kurzen Blick in den
Spiegel warf, die Zahnbürste im Mund und das Kinn voller Schaum, da bemerkte
sie plötzlich eine ganz nue Vertiefung in ihren Augenwinkeln. Das allein hätte
sie wohl kaum gestört, doch dieser neue Riss in ihrer Jugend zeigte eindeutig
nach unten. Eigentlich hatte sie sich fest vorgenommen, eine jener glücklichen
Menschen zu werden, deren Lachfalten von einem augenzwinkernden,
selbstironischen Leben zeugten, doch als sie sich jetzt so kritisch besah,
musste sie erkennen, dass der schon leicht verhärmte Zug um ihren Mund eine
ganz andere Person charakterisierte: Nämlich eine jener lamentierenden, ewig
sich über das Wetter und die Kreuzschmerzen beschwerenden Zwiederwurzen, die
erst Wochen nach ihrem Tod aufgrund des unerträglichen Geruchs gefunden wurden.
Waltraud seufzte,
schüttelte die leichte Gänsehaut ab, die an ihrem Rücken entlanggekrochen war
und setzte sich in die Küche, um ihren Kaffee zu trinken. Sie hatte es nicht
eilig. Ihren Job bei Billa an der Kassa hatte sie schon seit 15 Jahren, und sie
wusste genau, wie schnell sie ihren Kaffee trinken musste, um rechtzeitig zur
U-Bahn zu kommen. Wie alles in ihrem Leben war auch das reine Routine: Zwei
Schluck Kaffee, eine kleine Pause, um Hubert zu streicheln, zwei weitere
Schluck, absetzen. 10 Schritte waren es bis zu ihrem Kleiderschrank, 3
Handgriffe genügten, um sich anzuziehen, 4 weitere, sich den Mantel überzustreifen
und ihre Handtasche zu nehmen. Dann war sie bei der Tür. Bereits abgezählte 150
Schritte wären es bis zur U-Bahn-Station gewesen, aber so weit kam sie nicht
mehr. Der Griff zur Türschnalle veränderte ihr ganzes Leben schlagartig, diese
eine kleine Handbewegung, die sie bewusst gar nicht mehr registrierte, genügte,
damit Waltrauds bescheidenes Universum urplötzlich aus den Fugen geriet.
Denn Waltraud
betrat nicht wie üblich einen leeren Gang. Sie sah gar keinen Gang mehr, sie
sah gar nichts mehr bis auf weisses, grelles Licht, das aufflammte und erlosch,
aufflammte und erlosch, immer wieder, und das an ihrem Schatten zerrte wie ein
verzogenes Kind an Mutters Rockzipfel. Waltraud hörte auch nicht wie üblich das
verstohlene Klicken eines Schlosses, wenn sich die Teenagertochter ihrer
Nachbarin frühmorgens in die Wohnung einzuschleichen versuchte. Stattdessen
empfing sie ein Bienenstock an Stimmen, ein zuerst nicht unterscheidbares
Summen, das schlagartig lauter wurde, als sie in der Tür erschien, sich zu wütendem
Gebell steigerte.
Die Presse hatte
Waltraud gefunden.
Sie konnte sich
nicht mehr bewegen. Ihre Hand lag noch immer auf dem Türgriff, aber sie konnte
sich nicht entscheiden, was als nächstes zu tun war. Blieb sie stehen, würde
sie aller Wahrscheinlichkeit nach vom Blitzlicht blind werden. Ginge sie
vorwärts, wäre sie sofort umzingelt gewesen, und alle Hoffnung auf Flucht wäre
dahin. Sprechen konnte sie nicht, sie konnte ja nicht einmal verstehen, was
diese Leute überhaupt von ihr wollten. Mikrophone wurden unter ihre Nase
gehalten, Kameras waren auf sie gerichtet und Diktaphone verfolgten jedes
Blinzeln ihrer Augen. Das Gesicht der Reporterin direkt vor Waltraud war im
Moment durch ein konzentriertes Stirnrunzeln verzerrt, aber trotzdem war sie so
hübsch, dass Waltraud sich kurz fragte, warum niemand ihr ein Mikro vor die
Nase stieß. Sie kam der verwirrten Kassiererin vage bekannt vor, und das machte
diese ganze alptraumhafte Situation irgendwie noch absurder. Schließlich
kristallisierte sich in der von
Anspielungen durchpeitschten Luft allmählich eine Frage heraus, die Waltraud hören konnte: `Wie lange
schon?´
Das war der
Auslöser. `Sie haben mich.´, war das Einzige, was Waltraud denken konnte,
während sich ihre Füße selbständig machten und sie wieder in ihre Wohnung
trugen. Sie schlug die Hochsicherheitstür hinter sich zu und lehnte sich mit
geschlossenen Augen dagegen. Sie würden sie feuern, sie mit Schimpf und Schande
entlassen, soviel stand fest. Waltraud hatte keine Ahnung, wie sie ihr auf die Schliche
gekommen waren, wie zum Geier die Presse davon erfahren konnte, aber das war
ihr im Moment egal. Sie hatte sich nie in ihrem Leben elender gefühlt als in
diesem Augenblick. Und doch war sie irgendwie erleichtert. Endlich hatten diese
Lügen ein Ende, dieses paranoide Gefühl, von allen misstrauisch beobachtet zu
werden, dass sie auf Schritt aund Tritt überwacht wurde, um sie auf frischer
Tat zu ertappen. Ob sie wohl dafür ins Gefängnis kam? Und was wurde dann aus
Hubert II, dem guten, alten Kater, wegen dem das ganze Schlamassel erst
angefangen hatte? Ein vertrautes Maunzen weckte sie aus ihren düsteren
Zukunftsgedanken. Hubert konnte sich nicht erklären, warum sein Frauchen immer
noch zu Hause war, aber er spürte irgendwie, dass etwas nicht in Ordnung war
und kam schnurrend näher, wahrscheinlich in der pragmatischen Hoffnung auf
Futternachschub. `Armer schwarzer Kater´, begrüßte ihn Waltraud, bevor sie ihr
Gesicht in seinem Fell verbarg und zu weinen begann.
Es war nicht
leicht gewesen, in die Arbeit zu kommen. Ihre Wohnung im Erdgeschoss kam ihr
dabei zugute, genauso wie eine alte Faschingsperücke und ein Taxi in einer
Seitengasse. Der Taxifahrer schien sie den ganzen Weg im Rückspiegel zu
beobachten, aber das lag wahrscheinlich an der rosa Perücke.
Sie stand bereits
vor ihrem Spind im Aufenthaltsraum ihrer Filiale, als die Stimme ihres Chefs
sie dermaßen erschreckte, dass die gepackte Kiste mit ihren wenigen
Habseligkeiten aus ihrer Hand rutschte und zu Boden fiel. Mit einem kleinen
Quieken fuhr sie herum. Natürlich hätte sie sich gleich nach der Räumung ihres
Spinds bei ihrem Boss sehen lassen. Sie wollte nur deswegen vorher ausräumen,
damit sie dann schneller von dort wegkam. Schon beim Betreten des Supermarkts
hatten sich alle Kollegen den Kopf verrenkt und hinter vorgehaltenen Händen zu
tuscheln begonnen, als ob allein Waltrauds Auftreten eine kleine Sensation
wäre, die man sich später in allen Einzelheiten erzählen musste. Mit hochrotem
Kopf war sie schnell zu ihrem Spint geeilt, aber anscheinend waren die
Buschtrommeln schneller, denn ihr Chef stand keine 5 Minuten später hinter ihr.
Ein neuer Rekord für einen Mann wie ihn, der sich normalerweise hinter Bergen
von Zahlen verbarrikadierte und sein enormes Gewicht nur dann aus dem Sessel
wuchtete, wenn der Feueralarm losging.
Er war
tatsächlich gerannt, erkannte Waltraud nun an seinem pfeiffendem Atem und
seiner schweissnassen Stirn. Sie sah schnell zu Boden, bereit die verbalen
Schläge einzustecken, die nun folgen mussten, war bereit die Enttäuschung und
die Verachtung in seinen Augen zu ertragen, wenn er die Polizei anrief. Sie
wunderte sich darüber, dass nicht schon längst ein Streifenwagen vor dem
Supermarkt parkte oder ein Scharfschützenkommando auf dem Dach auf sie zielte,
wie sie es manchmal in den amerikanischen Filmen sah.
`Liebe...Frau...Meier´,
brachte Herr Lunzenstaad nun endlich heraus, immer noch enorm belastet durch
die 100 Meter Sprint von seinem Büro zu ihrem Spint. Waltraud zuckte zusammen
wie das Kaninchen im Scheinwerferlicht. Jetzt musste es kommen. So lange hatte
sie sich genau diese Szene ausgemalt, hatte manchmal in der Nacht wachgelegen,
um sich geistig auf genau dieses Gespräch vorzubereiten und jetzt war es
soweit.
`Wenn ich gewusst
hätte,...´. Da brach er ab, ein buntes Taschentuch war eben auf dem Weg zu
seiner Stirn, jetzt verharrte es in seiner Hand auf halbem Weg. Lunzenstaad
runzelte besagte, nass gebliebene Stirn, schien erst jetzt die Kiste auf dem
Boden zu bemerken und die verstreuten Sachen. Es dauerte eine Weile, bis sein
mathematisches Gehirn die Information in 1 und 0 übersetzt hatte, aber
schließlich gelang es ihm doch, einen Zusammenhang herzustellen.
`Sie wollen uns
schon verlassen?´. Waltraud blinzelte. Schon? Was meinte der Kerl mit
`Schon?´ Meinte er damit, schon nach 15
Jahren Arbeit an der Kassa, oder schon jetzt, nachdem alles aufgeflogen war?
Trieb der Mann ein Spiel mit ihr, wollte er sie irgendwie ablenken, bis die
Polizei eintraf?
`Ich
dachte...´,war das Einzige, was aus ihrem trockenen Mund kam.
Eine Pause
entstand, in dem sich Beide verwirrt ansahen wie zwei Bekannte, die nicht mehr
wissen, wo sie sich kennengelernt hatten.
Dann brach
Lunzenstaad das Schweigen.
`Bitte gehen Sie
nicht, ich meine, ich weiss, der Job ist manchmal...naja...aber jemand mit
ihrer...Erfahrung ist für unser ganzes Unternehmen von unschätzbarem Wert, das
müssen Sie verstehen, ausserdem habe ich mir gerade heute morgen überlegt, da
wäre nämlich noch etwas frei in unserer Marketingabteilung, und sofort, also
wirklich in dem Moment habe ich dabei an Sie gedacht, natürlich wäre das etwas
ganz anderes, nicht wie bisher, aber ganz im Vertrauen: Eine Frau wie
Sie...Ihre Talente sind doch verschwendet, und Sie würden auch mehr verdienen,
also was sagen Sie?´ Sein Schweisstuch
kam nun doch endlich zum Einsatz, wischte über die hochrote Stirn, über den
Nacken und verschwand wieder in seiner Hosentasche.
Waltraud hatte
den Boss noch nie so viel reden gehört. Abgesehen vom Inhalt des Monologes war
es die ganze Haltung, die Art des Filialleiters, wie er vor ihr herumdruckste
wie ein Schuljunge und sie dabei so von unten ansah,... dieses fast schon
Geduckte war es, das sie total aus dem Konzept brachte. Sie kannte Herrn
Lunzenstaad als distanzierten, etwas überheblichen mittleren Angestellten, der
wie alle mittleren Angestellten glaubte, er wäre intelligenter als die Anderen.
Die einzigen Sätze, die er mit Waltraud bislang gewechselt hatte, waren:
`Herzlichen Glückwunsch, Sie sind jetzt Teil der Billa-Familie´ (1990), `Der
Strichcode ist nicht kaputt, er muss nur gereinigt werden.´ (1996) und `Was
macht das Glemm Vital immer noch in der Kiste?´ (2000).
Also was sollte
das? Was faselte er da? Die Marketingabteilung? Verschwendete Talente?? Und vor
allem: Mehr Geld??? Das konnte doch nicht sein, nein, das war doch...
`...ein Trick?´ .
Sie hatte es laut ausgesprochen, das konnte sie an Lunzenstaads ahnungslosem
Gesichtsausdruck sehen. Sie räusperte sich. `Also wenn das ein Trick sein soll,
um...´
`Nein, nein, kein
Trick, sehen sie es als Chance!´. Er kam jetzt auf sie zu, beschwörend, für
Waltraud bedrohlich, und kickte dabei unabsichtlich ihren Mittagsapfel von
gestern weg, der traurig davonrollte und mit einem leisen Plong gegen einen
Stuhl stieß wie die kleinste Bowlingkugel der Welt.
`Ich habe schon
mal, in vertrauensvoller Vorraussicht sozusagen, habe ich schon mal einen neuen
Vertrag aufsetzen lassen, ein Vertrag, der uns Beide, wie ich zu hoffen wage,
sehr glücklich machen wird. Sie müssen sich natürlich nicht sofort entscheiden,
aber wie wär´s wenn wir die Einzelheiten in meinem Büro...?´ Waltraud war immer
weiter zurückgewichen vor diesem Koloss, der auf sie zukam wie ein
aufdringlicher Verehrer, doch nun spürte sie hinter sich die Spintreihe, die
einen weiteren Rückzug unmöglich machte. Lunzenstaad musste wahnsinnig geworden
sein, das war die einzige Erklärung. Anstatt sie ins Gefängnis zu schicken, bot
er ihr einen neuen Job an und wirkte dabei so eifrig bemüht wie ein
Vorzugsschüler, der beim Klassenvorstand Eindruck schinden wollte. Und wie er
sie dabei ansah! Als würde er tatsächlich seine ganze Aufmerksamkeit nur auf
sie richten, auf jede ihrer Bewegungen achten und jeden Satz für bare Münze
halten, der aus ihrem Mund kam.
`Ich habe mir
erlaubt, zur Feier des Tages ein Schlückchen Sekt...ich weiss, dafür ist es
eigentlich noch etwas zu früh am morgen, aber wenn Sie´s keinem verraten...´
Und Lunzenstaad zwinkerte ihr tatsächlich verschwörerisch zu. Der Mann, der Waltraud seit 15 Jahren an
guten Tagen vielleicht mit einem schwachen Kopfnicken begrüßte, zwinkerte nun
verschwörerisch!
Ja war denn die
ganze Welt auf einmal verrückt geworden??
Die Auflösung des
Rätsels stand in der Morgenzeitung. Waltraud las so gut wie nie Zeitung und
hörte nie Radio, deswegen war die Sensation des Tages bis jetzt spurlos an ihr
vorübergegangen. Sie hielt die Nachrichten aus aller Welt für deprimierend und
schwarzmalerisch, sie verloren sich meist in düsterer Perspektivlosigkeit ohne
jedoch den genauen Zeitpunkt des anscheinend unmittelbar bevorstehenden Weltunterganges
nennen zu wollen. Sie mochte die Spezialisten nicht, die stets mit erhobenem
Zeigefinger orakelten und warnten, aber bereits am nächsten Tag von anderen,
noch spezielleren Spezialisten widerlegt wurden. Das war alles so verwirrend,
fand Waltraud, nicht zuletzt deswegen, weil dann auf Seite 5 süße Hundewelpen
abgebildet wurden, die als anschaulicher Kontrast dann doch irgendwie Hoffnung
geben sollten. Als wären neugeborene Hunde ein Trost oder ein Ausgleich für
Armut, Hunger und Naturkatastrophen.
Waltraud hatte
sich irgendwann vorgenommen, keine Zeitung mehr zu kaufen, zumindest solange
nicht, bis das Datum der Apocalypse endlich feststand.
Nun hielt sie
doch eine Zeitung in der Hand, aber schließlich ging es ja diesmal um sie
selbst, nicht um irgendein anonymes Opfer aus einem weit, weit entfernten Land.
Waltraud war gar nicht auf die Idee gekommen, die Zeitung aufzuschlagen, aber
eine Kollegin, die sie vorher noch nie gesehen hatte, sprach sie darauf an.
`Gutes Photo, ich
meine, Sie sehen in echt ganz anders aus, aber das sagt man doch immer über die
Leute, die berühmt sind, nicht wahr?´ Schüchtern sah sie zu Waltraud hoch, was
diese noch mehr aus der Fassung brachte. Ihre Verwirrung – seit heute morgen
ein Dauerzustand – sprang wahrscheinlich förmlich aus ihrem Gesicht, denn die
Kollegin (mein Gott, wie hieß sie denn noch gleich) half ihr auf die Sprünge:
`Das Photo in der Zeitung...?´ Da fiel es Waltraud wie Schuppen von den Augen:
Natürlich ! Warum war sie nicht selbst auf die Idee gekommen? Dort versteckte
sich des Rätsels Lösung, des Pudels Kern, wie Hubert I. es immer genannt hatte:
In der Zeitung!
Waltraud rauschte
wortlos an dem Mädchen vorbei, das ihr konsterniert hinterhersah: `Kaum
berühmt, schon was Besseres, was?´
Der kleine Zeitungsstand
an der Kassa war noch leer, als Waltraud eine Illustrierte herausfischte und
darin blätterte. Soviel stand gleich einmal fest: Sie war auf allen
Titelblättern, sie hatte alle anderen Nachrichten des Tages auf Seite Zwei verdrängt. Morde, Entführungen,
Umweltkatastrophen, Politik – alles war unbedeutend geworden und von ihrem
erschreckten Gesicht im Türrahmen zu ihrer Wohnung überlagert. Von ihrem
Gesicht! Das musste man sich einmal vorstellen! Sie war niemand, keiner hatte
jemals ernsthaft Notiz von ihr genommen und jetzt war sie plötzlich wichtiger
als der Wahlkampf? Wichtiger als der blutige Bürgerkrieg in Südafrika? Ja sogar
wichtiger als der amerikanische Präsident?
Aber das war noch
nicht alles. Zuerst verstand Waltraud die Schlagzeilen nicht, die fett
gedruckten Wörter ergaben im ersten Moment gar keinen Sinn. `DIE AFFÄRE DES
MINISTERS´ war die übergroße, überdeutliche Überschrift einer Lokalzeitschrift.
`DIE KASSIERERIN UND DER ABKASSIERER´ hieß es leicht verspielt in einem anderen
Blatt. `DAS AUS DER EHE FÜRSTENSTEIN?´ , fragte hämisch eine weitere Zeitung.
Waltraud konnte
sich an den Finanzminister erinnern. Es war ein Monat her, ziemlich genau, als
Richard Fürstenstein bei Billa eine Dose Mais (Inzersdorfer), 10 Stück Eier
(Bodenhaltung), und eine Großpackung Klopapier (Cosy) einkaufte. Es war schon
seltsam, einen Mann, dessen Berechnungen des Jahreshaushalts entscheidend für
die Wirtschaft eines ganzen Landes sind, dabei zu beobachten, wie er
verzweifelt versucht, ein Plastiksackerl auseinanderzufalten, um seine
bescheidenen Vorräte zu verstauen. Waltraud hatte ihm in seiner misslichen Lage
geholfen, mit der Übung von 15 Billa-Jahren im Handgelenk, und er hatte sich
bedankt. Dann ist er in seinem Armani-Anzug und seinen teuren italienischen
Schuhen hinaus in die heisse Augustsonne gegangen, danke, das war´s, Elvis has
left the Building, und Waltraud hatte ihn nie wieder gesehen. Eventuell hatte
sein Arm den ihren gestreift, vielleicht hatte er ihr zugelächelt. Aber eine
Affäre?? Wann sollte jemand wie Fürstenstein, ein Mann dessen sekündliche
Pressetermine sogar noch häufiger angesetzt wurden als die Erhöhung der
Benzinpreise, wann sollte dieser Mann wohl Zeit haben für eine Affäre?
Der diensteifrige
Reporter erklärte es so: Zufällig machte Herr Fürstenstein immer dann
Mittagspause, wenn auch Frau Meier Mittagspause machte (also wie 500 000 andere
Menschen auch), die beiden Turteltauben (??) wurden in einem Wiener In-Lokal
gesehen (dessen Name Waltraud nur aus dem Fernsehen kannte), außerdem gab es ja
jede Menge absolut verlässliche Zeugen, die das Paar auf Madeira gesichtet
haben. Dazu auch ein Beweisphoto. Waltraud Meier starrte lange auf das
verschwommene Bild, ein Bild, das zwei händchenhaltende Menschen an einem
Strand zeigte. Der eine war vielleicht mit einem zugedrückten, tränenden Auge
der Finanzminister. Die Frau an seiner Seite war definitiv nicht Waltraud, auch
nicht mit fünf zugedrückten Hühneraugen. Und so sehr sie sich auch den Kopf
zerbrach, sie konnte sich nicht erinnern, jemals auf Madeira gewesen zu sein.
Es wurde alles
immer verwirrender, also ließ sie sich erst mal in den durchgesessenen Stuhl
ihrer Kassa, Kassa 2, fallen. Fragen schwirrten wie ein aufgestocherter
Bienenstock in ihrem Kopf herum, Fragen wie: `Warum ich?´ und `Welcher
Vollidiot kommt bloß auf die Idee...?´ und `Warum bin ich heute nur
aufgestanden?´ und schließlich: `Vielleicht bin ich ja gar nicht aufgestanden,
vielleicht träume ich ja noch?´
Waltraud schloss
die Augen und atmete tief durch. `O.K., betrachten wir einmal die Fakten:
Irgendein geistiges Nackerbatzerl behauptet, ich hätte eine Affäre mit dem
Finanzminister. Ich weiss, dass das nicht wahr ist, es sei denn, Herr
Fürstenstein hat die absurde Angewohnheit, in der Nacht Kassiererinnen zu
betäuben und nach Madeira zu entführen, wo er dann aus unerfindlichen Gründen
Pressephotos von ihnen am Strand macht. Das ist doch lächerlich! Keine 3
Stunden nach Veröffentlichung der angeblichen Affäre werde ich zufällig
befördert, was ja schön ist, ich wollte immer schon mal in die
Marketingabteilung und meine Versetzungsgesuche wurden stets alle abgelehnt,
dabei habe ich mir die Beförderung schon so lange verdient, also warum...´
Schlagartig
richtete sie sich auf. Nein. Sie musste das jetzt aufklären, jetzt sofort. Sie
würde vor die Presse treten, sich hinstellen und sagen...
`Frau Meier?´
...sie würde
sagen, das war alles nur ein dummer Fehler, sie...
`Frau Meier?!´
...war niemals in
irgendwelche Affären verwickelt, schon gar nicht mit ihr unbekannten Ministern,
egal welche...
`Frau Meier!!!´
Die kleine
Gestalt vor ihr nahm nach und nach feste Konturen an. Es war die neue Kollegin,
die wie-hieß-sie-noch-gleich, naja, das neue Mädchen an Kassa 4 eben. Sie
winkte mit etwas, einem Stück Papier und einem dieser billigen Kugelschreiber,
die man in der Filliale kaufen konnte und die niemals länger als zwei Tage
hielten.
`Ich hab schon
gehört, Sie sollen ja jetzt versetzt werden und da dachte ich mir, weil wir Sie
ja dann nicht mehr so oft hier unten sehen, naja, ob Sie mir wohl...´
Und sie wedelte
mit dem Stück Papier vor Waltrauds Nase, als würde das alles erklären. Als sie
keine Anstalten machte, das Papier zu nehmen, schob das Mädchen das Blatt
vorsichtig zu ihr hinüber, samt Kugelschreiber, wie ein Anwalt, der gerade auf
einer Serviette ein äußerst großzügiges Angebot gemacht hat und nun gespannt
auf die Reaktion seines Geschäftspartners wartet. Waltraud wusste noch immer
nicht, was von ihr verlangt wurde, also plapperte die Kollegin einfach
drauflos: `Ich persönlich glaub´ja nicht an diese Geschichten wie von diesem
Romeo und der Julia Roberts, ich mein, das soll ja alles nur irgendwie Hoffnung
geben, dass man auch schön sein kann, auch wenn man arm ist, und dann kommt der
Märchenprinz, und die ganzen Handyschulden sind plötzlich vergessen, aber in
Ihrem Fall, da muss ich schon sagen...wie ist er denn eigentlich so ? Ich mein,
so ganz privat, wenn er nicht grad das Geld zählt ?´ Ganz automatisch hatte
Waltraud den Kugelschreiber in die Hand genommen, sie wusste nur nicht genau,
was sie jetzt damit tun sollte, aber als sie in das fragende, hoffnungsvolle
Gesicht dieses jungen Mädchens sah, war alles mit einemal klar: Waltraud Meier
war über Nacht für ihre Kollegin in dieselbe Schublade gerutscht wie Julia
Roberts, einer glitzernden, sternfunkelnden und ganz und gar unerreichbaren
Schublade: Die der Celebrities. Und als Waltraud ihr erstes Autogramm gab,
musste sie tatsächlich das erste Mal an diesem Tag ein wenig lächeln.
Zwei Stunden
später hatte sie die Realität eingeholt, besser gesagt, irgendeine Realität,
die genausowenig ihre eigene war wie Elfen auf dem Stephansplatz. Kurz nach
Ladenöffnung wurde zweierlei schnell klar: Dass die Filiale heute den
Umsatzrekord sprengen würde und dass sich Herr Lunzenstaad endlich seinen Traum
eines neuen Porsche erfüllen konnte. Das Geschäft war nicht einfach voll, es
war so dicht gefüllt von Menschen, dass niemand auch nur mehr ein Produkt in
den Regalen erkennen konnte. Was egal war, denn heute war niemand wegen der
stündlich frischen Semmeln gekommen. Natürlich kaufte jeder irgendetwas: Eine
Packung Hustenzuckerl zum Beispiel oder die plötzlich dringend benötigte neue
Zahnbürste. Aber eigentlich waren alle nur hier, um sich die Geliebte des
Finanzministers anzusehen, sie zu beobachten und vor allen Dingen nur bei ihr
zu zahlen. Die anderen Kassen waren trotz voller Besetzung leer, was Waltraud
noch mehr an der Realität dieses vollkommen verrückten Tages zweifeln ließ. Denn trotz wiederholter Aufforderung
ihrer Kollegen verteilte sich die riesige Schlange vor ihrer Kassa nicht auf
andere Kassen, nein, sie blieb stur und geduldig wartend (!) wo sie war, um
einen Schokoriegel bei der Frau zu bezahlen, die dem Herrn Minister das Kama
Sutra beigebracht hatte (Zitat aus dem Pressespiegel). Im Laufe des Tages hatte
Waltraud immer mehr den Eindruck, dass sie ständig den gleichen Leuten immer
die gleichen Zahnbürsten verkaufte, besonders ein Mann stach heraus: Als er das
fünfte Mal an ihrer Kassa ein Päckchen Kaugummi bezahlte, fragte er schließlich
mit glänzenden Augen, ob sie ihm nicht auch das Kama Sutra beibringen wollte,
und dann ging er so selbstverständlich seiner Wege, als ob er bloß gefragt
hätte, wieviel die Packung Kaugummis gekostet hat. Und das war noch nicht
alles: Eine Frau mittleren Alters mit Lockenwicklern in den Haaren, die eben
noch genauso geduldig wie alle anderen gewartet hatte, schrie Waltraud ins
Gesicht, ob sie immer die Ehe anderer Leute zerstörte, und wie sie eigentlich
dazu kam, den guten Ruf des Ministers so durch den Dreck zu ziehen, elende
Schlampen wie sie müsste man an einem Galgen aufhängen, aber sie würde schon
sehen, die tiefsten Feuer der Hölle erwarteten sie, und sie würde brennen,
brennen...Mit diesen Worten knallte sie ihr die 1,50 Euro für das Spülmittel auf
den Tisch und stapfte wütend ab. Waltraud konnte ihr nur hinterhersehen,
unfähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn, irgendein
besonders spitzes Contra zu geben, irgendwas wie äh...nein, darauf fiel ihr
einfach nichts ein.
Sie kam an diesem
ereignisreichen Tag überhaupt nicht dazu, viel nachzudenken, sie wusste nur
eines mit Sicherheit: Sie musste diesem Wahnsinn so schnell wie möglich ein
Ende setzen. Bald würde dem Reporter, der für all das verantwortlich war,
bewusst werden, dass er einen großen Fehler gemacht hatte und dann würde sie
ganz bestimmt gefeuert werden, weil sie doch nichts gesagt hatte, um dieses
Missverständnis aufzuklären, und wie sollte sie in ihrem Alter noch irgendwo
anders einen Job finden ?
Und warum zum Teufel
hatte sie bis jetzt noch nichts gesagt? Sie hätte schon längst aufstehen
können, sie hätte sagen können: Alle mal herhören, ich bin´s nicht, ich habe
nie mehr als 2 Worte mit dem Finanzminister gewechselt, geschweige denn, 50
schweinische Worte im Bett ( Zitat aus der Neuen Welt). Richard Fürstenstein würde mich nicht einmal
dann ansehen, wenn ich nackt auf seinem Schreibtisch tanze, warum ist das bloß
niemandem ausser mir klar ? ´
Auf die Frage
antwortete eine andere Waltraud in ihrem Inneren, eine Waltraud, die so gut wie
nie an die Oberfläche ihres Bewusstseins drang. Zum ersten Mal war diese andere
Stimme damals vor 11 Jahren aufgetaucht, als Waltraud den Abschiedsbrief ihres
Freundes gerade zum 100. Mal las und ihr die Tränen in die Augen stiegen. Die
Andere nannte Hubert den I. einen gemeinen Schweinehund, der nicht fähig war,
eine ernste Beziehung einzugehen, einen dummen Wichser, der sich feige seiner
Verantwortung entzog. Waltraud war dermaßen zurückgeschreckt vor dieser neuen
Stimme, dass sie sie aus Angst, die Andere könnte noch mehr furchtbare Dinge
sagen, in einem weit entfernten Winkel ihres Unterbewusstseins verstaute und
zehn eiserne Riegel vorschob. Seitdem hielt sich die andere Waltraud zurück,
aber jetzt meldete sie sich erneut zu Wort:
`Gib´s zu, es
gefällt dir! Schau dich nur um, sieh hin! Da stehen sie alle Schlange, nur um
dich zu sehen, um bei dir einzukaufen! Du bist berühmt! Sieh dir nur deine
Kolleginnen an: Sie haben dich Tag für Tag nur ignoriert, du warst nie auf
irgendwelche Betriebsfeiern eingeladen und hinter deinem Rücken haben sie über
dich gelacht, dich ausgelacht; und jetzt: Siehst du ihre neidischen Blicke ?
Jede von ihnen wünscht sich plötzlich an deiner Stelle zu sein, sie wünschen
sich, DU zu sein...´
Waltraud schüttelte
den Kopf, versuchte die bösartige Stimme wieder dort einzusperren, wo sie
hingehörte. Wie konnte es die Andere bloß geschafft haben, aus ihrem Gefängnis
zu entkommen? Außerdem war das alles nicht wahr. Sie wollte doch gar nicht
berühmt sein. Sie wollte die Aufmerksamkeit dieser Leute gar nicht, Menschen,
die sie gar nicht kannte...`BLÖDSINN, SCHÄTZCHEN!´ ,...sie liebte ihr kleines
Leben mit ihrem Kater und der Routine,...`BULLSHIT, FRAU!´,...und die
Millionenshow am Freitag,...`HAHAHAHA´,...ich werd es dir beweisen, es bedeutet
mir nichts, ich steh gleich auf, wart´s nur ab, gleich leg ich dieses Red Bull
hin und stehe auf und verkünde der ganzen Welt...
Sie stand schon,
das wurde ihr erst jetzt, wo sie die vertraute Kuhle ihres Sessels nicht mehr
unter sich spürte, schlagartig bewusst. Alle sahen zu ihr herüber, keiner tat
mehr so, als wären die Rumkugeln in der Nähe ihrer Kassa besonders
interressant. Ausser dem Quietschen der halb gefüllten Einkaufswagen und der
Musik aus den Lautsprechern war es still geworden in der Filiale. Irgendwo
draussen hupte ein Auto und Kameras schärften auf sie um. Die Reporter durften
das Geschäft nicht betreten, das hinderte sie aber nicht daran, einen
undurchlässigen Ring um das Geschäft zu ziehen und den Gehsteig zu blockieren.
Mittlerweile standen die weniger ellbogenfreudigeren unter ihnen halb auf der
Straße, was das Hupen des Autos erklärte.
Jetzt war es
soweit. Sie war nur 4 Wörter von der Wahrheit entfernt, 4 kleine Worte: `Das
ist eine Verwechslung´. Dann würde sich die Schlange auflösen, sie könnte nach
Hause zu ihrem Kater gehen und alles ginge wieder seinen gewohnten Gang.
`Ich...´
`Waltraud?´
Es war der Mann
mit dem Red Bull, natürlich Red Bull, er hatte ja während seines Studiums
nichts anderes getrunken. Er sah aus wie damals, dieselben tiefgrünen Augen,
dieselben dunklen Locken, sein Gesicht so fein geschnitten wie sein Anzug.
`Hubert.´
Sie rührte jetzt schon seit 10 Minuten in
ihrem Kaffee, und langsam fühlte sie sich unbehaglich. Erst gestern gab es für
sie nichts wichtigeres auf der Welt als mit Bernhard den Dienst zu tauschen,
damit sie sich am Samstag die neue Folge von `Emergency Room´ ansehen konnte.
Keine 24 Stunden später saß sie in einem Alptraum gefangen, der nie zu enden
schien, im Gegenteil, er wurde immer schlimmer. Sie hatte immer mehr das
Gefühl, Opfer von `Versteckter Kamera´ zu sein, fast erwartete sie, dass gleich
der Moderator zur Tür des Aufenthaltsraumes hereinspazierte und alles
aufklärte. Er würde ihr die Kameras zeigen, alle würden herzlich lachen, haha, wie konnte ich nur
darauf reinfallen, und dieser ganze Zirkus wäre endlich vorbei...
`Erwartest du
noch jemanden ?´ Hubert war ihrem Blick zur Tür gefolgt und sah sie jetzt
leicht amüsiert an, als ob er ihre Gedanken erraten hätte. Unwillkürlich fragte
sich Waltraud, ob Hubert diesen neuen Krähenfuß in ihrem Gesicht wohl schon
bemerkt hat und schalt sich gleich darauf eine alte Närrin. Er musterte sie
tatsächlich, aber dann setzte er sein charmantestes Lächeln auf. `Du siehst gut
aus !´ Diese telepathischen Fähigkeiten waren fast schon unheimlich. Waltraud
richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Tasse Kaffee vor ihr, nur um zu
vermeiden, dass er weiter in ihrem Kopf herumstocherte wie in einem wehen Zahn.
Trotzdem konnte sie es nicht verhindern, rot zu werden, was sie angesichts
ihres fortgeschrittenen Alters mehr als nur ein wenig verärgerte.
`Was willst du
hier ?´ Es kam schärfer heraus als gewollt, aber wenigstens wischte die Frage
das überhebliche Grinsen aus Huberts Gesicht und ersetzte es durch etwas
anderes. Verletzter Stolz ? Ärger ? Waltraud konnte es nicht sagen.
Erst jetzt
bemerkte sie die lederne Aktentasche, die ihr Ex-Freund auf den Tisch stellte
und aufschnappen ließ. `Ich bin im Auftrag von Minister Fürstenstein hier.
Natürlich wirst du verstehen, dass der Minister nicht selbst kommen konnte,
aber er lässt sich entschuldigen und entsendet die besten Grüße.´
Und wieder war
Waltraud ein Stück tiefer in die Twilight Zone eingedrungen. Nicht nur, dass
der Mann, mit dem sie 10 Jahre lang Tisch und Bett und vor allem ihr Bargeld
geteilt hatte, nach 11 Jahren plötzlich wieder vor ihr stand als wäre nichts
gewesen, er kam auch noch im Auftrag des Ministers, mit dem sie angeblich auf
Madeira war, einem der mächtigsten Männer in diesem Land. Und um dem ganzen die
Krone aufzusetzen, ließ sich der Minister auch noch entschuldigen, als wäre er
zu einem Staatsbankett eingeladen, das er bedauerlicherweise verpassen muss, es
war einfach nicht zu fassen! Na Gott sei Dank ensandte er wenigstens seine
besten Grüße! Seine besten Grüße?
Sie biss sich
schmerzhaft auf die Wange, aber es war zu spät. Es fing mit einem kleinen
Glucksen an, verwandelte sich in ein Kichern und schließlich wurde daraus
hysterisches Gelächter, bis ihr die Tränen über die Wangen liefen. `Die besten
Grüße...´ war alles, was sie hervorbringen konnte, als sie sich im Stuhl
zusammenkrümmte und sich den Bauch hielt. Das war einfach zuviel, das konnte
alles nicht wahr sein!
`Schön, dass dich
die Privatssphäre unseres Finanzministers so köstlich amüsiert´. Hubert presste
leicht schmollend die Lippen aufeinander, was alles irgendwie noch komischer
machte. Ein neuerlicher Lachkrampf verhinderte eine angemessene Antwort, was
Hubert zu einem resignierten Achselzucken veranlasste. Demonstrativ holte er
aus dem Aktenkoffer eine blaue Mappe heraus und legte sie auf den Tisch.
WALTRAUD MEIER stand in fett gedruckten Lettern auf dem Umschlag. `Bin ich
jetzt eine Akte ?´, kicherte die Kassiererin und wischte sich ein paar Tränen
aus dem Gesicht. Hubert sah sie ernst an, zu ernst. `Wann ist er nur so
humorlos geworden,´ fragte sich Waltraud kurz, ` nehmen sie einem die Fähigkeit
zu lachen nach dem WU-Studium weg, im Tausch gegen das Diplom?´ Fast hätte sie
wieder zu lachen begonnen, aber sie riss sich zusammen.
`Wir beide
wissen, dass diese ganze Geschichte völlig aus der Luft gegriffen ist. Richard
Fürstenstein würde nie... Er möchte sich bloß vergewissern, dass niemand noch
mehr zu Schaden kommt bei dieser an sich schon so unangenehmen Sache. Dies ist
eine heikle Angelegenheit, Waltraud. Die Presse hat sich auf diese
Cinderella-Geschichte gestürzt wie ein hungriges Wolfsrudel, Richards Frau ist
ausser sich vor Wut, durch irgendeine Billa-Kassiererin ersetzt zu werden, und
schließlich stehen auch noch die Wahlen vor der Tür! Wir haben heute den ganzen
Tag versucht den Schmierfinken zu erwischen, der diese Photos ins Internet
gestellt hat, und ich kann dir verraten, das ganze Ministerium ist in heller
Aufruhr!´
Hubert rieb sich
seine Stirn, wahrscheinlich, um den persönlichen Stress noch mehr zu
unterstreichen. Waltraud hingegen fühlte sich plötzlich sehr müde. Sie wusste
gar nicht, was sie mehr deprimierte: Dass sie irgendeine Billa-Kassierein
genannt wurde, oder dass ihr Ex-Freund es so aus der Luft gegriffen fand, dass
sie eine Affäre hatte. Naja, wieder einmal hatte er recht. Natürlich war diese
ganze Geschichte eine haarsträubende Lüge, zusammengereimt von einem etwas zu
naiv-romantischen Reporter, aber hatte sie sich nicht wenigstens etwas Respekt
verdient von dem Mann, der ihr vor 11 Jahren einfach so geschrieben hat, sie
würde nie die Frau werden, die er sich wünschte ?
Er behandelte sie
immer noch so, als wäre sie gar nicht vorhanden, faltete stattdessen die
schmale Mappe auf und blätterte darin. `Jedenfalls werden wir wie folgt
vorgehen: Wenn du dich vor die Presse stellst – und Gott sei Dank hast du noch
nicht mit ihnen geredet, da können wir immer noch den Schaden in Grenzen halten
– wenn du also heute da raus gehst, lass mich reden. Du wirst nichts sagen, egal was sie dich fragen werden und wie
sehr sie dich provozieren, und das werden sie versuchen, glaube mir. Du wirst
also die ganze Zeit hinter mir stehen, dich ruhig verhalten und nicken und wenn
wir Glück haben, ist dieser ganze Wahnsinn in ein paar Stunden vorbei, dann
können sich diese Aasgeier wieder dem neuesten Tsunami widmen, und wir können
beide unserbisheriges Leben fortstezen, ganz so, wie es sein sollte.´
Wie es sein
sollte, hallte es noch in ihrem Kopf nach, als Waltraud den mehr als
eindeutigen Subtext dieses Monologes herausfilterte. Denn was er eigentlich
sagen wollte, war völlig klar; doch wie er es sagte, verletzte sie zutiefst.
Nicht nur, dass er sie wie ein unmündiges Kind behandelte, das aufsässig war
und sich nun in die Ecke stellen musste, er tat auch noch so, als wäre das
alles ihre Schuld, als wäre sie diejenige, die behauptet hat, eine Affäre mit
dem armen, krisengebeutelten Minister zu haben, quasi als Aufstand der grauen
Mäuse. Als hätte sie es nötig, sich wichtig zu machen, weil ihr Leben ja sonst
so trist und eintönig war!
Waltraud rührte
jetzt heftiger in ihrem Kaffee, starrte in ihre Tasse, wollte sich auf keinen
Fall anmerken lassen, wie wütend sie war.
Hubert redete
inzwischen weiter, aber die Kassiererin hörte ihm nicht mehr zu. Eine Idee
begann sich in ihrem Kopf festzusetzen, ein waghalsiger Plan, der ganz und gar
nicht zu ihr passte, der ganz und gar nicht...unauffällig war.
Als sie aufsah,
schaffte sie es tatsächlich zu lächeln, eine Leistung, vor der jede Julia
Roberts ihren Hut gezogen hätte: `Die Presse wartet. Lass uns gehen.´
Waltraud hatte
noch nie in ihrem Leben auf einem Podest gestanden, und sie war nervös, als die
Pressekonferenz anfing. All die Reporter, die nur wegen ihr gekommen waren! Die
jede Bewegung ihrer Hände auf Video bannten und jedes Räuspern mit Diktaphonen
aufnahmen! Sie erkannte in der vordersten Reihe die hübsche Reporterin mit dem
engen Kostüm wieder , die bereits heute morgen vor ihrer Tür gelauert hatte,
einem Morgen, der Waltraud nun wie ein anderes Jahrhundert vorkam. War das
wirklich erst ein paar Stunden her, als sie ahnungslos aus ihrer Wohnungstür
getreten war ? Was war das bloß für ein
endlos langer Tag gewesen! Aber auch ein lehrreicher: Sie wusste nun, daß die
Hände, die sonst im Fernsehen die Mikros hielten, zu realen Menschen gehörten,
dass die Off-Stimmen zu den bohrenden Fragen Gesichter hatten. Es war nicht
einfach nur die Presse. Dahinter standen Personen, die das ganze Jahr über nur
eines im Sinn hatten: Eine gute Story termingerecht abzuliefern, auch wenn die
Story eine riesige Lüge war. Die Frage war nur, ob Waltraud es schaffte, den
Leuten das zu geben, was sie haben wollten, und je länger sie auf diesem Podest
hinter Hubert stand, desto weniger war sie davon überzeugt. Was hatte sie sich
nur dabei gedacht? Dies war nicht ihre Welt, sie war doch nur eine kleine
Angestellte, was bildete sie sich ein, sich mit einem der mächtigsten Männer
dieses Landes anzulegen ? Hubert
hingegen war ganz in seinem Element. Jede Geste schien sorgsam einstudiert,
jeder Fingerzeig vor dem Spiegel geübt worden zu sein. Seine Aussprache war
klar und direkt, ohne auch nur den Ansatz eines Versprechers. Er tat so, als
wäre das seine Show, als wäre die Frau mit dem gesenkten Kopf hinter ihm nur
eine Statistin in seiner Inszenierung, aber das spielte keine Rolle.
Waltraud wartete
und schwieg, ihr Herz klopfte schmerzhaft laut, sie dachte, jeder in dem Raum
müsste es hören, müsste ihr den Angstschweiss in ihrem Gesicht ansehen.
Das letzte Mal
hatte sie sich so vor einem Jahr gefühlt, als sie gerade zum 100.Mal ihre Kassa
aufschnappen ließ und sie wieder verschloss, aufschnappen ließ und sie wieder
verschloss, als ob sich an dem Inhalt darin auf wundersame Weise etwas änderte. Es war gleich Schichtwechsel und wenn sie
jetzt nichts unternahm, würde sie es nicht mehr tun, das wusste sie so sicher
wie sie wusste, dass ihr geliebter Kater starb. Der Tierarzt war sehr
teilnahmsvoll gewesen, hatte ihre Hand gehalten, ein wenig zu fest vielleicht,
als wollte er verhindern, dass Waltraud wegflog wie einer seiner gefiederten
Patienten. Trotzdem bohrten sich die Worte hinter seiner beruhigenden, leisen
Stimme wie Nadeln in Waltrauds Kopf. Auch wenn Hubert II. die völlig überteuerte
Operation überstand, würde er wahrscheinlich nur noch höchstens ein Jahr leben,
schließlich war er nicht mehr der Jüngste. Der Arzt mit dem Klammergriff
meinte, es wäre das Beste für Hubert, wenn er sein Leben ohne Schmerzen
beendete, anstatt den Rest seines Lebens dahinzusiechen.
Waltraud konnte
sich die Operation nicht leisten, dabei lag die Antwort auf all ihre Gebete
frisch sortiert unter eisernen Klammern in ihrer Kassa. Es war nur ein
einziger, schneller Handgriff nötig gewesen, eine Bewegung, die sie in den
letzten 15 Jahren millionenfach wiederholt hatte, ein kleiner Schwung aus dem
Handgelenk, der Hubert II. das Leben rettete, ein Leben, das, soweit Waltraud
feststellen konnte, nie von irgendwelchen starken Schmerzen beeinträchtigt war.
Es war verdammt leicht gewesen und noch Tage nach der Tat war Waltraud mitten
in der Nacht aufgewacht, weil sie das kalte Metall von Handschellen um ihre
Handgelenke gespürt hatte, oder geglaubt hatte, ferne Polizeisirenen würden ihr
gelten. In jedem neuen Kunden in der Filiale sah sie einen Zivilpolizisten, der
sie vor den Augen aller abführen wollte, der an ihr ein Exempel statuieren
wollte, gleichsam als Warnung für alle einsamen Frauen mit Katzen, die es nie
geschafft haben, sich einen Mann zu angeln. Aber die Wochen und Monate
vergingen und es passierte...nichts. Ihre Kollegen ignorierten sie genauso wie
früher und ihr Chef tauchte nur widerwillig hinter seinen Zahlenreihen auf,
genauso wie früher. Niemand hatte sie für das Verschwinden der doch
beträchtlichen Summe verantwortlich gemacht, und manchmal, wenn Waltraud den
schwarzen Samt hinter den Ohren ihres Katers kraulte und dabei leise lächelte,
wusste sie warum: Ihr diesen Diebstahl anzukreiden hieße, einer Ameise den
Herzinfarkt eines Elefanten in die Schuhe zu schieben.
Und genau
deswegen würde es auch heute klappen, stellte Waltraud Meier befriedigt fest,
als sie nach vorne trat und Hubert sanft zur Seite schob. Er wollte seine Rede
gerade mit den Worten beenden: `Danke für Ihre Aufmerksamkeit, bitte keine
weiteren Fragen mehr´, stockte aber beim `bitte´, das in der Luft hing wie ein
Köder beim Fliegenfischen, sodass Hubert nichts weiter übrig blieb, als
irritiert und nicht wenig ärgerlich Waltraud das Feld zu überlassen.
Waltraud
räusperte sich kurz und sah auf die Reporter hinunter. Blitzlichter flammten
nun zahlreicher auf und Kameras gingen in die Nahaufnahme, als sie stockend zu
sprechen anfing: `Hubert hat recht: Es ist einfach lächerlich anzunehmen, dass
jemand wie ich eine Affäre mit einem Mann wie Richard Fürstenstein hat. Es ist
schmeichelhaft, ja, durchaus, aber einfach lächerlich. Ich war nie auf Madeira
und wer immer diese Frau auf dem Bild auch sein mag – und ich hoffe, es ist
Frau Fürstenstein – ich bin es nicht. Diejenigen unter Ihnen, die dieses
wunderschöne Märchen glauben wollten, werden nun bitter enttäuscht sein, aber
bitte glauben Sie mir: Ich hate nie eine Affäre mit dem Finanzminister. Richard
und ich sind bloß gute Freunde, das ist alles´.
Fragen peitschten
auf sie ein wie harter Regen in einem Herbststurm, aber sie ließ sich nicht
provozieren, sondern verließ das Podest und ging, ließ einen Hubert zurück, auf
dessen Gesicht sich gleich mehrere Gefühle gleichzeitig widerspiegelten wie ein
unterirdischer Vulkan auf einer glatten Meeresoberfläche: Wut, grenzenloses
Erstaunen, aber tief darunter auch etwas, das Waltraud noch nie an ihm gesehen
hat: Bewunderung. Sie wusste, dass ihr die Presse glauben würde. Das Problem
der Leute war einfach, dass ihr niemand eine solche Lüge zutraute, dafür war
sie einfach zu klein, zu unbedeutend, zu sehr...ameisenhaft.
Warum sie den
Reportern diesen Blödsinn aufgetischt hat? Vielleicht wegen der
Marketingabteilung. Vielleicht wegen ihrer Kollegin, die so unbedingt diese
Cinderella-Geschichte glauben wollte. Vielleicht um ihre 15 Minuten Ruhm auf 20
Minuten zu verlängern.
Vielleicht aber
ganz einfach nur deswegen, weil sie, Waltraud Meier, kleine Angestellte bei der
großen Billa-Familie, es konnte.
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Nina Munk).
Der Beitrag wurde von Nina Munk auf e-Stories.de eingesendet.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.01.2006.
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