Christa Eva Walter

Sigmund Klemmer Letzter Teil !

 

7. August  1953.... Christa stand schon früh morgens am Fenster und winkte ihrem Vater strahlend nach,... bis nachher Papa!!!
Sigmund schob das Fahrrad noch einige Schritte weiter und winkte seiner Tochter zu, bis er um die Straßenecke war. Der Tag war schön, dachte ich. Ich unternahm einen Spaziergang mit Christa. Sie nahm ihren Puppenwagen mit. Wir durften ein letztes Mal den Moment der Geborgenheit und Liebe erleben. Der letzte Spaziergang mit Wünschen und Träumen zweier Menschen, die sich einen Traum erfüllen wollten, auch für dieses kleine Mädchen.

Es wurde Zeit wieder nach Hause zu gehen. Sigmund mochte es nicht wenn ich nicht zu Hause war, ich musste noch das Essen vorbereiten. Wir kamen gerade an, da lag an der Haustür ein kleiner Zettel. Ich hob ihn auf und las folgende Zeilen,...
Siegfried Klemmer, Fußverletzung, befindet sich im Krankenhaus. Sein Name war nicht richtig geschrieben. Es beunruhigte mich
im ersten Moment nicht allzu sehr. Fußverletzung,...  ich sagte zu meinem Kind,... Papa ist im Krankenhaus, ich werde gleich zu
ihm gehen, aber allein. Ich mache noch schnell einen Kartoffelsalat, er wird sich freuen. Du bleibst schön artig hier und spielst

mit deinen Puppen. Als ich im Krankenhaus eintraf und mich nach Sigmund Klemmer erkundigte, kamen mir die Ärzte entgegen.
Ich spürte sofort, dass etwas nicht stimmte. Sie sahen angespannt und zutiefst bedrückt aus. Einer nahm mich in den Arm und sagte, ich soll tapfer sein. Ich ließ den Behälter mit dem Kartoffelsalat auf den Boden fallen. 
Sie versuchten mir zu erklären was geschehen war, aber ich konnte es nicht aufnehmen. Ich zitterte am ganzen Körper, ich wollte nicht hier stehen,... nein,... ich
wollte das nicht hören. Sigmund,... erzähle mir von unserem Leben.  


Gemeinsam,... du und ich...  und unser kleiner Sonnenschein. Sie führten mich zu dir,... unzählige Tränen rollten mir über das Gesicht,  ich stand unter Schock. Du lagst vor mir, die Ärzte versuchten dein Leben zu retten. Einer von ihnen spendete sein eigenes Blut. Sie sagten sie würden versuchen dich vom Becken an, am Leben zu erhalten,... denn von da an waren deine
Beine vollständig zerquetscht, bis zu den Füßen hinunter.
Überall dein Blut. Es floss unentwegt aus dir heraus. Sie konnten es nicht stoppen!

Leise flüsterte ich,... Sigmund wie geht es dir,... was ist mit dir geschehen? Du warst völlig klar und erzähltest mir alles. Es war
ein Unfall mit der Lore. 
Sie kam auf uns zu, der Führer hatte wohl das Signal übersehen und sie losgeschickt. Wir waren nicht darauf vorbereitet und hatten keine Chance uns in Sicherheit zu bringen. Sie hatte ein hohes Tempo und glitt aus der Bahn,
dabei stürzte sie um. Sie erfasste einige meiner Bergleute, Kameraden von mir. 
Manche waren sofort tot!!... Ein paar lebten noch,
so wie ich, waren aber schwer verletzt und erlagen dem Tod wenig später. Ich fühlte mich garnicht verletzt und sagte sie sollten sich zuerst um die Schwerverletzten sorgen. Annchen,...  ich wusste nicht, dass ich es selbst bin.

Ich weinte,... ich streichelte sein Gesicht,... er konnte noch immer lächeln. Dann sagte er, komm etwas näher zu mir Anna. Ich
beugte mich zu ihm,... die Polizei war hier, sie haben mich befragt zu dem Unglück,...
sie vermuten,... dass da etwas nicht
stimmt... 
Es gab keinen Ausweg mehr für uns. Ich bitte dich Anna,... lass es ein Geheimnis bleiben. Ich will nicht,... dass ein
Mensch tiefe Schuld in sich tragen muss. 
Es war ein Unfall,... mein Annchen, es war ein Unfall!...
Er hatte mit dem Menschen Frieden geschlossen, der ihm sein junges Leben nahm und ihn nicht verraten.



Meine Oma Anna schrieb mir dies einmal in einem Brief, als ich alles über meinen Opa Sigmund erfahren wollte, seine letzten Worte waren,... hast du mich noch,... weiter kam er nicht,... er starb in ihren Armen!
 
Ist es nicht vorstellbar, dass unsere Ahnen in uns weiterleben?
Ich spüre ihn ganz deutlich. Sigmund Klemmer ist nicht wirklich
tot,... oder von uns gegangen. Er lebt weiter. Er hält schützend
seine Hände über mich und meine Kinder. Wir sind die
Kindeskinder, die er nie in die Arme nehmen konnte, aber er lebt
in unseren Seelen weiter... 
 
Ich habe dich von Herzen lieb, mein Opa. Ich werde dich nicht in
Vergessenheit geraten lassen, denn du hast nicht einfach so
gelebt. Ohne dich gäbe es mich nicht. 
Auf jeden Fall nicht so wie
ich bin!!  
Du lebst in mir weiter,... ich lasse dich teilhaben an
dem Leben nach dir!!
 
In ewiger und tiefer Erinnerung an Sigmund Klemmer :))
 
Deine Enkelin, Ricarda Christa.... 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Es war mir ein Bedürfnis diese Zeilen über meinen
Vater zu schreiben, der ein gutes Herz hatte...
und über eine Zeit, wo es vielen Bergleuten und
deren Familien ähnlich erging.
Ich bedanke mich ebenfalls, für die wunderbaren
Zeilen meiner Tochter Ricarda die hier mit
eingebunden sind.

Christa Eva Walter

Christa Eva Walter, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.01.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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