Robert Fischaleck

Fast-Nacht

 
Im TV, wird manchmal ein Zimmer eingerichtet, aber es wohnt keiner darin.
Es gibt ein Sofa, und wenn es überhaupt gemütlich sein soll, ist es nicht dieselbe Gemütlichkeit.
Es gibt eine Küche, aber wenn Nahrung zubereitet wird, es ist nicht dieselbe Nahrung.
Es gibt immer noch einen Grund warum etwas passiert.
Und nichts ist wie es scheint.
Und wenn jemand sagt, etwas schmeckt gut, dann will er meistens etwas verkaufen.

Die geladenen Gäste dieser Sendung haben ihre Plätze eingenommen.
Es sollte eigentlich nicht viel passieren, technische Probleme waren eigentlich Routine.

Jeder Blick, jede Veränderung, war einigermaßen vorhersehbar, ein Standard mit variablem Text.
Eine einfache Szene, eine Frau mittleren Alters liest aus einem Buch, es wird also nicht viel Bewegung geben, zwei, drei verschiedene Kameraeinstellungen, etwas Beleuchtung, ein projezierter Hintergrund, der auch als Leinwand für untermalende Bilder dienen wird.

Es wird eigentlich kein Szenenapplaus erwartet, eher Hintergrundgeräüsche, wie Niesen, Hüsteln, Stuhlbewegungen.
 
Wir fangen mit einem Gedicht an, und versuchen uns mit Beleuchtungseffekten der Stimmung zu nähern.
Fast-Nacht
Da wird die Küche ausgeblendet, ein weiß geschminktes Gesicht lächelt belanglos durch als Papierservietten verkleidete Monitore, keine Tasse ist mit Kaffee oder Tee gefüllt, die Gläser stehen als Verzierung, und ein korrekt gekleideter Kellner überprüft noch einmal die vorbereitete Tafel.
Vor dem geöffneten Fenster der angedeuteten Lokalität erscheint das eben auf den Servietten vorübergehuschte weiße Gesicht, allerdings mit Spuren ausgewaschener Haut, und flüstert ein Gedicht.
Fast_Nacht
wieder wird es ein wenig dunkler, der Kellner verschwindet, eigentlich wird er eher aus dem Bild entblassen und das Gesicht murmelt mit der leicht brüchigem Stimme eines nachdenklichen Menschen die ersten Zeilen.
Das Leben läßt sie gewähren und man hört das Rascheln von Papier.
Schicksalsfarben tönen ein Gesicht
Dasselbe blickt geradewegs in die Kamera, als wolle es seine Sichtbarkeit überprüfen,
Das ist ein Spiel und ist doch keines, weil man ja etwas zu sagen hat.
Man weiß nicht ob man verstanden wird, man weiß nicht, ob es überhaupt wert ist verstanden zu werden, aber es soll so inszeniert werden, wie es einem vorschwebt.
Masken, gemalte, gefärbte, genähte, geschnitzte, getöpferte, liebliche, wütende, lächelnde, verführerisch in  alle Sorten von Stoffen und alle Farben gewebt schweben durchs Fenster, der Tisch ist gedeckt.
Das Leben ist ein Bildschirm.
Die Welt ist sein Bildschirmschoner
Für Wesen deren Verstehen ausschließlich aus optischer Information besteht wäre dies ausreichend.
Das Bühnenstudio wird ganz ausgeblendet, und die Szene erscheint nur auf der Leinwand, das geschminkte Gesicht im Fenster nickt.
 
 

Fast-Nacht
Schicksalsfarben tönen ein Gesicht
Dem Ruf des Herzens folge -
Schreie - Ich versteh sie nicht.
Im Tanz der Gesten ,
Marionetten des Gebärdenspiels
gleich bunten Bändern - flatternd,
Träume - Wünsche , Hände ringend
fast zur Zierde um ein
unbewegliches Gesicht.

Das, als wär's aus Gips geformt,
jedoch von Innen scheint
nun Schicht um Schicht
dem Unsichtbarem angepaßt.
In Falten glitzert noch ein Lächeln.
In großen Augen glänzt die Nacht.

Im Tanz des Lebens
starren nachgezeichnete Grimassen
einander spiegelnd ins Gericht.
Da ruft ein neuer Traum die Tänzer an.
Schon fassen sich, gereichte Hände
dann folgt ein Ruck
und alle wiederholen sich im Takt
sehr† sauber eingefädelt
bewegte Marionetten
auf unsichbarer Bahn.

Der leise Ton dabei
das ist die Schrift der Seele,
kaum hörbar flüstert
Sie kennt die immergleichen Reigen
La grande Danza Illusione
Hab Acht!
Um Mitternacht läßt Gott die Masken fallen -
und lauter Fremde zeigen ihr Gesicht.

http://www.geocities.com/Athens/Oracle/5256/Hanuman.html
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.01.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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