Annika Kühlke

Alles was war alles was ist

Nachmittags war es am schlimmsten! So schlimm das sie es fast nicht aushielt. Sie hatte schon mit ihrer Lehrerin gesprochen, aber die meinte, dass ginge vorbei. Typisch Lehrer, keine Ahnung was in den Schülern vorging, aber immer große Töne spucken! „So sind die Lehrer hier nunmal!“ hatte Patric gesagt, als sie grade angekommen war. Zwei Monate war sie jetzt schon hier, und sie hasste die Leute hier immernoch. Sie konnte sich nicht eingewöhnen. Sie hätte zwar gerne mit jemandem gesprochen, aber mit wem denn? Die Lehrer waren halt Lehrer. Und die anderen hier? Die waren alle zu kindisch, naja nicht wirklich kindisch, aber die lebten in einer ganz anderen Welt, in einer heilen Welt wohlbehütet von den Internatsmauern. Sicher, sie hätte mit Patric sprechen können, der würde sie verstehen, den kannte sie. Aber sie würde nicht mit ihm sprechen. Er kannte sie und das wollte sie nicht! Sie hatte ihn mal gekannt, aber jetzt war sie sich da nichtmehr so sicher. Er war immerhin schon zwei Jahre hier, hatte vielleicht schon alles vergessen, wollte auf alle Fälle nicht auf sein früheres Leben angesprochen werden. Bei ihr war alles anders! Sie würde nie vergessen und sie wollte auch nie vergessen, damit sie sich nicht selbst verlor, damit sie nie wieder solche Fehler machte! Auf den ersten Blick waren die Fälle von Patric und ihr gleich, aber eben nur auf den ersten Blick, bei ihr war alles anders.

Sie war von Anfang an nicht froh gewesen, dass Patric auch hier war. Er kannte sie und das störte sie. Sie wollte nicht das jemand hier sie kannte. Außerdem hatte sie Patric gekannt, aber er hatte sich verändert. Zwei Jahre sind eine lange Zeit. Er war nicht mehr der Patric den sie gekannt hatte.Nur eins war geblieben: Sie hasste ihn immernoch. Früher mag es eine Zeit gegeben habe, wo sie ihn nicht so sehr gehasst hatte, aber jetzt hasste sie ihn nochmehr als diese Scheiß-Lehrer und dieses Scheiß-Internat!

Langsam wachte sie aus ihren Gedanken auf. Schon wieder Englisch schon wieder keine Hausaufgaben. Egal. Sie gehörte hier nicht her, und sie sah nicht ein, warum sie sich wie eine von diesen Barbiepuppen in ihrer Klasse verhalten sollte. Wieso sollte sie allen etwas vorspielen? Um besser Zensuren zu bekommen? Die Zensuren waren ihr eigendlich egal, und es gab auch niemanden der sich dafür interessierte, außer der Lehrer und der Schule. Wenn sie sitzenblieb, flog sie! Das war der einzige Grund, weshalb sie sich überhaupt etwas anstrengte. Sie wollte nicht fliegen, aber sie wollte auch nicht hierbleiben. Wo sollte sie denn hin, wenn sie flog? Wieder zurück ins Heim, und dann kam sie nie aus diesem Teufelskreis raus! Diese Schule war ihre einzige Chance wenigstens ein halbwegs normales Leben zu führen. Und wenn sie sich die vermasselte, wars aus. Sie war grade gut genug um nicht sitzenzubleiben aber sie tat wirklich grade mal eben soviel für die Schule, das sie es schaffte. Sie hatte keine Lust sich anzustrengen! Was hatte ihre Klassenlehrerin neulich noch zu ihr gesagt? „ Ich denke, dass du schlauer bist als du zugibst! Wenn du dir nur ein wenig mehr Mühe geben würdest, könntest du in fast allen Fächern mindestens auf 3 stehen, wenn in einigen nicht sogar auf 2!“ Aber wofür brauchte sie so gute Zensuren? Es nahm sie doch eh keiner als Auszubildene, nicht mit der Lücke im Lebenslauf!

Mist, jetzt hatte sie der Lehrer auch noch angesprochen, und sie hatte nichts mitbekommen. Sie wusste ja noch nicht mal auf welcher Seite die Klasse grade im Englischbuch arbeitete. „Sorry but I could not understand you, Sir!“ Immerhin war ihr Englisch gut. Die Tatsache das sie auf 4- stand lag nur daran, dass sie zuwenig sagte und nie die Hausaufgaben hatte. Sie sah geradeaus, direkt in Patrics Gesicht. Dieses Grinsen war unerträglich! Was hatte sie eigentlich mit ihm zusammen in eine Klasse gebracht, dass fragte sie sich immer wieder. Vermutlich ihr Aufnahmetest.. überhaupt auch sone bescheuerte Idee von dieser Schule... Auf jeden Fall war der Test sogut dass sie sie in die höhere Klasse von denen die zur Auswahl standen gesetzt haben. Sie hatte ja schon gefragt ob sie nciht in die Klasse drunter versetzt werden könnte, nur um nicht in Patrics Nähe zu sein, aber das ging leider nicht, meinte jedenfalls ihre Klassenlehrerin.

Gedankenverloren fing sie an auf ihrem Block zu malen. Was es darstellte, wusste sie selber nicht so genau, sie wollte nur überwiegend schwarz reinbringen. Schwarz war momentan ihre Lieblingsfarbe. Aber was hiess momentan? Sie wechselte nicht so oft ihre Lieblingsfarbe wie die Barbiepuppen in ihrer Klasse. Die hatten jede woche eine andere, eine „trendige“. Trendig, was für ein Wort überhaupt... Sie hatte sich, seit sie denken konnte, zur Farbe, oder eher Nicht-Farbe, Schwarz hingezogen gefühlt. Sie verglich die Farbe nicht wie an-dere mit einem bedrohlichen Schatten der hinter einem lauerte. Eher mit dem Schatten in dem man sich verstecken konnte wenn man Angst vor Verfolgern bekam. Sie flüchtete immernoch in die dunkelste Ecke wenn ihr jemand zu nahe kam. Das würde sich wohl auch nie ändern. Es war zu einer Art Lebensphilosophie von ihr geworden die sagte: „Wenn du dich fürchtest oder etwas zu nahekommt, Versteck dich!“ Gut bedient war sie mit diesem inneren Rat nicht immer, dass wusste sie, aber es war ihr in Fleisch und Blut übergegangen. Nach außenhin mochte sie vielleicht hart wirken auf die Barbiepuppen oder diese Möchte gern Weltversteher, aber sie war alles andere als das. Sie hatte nur Angst es zu zeigen, weil sie das Gefühl hatte dadurch abhängig werden zu können von anderen Leuten, von Gefühlen. Manchmal fühlte sie sich einfach nur leer und wie eine Hülle.

Das Pausenklingeln holte sie wieder in die normale Welt zurück. Sie schob ihre Sachen zusammen und packte sie in ihre Tasche. Eine Angewohnheit der letzten Jahre, nie etwas liegen persönliches liegen lassen, es könnte etwas über dich verraten. Mit zitternden Händen zog sie eine Zigarette aus der Schachtel. Erst einmal beruhigen. Sie konnte sich immer noch nicht wieder an die Schule gewöhnen und an Patric nicht. An ihn wollte sie sich auch nicht gewöhnen. Sie hoffte innerlich, dass ER irgendeinen Mist baute und flog. Immernoch zitternd lehnte sie sich an eine Wand und schloss die Augen für einen Moment.

Dies ist erst der Anfang einer Geschichte aber ich hoffe es macht nichts aus dass ich sie trotzdem veröffentlich habe...Annika Kühlke, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.06.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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