Meine Gnädigste,
beim Lesen Ihrer Zeilen überkommt mich in der Tat ein tiefes Bedauern, ob der mich so jäh überkommenen Ungeduld, die es mir versagte, jenes von Ihnen so trefflich beschriebene Finale noch mitzuerleben. Aber an meinem plötzlichen Fortgang sind nicht nur allgemeine Umstände wie Stimmungslosigkeit, Monotonie und gähnende Langeweile schuld, die Sie sich - und das sei Ihnen zur Ehre gereicht - alle Mühe gaben, mir allein durch ihre Nähe und Gesprächsbereitschaft zu vertreiben geneigt waren, sondern vornehmlich - und das sage ich Ihnen jetzt mal ganz unter uns - die unnachahmlich abstoßende Wirkung des Fürsten, wofür ich mich selbst jetzt im Nachhinein noch schäme. Um dies näher zu verdeutlichen, sollte ich vielleicht erklären, dass sich diese Scham vornehmlich auf seine Fremdwirkung bezieht, denn wer sich als Leiter, in welcher Form auch immer, lächerlich macht, brüskiert damit zugleich auch den ihm unterstellten Personenkreis. Oder meinen Sie etwa, man könnte sich angesichts eines solch von Ihnen beschriebenen Fauxpas hinstellen und sagen: „Halt, meine Herrschaften, ich gehöre zwar zu seiner Abteilung, möchte aber keineswegs mit ihm verglichen werden.“
Nun hat das alles sicherlich nichts mit Ihnen zu tun, meine Gnädigste, und wenn Sie, wie Sie eingangs erwähnten, mir dennoch sehr zugetan sein sollte, so ist das für mich durchaus schmeichelhaft. Ich bitte Sie jedoch zu bedenken, dass ich in meinem bescheidenen Amt als kleiner unwürdiger Beamter für gewisse Arrangements nichts, aber auch gar nichts richten kann. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, aber auch wenn es zuweilen den Eindruck macht, dass ich für gewisse Dinge empfänglich bin, die über das normal Dienstliche hinausgehen, so ist doch ein harmloser Witz oder eine nette Bemerkung, wie wir sie in unserem Zimmer während der Zeit unserer erquicklichen Zusammensein des öfters zu teilen pflegten, noch lange kein Freibrief für mögliche Respektlosigkeiten. Oder meinen Sie etwa, ich hätte nicht bemerkt, wie sie mich zuweilen während der lebhaften Schilderungen von gewissen Ereignissen hinsichtlich meiner Reaktionen genau beobachteten, um daraus - und das kann ich Ihnen versichern - mit Sicherheit etwas völlig Falsches abzuleiten ... ähm ... Sie sehen mich in Erklärungsnöten ... Vielleicht drücke ich mich etwas umständlich aus, aber da Sie nun mal eine Vertreterin des weiblichen Geschlechtes sind, welches bekanntlich sehr zweckorientiert ist, vornehmlich, wenn es um bestimmte Ziele geht, lassen Sie sich gesagt sein, dass ich, trotz aller warmen und herzlichen Gefühle für Sie, dennoch kaum der rechte Ansprechpartner sein kann. Selbst auf die Gefahr, jetzt damit ihren Unwillen zu erregen, sei der fairneßhalber angemerkt, dass mich Ihre Offenheit natürlich keineswegs ungerührt lässt, im Gegenteil. Es amüsiert mich, mit welch dreister Feder Sie über den Fürsten richten, was mich schon arg verwundert, denn so etwas, Sie werden verzeihen, hätte ich einem solch ’unscheinbaren Mäuschen’, wie sich der Fürst einmal erheitert ausdrückte, gar nicht zugetraut.
Nun gut, ich gebe zu, dass Sie mich damit bis zu einem gewissen Grade beeindruckt haben, aber sagen Sie mal, wollten Sie das wirklich, und wenn ja, warum, und vor allem, warum ausgerechnet mich? Ich bin ein Frauenfeind, dass wissen Sie, bin Junggeselle und lebe bei meiner alten Mutter. Zu meinen Hobbys zählen neben Wanderungen, ausgedehnte Randtouren vor allem ausladende Telefonate mit älteren Kollegen. Ich lache eigentlich nicht sehr gerne und hänge lieber stundenlang meinen dumpfen Gedanken nach, die mich zuweilen völlig spontan überkommen und dann zu manchen, für Außenstehende recht unverständliche, Emotionsausbrüchen führen.
So jetzt ist es raus, verdammt noch mal! Zum Glück habe ich es nicht getan, und bin froh darüber. An jenem Abend jedoch, als ich nach meiner Verabschiedung wie ein bockiges Kind nach draußen gegangen war, nur weil man mir einen Salatteller vorenthielt, der mir doch zustand, ärgerte ich mich furchtbar und zwar so sehr, dass ich am liebsten, das verstehe wer will, wieder umgekehrt und mich zu Ihnen gesetzt hätte, nur, um Ihnen nahe. Ist das noch normal?
Hab sogar schon im Lexikon nach Ihrem Sternzeichen nachgeschlagen, kindisch nicht? Mutti sagt, ich hätte mich sehr verändert, hätte jetzt des öfteren rote Backen und einen verträumten Blick. Ich bin verwirrt, Sie werden verzeihen. Schon jetzt hoffe ich inständig auf einen neuerlichen Bericht über ihre Ankunft im neuen Abschnitt und mögen Ihnen auch weiterhin alles bestens gewogen sein.
Ergebenst Ihr K., der jetzt erst mal sein Gläschen Milch trinkt
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.02.2006.
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