S. Lang

Bye bye, Baby

"Ein Schrei sagt mehr,
als 1000 Worte.  
Eine Träne sagt mehr,
als 1000 Schreie.
Ein Schnitt sagt mehr,
als 1000 Tränen."
 
Dieser Spruch hatte sie sehr beschäftigt, sie wusste nicht, was mit Schnitt gemeint war.
Doch bald darauf sollte sie es verstehen. Zu gut.
Sie begriff, was gemeint war, denn sie hatte schon tausende Tränen geweint, doch niemand hatte es bemerkt, oder niemand wollte ihr helfen.
So setzte sie den ersten Schnitt, nur einen kleinen Kratzer, den auch niemand bemerkte, doch sie fühlte sich dadurch irgendwie leichter.
Jedes Mal, wenn sie traurig war und ihr die Tränen nicht halfen, ritzte sie einen neuen kleinen Schnitt inihren Arm.
Jedoch wurden die Schnitte, die erst nur selten und klein waren, immer häufiger und immer tiefer und länger.
Es merkte niemand, bis die Schnitte deutlicher wurden und länger zu verheilen brauchten.
Erst da merkten ihre Freunde, dass irgendetwas nicht stimmte.
Was das war? Darüber wollte sie ja nicht reden.
Warum sollte sie die anderen auch damit belästigen? Es waren ja ihre Probleme, die hatten sonst auch nie jemanden interessiert.
Sie blockte ab, isolierte sich mehr und mehr. Ihre Freunde dachten, sie bräuchte nur ein wenig Ruhe um sich selbst wiederzufinden.
Solange man sie in Ruhe ließ wurde sie stiller und stiller, zog sich mehr und mehr zurück und irgendwann war sie einsam. So furchtbar einsam, doch niemand wunderte sich mehr, dass sie blasser wurde und noch mehr in sich verschwand.
Irgendwann merkte ihre beste Freundin, dass sie sie schon lange nicht mehr getroffen oder überhaupt gesehen hatte. Vor 2 Tagen das letzte mal.
Irgendetwas war da anders an ihr gewesen. Sie blickte noch trauriger und verabschiedete sich mit langen Blicken und Tränen in den Augen.
Niemand hatte gemerkt, dass sie wirklich am Ende war. Sie war doch sonst nicht so.
Nachts, als die anderen heile Welt träumten, nahm sie all ihre Kraft zusammen, schrieb Briefe, klebte Collagen und verpackte alles sorgfältig und beschriftet.
Und dann in einer wunderschönen Herbstnacht, als der Mond, wie gemalt, am leicht bewölkten Himmel stand, war sie fertig. Alle Briefe geschrieben, alles ordentlich beschriftet und adrett gestaltet.
Unfall, ja so sollte es aussehen, wie ein Unfall, ein junges Mädchen fiel in einen Abgrund.
Ihr bestes Kleid hatte sie angezogen, um wie ein Engel, einmal zu fliegen. Um mit ihrem einzigen Freund zu fliehen.
Ins Meer, das sie so liebte, die Wellen schlugen an die Klippe, die sie sich ausgesucht und so oft gemalt und bestiegen hatte.
Ein kurzer Blick und sie flog. In die Ewigkeit. Den Klang eines Liedes im Ohr.. "bye bye baby, don't belong, I worry about you, while you're gone..."
Einfach geflohen. Ins ewige Licht. Aus der schleichenden Dunkelheit, in die berauschenden Fluten.
 
(c) Sophie-Luise Lang 20.2.06 

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