• 25.03.2006
  • Kategorie "Sonstige" (Kurzgeschichten)
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Nicole Schnatmann

Der Zug ins Nichts

7:30Uhr befand sich Tanja bereits am Bahnhof, obwohl ihr Zug erst um 8:00Uhr fahren würde. Nachdenklich ging sie zum Bahnsteig 2 und dort immer wieder auf und ab. Sie beobachtete die Menschen um sich herum und sah besonders wehmütig zu einem verliebten Pärchen auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig. Die Beiden ließen sie wieder genau spüren, wie sehr er ihr fehlte.
Sie schloss die Augen und stellte sich wieder einmal sein liebes Gesicht vor und versuchte Worte dafür zu finden, was sie für ihn empfand: doch bevor sie ihre Gedanken zu Ende führen konnte, wurde sie auch schon von ihrem ankommenden Zug aus ihren Träumen gerissen. Sie stieg in den Zug und machte sich auf den Weg in ein Abteil der zweiten Klasse, setzte sich an einen freien Fensterplatz, kramte ihren Walkman heraus und schaute von da an die meiste Zeit aus dem Fenster. Ihr Blick schweifte über die Felder, Straßen, Häuser und Bäume, an denen sie vorbeifuhren, hinweg, hinweg hoch zum Himmel, denn allein die weißen Wolken schienen ihr noch Trost zu geben. Eigentlich war es ein schöner Tag, doch sie fühlte sich so, als würde es seit Tagen in Strömen regnen.
 
Als sie sich nach einer ganzen Weile im restlichen Abteil umsah, entdeckte sie eine Frau mit ihren zwei kleinen Kindern. Die Kinder, ein kleiner Junge und ein Mädchen, quengelten :"Wie weit ist es denn noch, wann sind wir endlich bei Papa?"
Tanja bewunderte die Frau, die keineswegs genervt, sondern völlig entspannt und glücklich wirkte. Die drei machten Tanja allerdings auch traurig, denn sie musste sich durch die Drei wieder fragen, warum es mit ihr und Tom nicht so weiter gehen konnte. Warum musste sich Tom in eine andere verlieben? Immer wieder die gleiche Frage, warum?
 
9:30Uhr Tanja hatte es geschafft, hatte das Ziel ihrer Reise erreicht. Es war ein kleiner Ortsteil von Berlin, der Ortsteil, in dem Tanjas alter Schatz Tom wohnte. Sie wollte ihm heute, genau heute in diesen Minuten noch einmal so nah wie möglich sein und daran dachte sie auch, als sie einen Zug in den Bahnhof einfahren sah!
 
 
Berlin Ortsteil
Ein tragischer Vorfall ereignete sich heute morgen in einem Berliner Bahnhof. Ein 17-jähriges Mädchen warf sich vor einen Zug und verlohr so ihr Leben:

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.03.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Rapunzel in Puppengesprächen, Adoptivkinder auf Zeitreisen, Fragebögen, Bekundungen am Bauch der Sonne. Rätsel und Anspielungen, die uns, an Hand scheinbar vertrauter Muster, in die Irre führen. Florian Seidel hält seine Gedichte in der Balance zwischen Verschweigen und Benennen, zwischen Bekanntem und Unbekanntem. Jeden Augenblick könnte alles aus dem Gleichgewicht geraten, uns mitreißen, uns enden lassen in einem Augenblick der Verwirrung. Die in dem Gedichtband „Ein Tiger schleicht durchs Puppenhaus“ versammelten Texte schildern Suchbewegungen. Glückspiraten, Tiger, Jäger und andere Unbehauste in jenen Momenten, da die Realität Schlupflöcher bekommt und wir uns selbst im Spiegel sehen. Ein ungewöhnlich großes Sprachgefühl und vor allem die Bildhaftigkeit machen die Qualität dieser Lyrik aus.

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