Ute Wald

Vier Jahreszeiten







                                                        Vier Jahreszeiten



Ein Wintertraum

Wenn Väterchen Frost ruft, ist die Luft eiskalt und klar. Es treiben Atemwolken vor dem Gesicht.
Bäume und Büsche sehen aus als habejemand sie mit einer Glasur aus Zucker überzogen. Auf den Teichen bildet sich Eis und es gibt knackende Geräusche, wenn das Wasser darunter sich bewegt, oder wenn ein Lebewesen darüber hinweg geht.
Die wilden Tiere treffen an den Futterstellen im Wald ein. Die Raben fliegen über die Felder.
Lalle Geräusche sind irgendwie gedämpft und ganz anders als sonst.
Der Winter in der Zivilisation ist schön, doch der Winter in der Wildnis ist unvergleichlich schöner.
Ein großes, weites Land. Eisige Kälte und Frostklare Luft. Die Sonne strahlt alles an, hat aber nicht die Kraft Eis und Schnee zu schmelzen; und dennoch erwärmt sich bei einem solchen Anblick das Herz.
Da ist dann noch der große Wald, der auf den Hügeln zu beiden Seiten eines riesigen zugefrorenen Sees liegt. Die Äste der Bäume sind schwer von Schnee und hängen beinahe bis auf die zugeschneite Erde hinab. Manchmal kracht es im Wald, wenn ein Ast seine Last nicht mehr tragen kann, und zerbricht, oder es kracht im Eis des Sees.
Es gibt Atemwolken, aber nur vor den Gesichtern der Tiere. Menschen verirren sich kaum hierher.
Von der Hügelkuppe sieht man über eine unendlich weite, weiße Welt. Die vorherrschenden Farben sind weiß, blau und ein wenig goldgelb.
Wenn es anfängt zu schneien, fallen richtig sicke, wollige Flocken vom Himmel. Man kann, wenn man sich mal die Zeit nimmt sie genau zu betrachten, sehen, dass sie aus vielen, unzähligen kleinen Sternchen bestehen.
Der Schnee bedeckt alles. Die Spuren verschwinden und alles sieht gut, wunderbar und sauber aus.
Beim Anschauen dieser atemberaubenden Naturschönheit wird man von einer eigenartigen Stimmung erfasst. Traurigkeit wandelt sich in Euphorie und man legt sich in den Schnee um einen Engel zu machen.
Wenn man dann in die Zivilisation zurückkehrt, hat es dort inzwischen ebenfalls geschneit. Auch hier kommt es zu einer unbegreiflichen Ehrfurcht wenn man feststellt, dass auch hier die Natur die Macht besitzt auf eine faszinierende Art und Weise alles schön zu machen. Für kurze Zeit erlaubt sie Väterchen Frost mit einer Schneeschicht die Schrecken der Zivilisation gnädig zu verdecken.
Die Natur, eine Tochter von Mutter Erde und dem Himmelsvater, holt sich immer alles zurück. Sie kriegt was sie will, und sei es auch nur für einige Wochen im Winter, mit einer Schneedecke.










 Herbstgedanken

In den Städten pfeift der Wind um jede Ecke. Es wird grau draußen. Der Himmel ist von Wolken übersäht. Es sind meistens graue, schwere Regenwolken die einem auf´s Gemüt drücken.
Wenn es dann regnet scheinen sie immer dicker und schwerer zu werden. Die Regentropfen schlagen an die Fensterscheiben der Häuser und laufen dort wie Sturzbäche aus Tränen hinab.
In manchen Straßen die von Laubbäumen gesäumt werden, liegen alle paar Meter Haufen gefallenen Laubes.
Wer bei diesem Wetter noch unterwegs ist, macht sich einen Spaß daraus durch diese Haufen zu laufen und sie mit den Füßen aufzuwirbeln, um sie ein zweites Mal fallen zu lassen.
Dann sind da auch noch die Stürme. Sie treten ab Herbst gehäuft auf. Es ist eine ungemütliche Zeit; und es gibt den Ausspruch, dass man bei diesem Wetter nicht mal einen Hund vor die Tür schickt.
Im Gegensatz hierzu gibt es aber auch wiederum den Herbst in der freien Natur. Manche sagen dazu auch Indianersommer.
Man steht auf dem gleichen bewaldetem Hügel an den Ufern des großen Sees. Die Sonne steht tief, hat aber noch eine gewisse Kraft. Sie legt den Wald, der sämtliche Farben von gelb bis rot und braun bis Gold aufweist, in ein unvergleichlich leuchtendes Licht, das alles durchdringt. Sie gibt der Landschaft dadurch eine Aura voll überirdischer Schönheit.
Die dichtgewebten, großen und kleinen Spinnennetze und Fäden hinterlassen den Eindruck, als ob man sich durch einen Korridor aus glänzenden kristallenen, hauchzarten Flor begibt. Man nennt es auch Altweibersommer. Nach den mythischen Gestalten der Spinnenfrauen.
Über dem See zeigen sich Mücken und Libellen, sie fliegen dicht über der Oberfläche, so, dass sie die Fische sehen können, die vereinzelt nach ihnen schnappen.
Der Mensch, der auf dem Hügel steht und auf all das hinabsieht, empfindet Ehrfurcht bei dem Gedanken an dieser Naturschönheit teilzuhaben, in dem er ein Teil von ihr ist


Sommer

Sommer bedeutet Leben, denn im Sommer sieht man die Folgen fast aller biologischen Dinge mit der Möglichkeit zur Fortpflanzung.
Es wird geerntet, viele Pflanzen tragen jetzt ihre Blüten oder Früchte.
Der Sommer in der Stadt ist meist schwül, heiß und laut. Die Leute halten sich draußen auf, weil die Hitze sich in den Häusern staut. Abends sitzen viele Leute, zumindest in den Vorstadtgegenden, in ihren Gärten um auszuspannen. Die Hitze und Schwüle hat nachgelassen und die Menschen zünden ihre Holzkohlegrills an. Es hat dann etwas von beschaulicher Ruhe, wenn sie sich, leise Musik hörend beim Essen über die Geschehnisse des Tages unterhalten, während die Glühwürmchen durch den Garten schwirren und die Motten sich mit freudiger Erwartung in den Feuertod stürzen, in dem sie wie magisch angezogen in die Kerzenflammen fliegen oder an den Zylindern der Petroleumlampen zischend verdampfen.
Der Sommer in den Wäldern am See, der von den Hügeln umgeben ist, zeigt sich von einer sehr viel besseren Seite, als der Sommer in der Stadt. Die Laubbäume stehen im satten grün und die Nadelbäume duften nach ätherischen Ölen. Die Hügel und das Ufer des Sees sind mit Wiesen aus grünem Samt überzogen. Vereinzelt blühen die schönsten wilden Blumen oder ganze kleine Meere davon. Bienen summen dazwischen und sammeln Honig. Dicke Pollenklößchen kleben an ihren Beinen. Auch Schmetterlinge flattern taumelnd durch die blühende Landschaft. Alles ist in Bewegung. Die Wasseroberfläche spiegelt die gesamte Umgebung wieder. Wenn es ganz windstill ist, erweckt das den Eindruck zweier Welten. Einer normalen und einer, die auf dem Kopf steht. Dann kommt eine leichte Brise auf und die Spiegelwelt wird unwirklich verzerrt.
Der Uferbereich riecht nach feuchter Erde und blühendem Gras. Manchmal entstehen kleine wellende Kreise auf dem Wasser, wenn ein Fisch auftaucht um nach Futter zu schnappen, welches in Form einiger Insekten über die Wasseroberfläche schwebt.
Im Wald nimmt man das klopfen der Spechte und das zwitschern anderer Vögel wahr. Wenn es Abend wird, dann hört man außerdem noch Frösche quaken, auch wenn sie sich kaum dabei sehen lassen weiß man, sie sind da.
Auch die anderen Bewohner des Waldes kommen jetzt teilweise aus ihren Schlupfwinkeln um am See zu trinken.
Später, in der Nacht, wenn ein voller Mond über der Szenerie scheint, wird alles in ein geheimnisvolles Licht getaucht. Die Mückenschwärme sind immer noch da.
Der auf den Hügeln stehende Betrachter glaubt sich in einer anderen Welt, fast wie im Märchen. Er sieht einen silbernen Mond, der sich in der vollkommen glatten, tiefschwarz scheinenden Wasseroberfläche widerspiegelt. Es herrscht fast absolute Stille die nur vom Schlag des eigenen Herzens unterbrochen wird.



Frühlingsgefühle

Frühling lässt sein blaues Band, wunderbar gesagt in einem Gedicht und genau zutreffend. Es ist der erste richtige Frühlingstag des Jahres, und es fühlt sich genau an wie im Gedicht. Alles ist so milde, die Luft, die Geräusche. Es ist so, als ob man alles hundertfach fühlen kann. Egal mit welchen Sinn. Alle sind geschärft. Wenn ich zum Beispiel am Ufer meines See´s zwischen den Bergen stehe, am frühen Morgen vielleicht, dann sehe ich nicht nur das Bild das sich meinen Augen bietet, sondern ich fühle mit allen meinen Sinnen wie sich das Bild verändert.
Die Sonne geht auf, hinter mir über den Bergen! Sie ist rot und bettet den See in ein rotgoldenes Licht. Der leichte Nebel der über dem See aufsteigt sieht aus als würde er von einem hellen Gespinst aus Strahlen in die rote Sonne gezogen. Und wenn ich die Hände ausstrecke kann ich fühlen wie diese Strahlen mich durchdringen. Es fühlt sich an, als ob man mit den Händen über ganz weichen Samt streicht. Man hört die ersten Vögel des Tages und das plätschern der Wellen die an das Ufer schlagen.
Wenn aus den Bergen das Adlerpärchen mit einem lauten Schrei über den See fliegt, zerspringen die eigenen Gefühle in tausende klitzekleine Glitzerkügelchen. Eine unvergleichliche Sehnsucht ergreift Besitz von meiner Seele.

Nun habe ich die vier Jahreszeiten beschrieben, und zwar dort und so wie ich sie erleben und erfahren möchte. Es gibt aber auf der Erde so viele Länder und überall sind andere Jahreszeiten. Sie finden alle zur gleichen Zeit statt, doch niemand kann sie alle gleichzeitig sehen beziehungsweise erleben. Es sei denn, ein Wesen wäre an vier Stellen gleichzeitig. Da kann man doch mal sehen, die Menschen können so viel, doch dabei sind ihnen die Hände gebunden.
Allerdings können einige Auserwählte alle Jahreszeiten gleichzeitig sehen. Und das muss wohl der erhabenste Anblick sein, den ein Mensch zur Zeit haben kann. Diese Auserwählten dürfen unseren Planeten von jenseits des Wolkengürtels betrachten. Sie leben und arbeiten in einer Raumstation die in einem Orbit unseres Planeten stationiert ist. Damit fliegen sie immer wieder rund um den Globus. Sie sehen unsere Welt wie sie am schönsten und harmlosesten aussieht. Schon weil sie den Eindruck eines leuchtenden blauen Saphirs mit weißen Perlen rundherum erweckt. Oder einer Blaubeertorte mit Sahne. Harmlos wegen der erhabenen Stille die sie umgibt, und der geringen Größe in der sie von den Astronauten wahrgenommen wird. Alles böse ist ja für diese Menschen unsichtbar. Es kann einfach nicht wahrgenommen werden.
In den seltendsten Fällen ist es unter ganz bestimmten Umständen allerdings zu sehen, dass grade etwas stattfindet. Wie zum Beispiel der Einsturz der WTC - Türme am 11 September 2001. Da konnte man vom Weltraum aus eine riesige Qualmwolke sehen. Doch es konnte nicht wahrgenommen werden was dort passiert war. Das es etwas -Böses- war ist völlig klar, denn Menschen haben damit zu tun. Wenn über einer Stadt Qualm aufsteigt, können nur Menschen beteiligt sein. Es spielt gar keine Rolle wie groß die Erde ist, weil Menschen dort sind. Die Spitze der Evolution! HA! Die Krone der Schöpfung! Größenwahn sollte man das nennen. Menschen wollen alles haben, und was sie nicht kriegen, kriegt auch sonst keiner. Was sie nicht verstehen vernichten sie ebenfalls. So wie die zuvor beschriebene Natur. Wieso?


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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.03.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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