Marc-Oliver Matt

Der Tod

Langsam stand Heiko auf. Niemals hätte er sich träumen lassen, dass ihm das passieren könnte. Völlig entgeistertet starrte er auf sein Hände. Wie hatte er das geschehen lassen können, wie nur? Warum hatte er sie nicht festhalten können?

Mit einem lauten Ächzen fiel er zu Boden. Das konnte alles nicht wahr sein. Es war vorbei. Er lachte, er heulte, er wusste nicht, was er tat. Wie von Sinnen begann er an seinen Haaren zu reißen. War das wirklich sein Leben? Musste es immer so enden? Er konnte es nicht glauben. Er wollte es nicht glauben. Die Opfer waren doch die anderen, nicht er.

Mühsam stand er wieder auf. Starrte auf seine, nun zitternden, Hände. Wieder einmal hatte er versagt, oder doch nicht? Nun fiel sein Blick auf den Körper auf dem Bett. Fast schon zärtlich berührte er die Haare, dann das Gesicht. Erschrocken fuhr er zurück. Die Haut war schon kalt. Wie lange hatte er in diesem Zustand zugebracht? Verzweifelt suchte er eine Uhr. Es war keine zu finden. „Er wird Zeit“, dachte er, während er sich langsam vom Bett entfernte. An der Tür bückte er sich, um seinen Revolver aufzuheben. Ein letzter leidender Blick auf den toten Körper im Bett und er war durch die Tür verschwunden.

Zweifel an seinem Tun trieben ihn durch die Nacht. Heulend blieb er oft stehen. Er konnte nicht ertragen, was aus ihm geworden war. Sie hatte ihn geliebt, hatte sie das nicht gesagt, „Ich liebe dich.“ Kurz bevor er sie mit seinen eigenen Händen erdrosselte. Wieder blickte er auf eine Hände hinab. Wie hatten sie das nur tun können. Hatte er gar keine Gefühle mehr? War er tot? Selbstzweifel plagten ihn. Wie konnte er nur den Menschen töten, den er liebte, der ihn liebte.

Plötzlich hörte er hinter sich Schritte. Aus seinen Gedanken gerissen sah er sich um. Er war in eine Sackgasse gelaufen, der Müll hier stank erbärmlich. Warum hatte er nicht aufgepasst, wo er hinlief? Die Schritte waren verstummt. Langsam drehte er sich um. Es war niemand zu sehen. „Diese blöde Paranoia.“, flüsterte er leise vor sich hin, als er plötzlich einen heissen Schmerz in seinem Rücken spürte. Voller Wut drehte er sich um. Versuchte zu packen, was ihn da angegriffen hatte. Aber da war nichts, nur der Schmerz, heiß, brennend in seinem Rücken. Langsam tastete er sich zur Stelle des Schmerzes vor. Warmes Blut quoll aus einer tiefen Wunde. Mit einem Ruck zog er das Messer aus seinem Rücken. Nun quoll mehr Blut hervor. Er hob das Messer ins Licht, drehte es langsam und nun begannen seine Augen vor Wut zu blitzen. Das war sein Messer. Wer wagte es ihn mit seinen eigenen Waffen anzugreifen? Wieder sah er sich um. Es war immer noch niemand zu sehen. Sein Blut tropfte nun, in schweren, warmen Tropfen, auf die Straße. Er konnte es riechen, spüren, wie sein Leben dahinfloß. Aber er spürte auch etwas anderes. „Ich fühle! Ich lebe!“, brüllte er in die Nacht hinaus.

In diesem Moment spürte er wieder den heißen Kuß von kaltem Stahl, doch diesmal nicht in den Rücken, sondern direkt in sein Herz. Fassungslos schaute er an sich hinunter. Seine Hände hielten noch immer das blutige Messer, das in seiner Brust steckte. „Dann soll es wohl so sein.“, flüsterte er mit versagender Stimme, noch während er nach vorne kippte und sein Leben langsam aus ihm herausfloß.

Mit seinem letzten Atemzug sah er eine gleissend weisse Gesalt vor sich in der Luft schweben. Hämisch beugte sie sich vor und flüsterte in sein Ohr: „Das hast du nun davon du Tor. Die Liebe lässt sich nicht besiegen und sie wird nur Leid bringen, für die die sich ihr verweigern.“ Mit diesen Worten erlosch das Licht und sein Leben.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.04.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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