Bruno Dietiker

Hausbrand

Der Hausbrand
Am Tod der jungen Frau und dem 1-jährigen Mädchen bin ich schuld. Verbrannt!
Und ein 5-stöckiges Haus brennt.. Ich spüre den Boden nichtmehr. Es ist der
Schock. Es ist im Dezember, früh abends. Dunkel ist's; die Scheinwerfer leuchten.
Wasserfontaine und ein Wirrwar von Schläuchen.  Ein riesen Durcheinander.
Die Ereignisse überstürzen sich. Da, eine Mutter schreit!      Männer mit Akten,
Holzkisten, Säcken und Gestenge , stürmen zum Haupteingang hinaus.
Und drumherum beissender Rauch, Feuerzungen und das knallen von Glassplittern.
Vermutlich sind Frau Henning und ihre Tochter Luise im ersten Stock elendlich ver-
brannt. Und ich bin schuld. Durch eine unachtsamkeit, oder wie soll man das nennen?
Vergesslichkeit.         Mein Reisepass  ist somit auch verbrannt. Mit abhauen ist
also nichts. Aber was soll aus meinem Leben werden?
"Alle Fahrkarten bitte!"
Ich werde aus meinem Sorgenscenario aufgeschreckt. Ach ich bin im ja im Zug.
"Hoi!" Ich grüsse meinen Kollegen. Er erkennt mich an meiner Eisenbahneruniform.
"Hoi!" Sagt der Zugbegleiter. Und geht weiter. Ich muss, wie man sagt, leer schlucken.
Noch vor 10 Minuten hab ich meine Arbeit beendet.
Also gerade bei Arbeitsschluss, beim einräumen der Gerätschaften überlegt man
sich so, was man mit dem heutigen Feierabend anstellen sollte.
Ich könnte fern sehen. Etwas essen. Wäre jetzt meine Frau zuhause, gäbe es was
Gutes. Aber sie ist ja in den Ferien. Also muss ich selber was machen. Ravioli?
Ja, mit viel Reibkäse. Ja dann muss ich noch ein bisschen einkaufen. Die Läden
schliessen ja bald. Und weil's vor Weihnachten ist, vielleicht noch ein paar Kerzen?
Das ist ja schon Tradition. Ja. Das gibt dann eine behagliche Wärme. Ja, Kerzen.
Kerzen....Kerzen! Du liebe Neune!
Ich hab' doch die Kerze hinter der Schlafzimmertür heute morgen aus lauter blössinn
angezündet. Aber ausgepustet hab ich sie zwar wollen, aber ich hab's nicht getan.
Ich musste ja auf den 7-Uhr-Zug zur Arbeit. Heut wars wieder mal knapp.
Mein Gott! Die Unterlage der Kerze ist eine Tageszeitung auf einem Tischtuch.
Das brennt doch wie Zunder. Seit 6h30 brennt nun dieses "Weihnachtslicht"!
So ne mittelgrosse Schmale. Den ganzen Tag unbeaufsichtigt lodert sie schon.
Die hält doch nie einen ganzen Tag. Ein paar Stunden, ja. Du lieber Himmel!
Wenn es jetzt angefangen hat zu brennen, dann.... Die Nachbarn kann man auch
nicht anrufen. In unserem Haus wohnen so viele Kulturen. Man kennt sich kaum.
Wenn es jetzt brennt? Es könnte ja wirklich sein. Dann hätte das Feuer den ganzen
Tag Zeit gehabt.
Ich will Heim rasen. Aber ich muss den Zug nehmen. Und dieser fährt noch 35 Min.
bis zu meinem Wohnort. Und im Zug sitzend male ich mir aus, wie die einzige Nach-
barin die ich kenne, die mit der Tochter, der kleinen in dem von meinem Feuer ent-
fachten Brand, verbrennen.
Kommt dieser Zug nicht schneller vorwärts! Noch drei Haltestellen. Es soll mich jetzt
nur niemand ansprechen.
"Danke dass Sie in diesem Zug nicht rauchen!"Tönt es aus dem Lautsprecher.  Ja, ja. Aus lauter Aufregung hab ich
mir eine angezündet. Eine Zigarette. Seit kurzem, darf man in den Zügen ja nichtmehr
rauchen. Schnell vernichte ich sie auf der Plattform  bei den Türen. Komm dann
wieder zurück zum Sitz. "Mann ist das Leben kompliziert geworden!"
Man darf und kann einfach nichtmehr gedankenlos in den Tag  leben. Geht nicht.!
Die Frau, die mir gegenüber sitzt, lacht. "Haben Sie's nicht gewusst?"
In einer Eisenbahneruniform weiss man das auch. Aber eben:"Hab's vergessen!"
               Für einen Augenblick habe ich mich doch tatsächlich durch ein anderes
Problem, von meinen eigentlichen Sorgen ablenken  lassen. Des Feuers in meinem
Haus. Ja, nicht versichert bin ich auch. Ich ruf mal zu Hause an. Natürlich icht es
sinnlos, es ist ja niemand dort. Bin ja allein zur Zeit. Aber vielleicht nimmt ja der
Feuerwehrmann ab.      Nichts.    
So, jetzt kommen wir endlich in meinem Städtchen an. Zum Taxistand aber dalli.
Keines da!   Der Dorfkern ist voller dichtem Rauch. Du mein Gott! Mir wird schlecht.
Woher kommt dieser Rauch? Woher wohl???
Ich muss nach Hause rasen. Es ist zirca ein Kilometer. Also los! Ach das ist ja
nicht Rauch. Nein, das ist Nebel. Dichter Nebel. Das heisst aber garnichts.
Ich kann jedenfalls mein Haus nicht sehen. Glatteis hat's auch. Als bräuchte mein
Herz noch Hilfe um schneller zu schlagen, das es schon seit fast einer Stunde tut,
durch mein rauchen und mein Uebergewicht krieg ich kaum noch Luft.
Und trotzdem versuche ich noch zu rennen. So, ich komme meinem  Haus näher.
Ich seh nix. Immer noch dichter Nebel. Also wenn da ein riesen Durcheinander,
Fahrzeuge, und Leute herum eilen, ja dann...... Und ich bin schuld daran.
Wie kann ich nur die Kerze brennen lassen, und dann zur Arbeit zu gehen.
Den ganzen Tag über hab ich nicht daran gedacht.Besser so. Ich wäre vielleicht
wahnsinnig geworden.
So, ich bin 50 Meter vor dem Haus. Ausgerechnet hier so dichter Nebel.
Ich muss wohl ganz vor die Haustüre.
Hier ist nichts. Ist der Brand auf der Hinterseite des Hauses?
Also, rein in's Haus. Schnell zur Wohnung. Schliesse auf:
Alles riecht nach kaltem Rauch. Es riecht nach alter Spaghettisauce vom Vortag.
Im Zimmer hinter der Türe steht eine Kerze. Sie ist leicht herunterge
brannt.Die Kerze ist selber erloschen......
Seit diesem Vorfall sehen sie den Bruno 1..2..3..mal zurück in die Wohnung düsen, um zu kontrollieren, ob Herdplatte, Fernseher , Radio und  Kerze ausgemacht sind, oder ob ich es
vergessen habe.
 
 
Die Kerze ist selber erloschen........
 
 
 
 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Bruno Dietiker).
Der Beitrag wurde von Bruno Dietiker auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.04.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Bruno Dietiker als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Innere und äussere Wahrnehmung von Florentine Herz



In meinem BUCH „INNERE UND ÄUSSERE WAHRNEHMUNG“ sollen vor allem psychisch erkrankten Menschen Wege aufgezeigt werden, konkret veranschaulicht durch Übungsab-folgen, wie durch präsentes Sein mehr Selbstausdruck erfahren werden kann. Spürbewusstsein ist der Schlüssel dazu. Auch Menschen ohne Krankheits-diagnose bewegen sich oft an der Grenze eines „normalen“ Empfindens, bedingt durch Stress etc. Meine Texte sollen Mut geben, sich auf eine energetische Ent-deckungsreise zu begeben – zurück zur wahren, reinen Natur des Menschen.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Wie das Leben so spielt" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Bruno Dietiker

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Souvenir-Heini von Bruno Dietiker (Glossen)
Hab dich ganz doll lieb von Achim Müller (Wie das Leben so spielt)
Pilgertour XVII von Rüdiger Nazar (Reiseberichte)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen