Horst Dreizler

Osterhase

In einer Zeit, als die Menschen noch grundhässlich waren und absonderlich lebte in einer kleinen Stadt ein Krämer mit seiner verwachsenen Tochter.
Es war die Zeit, als es unbedingt als höflich galt, seine Fürze nach dem essen anzuzünden, um dem unerträglichen Gestank zu entgehen, denn faulende Kohlstrünke gab es zu jeder Mahlzeit. Der vergorene Saft zerdrückter Holzwurmmaden versetzte manchen der Tafelnden in einen derartigen Rauschzustand , dass es zu orgiastischen Paarungsszenen kam w:obei man auch die Kakerlaken nicht verschonte, die eine stattliche Grösse hatten und als Haushaltshilfen gehalten wurden.
Der Krämer handelte mit allem, was die kleine Stadt brauchte, von Nadel und Faden um die löcherig, schmierigen Wämse der Bewohner nach ihren Gelagen wieder zusammenzuflicken, über Feuersteine zum abbrennen der Darmgase bis hin zu den Lichtpistolen, kleine Einschüsser, die beliebt waren und mit denen der ein oder andere sein Abendlicht ausschoss, nur um der dröhnenden Stille und Langeweile zu entgehen, die sich nach Einbruch der Nacht über die Stadt legte.
Freaky, des Krämers Töchterlein, ein herzallerliebstes Ding ging dem Vater fleissig und willig zur Hand, bediente freundlich die Kunden, auch die Riesenkakerlaken, obwohl diese einen grünen Schleim sabberten und die ganze Zeit mit ihrem Chitinpanzer raschelten.
Da Freaky mit 3 beachtlichen Höckern auf dem Rücken gesegnet war und das Gesicht voller knuspriger Warzen hatte verliebte sich prompt Krall, ein properes Kakerlakenböckchen in das Mädel und schleimte ab dieser Zeit den Krämer mit besonders hellgrünem Speichel voll, er solle ihm seine Tochter zur Frau geben.
Der Krämer wollte aber seinen Augenstern, sein ein und alles nicht an diese Kreatur geben, er sah sie im Geiste schon hinter Küchenschränken schlafen und in dunklen Nächten schauerliche Feste auf feuchten Holzböden feiern. Wie sollten gar die Kinder aussehen?...und überhaupt...der Krämer liess seinen Blick über Krall gleiten...der hatte ja nicht mal Eier.
Krall gab sich mit der Ablehnung nicht zufrieden und ging zu Lapp, der alten, weisen Oberkakerlake.
Diese empfahl ihm, sich Eier zu besorgen und anzukleben.
Eier waren zur damaligen Zeit eine Kostbarkeit und Krall brauchte 3 Wochen, bis er die 2 Eier zusammenhatte. Er klebte sie sich mit einem billigen Papierleim zwischen die Beine, aber just in dem Augenblick, als er vor dem Krämer und seinem Töchterlein gross auftrumpfen wollte, fielen die Dinger ab und zerplatzten auf dem Boden. War das ein Hallo und ein Lachen und Krall sabberte viel dunkelgrünen Schleim vor Verzweiflung und zog ab.
Wieder ging er zu Lapp, der ihn diesmal in ein Hinterzimmer mitnahm.
„In deiner alten Gestalt kannst du bei Krämers nicht mehr auftauchen, da hast du verschissen“, sprachs und nagelte Krall ein Paar lange Ohren an die Fühler. Dann warf er ihm ein altes Fell über und reichte ihm einen Tornister aus Weidenholz.
„Fülle diesen Tornister mit Eiern, du wirst sie brauchen, denn der Kleb ist für den Arsch und dir fallen bestimmt noch ein paar Mal die Dinger ab.“
Dass er, Lapp, zwischenzeitlich einen bombenfesten Sekundenkleber erfunden hatte, sagte er dem armen Tropf nicht.
Krall brauchte ein ganzes Jahr um den verdammten Tornister voll zu bekommen und als er wieder die Stadt betrat, wurde er beinahe von einer Kutsche überrollt, einer Hochzeitskutsche, darin die bucklige Freaky mit dem alten, geilen Lapp, der eifrig an ihrem Warzengesicht herumlutschte.
Traurig und in Gedanken raschelte Krall durch die Stadt und warf nacheinander die Eier in die Vorgärten, nicht ohne vorher grün drübergeschleimt zu haben.
Die Kinder, die das sahen, freuten sich und bewarfen sich mit den rohen Eiern.
Hei, war das ein Spass!
Als Krall dies bemerkte ging die Sonne in seinem Herzen wieder auf und er sah seine Zukunft klar vor sich.

Ein Jahr später kam zum ersten Mal der Osterhase.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.04.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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