Horst Dreizler

Höllenreiter...Hoffnung gibt es immer!

Es heisst, sie kommen über ein Wurmloch aus der Dimension jenseits der Zeit, sie tauchen auf aus dem Nichts
in den eisigen Ebenen der Nordländer, zu Hunderten, zu Tausenden ...hornige kleine Gestalten mit glühend
roten Augen und Dolchzähnen, auf sehnigen, unermüdlichen Pferden, bewaffnet mit spitzen Lanzen, scharfen Messern und Hass, tödlichem Hass auf alles Lebendige.
Wie ein Feuersturm fegen sie über die frostharten Steppen, von der Hölle ausgespuckt verbrennen sie
jedes Dorf, jede Hütte, jedes Zelt...und machen keine Gefangenen.
Sie kommen meist in der Stunde nach Mitternacht, mit einem hohen fistelnden Gewinsel und dem emsigen Getrappel ihrer Gäule und der Nordhimmel verfärbt sich blutrot.
Die männlichen Dorfbewohner werden erschlagen, wo man sie trifft, Frauen und Kinder in der Dorfmitte zusammengetrieben und auf die übelste Weise ganz nach Gusto der Teufel vergewaltigt.
Letztendlich sterben alle, die noch lebend warmen Körper werden aufgeschlitzt wie Schweinehälften und
dienen ihnen als wärmende Decken , bis der Morgen graut und sie weiterziehen, blutverschmiert, auf ihren sehnigen Pferden, unermüdlich...und mit jedem Massaker furchtbarer, grausamer, als zögen sie ihre dämonische Kraft aus den Toten .
 
Die Menschen der Nordländer fliehen in Massen vor der drohenden Apokalypse, es gibt keinen Widerstand
und auch die Seher und Weisen wissen kein Mittel, der vernichtenden Bedrohung zu entgehen.
So ziehen lange Wagentrecks gen Süden mit verzweifelten Menschen, hungrig, durstig und mit einer
ungewissen Zukunft.
Ziel der Reise ist das Karr-Gebirge, der gewaltige Gebirgszug, dessen höchste Gipfel den Himmel berühren und in dessen Schluchten den alten Überlieferungen nach die Sonne geboren wurde.
...und die Sonne war es, die ihnen fehlte, den Menschen im Norden und nicht nur ihnen...

Ein Pass durchschneidet das unüberwindlich erscheinende Felsmassiv in Nord-Südrichtung, nur ein
schmaler Weg, wie ein Säbelhieb in den Stein gehauen, dort müssen sie durch, die Flüchtlinge.
...und die Seher wissen von alten Weissagungen , die vom Leben im Überfluss sprechen, vom Glück,
vom Paradies, dort im Süden...sicher vor Verfolgung und Tod.

Sunsie, die schöne Führerin der Sawen, eines Volksstammes am Rande der Eiswüsten war die Erste,
die den Pass erreichte, mit den wenigen ihrer Leute, die den langen, entbehrungsreichen Marsch überlebt
haben.
Der vereiste Schnee knirscht unter ihren Füssen, hinter ihr das dumpfe Stampfen der Zugochsen, aus den
Wagen das dünne Gekreische der hungernden Kinder,... da sieht sie im gleissenden Mondlicht den Pass vor
sich liegen.
Sie fühlt sich selbst nicht gut, die anstrengende Reise, die Verantwortung...sie läuft wie auf Wolken, ihr Körper glüht im Fieber, aber sie hat es geschafft...der Pass, danach würde alles besser werden, sie glaubt den Weissagungen...

Da!...hinter ihr tönen Rufe, ....Sie kommen!....die Teufel!....
 
Als sich Sunsie dreht sieht sie den gewaltigen Nachthimmel des Nordens, tausende und abertausende Sterne,
wie Diamanten, hart, kalt, schön...und in der Ferne am Horizont einen schmalen Saum, kirschrot, scharlachrot, Blut...jede Sekunde grösser werdend , man meinte das dünne hohes Gewinsel zu hören, das Stakkato stampfen der Pferde...
Es dreht sich alles in ihrem Kopf, sie müssen durch den Pass, schnell...aber dann, wenn die Teufel...
Sunsie erschrickt, er steht plötzlich vor ihr, bleich, in einen schwarzen Umhang gehüllt, aber das ist es nicht...es sind seine Augen, glühende Augen, die ihr eine ohnmächtige Angst einjagen.
Sie sind schon da, die Teufel, eine Falle!!...

„Hab keine Angst, ich gehöre nicht zur Hölle, mich hat die Sonne geschickt, ich werde euch helfen.“

Seine Stimme ist warm, angenehm, wie Seide auf der Haut.

„Geht durch den Pass, geht weiter nach Süden, zur Sonne, ich passe hier auf, sie werden diesen Pass nicht
passieren, niemals. Ich werde mit ihnen reden und sie werden weinen, blutige Tränen werden sie weinen, all das Blut, das sie getrunken haben werden sie ausweinen, bis sie keine Kraft mehr haben.“
Wie im Traum wankt Sunsie zurück , steigt in den ersten Wagen und legt sich auf ein paar Decken.
Sie fühlt sich mit einem Mal schwach und müde, keine Sekunde hätte sie mehr auf den Beinen ausgehalten, nur noch schlafen, nur noch träumen, von der Sonne , vom Süden, vom Paradies.

Sie ist glücklich, sie weiss, sie haben es geschafft, sie glaubt ihm, dem Schwarzen, sie kennt ihn, hat ihn
schon immer gekannt...von allem Anbeginn an.


...und seine Feueraugen haben sich in ihr festgesaugt, sie spürt ihre Wärme, alles wird gut...
 
 
 
Heute habe ich den Frühling gesehen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.04.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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