Amalia Ceranna

Das weiße Rauschen

Unterschiedliche Tonfrequenzen hämmern in meinem Kopf und vermitteln mir das Gefühl als hätte sich ein kaputtes Radio zwischen meinem Denk und- Fühlzentrum eingenistet.
Zischend wie Schlangen bewegen sich unverständliche Worte, die wie eine andere Sprache klingen, gemischt mit hellen psychotischen Klängen durch meinen Körper und beißen in die Hülle meiner, jetzt schon zerrütteten Seele, um sich in sie einzuschleichen.
Immer und immer weiter dringen sie in das scheinbare Zentrum meines Ichs vor und nähren sich genüsslich an den Überresten hoffnungsvoller Gedanken, um diese dann als einen zähflüssigen, schwarzen Brei auszukotzen, der sich sogleich unaufhaltsam fortbewegt und alles unter einer lederartigen Schicht des Schmerzes begräbt.
Für mich fühlt es sich so an, als würde man mir durch diese Tat die Luft zum Atem nehmen. Als würde eine knochige Hand durch meinen Brustkorb brechen und mit ihren langen weißen Fingern mein Herz umfassen, um es im laufe der Jahre immer mehr zu zerquetschen.
Wild und panisch hämmert es in diesem Gefängnis; versucht verzweifelt dem schmerzlichen Griff zu entkommen, doch umso schneller es schlägt, desto schmerzhafter wird es.
Freiwillig fügt sich der Körper Schmerzen zu, um denen der Seele zu entgehen, doch mit jedem Schnitt wachsen die Qualen immer mehr zu einer giftigen Pflanze heran und die bösartigen Stimmchen im Kopf lassen einen Chor des höhnischen Gelächters erschallen, der mich an die Grenzen des Wahnsinns schreiten lässt.
Mit gesenktem Kopf wandert ein Wesen, was man irgendwann vielleicht mal als „Ich“ bezeichnet hat, durch die selbst erschaffenen Welten der Dunkelheit.
Ausdruckslos und blind erscheinen die Augen, welche nicht zu wissen scheinen wo oben, wo unten, wo rechts wo links und wo Leben ist.
Die Seele, welche schon lange nicht mehr meine ist scheint bestehend aus illusionären Bildern. Ein Spiegellabyrinth ohne Ausgang.
Vernichtend qualvolle Erinnerungen, getarnt als schwarze Schatten, wandeln durch die Gänge meiner Existenz; zerstörend all die Spiegel, welche noch nicht mit schwarzen Tüchern abgedeckt wurden, sondern in denen man schwach das Licht der Hoffnung leuchten sieht.
Mich an den Wänden abstützend schleppe ich mich keuchend durch die nie enden wollenden Gänge und schreie immer wieder qualvoll auf, wenn ich es aus der Ferne zersplittern höre und tief in meinem Innern spüre.
Zur gleichen Zeit in der ich durch die dunklen Gänge meines Kopfes wandle, lehnt sich mein Körper, auf den Boden sitzend, an eine Wand und starrt apathisch Löcher in die Luft, bis sich plötzlich die Welt verändert und alles in helle Farben getaucht ist.
Regenbogenfarben legen sich wie seidene Tücher auf meine Netzhaut und lassen die wundervollsten Gefühle durch meine Nervenstränge jagen, bis sie schließlich in den tiefen meines Kopfes, zwischen all den funktionierenden Gehirnverbindungen und Synapsen zu explodieren scheinen.
Mit meinen Händen versuche ich nach leuchtenden Bildern zu greifen, welche fast zärtlich meinen Körper streicheln und meine Seele zu heilen scheinen.
Der Boden auf dem ich sitze ist bestehend aus flammendem Acryl. Vorsichtig nähere ich mich einer kleinen, blutroten Flamme, welche sich direkt vor meinen Füßen aus dem Boden erhebt und wie ein kleines Kind, vergnügt, hin und her hüpft.
Der Verstand welche solche Bilder niemals annehmen würde ist komplett ausgestellt und dennoch ist eine gewisse Scheu in meinen Bewegungen zu erkennen.
Vorsichtig berühre ich die kleine Flamme, welche just in diesem Moment zu einer auflodernden Feuerfontäne heranwächst. Erschrocken weiche ich zurück, doch die Flamme hat bereits meinen gesamten Körper umschlossen.
Angst? Wie könnte ich in diesem Moment Angst empfinden, wo ich doch an meinem gesamten Körper diese sanfte Wärme spüre? Eine Wärme die bis tief in mein Inneres dringt und mich erhellt, bis sich mein dunkles und kaltes Spiegellabyrinth in einen Sonnenpalast verwandelt, der alles, doch nur keine Trauer zulässt.
Ein seltsames Gefühl der Freiheit durchzuckt meinen Körper, als ich plötzlich die Welt von oben sehe. Mein Instinkt sagt mir dass ich einfach immer weiter mit meinen Flügeln schlagen muss, was mich zu der umwerfenden Erkenntnis bringt dass ich kein Mensch mehr bin.
Schnell sausen die hellen Steinwände, Wackelhalter und die in weißer Kleindung geschmückten Menschen an mir vorbei, bis mir unvermittelt lauwarme Luft entgegenschlägt und sich mir die Pracht der Natur offenbart.
Schneller immer schneller schlage ich mit meinen Flügen. Höher, immer höher steige ich in den Himmel und lasse mich immer mal wieder vom Winde tragen.
Mein kleiner Körper saust geschwind in flauschig weiche Wolkenwände, bricht an einer völlig anderen Stelle wieder heraus, schlägt eine scharfe Kurve ein und, oh, prallt fast mit einer Möwe zusammen. Puh gerade noch geschafft auszuweichen.
Ertrinkend in Euphorie bemerke ich gar nicht wie sich ein rotes Band um meinen Körper wickelt und mich herab zur Erde zerrt.
Zu schnell rasen die unterschiedlichsten Bilder durch meinen Kopf, unkontrolliert mischen sich zu viele Farben ineinander und lassen einen braunen, klebrigen Sumpf entstehen.
Das rote Band zieht mich immer brutaler und schneller zu Boden, bis ich eine unnatürliche Geschwindigkeit erreiche, die Angst in mir auslöst.
Wie gelähmt komme ich mir vor; unfähig mich zu befreien, bis ich plötzlich wie eine Bombe in genau diesen braunen Sumpf einschlage und mein Schreien von den schwarzen Wänden meines Spiegellabyrinthes erschallen höre. Rund in genau diesem Moment wird mir bewusst was geschehen ist: ich bin zurück in der Realität.

Ich möchte darauf hinweisen, dass diese Kurzgeschichte oder besser gesagt Kurzprosa einen Drogenrausch beschreiben soll.
Was veranlasst einen dazu Drogen zu konsumieren, was passiert bei einem Drogenrausch und wie fühlt es sich an, wenn dieser abklingt.
Ich bedanke mich schonmal im Vorraus fürs lesen. Viel "Spaß"...
Amalia Ceranna, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.05.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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