Ines Wertenbroch

Langsamer Walzer

 
 „Follow you, all around. Just like me they long to be close to you. Why? Close to you”, rauschte eine Perry Como ähnliche Stimme im Bigband-Sound durch den Saal.

„Welches Parfum nimmst du?“ Ich hatte das Gefühl, es müsste ihm von meinem Ausschnitt in die Nase strömen. Unsere Schritte glitten ineinander. Seine Hand lag auf meinem Rücken. Leicht versetzt bewegte sich mein Körper vor seinem. Seine linke Hand hielt meine Rechte.

Er zog mich mit sanftem Druck während einer kleinen Drehung an sich heran.

„Ich habe am Freitag an dich gedacht. Du warst bestimmt auf deiner Dachterrasse.“ Ich sah mich mit seinen Augen auf meiner Terrasse sitzen. „Ja, die Sonne war so warm, dass ich mich schon richtig sonnen konnte.“

„Du hast doch keinen Bikini“. Er hatte mir schon vor Wochen angeboten, einen passenden Zweiteiler in der nächst größeren Stadt mit mir zu kaufen.

„Ich hatte nichts an“, gab ich zurück.

„Du bist etwas brauner geworden.“

„Ja, von der Vorderseite ging es übrigens schneller als bei der Rückseite.“

„Vielleicht, weil die Haut vorne weicher ist“. Mir kam es vor, als sähe er in diesem Moment meine nackte Vorderseite vor sich. Ich hielt meinen Kopf etwas starrer zur linken Seite. Ich hörte seinen Atem neben meinem Ohr.

Vor einer Woche waren wir am Strand gewesen. Er meinte, ich sollte mich ohne jedes Oberteil in die Sonne legen. Er ginge regelmäßig in die Sauna und würde dort die Frauen  auch so sehen. Ich zog mein Top aus und behielt den BH an. Ich spürte, wie er die Luft angehalten hatte. „Es ist doch schön, wie offen wir sein können.“ Er legte sich mit dem Bauch auf das Handtuch.

Er hatte mir ganz am Anfang gesagt, er wolle keine Beziehungen mehr mit Frauen haben. Seine letzte lag einige Jahre zurück, doch ein weiteres Mal würde er es nicht aushalten, wenn es wieder nicht funktionieren würde. Ich sollte akzeptieren, dass er momentan keine Beziehung wolle.

Am nächsten Tag stand er unerwartet vor meiner Tür und wollte mich einladen, mit ihm zum Strand zu gehen. Seitdem nutzte er jede Gelegenheit für ein Treffen mit mir.

An einem Abend lud er mich zu sich nach Hause ein. Wir waren vorher zum Tanzen ausgegangen. Gegen 1.00 Uhr wollte ich wieder zu mir. Er saß direkt neben mir auf dem Sofa und schenkte mir noch etwas in mein Glas ein. Ich sprach, während er mich ununterbrochen von der Seite anschaute. Ich hatte nicht gehen wollen, aber ich hielt es nicht mehr aus, dass er mir so nah war und ich ihm nicht näher sein durfte. In der Nacht fragte ich mich, ob es so weitergehen konnte. Warum verhielt er sich so und sagte etwas anderes? Er hielt mich, ohne mich zu halten. Ich musste bleiben.

„Why? Close to you. Why? Close to you”. Was war es bloß?

Unsere Schritte wurden gleichzeitig langsamer. Unsere Hände lösten sich voneinander. Sein rechter Arm glitt sachte über meine Hüfte und blieb dort einen Moment liegen.

„Danke.“

Er nahm wieder meine Hand. Er wollte auch noch nicht gehen.

 

 

 

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