Die Hütte war einem einfachen Touristenlager entsprechend eingerichtet. Die grosse Küche mit offener Feuerstelle befand sich neben einem rustikal wirkenden Aufenthaltsraum. Getrennte Massenschlafräume für Frauen und Männer einfachster Ausstattung und als Badezimmer natürlich die Freiluftkörperwaschanlage in Form eines Brunnen, der von Quellwasser gespiesen wurde. Wir liessen es uns nicht nehmen, an diesem Brunnen eine kleine " Spritztour " anzuzetteln. Alle, die zu spät und verschlafen aus dem Haus traten, wurden gehörig nass gespritzt. Geschlafen hatten wir ausgezeichnet, denn der Anreisetag hatte es in sich. Geweckt wurde um sieben Uhr mit einer Geissenglocke. Ein Duft von Holzfeuer, Ovomaltine und frischem, von der Hüttenwartin selbst gebackenem Brot erfüllte die Räume, dazu schönstes Wetter mit tiefblauem Himmel. Was will man mehr. Unsere Hütte befand sich in einer Waldlichtung am Fuss der Engelhörner, gegen Westen grüssten das Wellhorn und das Wetterhorn und sonst rundherum ein würzig duftender Bergwald. Das Frühstück schmeckte dann auch ausgezeichnet in dieser romantischen Umgebung.
Auf dem Programm stand nun eine leichte Tageswanderung durch die Rosenlaui - Gletscherschlucht und zur Schwarzwaldalp. Die romantische Gletscherschlucht befindet sich oberhalb des Jugendstil - Hotels Rosenlaui. Bereits seit 1902 besteht ein gut ausgebauter Weg durch die imposante Schlucht. Die malerischen Grotten sowie Wasserfälle von unbezähmbarer Wildheit begeisterten uns sehr. Das kühle und kristallklare Gletscherwasser schafft sich seinen Weg durch die engen, unberechenbaren Felswände und liess uns den Atem anhalten. Furchterregend und brüllend schiesst das Schmelzwasser durch dieses Labyrinth, das vom Wasser in Jahrtausenden von Jahren in den Fels gefressen wurde. Daraus entstanden dann diese beeindruckenden Kessel, Gletschertöpfe und Nischen. Teilweise mussten wir uns tastend durch diese teils unbeleuchteten, dunklen Felswege bewegen. Das Rauschen und Tosen des Wildbaches in der sehr engen Schlucht erhöhten den Erlebniswert dieser Begehung. Ein kalter Hauch vom Eiswasser des Rosenlaui - Gletschers und das Unheimliche dieser Wildheit löste so bei manch einem von uns einen kalten Schauer aus, der über den Rücken lief. Dazu kamen die feuchtnassen Wasserstaubfontänen der Wasserfälle. Ein wirklich wildromantisches, kleines Abenteuer ! Ich bin heute immer noch fasziniert von diesem Naturwunder, dessen Wildheit auch nach dramatischem Rückzug der Gletscher nichts an Ausstrahlung, Kraft und Eindrücklichkeit verloren hat. Das aufsteigen ans Tageslicht hatte dann aber doch etwas Befreiendes nach dieser Enge der Schlucht an sich, auch wenn man sich erst einmal an das blendende Tageslicht gewöhnen musste.
Nach einer kurzen Rast ging’s dann weiter über einen Wanderpfad, der immer auf der linken Seite der Strasse zur Schwarzwaldalp folgend, über Alpweiden und durch lichten Wald stetig leicht steigend hinauf zum Plateau der Alp führt. Der würzige nach Harz duftende Wald verströmte zeitweilig in ständig beschatteten Zonen auch einen Duft von feuchter Erde und Moos. Dazu das unermüdliche hin und her der Eichelhäher, die uns mit ihren typisch heiser - krächzenden Lauten begrüssten und allem möglichen an Stimmenimitationen überraschten, die uns vorgaukelten, dass weiss ich was für Vögel im Wald singen und pfeifen würden.
Nun liegt zwischen der Fahrstrasse und unserem Wanderweg das Bett des Reichenbaches, der hier eher träge daherfliessend sich von seiner ruhigen Seite präsentierte. Zum gurgelnden, rauschenden Gesang dieses Baches gesellte sich der Klang von hundert oder mehr Glocken, Treicheln und Schellen der grossen Vieherden, die hier im Hochtal und an den Hängen vom Wellhorn und Schwarzhorn ihre Alpsömmerung verbrachen. Ein Klangerlebnis, wie wir es in dieser Grösse und Heftigkeit von uns zu Hause im Alpstein so nicht kannten. Auf der anderen Talseite hinter der Fahrstrasse stehen schmucke Alphütten, unter deren Giebeln an einer langen Holzstange das " schöne Geläut ", das für die Alpfahrt hier deponiert wurde, wie zufällig hingestreut. Dazwischen die kleineren Käsegaden. Hier in dieser schönen Gebirgs - und Alplandschaft schien der geeignete Rastplatz für unser Mittagessen zu sein. Nicht zu überhören waren auch die charakteristischen Hornsignale der gelben Postautos, deren Tonfolge übrigens in der Ouvertüre zu Rossinis < Wilhelm Tell > wieder zu finden ist.
Bis kurz vor dem Bergrestaurant Schwarzwaldalp führt nun der Weg wieder durch Waldgebiet mit einer landschaftlich schluchtartigen Verengung, durchsetzt mit grösseren und kleineren Felsbrocken und mit wild durcheinander liegenden, durch Rüfen - und Murabgängen mitgerissenen, Baumstämmen. Ein kleines Naturparadies, das uns alle in ihren Bann zog.
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Hans-PeterHans-Peter Zürcher, Anmerkung zur Geschichte
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.05.2006.
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