Anna Grundmann
Ich habe mich begraben
Ich lag vor mir, in meiner ganzen hässlichkeit.
Die langen Haare hingen wirr um meinen kopf herum.
Tiere liefen darin herum.
Starr waren meine Augen in den Himmel gerichtet.
In den Himmel, der heute nacht teil meines Endes wurde.
Ein stiller zuschauer.
Abgebrochene Fingernägel, dreck verschmierte Kleidung.
Ich werde mich ausziehen.
So zog ich mich aus.
Lag weiter dort.
Und starrte mit totem Blick nach oben.
Nackt, nutzlos, schutzlos, verbraucht lag ich nun dort.
Ich werde mich begraben.
So begann ich zu schaufeln.
Schaufel für schaufel matschige Erde schmiss ich hinter meinen Rücken.
Und es erfüllte mich mit tiefem Stolz.
Ich werde mich begraben.
Regenwürmer bahnten sich ihren weg aus den wänden des Lochs.
Wollten mich begrüßen.
Wollten mir sagen, dass sie sich über Besuch freuen.
Ich hörte sie wispern.
"schöne Haare, und ach so schöne Beine hat sie"
"sssshhhh"
Tief genug.
Dort lag ich immer noch.
Mit der Frage ins Gesicht geschrieben.
Ich schneide mir die Haare ab, dachte ich.
Zu viel Dreck.
Zu viel Blut.
Ich nahm meinen Kopf hoch.
Setzte mich auf.
Nahm das Messer und schnitt.
Ein bisschen kopfhaut lief herab.
Nicht schön, aber auch nicht wichtig.
Meine Augen blicken mich nun direkt an.
Traurig waren sie.
Sahen sie immer so aus?
Waren sie immer traurig gewesen?
Immer?
Nicht mehr wichtig.
Ich nahm mich hoch.
War nicht schwer.
Trug mich ein stück.
Bis hin zu meinem Loch.
"so", sagte ich.
"schau, dort werde ich liegen.
Man freut sich schon auf mich."
Und damit warf ich mich hinunter.
In eine dunkle welt.
Ich sah noch, wie meine Augen mich anblickten.
Diese Traurigkeit.
Ich schaufel mich mit Erde zu.
Will meine Augen nicht mehr sehen müssen.
Will meinen Körper nicht mehr sehen müssen.
Diesen Dreck.
So werfe ich Dreck auf den Dreck.
Und sage "erde zu erde und staub zu staub.
Asche zu Asche, und so hört es auf."
Damit begrub ich mich.
Und es wurde dunkel.
Ich habe mich begraben.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.05.2006.
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