Birte Fröhlich

Überlebentraining in der Türkei

Da freut man sich das ganze Jahr über auf den, meiner Meinung nach, wohlverdienten Urlaub, und dann wird das ganze zu einer ungewollten „Abenteuer-Reise“.
Aber ich glaube ich fange mal ganz vorne an.
Wir schreiben das Jahr 2002. Mein Mann und ich wollten das erste Mal gemeinsam in die Ferien fliegen. Also rein ins Reisebüro. Nach relativ kurzem Beratungsgespräch stand dann das Reiseziel fest: Türkei!
 
Dann war es soweit. Ab zum Flughafen, Gepäck aufgegeben, eingecheckt, und warten, warten, warten. Wir saßen in der Nähe einer Bar und sahen schon seit geraumer Zeit einen südländischen Herren (ich behaupte einfach mal, es war ein Türke, da er in die Türkei flog, und sich (für mein Sprachempfinden) auf türkisch unterhielt.
Jedenfalls schaffte es dieser Herr in ca. 1,5 Std. die Bar um mindestens vier Picoloflaschen Sekt, einige Flaschen Bier und ein paar Feiglinge zu erleichtern.
Na ja, wenn er doch solche Flugangst hat, dachte ich mir noch so.
 
Im Flugzeug hatte ich dann das riesige Vergnügen neben diesen Herren sitzen zu dürfen. Natürlich saß ich auf dem mittleren Sitz, wo man ja sowieso am wenigsten Freiheit hat. Aber zu allem Überfluss, schlief Herr „Schnapsfahne“ nach ungefähr 15 Flugminuten ein, und kam mir immer näher gerutscht. Zum Glück wurde er aber nach kurzer Zeit von Turbolenzen geweckt.
Und was macht man in einem Flugzeug wenn einem langweilig ist und nicht schlafen kann? Man kann lesen, oder sich die Leute angucken. Oder man bestellt noch mindestens 4 kleine Flaschen Wein, weil man ja seinen Alkoholpegel erreicht hat. Mein Sitznachbar entschied sich dann überraschender Weise für die letzte Alternative.
Als wir dann kurz vorm Landeanflug einige Luftlöcher mitnahmen, ließ er sich seinen Alkoholkonsum noch einmal durch den Kopf gehen. Also, er trank rückwärts. Auf gut deutsch: er kotze! Dieser nette Mensch hat es geschafft zwei Spucktüten zu füllen. Da sich die Stewardess weigerte, die prall gefüllten Beutelchen in Empfang zu nehmen, klemmte er sie ins Zeitungsnetz an den Sitz vor ihm. Da freut man sich das man heil gelandet ist, endlich von diesem „Kotzbrocken“ weg kann, und dann muss man sich noch ganz vorsichtig an diesen Beuteln vorbei bugsieren, ohne diese zu berühren und dadurch eventuell zum Überlaufen oder Platzen zu bringen. BÄÄÄÄH!!!!
 
Dann kam das Gepäcksuchen, rein in den Bus, Transfer zum Hotel. Im Bus war Gesprächsthema Nr. 1: „Hast Du den kotzenden Türken gesehen?! Oh Gott, die armen Leute neben dem!“ Ja, ja, die armen Leute, das waren wir!
Wir gaben uns dann auch zu erkennen und bekamen eine große Runde Mitleid.
 
Also das Hotel war wirklich ein Traum. Nettes Personal, alles sauber, und dieser Strand….!!!! Weißer, weicher, feiner Sand, blaues Wasser, warm wie in der Badewanne. Das entschädigt doch für alles…!
Dachte ich bis dahin.
Am zweiten Tag (von insgesamt nur sieben), wurde mein Mann beim Baden von einer tsunamiartigen Monsterwelle (sie etwas größer, aber stärker als er) erfasst und ein bissel durchs Wasser getrudelt. Somit hatte er Wasser im Ohr. Bei normalen Menschen fließt Wasser, das von selbst rein kommt, auch irgendwie von selbst wieder ab. Bei Meinem herzallerliebsten natürlich nicht. Wir brauchen ja wieder eine extra Wurst. Als dann am vierten Tag, die ganze linke Gesichtshälfte angeschwollen, und nicht mehr bewegbar war, machte ich mir dann doch etwas Sorgen. Also hofften wir auf den, Zitat aus Katalog: „stundenweise Deutschsprechender Arzt“. Der gute Doc schautet meinem Mann in der Hotellobby einmal ins Ohr, erklärte uns auf englisch(!) das dort Wasser im Ohr sei (ach nee), und sich dieses entzündet hätte. Das Wasser müsse schnellstens raus, da wir sonst nicht zurückfliegen können weil es durch den Druck im Flugzeug weiter ins Ohr gedrückt würde.
Also wurden wir in ein Taxi verfrachtet, welches uns dann mit wahnsinns Tempo und Durchzug (bestimmt gut für entzündete Ohren) ins Krankenhaus fuhr.
Ja, das war schon immer mein Traum. Einmal in ein türkischen Krankenhaus zu fahren. Als man hörte dass wir deutsche Touris waren, wurden wir sofort durchgeschleust. Und dann kam der Arzt. Weißes Unterhemd (Marke Schiesser Doppelripp), bunte Bermudashorts, Socken und Sandalen. Hätte auch ein deutscher Tourist sein können. Man verständigte sich mit Händen, Füßen und englisch. Weil ich ja sowieso dabei war, konnte ich gleich helfen. Ich durfte das Ohr meines Mannes nach oben ziehen, während Doc Holliday mit einer laaaaaaangen Spritze kam um das Wasser abzusaugen. Nachdem das Überstanden war bekamen wir ein Rezept, welches wir in der Apotheke unseres Vertrauens einlösen sollten.
Also wieder per Taxi zurück, selbstverständlich nachdem die Behandlung per EC Karte bezahlt wurde, rein in Apotheke. Dort hatten wir dann die Wahl zwischen einem ca. 8jährigen Jungen oder einem ca. 80jährigen Apotheker. Der Junge machte den clevereren Eindruck. Also gaben wir ihm das Rezept, er suchte die Substanzen zusammen, und der blinde Opa mischte alles bunt zusammen. Da wir vom Arzt keine Beschreibung bekamen wir dieses Wundermittel anzuwenden hatten, und der Apotheker uns auch nichts sagen konnte, beschlossen wir das die stinkende braune Flüssigkeit ins Ohr sollte. Keine Ahnung wie viel, keine Ahnung wann, wie oft und wie lange. Aber pünktlich zum Urlaubende ging es meinem Mann und seinem Ohr dann wieder gut.
Nicht das uns dieser Urlaub abgeschreckt hätte. Im Gegenteil!
Das Jahr darauf waren wieder dort. Und dieses Jahr im August heißt es wieder „Incekum, wir kommen!“ Diesmal aber mit Rundumsorglos-Versicherungspaket (Krankenhaus und Arzt wird erstattet), in der Hoffnung das wir es nie in Anspruch nehmen müssen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.05.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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