Lothar Krist

Poppen.

 
Riechen. Ein Duft beströmt die Luft, wenn du den Verschluss vom Fläschchen schraubst. Eine Ahnung wahnt sich leise an dein Nasenloch heran. Du nast dich ganz verstohlen an die Flaschenöffnung an. Deine Augen beaugen das Lokal. Alles okay, kein Auge da, das sich für dich und dein Fläschchen interessiert.
 
Du schnüffelst diese Uhuähnlichkeit von einem Duft ganz, ganz, ganz tief in dich rein, so lange, so lange, bis .... bis du nicht mehr atmen kannst. Und dann?
 
Wwwwuuuuummmmm! Da bläst dich ein Ganzkörpersturm fast vom Barhocker. Die Haare stehen einen millionenfachen Himalaya. Die Schädeldecke bläht sich himmelwärts. Ein Knall. Und es verblitzen zehn millionen Gehirnzellen in einer einzigen Sekunde. Die Ohren verhochofen sich ins Nichts. Aus der Tiefe deines Unterleibs vergggrrrhhht ein Gggrrrhhh in deiner Kehle.
 
Und dann? Dann hat dich das Leben wieder eingefangen. Du denkst: schade! Und gleichzeitig: Gott sei Dank! Wow! Wenn doch bloß das ganze Leben so ein geiler Zustand wäre!??? Und du ziehst gleich noch einmal an diesem mördergeilen Fläschchen an.
 
Und wieder: Wwwwuuuummmm! Ein Blitz! Und wieder poppen zehn millionen Zellen in ein Nichts. Du denkst: egal! Was schert mich mein Gehirngezelle?! Ist heute nicht ein Feiertag? Also gleich noch mal und: Wwwwuuuuummmm!
 
Doch irgendwann dann merkst du’s: Du fängst mit dem Vergessen an.
 
© Copyright by buji (5.2.2005 von 02.10 – 03.40 Uhr im Smaragd)
 
poppen - "du poppst dir einfach die Schädeldecke weg" - von Poppen, Popper, einer legal in Sexschuppen oder Schwulenlokalen erhältlichen Schnüffeldroge (Preis zwischen € 20,-- und 25,--), die dich für ein, zwei Minuten völlig abheben lässt. Vor lauter Glück schnappst du gierig nach Luft, deine Gurgel zieht sich zu, deine Ohren verbrennen, deine Haare stehen zu Berge. Dabei hast du ein Gefühl, als würde dein ganzer Körper "weich gespült". Diese Droge ist eine Art "Weichmacher". Sie wird gerne von Prostituierten kurz vor dem Analverkehr genommen, wenn einem Kunden danach ist.
 
Man sieht oft, wie die Kids in den Techno-Discos in Gruppen zusammen stehen, sie schauen dabei immer vorsichtig, vom schlechten Gewissen erfüllt, über ihre Schultern. Es soll ja nicht auffallen. Doch wenn man Bescheid weiß, dann kann man beobachten, wie das Fläschchen heimlich die Runde macht. Diese Droge heimlich am Klo zu nehmen, hat keinen Sinn, habe ich mir sagen lassen, denn sie erzeugt nur dann ihre ganze, irre Wirkung, wenn man in diesen ein, zwei Minuten über allen anderen im Raum steht. Sie "fährt" nur dann so saugeil, wenn man abheben kann von der Langeweile seiner Umgebung. Man ist ja dann noch irrer drauf, als all die anderen.
 

 
So ein „Popper“ ist ein Nitrit-Inhalat. Nitritinhalte wurden als Medikament gegen Angina Pectoris entwickelt. Es erweitert die Muskulatur - und das löst die Angina Attacke. In den experimentierfreudigen 60ern wurde es als psychoaktive Droge getestet. Und das hat sich in der Drogenszene ebenfalls bewährt, denn es erweitert auch die Gefäße im Gehirn und macht »high«, wie man so schön sagt. Und besonders für die Homosexuellen hat es sich bewährt, weil es Analsex erleichtert, die Schließmuskulatur wird entspannt. Dann spart man Zeit am Vorspiel und kann z.B. als Strichjunge mehr Partner bedienen pro Zeiteinheit. Nitrite sind äußerst reaktiv, mutagen und damit wohl auch karzinogen. Sicher ist, dass sie toxisch sind. Sie oxidieren das Eisen im Hämoglobin, und dann kann das Blut keinen Sauerstoff mehr aufnehmen. Dann kommen die Leute „blau“ (so und so, nämlich auch im Gesicht) in die Krankenhäuser und werden mit Sauerstoff am Leben erhalten. Nitrite provozieren Lungenentzündung, weil sie inhaliert werden und die Lunge vergiften.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Lothar Krist).
Der Beitrag wurde von Lothar Krist auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.05.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Lothar Krist als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Wolkenflieger - Gedichte von Liebe, Lust und Himmelsmacht von Heidemarie Sattler



"Wolkenflieger" ist ein Wegbegleiter, der mir aus dem Herzen spricht.
Er ist ein Dankeschön, ein Seelenwärmer und zwinkert dir mit einem Auge schelmisch zu.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (2)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Sucht & Abhängigkeit" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Lothar Krist

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Indianerkriege 03 - Die Sonnenblume von Lothar Krist (Satire)
But it feels so right... von Manuela Schneider (Sucht & Abhängigkeit)
Bohrender Schmerz - Teil 1 von Klaus-D. Heid (Horror)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen