Marco H
Ackerminze
Fallendes Laub legte sich ab, Tag für Tag in dem Monat, den die Menschen Herbst nannten. Regen, der kam eher selten, mich zu finden. Großgewachsene, oder wie Menschen sie nennen würden, Bäume, deren Grün noch an ihnen war, sahen sich doch noch zu gern bewässern, als dass sie mir das gaben, was ich selten bekam. Tropfen des Guts, das hier jeder gehabt hat.
Auf dem Boden schlugen in schier geordneter Weise solch Tropfen, die ich wollt’, auf. War es doch unmöglich mir, ihnen näher zu kommen. Als befände ich mich im Augenblick des stets wichtigen Ereignisses als einziger dort, wo jeder gern sein wollte, begegnete man mir mit Hohn.
Alles beugte sich, Tornados gingen über mich hinweg, ohne, dass ich etwas anderes war, als das, für was es von Nöten war, sanft Wurzeln aus der Erde zu reißen.
Gedanklich seh’ ich, wenn ich daran denke, Leichen von denen, die mir gleich taten, bevor die Zange über sie kam.
Schuldlos für den Anblick, den sie an die größere Welt, die über der ihren lag, gaben.
Was für die einen war, was getan werden musste, war für diejenigen, die wie wir waren, der Wurzeltag. Des einen Körper war in manchen Fällen noch geblieben, sodass ein Wurzeltag bald wieder wäre.
Guckte ich nach oben, schoben sich schwarze Balken über das, was darüber war. Nur ich sah sie von unten.
Doch mir taten all die gleich, dessen Tage geendigt waren. Ranken sie sich dann über mich, während man sie mir beigab, dann fühlte ich mich geborgen.
Um jedoch zu atmen, schlüpfte ich mit wenigen Armen aus ihnen heraus, um jeden, winzigen Tropfen, aufzufangen, der in mein Obdach kam.
Platsch!
Er würde reichen müssen.
Für einige Stunden gab’s mir das, was all jenen Großgewachsenen, die sich zwischen den Balken als unfertige Leben entpuppten, da sie noch länger wachsen würden, in großen Mengen gegeben war, was ich eben benötigte.
Dann, ein Fuß, Rascheln, Töne, die in den Winden prangerten, doch die nur ich hörte...
Wurzeltag.
Lautes Tun.
Wie gern wär ich nun ein Großgewachsener, wie sehr würde ich mich rächen. Dafür, dass ich all das fühlen muss, das sich in Mosaiken in mich einprägt, die nur Abbilder des einen Ganzen erzeugen.
Tatendrang über mir.
Drang, den verspürte ich auch.
Doch eben ist’s ein anderer.
Wurzelnde, die noch übrig waren, gingen baldig, haben letzten Endes allen dasselbige gemein, die auf dieser Wiese gesprossen waren.
Jedes Mal, wenn geschah, was geschah, ging die Zeit nicht voran, bis sich die Balken auftaten. Alles ging wieder schneller, und ich durfte der Ausbeute fündig werden.
Wieder war’s an dem.
Gezählt habe ich kein Mal, seit ich bin, doch ich weißum die große Anzahl derer, die im Kreise um mich herum dem Tage entsprangen, den nur ich den Wurzeltag nennen kann, da nur ich war, um dem beizuwohnen, vom Anfang bis zum Ende.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.06.2006.
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