Richard von Lenzano

Du dummes Schwein

 
Wer kennt ihn nicht, den beleidigenden Satz: Du dummes Schwein! Er entfleucht häufig unbedacht und manchmal - im Nachhinein besehen - unbeabsichtigt einem Munde. Der Absender ist darüber erleichtert, da er Frust abgelassen hat  während der Adressat zumeist verärgert und frustriert ist.
 
Der Satz "Du dummes Schwein" besteht aus drei inhaltsschweren Worten, die es wahrlich in sich haben. Aus dem ersten Wort geht eindeutig der Empfänger hervor – nämlich Du. Es steht somit unmissverständlich fest, wer damit gemeint ist.
 
Das zweite Wort wird häufig benutzt und lässt sich je nach Bedarf weiter variieren wie zum Beispiel:   
                                                       Dumm wie Bohnenstroh,
                                                       dumme Gans          
                                                       Dummkopf
                                                       Dummheit.
 
Irgendwann taucht dann der Begriff saudumm auf, den wir hier aber nicht näher betrachten wollen. Das Wort dumm ist an sich als relativ zu betrachten, da jeder von uns seine eigene Auslegung hat. Somit handelt es sich um einen subjektiven Begriff, den jeder objektiv interpretieren will.
 
Bei dem letzten Wort Schwein handelt es sich zunächst um ein Tier, welches noch nicht ausgestorben ist. Es kann in seiner Existenz feminin oder maskulin sein. Bei dem oben angeführten Satz ist aber nicht die Sau oder der Eber gemeint, sondern das allgemein bekannte Schwein. Deshalb trifft der Satz auf weibliche und männliche Lebewesen -sprich: Menschen- zu.
 
Das Schwein oder die Schweine kennen wir Menschen einerseits aus freier Wildbahn her - andrerseits aber von Wiesen und Stallungen der Landwirte, die diese und so verwandten Tiere hegen, pflegen und ordentlich füttern.
 
 
Außerdem kennen wir die Schweine vom Schlachter her, wo sie anonym und bis zur Unkenntlichkeit zerteilt als tote Materie in gekühlten Auslagen liegen. Sie sind teilweise so verfremdet worden, dass man sich nicht vorstellen kann, dass Würste, Lende oder Schmalz jemals zu einem Schwein gehörten.
 
 
Der Begriff dummes Schwein ist nicht nur für das Schwein und seine Genossen, sondern auch häufig für Menschen und Mitmenschen eine tiefe, ja, bodenlose Beleidigung.
Biologisch besehen haben Schweine und Menschen viele Gemeinsamkeiten: Beides sind Säugetiere und die Anlagen der Organe ist beiden gleich. Beide haben jeweils vier Extremitäten. Während der Mensch teils gut, teils schlecht, auf seinen ehemaligen Hinterläufen steht und geht, marschiert das moderne Schwein gemütlich auf seinen angeborenen Vorder- und Hinterläufen.
 
Schweine besitzen auch einen gewissen Intellekt, den man bei uns Menschen als Verstand bezeichnet, der dann als IQ gemessen wird. Außerdem besitzen Schweine Gefühle, wie wir Menschen auch.
Es gibt kein Schwein, welches so dumm wäre, freiwillig zu seinem Schlachter zu gehen. Mit Gewalt und Schlägen muss es zu diesem getrieben werden. Selbst dies unter lautstarkem Protest-Quieken. Freude kennen sie auch - die Schweine. Dies ist besonders zu erkennen, wenn sie gefüttert werden oder aber der Eber zu den Damen kommen darf.
 
Reinlich sind Schweine auch, denn sie haben ihren Koben eingeteilt in Esszimmer, Schlaf- und Wohnzimmer. Die Toilette befindet sich in der äußersten Ecke. Es gibt kein Schwein, welches sich sein Wohnzimmer selbst besudelt. Dagegen kann man manche menschliche Behausung nicht mit dem Schweinekoben vergleichen, da ja, wie gesagt, das Schwein Sauberkeit besitzt.
 
Intelligentere Schweine werden von Dompteuren gesichtet und abgerichtet. Wir können sie dann in den Manegen der Zirkusse erblicken, wo sie geschniegelt und gestriegelt; elegant, anmutig und leichtfüßig über Hürden gleiten oder aber Pirouetten drehen.
 
 
Sage oder erzähle mir einer noch 'mal was von einem
 
                         „dummen Schwein „
 
 
 
 
 
Richard von Lenzano
       © 10/1991

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