Rolf Grebener

Inzahlungnahme.

Die Girlanden für den Hochzeitsbogen sind gebunden.  In fröhlicher Runde sitzen die Nachbarn zusammen.  Wie schön sind doch diese Ostfriesenbräuche. Erzählt Onkel Walter dann von seinen Anfangszeiten  als Möbelhändler, sind alle mucksmäuschenstill.  Früher war das mit dem Bezahlen ganz anders, sagt Onkel Walter. Die Möbel wurden geliefert und aufgestellt. Entweder wurden sie sofort bar bezahlt, dann hatte man großes Glück. Doch meisten kam das Geld viel später, die Zeiten waren schlecht. Bei Oma Meier in Stickelkamperfehn war das anders. Oma Meier hatte sich bei  Walter einen Küchenschrank für 300,00 DM gekauft.  Walter sollte sich 14 Tage nach Lieferung sein Geld abholen. So war es immer, wenn Oma Meier bei  Walter eingekauft hatte.

Sie freute sich auf diesen Tag. Es war so schön mit  Walter zu reden. Sie liebte ihn, wie ihren eigenen Sohn. Walter nahm sich immer sooo viel Zeit für seine Kunden. Die alten Menschen liebten ihn dafür. Walter wusste immer viele Geschichten zu erzählen. Nicht selten musste er dabei bis zu 14 Tassen Tee trinken. Oma Meier hatte Geld von der Bank geholt und wartete ungeduldig. Das Teewasser kochte schon als  Walter ins Zimmer kam. Der Tag war für Oma gerettet. Mindestens eine Stunde wollte sie Walter festhalten. Über die Geschichten, die Walter zu erzählen wusste, konnte Oma dann noch tagelang lachen. Walter war ein Original wie es ihn zum zweiten mal nie wieder geben wird. Einen Riesenteller Butterbrote mit luftgetrocknetem Schinken hatte Oma Meier geschmiert. Oma  freute sich, dass es Walter schmeckte und sie ihn um den Finger wickeln konnte.

Langsam schob Oma 300,00 DM für den Küchenschrank über den Tisch. Walter bedankte sich überschwänglich. Wenn ich noch etwas für Dich tun kann, dann gönne mir ein Wort, sagte Walter. Oma Meier kam ins träumen. Ihre Blicke wanderten durch die Küche. Walter, kannst Du mir vielleicht einen Eckschrank passend zum Küchenschrank besorgen, fragte Oma hoffnungsvoll. Walter kramte in seinem Aktenkoffer herum und holte einen Katalog  heraus. Tatsächlich gab es einen passenden Eckschrank. Da Oma Meier nur glücklich war, wenn sie den Preis drücken konnte, hatte Walter den Preis vorsichtshalber um 25,00 DM erhöht. Walter wunderte sich, das Oma sofort mit dem Preis einverstanden  war. Doch dann lies Oma die Katze aus dem Sack.

Auf dem letzten Kuhstall steht ein alter Fernseher, sagte Oma. Was Soll ich damit, fragte Walter unsicher. Den sollst du für 50,00 DM Preisnachlass in Zahlung nehmen, kicherte Oma. Die Enkelkinder hatten die Röhren schon ausgebaut. Es war nur noch ein leerer Kasten mit Bildschirm. Walter bot Oma Meier 25,00 DM dafür und der Handel war perfekt. Den Fernseher packte Walter gleich in den leeren Möbelwagen und verabschiedete sich von Oma Meier.

Walter fuhr los und freute sich über das gute Geschäft was er gerade gemacht hatte. Doch was war das? Hinten im Möbelwagen wurde es laut. Als Walter zu Hause den Fernseher aus dem Wagen holte, sah er die Bescherung. In der Verkleidung des Gehäuses war ein großes Loch und Walter sah im Fernseher  eine Gluckhenne auf einem Nest mit 18 Küken. Walter stellte den Fernseher mit dem Federvieh in den ehemaligen Hundezwinger.

Wenn du jetzt denkst die Geschichte sei zu Ende, dann hast Du dich getäuscht.

Onkel Walter schaut in die Runde und erzählt weiter.

Mutter Piepenbrink hatte eine Kücheneinrichtung bestellt. Noch am selben Abend musste ich die Küche ausmessen. Dort war vielleicht schlechte Stimmung, das kann ich euch mal sagen, erzählte Onkel Walter. Mutter Piepenbrink hatte 15 Eintagsküken gekauft. Leider erkrankten alle an Durchfall . Mutter Piepenbrink hatte versucht, die Küken im Backofen, bei  geöffneter Tür warm zu halten. Unbemerkt hatte der kleine Enkelsohn die Tür geschlossen und alle Küken waren verendet. 

Malheur sitt up en lüttje Stee, sagte Walter, dachte an seine Inzahlungnahme und bot Bauer Piepenbrink einen Handel an. Da Walter viel unterwegs war, sollte er sich für seinen Schwager nach einem Spanferkel umsehen. Genau die richtige Größe, hatte Piepenbrink im Schweinestall. Walter tauschte tatsächlich die Gluckhenne mit den 18 Küken, gegen ein Ferkel ein.

Als Walter die Henne mit den Küken brachte, war Mutter Piepenbrink außer sich vor Freude.

Wie waren sie doch auch niedlich, die kleinen Küken. Mama Henne allerdings war aufgeregt und scharte ihre Kinder unter ihr warmes Federkleid.

Das Ferkel wurde in einem Holzverschlag auf den Möbelwagen geladen und ab ging die Post; direkt zu Onkel Walters  Schwager. Ich fühlte mich wie Hans im Glück, als ich 80,00 DM für das Ferkel  bekam, erzählt Onkel Walter weiter.

Oh, oh, sagt Onkel Walter dann leise, wie schnell sich doch das Schicksal wenden kann. Das Geld für das Ferkel, musste ich zurückzahlen. Stellt euch das mal vor, zurückzahlen!!!  Oh nein, oh nein, stöhnt Onkel Walter. Wenn ich  daran denke, bekomme ich noch heute eine Gänsehaut.

Mein Schwager wollte mich mit dem Handstock verprügeln. Ich hätte ihm sein Fest versaut, hat er mich angeschrieen. Das Ferkel wäre ein Zwitter gewesen und hätte fürchterlich am Spieß gestunken.

Das ist wirklich war, stellt euch das mal vor, sagte Onkel Walter und schaute in die Runde.

Dabei sah er aus, wie Käp’ten  Blaubär.

Rolf Grebener 

 

Rolf Grebener

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Rolf Grebener).
Der Beitrag wurde von Rolf Grebener auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.06.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

Bild von Rolf Grebener

  Rolf Grebener als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Was willst du mal werden? - Wenn's geht, Poet! von Wolfgang Luttermann



Nimm doch die Freiheit dir heraus,
gönne dir ein, zwei Flaschen Gutes,
trag den Gedichtband mit nach Haus,
gleich bist du guten Mutes.

Bebet der Vulkan, die Erde zittert,
wenn ein Asteroid herniederfällt,
bleib locker und sei nicht verbittert,
weil nur die schönste Stunde zählt.

Das Leben ist zu kurz zum Schmollen,
dafür nimm dir nicht die Zeit,
schöpfe Freude und Frohsinn aus dem Vollen,
leg die Sorgen ab unter Vergangenheit.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (3)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Wahre Geschichten" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Rolf Grebener

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Das Wunder von Suurhusen von Rolf Grebener (Humor)
Erinnerungen an 1944 (Erster Teil) von Karl-Heinz Fricke (Wahre Geschichten)
Kurze Geschichte meiner Donnerstage von Heino Suess (Lebensgeschichten & Schicksale)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen