Kathrin Balko

Look through my eyes

Sie saß auf dem Boden und hatte ihre Beine ganz dicht an sich heran gezogen und ihre Arme darum gelegt. Mit dem Rücken lehnte sie an der Wand und schaute nach unten. In ihren Augen funkelten schon die ersten Tränen, aber sie wollte nicht weinen, sich nicht die Blöße geben. Als sie aufsah, ging gerade der nächste in Position um den Ball im Korb zu versenken. Er nahm Anlauf, sprang und … daneben. Mit geknicktem Kopf machte er Platz für den Nächsten. Dieses Gefühl kannte sie nur zu gut. Bis jetzt hatte sie auch noch nicht getroffen. Das Mädchen, das dann dran war, bekam noch Ratschläge von einem Jungen während auch sie in Position ging. Die beiden bemerkten es nicht, aber sie wurden von ihrer Beobachterin böse angefunkelt. Sie sah noch wie der Ball im Korb verschwand, schaute dann wieder verletzt und verärgert runter. Kurz darauf wurde sie aufgerufen und versuchte ihr Glück. Es half nichts, der Ball ging wieder daneben. Betreten ging sie zurück auf ihren Platz als wäre nichts gewesen. Als sie wieder aufsah ging gerade der Junge Richtung Start, der vorher der Anderen geholfen hatte. Sie sah ihn mit bösem Blick an, doch er lächelte nur. Zurück lächeln … Nein, darauf wäre sie im Traum nicht gekommen. Als dank für diesen Aufbauversuch - wenn es überhaupt einer war - bekam der Junge nur noch einen giftigeren Blick von ihr. Das schien ihn nicht zu irritieren, denn er versenkte den Ball wie bei allen Würfen davor. Er führte seinen üblichen Siegestanz auf. Danach widmete er sich mit einem Lächeln im Gesicht dem Mädchen auf dem Boden. Seinen Treffer und den Tanz hatte sie nicht gesehen, aber sie ahnte es, denn der Applaus war riesig. Der Junge kniete sich zu ihr runter um ihr in die Augen sehen zu können. Er sprach sie an und sie sah auf, aber schenkte ihm nur einen feindseligen Blick. In seinen wenigen Worten klang seine Freude noch nach. Doch sein Lächeln verschwand spurlos als er in ihre Augen schaute. Es war nicht der Blick mit dem sie ihn ansah, denn der verschwand genauso schnell wie sein Lächeln. Das beachtete er gar nicht und sah weiter in sie hinein. Sie bemerkte das und versuchte das zu verhindern. Ihre wahren Gefühle zu verbergen. Doch es half nicht. Es war schon zu spät. Man konnte sagen, ihre Seele lag vor ihm wie ein offenes Buch. Sein Blick verfinsterte sich um so länger er ihr in die Augen schaute, aber auch um so weniger verstand er, je mehr er sah. Er sah den Schmerz, den Kummer und den tiefen Riss in ihrem Herzen. Doch so wenig davon konnte er erklären. Von ihren Problemen mit den anderen wusste er, aber konnte das so tiefe Spuren hinterlassen? War das möglich? Sie schloss die Augen und drehte ihren Kopf weg. Ihr fiel nichts anderes ein um sich zu schützen. Er fasste ihr unter´s Kinn und hob ihren Kopf, so wollte er sie eben dazu zwingen ihn anzusehen. Sie wollte nicht. Wieso muss er mich so quälen, fragte sie sich immer wieder. Endlich kam der erlösende Ruf, sie war wieder an der Reihe. Mittlerweile sahen schon die andern zu ihnen rüber. Er gab sie frei und sie atmete noch mal tief durch. Diesen Ball wollte sie versenken. Es war der letzte. Der musste einfach reingehen. Wenigstens der eine … Sie hatte getroffen. Während sie den Ball wegbrachte, hörte sie einige wenige klatschen. Für sie war das mehr Provokation als Anerkennung. Sie versuchte das zu ignorieren und verschwand im Umkleideraum. Mit dem Umziehen beeilte sie sich, denn sie hatte keine Lust auf das Gequatsche nach dem Unterricht. Wie hatte sie es nur zulassen können, dass er so viel erfuhr. Sie hatte es doch so lange geschafft ihre wahren Gefühle zu verbergen. Ihr Innerstes zu verleugnen …
 

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