Bernhard Klockhaus

Abenteuer eines Sackgesichtes - Teil 1 : Alles so wie immer

Wieder eine dieser sehr unruhigen Nächte. Ich wälzte in meinem Himmelbett mit dem Abbild der Andromedagalaxie M 31 hin und her. Ich konnte einfach keinen Schlaf finden. Was war bloß los? Ein Blick zu meinem Nachttisch aus Elfenbein bestätigte mir die Anwesenheit meiner geliebten goldenen Tränenschale. Ich hatte sie am Abend noch ausgegossen und gespült. An ihrem Fehlen konnte es also nicht liegen.

Die Antidepressiva-Tabletten lagen auch für den nächsten Morgen bereit. Das Portrait Ludwig des XIV (unser aller Sonnenkönig und mein stetes Vorbild), das über meinem Kopf an der Wand hing, war auch - wie üblich - von dem 1000 Watt Strahler ins rechte Bild gerückt.

Alles so wie immer, oder?

Ich richtete mich auf, tastete mit den Füßen nach meinen Ballettschuhen und rutschte beim Aufstehen fast über die Kolonie von Viagra-Pillen, die es sich auf dem Bambus-Parkett bequem gemacht hatte. Seitdem ich an dieser Hautirritation (die ich als Zehnjähriger leider zu weit aufgekratzt hatte) am Penis leide, muss ich diese verdammten Erektionsförderer täglich fünfmal einnehmen. Ich befürchte, dass ich irgendwann einmal an den Folgen eines Megaständers elend zugrunde gehen werde. In der Boulevard-Presse wird dann stehen "Mann im besten Alter an Super-Erektion gestorben. Dödel geplatzt - koreanische Prostituierte im Ejakulat ertrunken..."

Aber das sei wirklich nur am Rande erwähnt.

Ich tappste also weiter durch das Schlafzimmer, bog am "Vorfahrt gewähren"-Zeichen (Z. 205 STVO) rechts ab, stolperte über einige Büffel- und Löwenköpfe, die die indische Auslegeware ergänzten und befand mich dann auch schon in meiner Lieblingkneipe, dem "Calypso-Inn" auf Kuba.

Die Gauchos staunten nicht schlecht, als sie mich im Bunny-Kostüm und Balletschuhen sahen. Aber sehr schnell merkten sie, dass ich ihnen wohlgesonnen war und dankbar nahmen sie die Schokoladenzigaretten an, die ich ihnen selbstlos anbot.

Ich setzte mich an einen Tisch, an dem bereits ein Typ saß, der aussah wie eine Mischung aus Peter Sellers und Hildegard Knef.

Martha, die quirlige einbeinige Bedienung, deren Narben im Gesicht eine exakte topographische Darstellung des Saarlandes zeigten, humpelte an den Tisch und fragte "Wie gewohnt, El Gringo?" Ich sagte kurz "Jau!" und schlappe zwei Stunden später brachte sie mir meinen Calypso-Shake. Dieser ist eine Mischung aus gequirlter Eselsmilch und Ochsenhoden, mit einem winzigen Schuss Brandy. Er wird warm gereicht und durch die Nase getrunken.

Nachdem ich meinem Tischnachbarn auf den Schoß gekotzt hatte (dies ist im Übrigen auf Kuba ein Zeichen für Freundschaft und kein Grund - wie so mancher Pauschaltourist nun annehmen könnte - für ein Duell im Morgengrauen) gerieten wir ins Plaudern.

Wir kamen recht schnell zum geschäftlichen Teil. Denn wie sich heraus stellte, waren Peter und Hildegard Vertreter für Boffies (eine Art Woll-Unterwäsche für Damen im fortgeschrittenen Alter). Ich bestellte kurzerhand zweitausend Stück, denn der nächste Winter sollte hart werden. Und nichts ist schlimmer, als ein Mädel im Bett, das um die Hüften herum friert. Außerdem bin ich als Ästhet und Kenner des guten Geschmacks bekannt.

Nach vierzig weiteren Calypso-Shakes und einer kurzen aber heftigen Prügelei mit einem Kegelclub aus Wanne-Eickel verabschiedete ich mich von meinem neuen Freund, setzte mich in meinen Lear-Jet und plumpste wenig später in mein Himmelbett. Vorher tötete ich noch meinen Gärtner mit meinem Bolzenschussgerät.

Ich hasse Azalleen...

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.06.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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