Birgit Seitz

Zurückgeschlagen

Gestern habe ich zurückgeschlagen.
Es war mir ein Bedürfnis.
 
Mein Lieblingshase Sven, seines Zeichens mehr als williger Ex-Liebhaber, der irgendwann in dieser so schönen, von zärtlicher, erotischer und gieriger Zuneigung ohne sonderliche Ewigkeitsansprüche gezeichneten Beziehung meinte, sich doch noch anderweitig umzusehen, hat von mir emotional eine verpasst bekommen.
 
Er ist ja auch süß. Und ich war ja auch doof. Wie konnte ich auch nur im entferntesten glauben, dass dieser schnuckelige Schmuser mit einer überraschenden Kenntnis der weiblichen Anatomie und einem Wahnsinnsrepertoire an experimenteller Erotik...ja...wie konnte ich glauben, dass dieser Mann ein Wochenende, an dem ich dann doch mal was anderes vorhatte als ihn, ungenutzt verstreichen lassen würde?
 
Und wie blöd ist er, dass er mir auf meine Frage, wann er denn das letzte Mal tollen Sex hatte mit ebendiesem Datum beantwortet? War das geplant? War das das letzte Mal schon so, als er sagte, jetzt müsse er aber unbedingt nach Hause, anstatt wie sonst, die Nacht über zu bleiben? Angezogen, raus. Ich noch ahnungslos.
 
Wollte der mich loswerden?

Egal, entdeckt, gestrichen, vergessen.

Ich zumindest. Andre Frauen haben ja auch hübsche Söhne. Und dann bleibe ich wenigstens nicht an einem Typen kleben, der auf Dauer sowieso nicht das will, was ich will.

Netter Wink mit dem ganzen Zaun, also...alleinsein ist auch schön, dann steigern sich die Chancen, jemanden mit echtem Partnerschaftspotential kennen zu lernen. Angelogen hat er mich ja nicht, diesbezüglich.

Dass ich dennoch mindestens eine Woche lang zutiefst getroffen war, getobt und Tassen geworfen habe, mich betrogen und ausgenutzt gefühlt habe, mein Ego im Keller und ich auf hundertachtzig war, bleibt an dieser Stelle unerwähnt. Tut auch nichts zur Sache.

Er hat es ja eh nicht mitgekriegt.

In seinem Klein-Jungen-Gemüt hat er sich brav einmal gemeldet, ob wir nicht vielleicht zusammen den Freitagabend....?

Nein, kannste vergessen. Hast ja ne Dame, die dich bedient. DENKE ich.

 

Serviert bekommt er einen naiven Tonfall. Meinen liebreizenden Augenaufschlag, zu dem ich mich selbst bei Kommunikation ohne mimische Beweise zwinge, scheint er zu hören und ist froh, den Zugriff nicht ganz verloren zu haben.

 

Du...das hat mich getroffen, DU.

Achnein, lass mich. Bitte. (flehend)
Ja sicher, wir können ja Freunde bleiben. (traurig)
Weißte, du Arsch, denke ich mir, das kriegste wieder. Irgendwann kommt die Zeit.
 
Und richtig. So egal bin ich ihm nämlich nicht. Er ruft öfter an, erkundigt sich, wie es mir geht, nach dem Befinden meines Kindes (hat er sonst nie gemacht), bietet mir seine Hilfe in Sachen Auto an und redet, als ob wir niemals ein trennendes Erlebnis hatten.
 
Oder besser: ich.
Seine Anrufe...verdächtig oft. Oftmals erwischt er mich nicht, weil ich unterwegs bin. Nachts ruft er auf dem Handy an, was in Jackentaschen natürlich ungehört verhallt, wenn diese in diversen Garderoben des spaßigen hannoverschen Nachtlebens hängt.
Wiewas? Anruf? Isser nicht bei der anderen Dame?
Mir doch egal.
 
Der Rückschlag erfolgt, als ein besonders hundsgemeiner Virus seinen Rechner frisst. Allheilmittel Format C beinhaltet das Wiederaufspielen sämtlicher Programme. Aber sein Treiberlein für die große, weilte Welt des Internets funktioniert nicht. Ätschibätschi.
 
Anruf...jahaaa....natüüürlich lade ich dir den runter. Magst vorbeikommen und abholen?
 
Meine Fortbildung in Sachen Medienerziehung, Film, Fernsehen undsoweiter ermöglicht es mir, stilsicher den Raum des Geschehens in Scene zu setzen. Ich drapiere mich mit einem Tässchen Tee unschuldig aufs Sofa. Seine Hände sind überall, nur nicht bei sich selbst.
 
Ich tue überrascht, überfahren, ...ein bisschen entsetzt ob seiner Gier, frage mit brechender Stimme, was das denn nun wird und überlasse mich hingebungsvoll seiner Führung.
 
In meinem Kopf arbeitet es, bloß nicht zu früh den Typen von mir runter zu werfen, dann versaue ich mir den dramatischen Abgang.
 
Kurzfristig werden meine Gedanken um den Abgang von der Eingebung unterbrochen, dass ich mir was versaue, wenn ich den Ausgang des Abgangs nicht abwarte...und spiele bis zum Schluss brav sein Drehbuch weiter mit.
 
An der Stelle, in der normalerweise die Dame anfängt zu weinen, weil sie so glücklich ist, schiebe ich ihn von mir und schnappe mir zeitgleich meine Klamotten. Er betrachtet meine Tätigkeiten befremdet und richtet sich auf. Sein Gesicht ist ein einziges Fragezeichen.
  
Öhm..wasmachstnda?
 
Na, anziehen. Wir waren doch fertig, oder?
Ich genieße es.
In der Dunkelheit sehe ich, wie das weiße in seinen Augen größer wird, als ich ihn anlächle.
Du warst doch fertig, oder? Und ich...na ja...ich muss morgen früh raus. Dein Treiber ist ja gebrannt, könntest du dann ....hmmm?...ich mein....ich will dann ins Bett..?
 
Nein. Das hat ihn wohl so umgehauen, dass er erst mal regungslos sitzen bleibt.
Wie ein Kind, das beim Stille-Post-spielen nicht richtig gehört hat, schüttelt er unmerklich den Kopf.
 
Ich war ein Schwein, sagt er. Jetzt weiß ich, wie du dich gefühlt haben musst, als ich mich angezogen habe und gegangen bin...
  
Ja, sage ich,  - lächelnd. Ein Schwein bist du. Aber ....- und streiche ihm versöhnlich über die Wange - so böse bin ich ja gar nicht. Du musst doch noch nicht gleich gehen.
5 Minuten kannst du ja noch bleiben.
  
 
 
 
© B.Seitz 03/2003

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.06.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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