Es war wieder einer dieser Tage, an welchen er überhaupt
keine Lust hatte, auf die Arbeit zu gehen. Es war wieder Dunkel draußen, und
die Laternen, welche in dem kalt-nassen Wetter zu flackern begannen, taten auch
nicht mehr ihren Dienst. Mal fiel eine aus, mal wurde eine komplett abgerissen.
Die Jugendlichen hatten einen heiden- spaß daran, welche auszutreten. Er
richtete sich auf, zog sich seine „Amerika-Flaggen-Shorts“ aus und ging ins
Bad. Der modrige Geschmack der letzten Kippe gestern morgen hatte er immer noch
im Mund und das Bier hatte seinem Kopf auch nicht wirklich gut getan. Alles war
wie immer. Der Spiegel hatte immer noch die gleichen Risse und der Gestank im
Bad war erbärmlich. Obwohl er alles hätte ändern können, war er zu müde es zu
tun. Zu müde von der Arbeit. Ein Privat-Leben hatte er nicht. Jeder auf dieser
Welt kannte ihn. Nachdem er erst einmal geduscht hatte, begann er, seine
Alltagskluft anzuziehen. Die Shorts, eine lederne, abgetragene Hose mit einigen
Löchern, ein nikotin-gelbes T-Shirt und ein langer, auch etwas übel
zugerichteter schwarzer Stoffmantel. Er schnappte sich noch den alten Hut, den
er damals von seinem Vater bekommen hatte und ging durch die Türe hinaus ins
Freie. Nachdem er einige Zeit gebraucht hatte um wach zu werden, durchsuchte er
seine Taschen nach den heutigen Menschen, die er in ein besseres Leben führen
sollte. Auf einem kleinen, zerknitterten Zettel waren heute 3689 Namen
aufgelistet. „Hmm... recht wenige diesmal...“, dachte er sich und war auf
einmal verschwunden und tauchte im Haus einer 83-jährigen, alten Dame wieder
auf. Sie schlief. So friedlich. Seine Arbeit war ihm mittlerweile egal. Jede
Nacht das gleiche. Und manchmal auch noch eine Tagschicht. Nun gut. Was heißt
Tagschicht. Eigentlich war er der dumme für alles, der Tags- sowie Nachtsüber
arbeiten musste. Schlaf bekam er nur selten. Er seufzte einmal tief und
berührte die Frau sanft auf der Stirn. Ihr Körper zuckte kurz und wurde dann
ganz steif. Ihr faltiges, dennoch hübsches, Gesicht wurde bleich. Eine Träne
kullerte ihm die Wange hinab und der dachte nur an die 3688 weiteren armen
Seelen, welche heute Nacht ihr Ende finden würden.