Klaus-D. Heid

‚Mehmet’ ist wieder da!

Endlich! Endlich weilt er wieder unter uns! Danke, liebes Gericht, dass Du in all Deiner grenzüberschreitenden Großmut wahre Güte und Sinn für familiäre Bindungen offenbart hast! Du hast erkannt, wie grausam und hart das Schicksal des armen Jungen verlaufen sein muss, der von bösen bayrischen Knödelkonsumenten in die unheimatliche Wüste türkischer Trostlosigkeit geschickt wurde. Du hast diesem land gezeigt, dass es seine Kriminellen nicht im Stick lässt. Komme, was da wolle! Nochmals Dank Dir, Du tolerantes Gremium aus nicht betroffenen Opfern dieses verhärmten kleinen Buben, dessen einziges Vergehen im Begehen lächerlicher Straftaten bestand.

Sind wir nicht alle ein bisschen kriminell? Steckt nicht in jedem von uns ein klein wenig ‚Mehmet’? Hat nicht jeder von uns schon einmal böse Gedanken gehabt? ‚Mehmet’ hat lediglich ausgelebt, was vielen von uns verborgen in der Seele schlummert. Ihn dafür mit Verbannung zu bestrafen, kann ja wohl nicht angehen, oder?

Schwerer Diebstahl? Bandenkriminalität? Körperverletzung? Sachbeschädigung? Raub?

Na und? Schließlich war doch kein Massenmord dabei, liebe Nation! Wäre nämlich ein Massenmord unter seinen Straftaten gewesen, müsste man die Diskussion eventuell neu aufrollen. Da aber kein Massenmord, geschweige denn Völkermord, unter seinen Straftaten zu finden war, ist dem armen ‚Mehmet’ auch künftig das Wohl dieses Staates sicher.

Gibt es eigentlich Gründe, warum sich die von ‚Mehmet’ geschädigten Personen nicht zu einem ‚Mehmet’ – Hilfeverein zusammenschließen? Weshalb werden keine gemeinnützigen Vereine gegründet, die ‚Mehmet’ helfen, finanziell und freizeittechnisch wieder auf die Beine zu kommen? Was regen sich da die paar Ignoranten auf, denen ‚Mehmet’ Geld gestohlen hat oder denen er körperliche Gewalt angetan hat? Was machen schon die paar geklauten Autos, die entwendeten Kreditkarten oder die gebrochenen Nasen aus, wenn’s um Gerechtigkeit geht?

Täterschutz geht vor Opferschutz! So und nicht anders! Dass nun ‚Mehmet’ mit der medienwirksamen Vermarktung seiner kriminellen Laufbahn Kohle scheffeln kann, ist doch wohl legitim. Von irgendetwas muss der leidende Bengel ja leben, wenn er schon nirgends in Deutschland Arbeit finden wird. Ist dann das dadurch eingenommene Geld verbraucht, kann getrost die 100. Straftat von ihm begangen werden. Eingedenk der Tatsache, dass er von uns ‚geschützt’ wird, kann ihm ja gar nichts passieren. Dafür, dass das so ist, werden schon die Richterinnen und Richter sorgen, denen an dieser Stelle nochmals unser Dank auszusprechen ist.

Übrigens:

Die Abänderung des wahren ‚Mehmet’-Namens Muhli in ‚Mehmet’ hat mehr Zeit und Geld gekostet, als die Aufklärung der meisten ‚Mehmet’ – Straftaten. Auch hierin zeigt sich die wahre Stärke eines demokratischen Rechtsstaates, dem kein Mittel zu teuer ist, Täter vor den übereilten Übergriffen hasserfüllter Opfer zu schützen. ‚Mehmets’ Menschenwürde wurde gewahrt.

Und was ist mit der Menschenwürde der Opfer?

Lassen Sie mich doch mit diesem unwichtigen Scheiß in Ruhe. Sehen Sie nicht, dass ich meine Prioritäten anders gesetzt habe?

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Langsam gehe ich auf das sechzigste Lebensjahr zu. Da hinter mir nahezu jede emotionale Erinnerung »verschwindet«, besitze ich keinerlei sichtbare Erinnerung! Vieles von dem, was ich Ihnen aus meinem Leben berichte, beruht auf alten Notizen, Erinnerungen meiner Frau und meiner Mutter oder vielleicht auch auf sogenannten »falschen Erinnerungen«. Ich selbst erinnere mich nicht an meine Kindheit, Jugend, nicht an meine Heirat und auch nicht an andere hochemotionale Ereignisse, die mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin.

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