Iris Feller

Das Wasserbett

„Wo bin ich?“ dachte ich noch ziemlich im Halbschlaf. Es war noch alles dunkel um mich herum. Es kam mir vor, als würde ich auf einem Wasserbett liegen. Ich meinte sogar, es gluckern zu hören. Ein Wasserbett? Hatte ich ein Wasserbett? Hm? Ich konnte mich nicht erinnern, überhaupt ins Bett gegangen zu sein. Was hatte ich den Abend zuvor denn bloß angestellt, dass ich beim Aufwachen einen solchen Filmriss hatte? Selbst beim längeren Nachdenken kam ich auf keine Lösung. Vermutlich war ich einfach noch nicht richtig wach. Außerdem war es so gemütlich im Bett, dass ich mich auch gar nicht aufraffen konnte, wirklich wach zu werden.

 

Ich fing gerade an, wieder einzudösen, als eine Stimme zu mir drang „Schatz, du musst aufstehen“, hörte ich. War ich etwa gemeint? Wieso aufstehen? Ich möchte aber noch nicht. Es ist so kuschelig warm im Bett. Nein, ich will nicht. Außerdem, wer hat denn da gesprochen? Die Männerstimme kam mir zwar irgendwie bekannt vor, aber ich konnte mich nicht wirklich erinnern, wie der Mann aussah, dessen Stimme ich soeben vernommen hatte. „Och nö, noch ein paar Minuten.“ Nanu, dachte ich, da war doch gerade noch eine andere Stimme. Eine weibliche. Wer war das denn? Auch diese Stimme kannte ich. Hatte sie mir nicht am Abend zuvor gute Nacht gewünscht? Ich war vollends verwirrt. Wieviele Menschen waren denn noch in meinem Schlafzimmer?

 

Plötzlich spürte ich einen Ruck und ich dachte schon, dass Wasserbett wäre geplatzt. Meine Güte, bin ich etwa so schwer? „Na gut. Ist ja auch ein schöner Tag, um aufzustehen.“ Da war sie wieder, diese weibliche Stimme, die mir immer mehr bekannt vorkam und die in mir schöne Erinnerungen wachrief. Hatte sie mir nicht oft gesagt, dass sie mich lieb hat? Hatte sie mir nicht auch lustige Geschichten vorgelesen? Wieso fällt es mir nur so schwer, mich an ihr Gesicht zu erinnern? „Ja klar, ist heute ein schöner Tag!“ Da, die männliche Stimme. „Schließlich fahren wir heute in Urlaub. Da kann man auch mal etwas früher aufstehen.“ Oh ja, diese – etwas frotzelnde – Stimme kannte ich ebenfalls nur zu gut. Ich hatte auch sie oft gehört. Aber auch an sein Gesicht konnte ich mich immer noch nicht erinnern. Was war bloß los mit mir?

 

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sich alles um mich herum drehte und schwankte. Das Wasserbett schien sich zu verselbständigen. „Und was macht unser Krümelchen?“ Was für ein Krümelchen dachte ich? Haben sie Kekse im Bett gegessen? Ach, ich war ja so müde und wollte auch eigentlich nicht mehr nachdenken. „Och, dem scheint es gut zu gehen, er verhält sich noch ruhig“, sagte die weibliche Stimme. Krümel, die sich ruhig verhalten? Hm, nicht nachdenken, müde, schlafen. „Ja, noch. Wenn ich aber so an gestern denke. Oh Mann, da habe ja sogar ich die Fußtritte gespürt. Wie hälst du das denn bloß aus?“ Tretende Krümel. Wasser. Wellen. Schlafen. „Tja, ganz der Papa!“ „Ach, du willst frech werden? Na warte!“ „Nein, nicht kitzeln! Haha! Aufhören! Nein!“

 

Das Wasserbett fing nun heftig an zu schwanken. So kann ich doch nicht schlafen, dachte ich. Es schaukelte immer heftiger. Was war bloß los? Ich wollte doch einfach nur gemütlich im Bett liegen und noch ein wenig schlummern. Aber nein! Wenn das Wasserbett meint, es müsse mich ärgern, dann ärger ich halt zurück, dachte ich. Also fing ich an zu zappeln und zu treten. „Aua! Da, jetzt siehst du, was du mit deinem Kitzeln angerichtet hast!“ maulte die weibliche Stimme. „Jetzt ist er wach!“ „Ups, Entschuldigung“, sagte die männliche Stimme kleinlaut.

 

Mann, war das Treten anstrengend. Aber es schien geholfen zu haben. Das Wasserbett war wieder zur Ruhe gekommen.

 

„Guten Morgen, Krümelchen!“ sagte die weiblich Stimme. „Hier ist deine Mama. Hast du schön geschlafen?“ „Da hat der Papa dich wohl etwas unsanft geweckt. Tut mir leid, Krümelchen.“ Die männliche Stimme klang etwas geknickt. Aber jetzt war ich hellwach und ich wusste wieder alles. Das waren meine Mama und mein Papa, die ich zwar noch nicht gesehen hatte, aber dafür umso mehr gespürt ... und das Krümelchen ... das bin ich.

 

Jetzt kann ich wieder beruhigt ein Nickerchen machen und davon träumen, dass ich meine Mama und meinen Papa bald auch sehen und mich von ihnen knuddeln lassen kann.

 
 

 

© Iris Feller, 2006
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.07.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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