Sabine Hoffmeier

Kreislauf der Liebe

Als ich heute morgen aufwachte, merkte ich nur eins: Angst.

Ich wusste nicht wovor, geschweige denn warum.
Es klemmte mir regelrecht die Brust ab.
Eine warme Welle voller Adrenalin stürmte durch meinen Körper.

Lange musste ich allerdings nicht überlegen,
ich konnte mich wieder an letzte Nacht erinnern:
Sie lag blutüberströmt in meinen Armen,
sah mich mit glasigen Augen an und weinte.
Sie weinte wie es nur ein kleines Kind tun würde.
Aber all das war in jenem Augenblick egal,
es waren ihre letzten Minuten, ihr Leben sollte nicht mehr gelebt werden.

Unter großen Anstrengungen und Schmerzen erzählte Marie mir die traurigste Geschichte,
die ich jemals zu hören bekommen sollte...
Diese Worte nagen an mir.

>> Marie stand wie jeden Morgen um halb sieben auf.
Ihr Mann lag in eine Decke gemummelt neben ihr und jeder Blick zu ihm verwandelte sich in ein Lächeln.
Sie liebte ihn so sehr.

Jerome, ihr Mann, ließ sich schon früh bei der Bundeswehr verpflichten.
Direkt nach seinem Grunddienst wusste er, er wollte für Freiheit, Frieden und Ruhe kämpfen.
Marie ließ dieses nur mit Angst und Bedrückung zu, sie liebte ihn einfach zu sehr, um dagegen zu sprechen.
Es wurde eine harte Zeit und eine richtige Bewährungsprobe für die noch so junge Liebe, beide waren 21.
Als Jerome aus seinem letzten Auslandsaufenthalt wiederkehrte, wartete Marie voller Vorfreude und Nervösität auf ihn.
Über 8 Monate war er in Afghanistan, kämpfte und lebte dort seine Einstellung aus.
Marie hatte die ganze Wohnung in ein Paradies der Liebe errichtet: Rosen, deren Blätter auf jedem Quadratmeter, rote Kerzen, einfach ein Traum.
Auch an sich hatte sie hart gearbeitet. Stundenlang hatte sie nach ihrer ausgiebigen Dusche schick gemacht und sich in eins ihrer verführerischen Outfits geworfen.
Als ihr Blick auf ihr Spiegelbild fuhr, war sie selbst von sich überrascht.
'Unser Wiedersehen wird unvergesslich', sagte sie laut zu sich und musste grinsen.

Doch als sie am Flughafen ankam, war weit und breit nichts von Jerome zu sehen.
Ungeduldig wartete sie noch weitere zehn Minuten, betrachtete die Tafeln mit den Flugangaben und kam ins Grübeln.
'Sie werden sich wohl verspätet haben' dachte sie und setzte sich wieder.
Nach weiteren fünfzehn Minuten landete endlich die so sehnsüchtig erwartete Bundeswehrmaschine auf der kleinen Rollbahn.
Schon von weitem konnte sie ihren über alles geliebten Mann sehen, sie konnte
ihn unter tausenden Bundeswehrsoldaten erkennen,
denn niemand sonst konnte soviel Wärme und Liebe ihr gegenüber ausstrahlen.

Das Wiedersehen war ein tränenreiches Ereignis.
Sie schlossen sich in die Arme und wussten, nichts kann sie trennen, egal wie weit sie auseinander sind.
'Ich habe einen wunderschönen Abend für dich vorbereitet, du wirst es richtig genießen!
Das Verwöhn-Programm!' flüsterte Marie Jerome lüstern ins Ohr.

Arm in Arm schlenderten sie auf das Taxi und seinen schwarzen Fahrer zu, der auch gleich das ganze Gepäck verstaute und die Türen aufhielt.
Eng umschlungen saßen sie im Auto, wollten sich gar nicht mehr loslassen und
konzentrierten sich voll und ganz auf sich.
Der Straßenlärm und alles um sie herum wurde leise.
Beide bemerkten das ihnen entgegen kommende Fahrzeug gar nicht mehr.... <<

Marie schaute mich an, lächelte, wenn auch sehr gequält und sagte den Satz,
den ich tief in mich aufgesaugt habe:

"Die Liebe ist der größte Kreislauf der Welt. Wirklich enden kann er nur, wenn man stirbt."

Marie schloß die Augen und war wieder bei Jerome.
Ich weinte.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.07.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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