Susanne Aukschun

Hausbesuche vom Chef (Teil 2)

 

Hausbesuche vom Chef – Teil 2 / von 7

 
Tatsächlich stellte ich fest, daß mich „der Chef“ irgendwie zu lieben schien, denn er war stets an meiner Seite und begleitete mich durchs Leben. Er hatte alles für mich geregelt, und auch wenn ich es nicht immer gleich begriff, so stellten sich „seine“ Entscheidungen doch im Nachhinein stets als richtig dar.
 
Sei es die Schule, die ich trotz fehlenden Selbstbewußtseins und Glauben an mich, bis zum Abitur schaffte. Seien es die Fahrstunden gewesen, die ich trotz großer Angst vor dem Auto schließlich erfolgreich bewältigte. Sei es der Arbeitsstellenwechsel gewesen, den ich anfangs für einen herben Rückschlag hielt.
 
13 Jahre lang war ich in der Versicherung angestellt gewesen, die anfangs für mich wie eine Familie war. Mehr und mehr entwickelte sich dann jedoch ein rüdes Betriebsklima, wobei der „frische Wind“, den der neue Chef mit sich bringen wollte, in einen regelrechten Sturm aus­artete. So lange dabei hatte ich mich davon jedoch nicht beirren lassen und stand meinen Mann wie der Fels in der Brandung. Dumm nur, daß ich nicht rechtzeitig schnallte, wie er­setzbar auch gute, fleissige Mitarbeiter sind, wenn sie einmal zu weit den Mund aufreissen. So hatte ich mich ziemlich schnell in eine Abseitsposition manövriert und viel zu spät bemerkt, daß es den neuen Vorgesetzten sehr gelegen kam, eine Angestellte mit 14 ½ Gehältern und Pensionsansprüchen vor deren Eintreten mit dem 35. Lebensjahr noch loszuwerden. Bevor ich also am 02.01.1999 dieses hochbrisante Alter erreichen konnte, hatte ich am 15.11.1998 schon meine Kündigung auf dem Tisch liegen. Natürlich war diese völlig unhaltbar, denn ich hatte mich nie daneben benommen oder goldene Löffel geklaut. Die drei Abmahnungen, die man mir innerhalb einer Viertelstunde um die Ohren knallte, entbehrten jeder Grundlage und enthielten Details wie angebliches Türenknallen oder privates Telefonieren auf dem eigenen Handy, was derzeit noch überall erlaubt war.
 
Trotzdem war mit diesem Zwischenfall natürlich mein Glaube an meine „Familie Firma“ zer­stört, so daß es wohl das Beste war, diese zu verlassen. Dank des Geschicks meines Vaters – und der Hilfe des „Chefs“ – hatten wir dabei noch eine hohe Abfindung heraushandeln kön­nen. Selbst die Pensionsansprüche waren mir geblieben, da man aus dem fristlosen, einen ordentlichen Abgang zum Sommer 1999 gestalten mußte. Damit war ich 35 und pensio­nanspruchsberechtigt geworden. Ein Umstand, der später noch einmal wichtig werden sollte.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Susanne Aukschun).
Der Beitrag wurde von Susanne Aukschun auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.08.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Susanne Aukschun als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Gesichter in Stuttgart 2008 von Silvie Brucklacher



Gesichter in Stuttgart Das Gesicht einer Stadt wie Stuttgart prägen die Gesichter der in ihr wohnenden und wirkenden Menschen. Stuttgart selbst besitzt viele Gesichter und Facetten. So wie seine Einwohner: Junge und Alte, Männer und Frauen, Marktfrauen und Flaneure, Schauspieler, Politiker, Literaten und Kritiker, Menschen des Alltags und der Kunst, Prominente und ganz "normale" Persönlichkeiten, die in der Stille wirken. Sie alle hat Silvie Brucklacher vor ihrer mittlerweile legendär gewordenen roten Kulisse fotografisch eingefangen und in eindrücklicher Form portraitiert [...]

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (2)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Wie das Leben so spielt" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Susanne Aukschun

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Der Anruf von Susanne Aukschun (Gute Nacht Geschichten)
Warum können Männer nicht so sein wie wir? von Eva-Maria Herrmann (Wie das Leben so spielt)
Das dunkelbraune Poesiealbum von Ingrid Drewing (Wahre Geschichten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen