es war acht uhr, der wecker klingelte. ich stand nicht auf. ich machte mir keinen kaffee und aß auch kein toast mit marmelade. das ei kochte ich mir nicht hart. ich duschte nicht, putzte mir nicht die zähne, zog mir keinen anzug an. packte meinen laptop nicht ein, sondern ließ ihn auf dem tisch stehen. ich verließ die wohnung gar nicht erst. ich stieg nicht in den wagen und fuhr nicht in die redaktion. ich gab meinen artikel nicht ab und mein chef klopfte mir nicht anerkennend auf die schultern. ich nahm mir nach einigen kleineren arbeiten den tag nicht frei und ging nicht in den biergarten. ich traf mich nicht mit maryja, aber sie war eh im urlaub und hoffte, ich würde sie in drei tagen vom flughafen abholen. ich machte keinen spaziergang durch den park. ich rief meine mutter nicht an, obwohl das wirklich wichtig gewesen wäre. ich musste mich nicht über hunde ärgern in deren hinterlassenschaften am wegesrand ich gestiegen war. meine schuhe sind jetzt immer noch sauber. ich kaufte mir kein buch, keine cds, kein neues handy. ich kaufte mir nichts und das geld liegt jetzt auf dem konto und sammelt keine zinsen. ich fuhr auch nicht mit der bahn nach hause, obwohl das auto zuhause steht. ich las keine zeitung und lachte auch nicht über das kind, das zwischen den stangen herumturnte. ich ärgerte mich nicht über den uringestank am bahnhof. für den heimweg kaufte ich mir keine zigaretten, zündete diese auch nicht an und trug nichts, nicht eine kleinigkeit zur heutigen verpestung der luft bei. ich kramte nicht nach dem schlüssel und ging auch nicht die treppen hinauf. ich kochte mir nichts zu essen. das obst im kühlschrank verrottet genauso wie ich, der ich letzte nacht von einem unbekannten im schlaf erstickt wurde.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.08.2006.
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