Judith Beiten

The Song II

Sie war etwas enttäuscht, dass er sie alleine zurückgelassen hatte, aber sie konnte gut verstehen, wie wichtig die Proben im Moment waren, da die Band bald auf Tour gehen würde, sie drückte ihnen vom ganzen Herzen die Daumen. Sarah versuchte einzuschlafen, doch das Erlebnis hatte sie doch sehr geschlaucht und nach einer geraumen Zeit, in der sie sich nur hin und her gewälzt hatte, stand sie auf. Erstmal waschen dachte sie und ging ins Bad um sich wieder einigermaßen zu Recht zu machen. Gerne wäre sie zu der Bandprobe gegangen, sie liebte es Jays Stimme zu hören, sie war rau, konnte aber auch so unendlich sanft sein, wie eben. Aber nur mit dem Nachthemd das sie an hatte konnte sie nicht gehen und alleine traute sie sich nicht in ihre Wohnung. Sie konnte keine Ruhe finden. Sie nahm das Buch in die Hand und fing aus lauter Unruhe an zu lesen, doch schweiften ihre Gedanken immer von der Geschichte ab und hin zu Jay. Sie fasste den Entschluss mit dem Mantel über zur Bandprobe zu gehen, es würde ja keiner sehen, dass sie nur ein Nachthemd drunter hatte.

Es war sehr windig und ihr Haar war zerzaust, als sie die Tür zum Proberaum öffnete. Der Klang eines Liedes schlug ihr entgegen als sie die vier Jungens begrüßte. Jay hatte sie gar nicht bemerkt, er war völlig in das Lied vertieft und hatte die Augen geschlossen.

Als sie das Lied zu Ende gespielt hatten und er die Augen wieder aufmachte, dachte er ein Engel stünde vor ihm. Sarahs Haare fielen wild aber weich um ihr bleiches Gesicht, aus dem man sowohl unendliches Leiden als auch Sanftheit lesen konnte. Er stürmte auf sie zu. „Ist alles ok mit dir?“, er umarmte sie. „Ich konnte es nicht mehr ertragen alleine zu sein.“ Sie schaute ihn in die Augen. Die anderen Bandmitglieder schauten fragend, sie kannten Sarah von Jay flüchtig und fanden sie sehr sympathisch. „Hey Sarah, zieh doch deinen Mantel aus!“, rief Josh, der Bassspieler ihr zu. Als Jay den weißen Zipfel unter dem Mantel vorlugen sah, wurde ihm klar, dass Sarah nur das Nachthemd drunter haben konnte. Er wollte nicht, dass die anderen Jungens Sarah so sehen, auch wenn er wusste, dass sie Sarah mit Respekt behandeln würden. „Lass ihn lieber an, sonst erkältest du dich noch.“ Sagte Jay besorgt, dass die anderen merken könnten, dass es noch andere Gründe gab.

„Lasst euch von mir nicht stören“, sagte Sarah lächelnd und setzte sich auf einen Stuhl. Jay wollte sie am liebsten gar nicht los lassen, aber ohne dumme Kommentare von seinen Bandmitgliedern würde das wohl nicht gehen, daher ging er wieder zu ihnen und sie stimmten ein neues Lied an.

Die schaurigschöne Melodie legte sich um sie, wie ein wärmender Mantel und ließ ihren Gefühlen freien Lauf, so dass sie die Tränen in ihren Augen gar nicht bemerkte. Als das Lied zu Ende war und der Mantel sich wieder in Luft auflöste, kriegte sie einen Schreck. Zum Glück war die Band so mit sich selber beschäftigt gewesen, dass sie gar nicht auf die Frau geachtet hatten. Nur Jay guckte sie scharf aus dem Augenwinkel an. Und dann kamen die Bilder wieder in ihr hoch, wie Mike’s dreckige Finger nach ihr griffen. Sie fröstelte und zog ihren realen Mantel enger um sich. Die Erinnerungen nahmen sie so gefangen, dass sie nicht mehr in der Lage war die restlichen Lieder wahr zu nehmen und die ganze Zeit auf den Boden starrte.

Jay war auch nicht richtig bei der Sache. Er hatte bemerkt, wie Sarah auf sein Lied reagiert hatte und das machte ihn stolz. Anderersetis machte es ihn unendlich traurig sie weinen zu sehen. Er wollte sie wieder in den Arm nehmen und gegen alles Unheil der Welt beschützen, auch wenn er wusste, dass es ihm nie gelingen würde, so wollte er es doch wenigstens versuchen.

„In einer Woche gehen wir auf Tour, dann wird es ernst Jungens, aber heute wollen wir mal den schönen Freitag feiern.“, gröhlte Josh und pfefferte seine Bassgitarre in die Ecke. „Ich muss mit Sarah heute noch etwas dringendes klären, deshalb kann ich diesmal nicht mitkommen, aber das holen wir nach. Versprochen.“, antwortete Jay auf das ausgelassene Kommentar seines Kollegens. Die anderen lachten laut und Michael der Drummer warf ihm Kussmünder zu. Sarah hob eine Augenbraue an und fing an zu lachen. Jay wurde rot, packte sie am Arm und zog sie nach draußen. Als sie ein Stück entfernt waren und die anderen nur noch in der Ferne gröhlen hören konnten, sah er sie streng an. „Wie geht es dir? Ich mag es nicht, wenn ich weiß, dass du nur so wenig drunter an hast. Du musst die anderen Jungens ja nicht grade so reizen.“ Erstaunt über diese Reaktion huschte ein Schmunzeln über Sarahs Lippen. „Danke, dass du dir so viele Sorgen üm mich machst.“, sie machte eine kleine Pause. „Würdest du mit mir in meine Wohnung gehen um ein paar Sachen rauszuholen, alleine habe ich zu viel Angst. Ich werde dann mal meine Eltern fragen, ob ich ne Weile bei ihnen bleiben kann, zumindest bis sicher ist, wie Mike sich in Zukunft verhalten wird.“ „So ein Quatsch! Wir holen jetzt zusammen die Sachen und du bleibst bei mir, du weißt genausogut wie ich, dass es nur in einer Katastrophe enden kann, wenn du länger als ne Stunde bei deinen Eltern bliebst.“ Sarah hielt an, dachte kurz nach und umarmte Jay stürmisch.



 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.08.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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