Matthias Forstner

Sherlock Holmes: Mord, Bibel und Rosenkranz

Kapitel 1: Ein reizender Besuch

  Ich habe nun schon so manches außergewöhnliche Zeugnis von den wahrhaft erstaunlichen Fähigkeiten meines treuen Freundes Sherlock Holmes veröffentlicht. Nach erneuter Durchsicht meiner Aufzeichnungen, bin ich zum Entschluss gekommen, dass eine adäquate Dokumentation der Leistungen des Meisterdetektives keineswegs auf den delikaten Mordfall des jungen Herrn Jakob Kurfners verzichten kann. Mag es auch noch spektakulärere Fälle gegeben haben, so heißt das nicht, dass Holmes Hilfe hier weniger wichtig gewesen wäre.

  Im Juni des Jahres 1890, lag eine ungewohnt schwüle und aufs Gemüt von Land und Leute drückende Hitze in der Londoner Luft. Die ganze Stadt ächzte und stöhnte, der nächste Regenschauer wurde freudig erwartet. An einen Mittwoch morgens befanden sich Holmes und ich in seinem Büro in der Bakerstreet. Meine Frau verweilte gerade für einige Tage bei einer Freundin in Leeds und so nahm auch ich mir Urlaub um ihn mit meinem berühmten Freund zu verbringen. Holmes befand sich psychisch und physisch in schlechter Verfassung und dafür gab es mehrere Gründe. Zu den ungünstigen Wetterbedingungen, der drückenden Schwüle und der stickigen Luft kam noch die Tatsache hinzu, dass seit geraumer Zeit kein Klient mehr seine Angelegenheiten in die Hände des Meisterdetektives gelegt hatte. In der daraus resultierenden depressiven Stimmung meines Freundes, beging er genau den verlockenden Fehler, der schon Lots Frau im Alten Testament zur Salzsäure hatte erstarren lassen, er blickte zurück. Nämlich auf das Jahr 1887. Nie wird er sich verzeihen können, dass er den jungen John Openshaw im Fall, welchen ich als „Die fünf Orangen Kerne“ veröffentlicht habe, ins Verderben hatte gehen lassen.Neben diesen Selbstgeißelungen quälte ihn noch die Langeweile, die eine Folge der Unterbeschäftigung seines genialen Verstandes war und ihn veranlasste die gewünschte Abwechslung im Kokain, seinem einzigen Laster, zu suchen .Verhindern konnte auch ich das nicht, meine selbstgestellte Aufgabe als besorgter Beobachter, war es aber, dafür zu sorgen, dass sich Holmes’ Rauschmittelkonsum in Grenzen hält, da ich als Mediziner wusste wie verheerend diese Sucht auf den menschlichen Körper wirkt. Als diese Aufgabe immer schwieriger wurde hoffte ich inständig auf einen neuen Fall, der Holmes aus seiner apartische Starre reißen und seine Fähigkeiten auf nützliche Felder leiten würde. An besagten Mittwoch Morgen wurden meine Gebete erhört.

 

Wir saßen gerade im Büro und unterhielten uns über den leidigen Fall, als die Haustürglocke läutete. Hoffnungsvoll blickten wir aus dem Fenster und erspähten eine unglaublich bezaubernde junge Dame. Holmes rieb sich die Hände:

 

„Ha, mein lieber Watson. Endlich ist Schluss mit dem elenden Müßiggang, dieses süße Geschöpf benötigt unsere Fähigkeiten, das spüre ich.“

 

Immer wieder wird es mich überraschen, wie sich seine Stimmung im Bruchteil einer Sekunde um 180 Grad drehen kann. All das Phlegmatische und die ganze Lethargie wichen einem tatkräftigen Optimismus. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Das Kokain war erst einmal kein Thema mehr.

 

Kurze Zeit später ging unsere Zimmertür auf und die junge Dame trat ein, sie war absolut bezaubernd. Aufgrund meiner Bekanntschaft mit Sherlock Holmes hatte ich das Vergnügen viele außerordentlich liebreizende junge Damen kennenzulernen, etwa Irene Adler beim Fall ‚Ein Skandal in Böhmen’, oder bei dem Abenteuer ‚Das Zeichen der Vier’ die anbetungswürdige Miss Mary Morstan, deren ausgesprochen glücklicher Ehemann ich heute bin. Die junge Frau mit ihren langen glatten blonden Haar, ihren himmelblauen Augen und hervorstechenden dunklen Brauen, stand den anderen Schönen um nichts nach. Sie trug ein luftiges hellblaues Kleid und eine weiße Perlenkette. Obwohl sie doch sehr verzweifelt wirkte, ihre Augen und Nase waren noch geschwollen vom Weinen, schimmerte doch ihre starke und tapfere Natur durch.

 

„Sind Sie Sherlock Holmes der berühmte Meisterdetektiv?“

fragte sie aufgebracht und mit schweren deutschem Akzent

„Zumindest sagt man so, meine Dame. Zu meiner Rechten steht übrigens Dr. John Watson mein treuer Partner und Chronist.Was können wir für Sie tun? --- Bitte setzen Sie sich doch zuerst einmal“

, sagte Holmes, bot ihr einen Stuhl an und setzte sich anschließend selbst ihr gegenüber in seinen Armsessel hinter dem eleganten hölzernen Sekretär.

 

„Mr. Holmes ich heiße Michaela Morrissey“ brachte sie das Schluchzen unterdrückend in ihrem bezaubernd exotischen Englisch hervor „Holger Kurfner ist mein Vater, Sie haben sicher in der Zeitung schon davon gelesen.“

 

„So leid es mir tut, aber das habe ich nicht. Geht es um die heutige Ausgabe?“,fragte mein Partner.

„Ja er wurde gestern noch festgenommen - ---dabei ist er doch unschuldig!“

„Was wird ihm vorgeworfen“ fragte Holmes einfühlsam. „Er soll meinen Bruder getötet haben --- Jakob, -- er ist tot---es ist so schrecklich“.

 

Daraufhin brach das junge Geschöpf in Tränen aus und sank im Stuhl zusammen, sie bekam einen Schwächeanfall. Holmes und ich eilten sofort zu ihr. Während ich ein Glas Wasser holte, der Leidenden ein leichtes Beruhigungsmittel verabreichte und sie zum hinlegen bewog, meinte mein Partner:

 

“Das ganze muss Misses Morrissey wohl sehr mitgenommen haben. Es wäre wohl das beste sie sich erstmal etwas erholen zu lassen. Watson – Bitte bringen Sie mir die heutige Zeitung und suchen Sie am besten gleich den Artikel über“ und zur jungen Dame gewandt „..... Jakob Kurfner? - - ist das der Name ihres Bruders?“ Sie nickte. „Also dann Watson“.

 

 

 

 

 

 

 

 

Der gewünschte Artikel war schnell gefunden, er lautet folgendermaßen:


Wieder ein blutiger Mord im Armenviertel:

Der Deutsche Vater gilt als dringend Tatverdächtig

Gestern Abend um 17:20 wurde der 19 Jährige Deutsche Einwanderer Jakob K. in seiner Wohnung in der Pakerstreet tot aufgefunden. Als Todesursache wurde ein Einschuss ins Herz festgestellt. Eine Nachbarin Miss Parker, hatte einen Streit zwischen dem Jungen und seinem Vater  vernommen und anschließend einen Schuss gehört. Darauf alarmierte sie die Polizei. Der äußerst talentierte Detektive Tobias Gregson von Scotland Yard kümmert sich persönlich um den Fall. Was dem schrecklichen Ereignis zusätzliche Brisanz verleiht: In beiden Händen des Leichnams fand man religiöse Insignien, einen Rosenkranz und eine alte deutsche Ausgabe der Bibel.

  Beides Stücke die auf den Vater, Holger K.(54) als Mörder hindeuten, der als strenggläubiger Christ ständig mit seinem Sohn gestritten haben soll, welchem zudem Verbindungen ins Anarchisten- und Freimaurer-Milieu nachgesagt wurden. Da auch bereits die Tatwaffe, ein Revolver, der im Besitz des Vaters stand, im Haus versteckt gefunden worden ist, scheint es aus dem Netz an Beweisen, die der eloquente Detective gesammelt hat, kein Entrinnen für den Hauptverdächtigen zu geben. So wurde Holger K. auch bereits gestern Abend festgenommen, Detective Gregson ließ verlautbaren, dass er jeden Moment mit einem Geständnis rechne.

  Dieser mediengerechte Mordfall wird jene Stimmen stärken, die immer schon meinten, die Stadt oder der Staat müssen endlich etwas unternehmen gegen Elendsviertel wie in der Parkerstreet. Dass die vorherrschenden Zustände nicht zu dulden sind, dürfte mittlerweile Konsens sein. Wie man aber bei einer Änderung vorgehen soll darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Es haben sich bereits Stimmen aus allen Lagern zu diesem Vorfall und möglichen politischen Konsequenzen gemeldet.



„Hm Watson was halten Sie von dem Ganzen?“

fragte mich Holmes, als wir den Artikel fertig gelesen hatten.

„Es tut mir zwar sehr leid für die junge Dame. Aber es scheint mir wohl doch diesmal ziemlich eindeutig. Es ist nur zu verständlich, dass niemand seinen Vater einen Mord zutraut, aber die nüchternen Beweise sprechen doch eine ganz eindeutige Sprache“

  antwortete ich mit gedämpfter Stimme, da ich unsere Klientin, die auf dem Kanapee, welches sich nur einige Schritte hinter uns an der Bürowand befindet, lag und sich erholte.

„Kommt Ihnen denn nicht eine Menge ziemlich komisch vor?“

„Ich wüsste nicht was, alles scheint eindeutig!“

„Tat tat Watson. Es wäre wohl ein unglaublich dummer Mord gewesen. Wieso hätte zB seine Waffe im eigenen Haus verstecken und dann erst wieder hinaus gehen sollen. Er hätte sie doch unterwegs verstauen können.“

„Nicht jeder kann so einen kühl berechnenden Verstand haben wie Sie. Vermutlich geschah es im Effekt und der Vater gerät in Panik und begeht viele Fehler, das ist doch eine sehr gute Möglichkeit“ ,

mein Partner setzte darauf ein nachdenkliches Gesicht auf

„Oder Holmes?“

fühlte ich mich genötigt nachzufragen, da ich spürte, dass er meinen Schlüssen zu Folgen durchaus nicht gewillt war.

„Sie haben recht, lassen wir das, wir brauchen erst mehr Fakten. Glauben Sie die junge Dame ist für ein Gespräch fit genug“.

„Ja mir geht’s schon wieder gut“,

kam es vom Sofa hinten. Bitte fragen Sie mich was Sie wissen wollen, mein Vater hat mich noch bevor er verhaftet wurde vollends eingeweiht“.

Sie wollte aufstehen aber Holmes deutete ihr liegen zu bleiben nahm sich einen Stuhl, stellte ihn ans Kopfende der Couch und sagte mit beruhigenden Ton in der Stimme:

„Erzählen Sie mir alles, das irgendwie wichtig sein könnte, vor allem über das Verhältnis zwischen Ihrem Bruder und Ihrem Vater.Es sind zumeist die kleinen Details, die mir bei meinen Fällen am meisten helfen. Fangen Sie aber ganz von vorn an und erzählen Sie von der Familie Kurfner“

  „Wir sind eine Familie mit zwei Kindern und kommen aus der deutschen Stadt Essen. Vor 14 Jahren erlag meine liebe Mutter ihrem Krebsleiden. Für uns alle war das naturgemäß eine Katastrophe. Am schlimmsten war es für meinen Vater, jetzt war er Alleinerzieher und fühlte sich dieser Verantwortung kaum gewachsen. Er, der früher ein streng gläubiger Protestant war fiel von seinem Glauben ab und begann sein Wohl im Alkohol zu suchen. Obwohl mein Vater früher soviel Wert auf Reinlichkeit und Ordnung gelegt hatte, meine Mutter musste jeden Tag ein bis zweimal Staubwischen so rein wollte er es haben, ließ er jetzt zu, dass unser Haushalt allmählich verkam. Mein Bruder war erst fünf Jahre alt und ich auch noch zarte zehn. In seiner Depression war Vater aber leider kaum fähig sich um uns zu kümmern. Schlussendlich verlor er gar seine Arbeitsstelle wegen seines Alkoholkonsums.

  Gott sei Dank griff unser Onkel Ludwig da ein. Er lebte schon seit langem in London, hatte als junger Mensch dort ein beträchtliches Vermögen an der Börse erspekuliert und besaß nun ein Hutgeschäft. Er ließ uns in seinem stattlichen Haus in Teddington wohnen, sorgte dafür, dass wir Englisch lernten und schickte uns Kinder zur Schule. Mit der Zeit fand mein Vater einen Ausweg aus der Krise und gewann seinen Glauben wieder. Er schwor dem Alkohol ab und zeigte auch wieder seine alte Abneigung gegen jede Art von Schmutz und Unordnung. Unser Onkel war so nett um uns die Mittel für eine neue Unterkunft vorzustrecken. Da mein Vater unbedingt darauf bestand, sämtliches Geld mit Zinsen zurückzuzahlen, musste es eine billige Wohnung sein und schließlich wurden wir in der Parkerstreet, einem berüchtigten Proletarier Viertel, weshalb auch die Miete erschwinglich war, fündig. Verglichen mit anderen Unterkünften in der Gegend, besaßen wir aber eine regelrechte Luxuswohnung: zwei Schlafzimmer für nur drei Leute.Auch organisierte er, dass mein Vater einen Posten in einer Tischlerei nahe der Wohnstätte bekam.

  Wir sind alle unserem Onkel Ludwig sehr dankbar. Die nächsten Jahre ging es dann wieder aufwärts, Jakob blühte richtig auf in der großen Stadt, er war auch sehr gut in der Schule, Onkel Ludwig wollte ihm gar eine Privatschule zahlen, was mein Vater aber nicht zuließ. Er ging auch in die Bücherei und las viel, was mein Vater nie getan hatte. Zu Hause erzählte er immer von Goethe, Heine und Büchner oder von Engländern wie Lord Byron. Als er die Schule verließ begann er sich aber sehr zu verändern. Er fing an sich rumzutreiben, wollte nicht mehr mit uns in die Kirche gehen und brachte oft zwielichtige Gestalten heim. Das Ärgste aber war, dass er sich nicht wirklich bemühte einen festen Arbeitsplatz zu finden. Hatte er mal eine Stelle, so bemühte er sich nicht sie zu behalten. Durch seine Einstellung und mangelndes Engagement verlor er jeden Posten schnell. Er konnte sich nie gut unterordnen und hielt es nicht aus wenn ihn jemand herumkommandierte, so sehe ich das jedenfalls – und jetzt ist er tot – Oh mein Gott“

  sie schluchzte, fuhr aber nach kurzer Pause fort:

„Das konnte meinen Vater zur Weißglut bringen. Sie müssen wissen Mr. Holmes aufgrund seiner religiösen Einstellung ist für ihn die sinnvolle Arbeit das wichtigste in einem guten Leben. Er hat uns als Kinder immer erzählt, dass nur die schwere Arbeit dem Leben Sinn zu geben im Stande wäre. Seit dem Tod von Mutter, also nachdem er seine Krise überwunden hatte wurde er noch radikaler in seinen Einstellungen. Er war immer streng zu uns Kinder gewesen. Dennoch war er ein sehr guter Vater. hinter seiner rauhen Schale wollte er nur das beste für uns Kinder. Um uns durchzubringen hatte mein Vater auch oft zu Hause Schreinerarbeiten nach Feierabend privat erledigt. Hatte er einmal nichts zu tun, so fand er irgend etwas. Jakob, hatte dann immer gespottet: deine Religion ist doch die Arbeit. Er wollte ein ganz anderes Leben führen, was Vater natürlich entsetzte. Vor zwei Jahren, war ich glücklich meinen braven Ehemann Steven Patrick zu finden, und dem angespannten Klima zu entfliehen.“

  „Sie meinen Sie sind mit Steven Patrick Morrissey, der rechten Hand von Kanzler Lord Smith, verheiratet“, unterbrach ich die Vortragende erstaunt und bewundernd.“

  „Ja wegen der expornierten Stellung meines Gattens ist es noch wichtiger, dass die Wahrheit schnell ans Licht kommt, es wäre entsetzlich, wenn er als Schwiegersohn eines Mörders betrachtet wird. Also weiter: In meinen neuen Haus habe ich endlich mein Glück gefunden. Die beiden in der Parkerstreet Verbleibenden drifteten nur noch weiter auseinander. Schließlich weigerte sich mein Vater, Jakob weiter finanziell zu unterstützen, ja er verlangte sogar Geld, wenn dieser eine Mahlzeit zu Hause einnahm. Wie er mir selbst erzählt hatte, war er sogar entschlossen den Sohn endgültig vor die Tür zu setzen und ihm seinem Schicksal zu überlassen. Nach einem Gespräch mit dem Ortspfarrer, hatte er aber davon abgesehen. Um an Geld für seine Streifzüge zu kommen nahm Jakob Gelegenheitsarbeiten an. Weder ich noch Onkel Ludwig, der das Geschick seines Neffen auch besorgt verfolgte, konnten noch zu ihm durchdringen. Als er dann diesen Dylan kennenlernte erreichte er den Tiefpunkt. Die beiden trieben sich fortan tagelang herum und sprachen über Politik, Proletariat, wie man die Welt verbessern könne und wie schändlich die Kirche sei. Das brachte meinen Vater auf die Palme. Noch störender, war die Tatsache, dass Jakob sich gar nicht mehr um irgend eine Arbeit bemühte die beiden gammelten den ganzen Tag herum.“

„Was war das für eine Person dieser Dylan können Sie das etwas genauer ausführen bitte“

  „Nun ja ich kannte ihn ja gar nicht. Er war am Anfang ein paar Mal in der Parkerstreet,die beiden haben auch meinen Mann und mich das eine oder andere Mal besucht.“ ,

fuhr das schöne Geschöpf fort.
“Ein Rumtreiber und dennoch trug er immer sehr ordentliche Kleidung er wirkte sehr gepflegt und kam mir fast wie ein Dandy vor und hatte seine schwarzen Haare immer zu einem Mittelscheitel frisiert, ich erinnere mich wie sein Kopf immer von der ganzen Pomade glänzte. Dylan ist so 1,80 groß und ca. so alt wie Jakob, soweit ich weiß, seinen Nachnamen kenne ich nicht. Bei einem Besuch der beiden erzählte er einmal von seiner Vergangenheit. Die Knaben-Zeit verbrachte er im Waisenhaus, sein Vater, so sagte er zumindest sei bei einem Banküberfall ums Leben gekommen. Ob das wahr ist kann ich nicht beurteilen. Nach dem Waisenhaus, ist er der Nickel-Bande beigetreten und sein Alltag bestand aus Verbrechen und Gaunereien. Dann wurde es ihm zuviel, so erzählte er, und er sei ausgestiegen. Als ich mein Wissen dann Vater erzählte, sah er seine Befürchtungen bestätigt. Er glaubte nämlich, dass Jakob und sein neuer Freund ihr Leben mit Gaunereien oder ähnlich illegalen Tricks finanzierten und fürchtete sich schon auf den Tag an dem die Polizei vor der Tür stehen würde.

  „Was glauben Sie ist ihr Bruder auf die schiefe Bahn geraten“,

fragte ich sie so behutsam und mitfühlend ich es herausbrachte.

  „Wenn sie mich fragen, ob ich glaube, dass Jakob ein Krimineller war, so muss ich sagen nein. Ich glaube es nicht. Ich meine dafür war er ein zu moralischer Mensch. Eine andere Moral als Vater aber doch nicht weniger wertvoll.“

  „Na gut dann fahren Sie bitte fort mit dem Verlauf der Beziehung zwischen Vater und Sohn.“

sagte Holmes in gemächlichen Ton.

„Im großen und ganzen ging es nun so weiter. Die beiden, also Jakob und Dylan, betranken sich oft und verbrachten viel Zeit in ihrer Stammkneipe“

„Welche ist das?“, fragte Holmes

„Sie heißt Bull’s Corner und liegt am Hannover Square, eine armselige Spelunke. Ich war noch nie drinnen, aber es heißt, dass hauptsächlich Diebe und Halunken dort verkehren, aber auch Anarchisten, Freimaurer und Sozialisten und was es da sonst noch so gibt. Hier konnten sie ungestraft ihre Pläne und Visionen besprechen und über Staat und Kirche schimpfen. Die heftigen Streits zwischen Jakob und unserem Vater häuften sich, es kam aber meist wieder zur Versöhnung. Soweit die Dinge, dann kam dieser furchtbare Vorfall. Mein Vater, das müssen Sie wissen, hat fest daran geglaubt noch einen redlichen Menschen aus Jakob zu machen und den verlorenen Sohn zurückzuholen. Er hätte ihn niemals etwas antun können.“

Sie nahm einen Schluck vom Wasserglas, das neben ihr auf einem Kästchen stand.

  „Gut erzählen sie mir was am gestrigen Tag vorgefallen ist, soweit sie ihr Vater eingeweiht hat. Wann ging er nach Hause und von wo kam er?“

  „Er kam von der Arbeit. Er verließ die Tischlerei um 16:00 Uhr normalerweise arbeitet er etwas länger so bis fünf, aber er wollte seinen Sohn, der an diesem Tag seinen ersten Arbeitstag hatte mit einem Essen überraschen.“

Darauf schluchzte Misses Michaela Morrissey abermals und setzte nach ein paar Sekunden Pause wieder fort:“

  Sie müssen wissen mein lieber Mann hatte ihm eine Stelle im Buchladen des alten O’Reily als Gehilfe verschaffen können. Wir beide, also Vater und ich hatten die Hoffnung, dass es diesmal endlich klappen könnte, da er ja Bücher so liebt. Dann ging mein Vater also zu Fuß nach Hause, es sind ungefähr 30 min wenn Sie das wissen wollen.“

„Ja genau vielen Dank Misses Morrissey, Fahren Sie bitte fort mit Ihrer wahrhaftig außerordentlichen Geschichte.“

„So, er beendete also die Arbeit früher. In der Zeitung steht, er wurde von jemanden über Jakob angesprochen. Hatte er mit Ihnen darüber geredet.“

„Ja er hat mir alles erzählt, damit ich es Ihnen sagen kann. Er ist sehr an der Aufklärung interessiert nicht nur um seine Unschuld zu beweisen, sondern auch, dass der wirkliche Mörder seine Bestrafung zugeführt wird. Es war Pater Moore, derjenige also mit dem sich mein Vater des Öfteren über seine Probleme mit Jakob unterhalten hatte. Er erzählte ihm was dieser Sonntags Nacht getrieben hatte. Jakob sei unter einer Horde Vandalen gewesen, die in der Nacht ins Kirchengebäude eingebrochen sind und es verunstaltet haben. Sie hätten die Wände vollgekritzelt und auch noch Ärgeres angestellt. Als sie der Priester vertieben hat, hätte er auch Jakob gesehen, da er aber ein guter Mensch ist ließ er von einer Anzeige ab.“

  „Dies war also die Nachricht, die ihn so wütend gemacht hat. Wie geht’s weiter?“ fragte Holmes.

Die junge Miss Michaela Morrissey setzte sich anschließend auf und sagte „Ah besser so!“ und „So ungefähr gegen dreiviertel fünf kam Vatar dann nach Hause. Ziemlich wütend wartet er auf seinen Sohn. Dieser kommt dann schon kurz nach fünf Uhr. Vater konfrontiert ihn mit dem was er weiß und schlussendlich meint Jakob er werde wohl nicht lange in der Buchhaltung bleiben. Der Streit wird immer heftiger und lauter, bis es mein Vater nicht mehr aushält und, wie er mir selbst schon gestanden hat, um keine Dummheit zu begehen das Haus verlässt, weg rennt und Trost beim Herrn in der Kirche zu suchen. Als er zurückkommt sieht er die Polizei in seiner Wohnung. Den traurigen Rest kennen Sie. Bitte Mr. Holmes finden Sie den wahren Täter und glauben Sie mir mein Vater war es sicher nicht, dafür lege ich meine Hand ins Feuer.“

  Holmes stand auf und begann im Zimmer auf und abzugehen.

„Holm..“ wollte ich ihn ansprechen.

„Psst Watson ich versuche nachzudenken“ kam es zurück, aber dann

„Misses Morrissey, verbrachte Ihr Bruder für gewöhnlich die Nachmittage in der Parkerstreet.“

„Ja er bleibt oft den ganzen Tag zu Hause, wenn mein Vater dann heim kommt, verschwindet er dann zumeist und schlägt sich die Nacht um die Ohren.“

„Und wer wusste von der neuen Arbeit noch“

„Hmm also mein Mann und ich und der alte O’Reilly, wir wollten noch nichts verschreien.“ gab die Klientin als Antwort.

„Also was ist ihre Meinung respektive die ihres werten Vaters, wer könnte es getan haben, wer hatte ein Motiv. Wenn man den Zeitungsartikel glauben schenken kann gibt es ja für Einbruch keine Hinweise. Gab es Wertgegenstände in der Wohnung? Hatte ihr Bruder irgendwelche Feinde?“

stieß Holmes hervor während er im Zimmer hin und her streifte. Danach ergriff er mit seiner linken Hand den rechten Ellbogen und berührte mit seinem rechten Zeigefinger die Wange, eine Geste die ihn nachdenklich und bestimmt erscheinen ließ.

  „Also er erzählte nicht viel von seinen Leben, weder mir noch meinem Vater. Fragen Sie vielleicht besser diesen Dylan. Ein Einbruch bei uns würde sich nicht lohnen. Wir glauben, dass es irgend einer dieser Anarchisten oder Freimaurer war, mit den er sich verkracht hatte. Wissen sie meine Herren“

sie die bis jetzt immer nur mit Holmes gesprochen hatte schaute mich nun dezidiert an.

„Seit er diesen Jungen kennt ist unser Jakob noch viel seltsamer geworden. Vater sagte auch noch, das habe ich zuvor vergessen, dass er den Eindruck hat die beiden führen etwas gemeinsam im Schilde, irgendetwas Kriminelles vermutlich. Das würde auch erklären, woher sie das Geld für ihre Kleidung und die ständigen Nächte im Pub haben, wir können es uns wie gesagt nicht vorstellen woher es sonst kommen sollte. Vielleicht kam es auch zum Streit zwischen den beiden und....“

„Aha und wo finde ich diesen Dylan.“ fragte Holmes.

„Versuchen sie es doch in der Bar im ‚Bull's Corner’ Mr Holmes“.

  „Watson, bitte bringen Sie unsere junge Klientin nach Hause, ich habe hier noch etwas zu tun. Danach werden wir uns beide den Tatort einmal besehen. Wenn wir Glück haben, so werden noch nicht alle Spuren von den Trampeltieren bei Scotland Yard vernichtet worden sein. Haben Sie einen Schlüssel, für die Wohnung Misses Morrissey?“

 „Ja, das habe ich vergessen“, antwortete sie und kramte darauf in ihrer Handtasche einen staubigen Schlüssel hervor

„Hier haben Sie Mr. Holmes, ich glaube aber die Polizei ist noch drinnen.“

„Umso besser, ich möchte Detective Gregson sowieso einige Fragen stellen. Er wird uns schon behilflich sein, denn er ist mir noch den einen oder anderen Gefallen schuldig.“

Holmes lächelte, denn er wusste, dass der gute Ruf, der sogenannten großen Detektive der Polizei von Fällen herrührt, die in Wirklichkeit er gelöst hatte.

  „Nun sagen sie mir aber bitte noch, besitzt sonst jemand einen Schlüssel zur Wohnung“, fragte er dann.

„Soweit ich weiß existieren nur drei Schlüssel einen habe ich, einen der Vater und einen Jakob. Genau weiß ich es nicht.“ kam ihre Antwort.

 „Und wie sieht es aus mit ihren Onkel Ludwig, oder Dylan“, bohrte ich nach.

 „Also bei Onkel Ludwig glaube ich es nicht, zumindest weiß ich von keinem, das muss aber nichts heißen. Bei Dylan jedoch bin ich mir sicher, dass mein Vater dies auf gar keinen Fall zugelassen hätte. Vielleicht hat ihn Jakob nachmachen lassen.

  „Danke Misses Morrissey. Ich verspreche meine ganze Aufmerksamkeit auf diesen, wirklich interessanten Fall zu richten. Ruhen Sie sich ein wenig aus. Wir melden uns, falls es wichtige Neuigkeiten gibt. Watson, bringen Sie sie bitte nach Hause.“

  Kapitel 2: Holmes in großer Gefahr

  So machten sich Holmes und ich auf den Weg in die Parker Street. Der Taxiwagen, mit den ich Michaela Morrissey heimgebracht hatte stand noch vor der Bakerstreet und wir stiegen ein.

„Ist es nicht wunderbar mein treuer Freund Watson, endlich wieder etwas zu tun. Es ist sehr gut möglich, dass dies ein Glanzstück in Ihrer Sammlung unserer gemeinsamer Abenteuer wird.“

Kurz darauf wurde Holmes Miene ernster und er verfiel wieder in seine nachdenkliche Stimmung. Ich wusste, dass nun jedes Detail der Erzählung unserer Klientin genau abwegte.

  Als wir die Kurfnersche Wohnung im 3. Stock der Parkerstreet 13 betraten sahen wir, dass zwei junge Constables in der Wohnung umherstreiften und alles inspizierten. Gleich hinter der Eingangstür, an derer Holmes keinerlei Anzeichen von Gewaltanwendung entdecken konnte, war mit weißer Kreide der Fundort des Leichnams eingezeichnet. Hier befand sich auch ein bereits eingetrocknete Blutlache.

„Sehen sie her Holmes, der Kopf, liegt der Türe zugewandt, Also ich sehe, das so, der Vater erschießt Jakob, nachdem dieser hereingetreten war und der Getroffene fällt nach hinten mit dem Kopf gen Ausgang“

„Exzellent Watson, aber das ist lediglich ein Indiz, ein eher schwaches sogar, denn zwischen den beiden ist es vermutlich zuerst zum Streit gekommen und dabei haben sich ihre Positionen geändert. Aber, dass der Mörder, zum Tatzeitpunkt im Haus und zwar weiter entfernt von der Türe als der junge Herr Kurfner es war, das scheint nun wahrscheinlich.“,

 belehrte mich der Meisterdetektiv. Da  kam schon einer der Polizisten auf uns zu:

  „Halt hier ist betreten verboten, das ist ein polizeilicher Tatort. Sie dürfen hier nicht rein, wir müssen Spuren sichern“

Mit einen schnelle und ironischen Blick zeigte mir Holmes wie amüsant er das fand, waren es doch Scotland Yard, die die meisten Spuren verwischten und damit seine Arbeit erschwerten.

„ Hallo Junger Freund“ sagte er „Ich bin Sherlock Holmes und das ist mein Partner Dr. John Watson, wir sind Privatdetektive und ermitteln für den beschuldigten Herr Kurfner“

„Natürlich kenne ich Sie Mr. Holmes“, wurde der Polizist kleinlaut „aber ich weiß trotzdem nicht ob ich Sie“

„Ist Detective Tobias Gregson vielleicht zugegen?“, fragte Holmes leicht verärgert“ „Nein Sir, wir erwarten ihn jeden Moment zurück“,

„er hat sicher nichts gegen ein bißchen Hilfe, außerdem schuldet er mir ja sowieso noch einiges.“

Holmes schob den unsicheren Polizisten einfach zur Seite und trat ein . Wir standen als wir durch die Tür geschritten waren in einem größeren fast quadratischen Raum. Ein großer Esstisch mit Stühlen und Bücherregale an den Wänden verrieten, dass er als Wohn- und Esszimmer diente. Zu unserer Linken befanden sich links und rechts vom Bücherregal zwei Türen, die wie sich später herausstellte, zu einer Art Abstellraum samt Waschtrog und der Küche führten. Die rechte Mauer des Raums war im Gegensatz zu den anderen aus Holz und wies genau auf der Türseite eine Einbuchtung bzw. einen Vorsprung auf. So hatte man eine Nische in der sich Haken für die Kleiderablage befanden. Von der Hinterseite des Raums führten zwei Türen in die beiden Schlafzimmer.

  Holmes durchforstete alles aufs Genaueste. Gewissenhaft achtete ich als geringer Schüler darauf, den Meister keinesfalls zu stören. Er untersuchte den Fußboden mit seiner Lupe.

„Tennis, Watson.“, sprach er mich schließlich an.

 „Bitte – Holmes?“deutete ich meine Verwirrung an.

„Sehen Sie mein Freund, hier und da diese winzigen roten Staubkörner.“

Er gab mir die Lupe und ich bemerkte erst die roten Körner, die man mit freiem Auge kaum erkennen konnte:

„Hat unsere Klientin ihren Vater nicht als einen, trotz seines Umfelds, sehr auf Reinlichkeit bedachten Menschen ausgegeben. Etwas komisch, dass soviel Staub herumliegt. Das sind, wie Sie sehen rote Partikeln, diese werden bei Tenns-Sand-Plätzen verwendet und bilden dort obere Schicht. Übrigends die Asche, welche sie hier überall herumliegen sehen können, stammt von einer Royal Virgin Zigarre, eine besonders exquisite und teure Marke.“

Holmes hatte schon in zahlreichen anderen Fällen die Gelegenheit, Nutzen aus seiner großangelegten Tabak-Studie aus der Anfangszeit zu ziehen. Er konnte jede hier erhältliche Zigarette und Zigarre anhand der Asche erkennen.

  „Wie sie wissen Watson“, sagte Holmes „Kann man aus der Schrittlänge eine ziemlich genaue Schätzung der Körpergröße abgeben. Nehmen wir einmal an all die Spuren stammen vom Täter. Leider haben wir keine ganz schönen Fußabdrücke, da sich der Mann scheinbar doch die Schuhe grob abgeputzt zu haben scheint, denn sonst hätte er Spuren hinterlassen, die sogar die blinden Hühner von Scotland Yard gesehen hätten, aber es geht auch so, mit den wenigen Staub, der noch hinterlassen wurde. Ich sage, der Mann war ca. 1,70 groß--- Hallo was ist das“

  An der rechten Wand, welche wie gesagt aus Holz war, bemerkte Holmes Unregelmäßigkeiten in der Maserung. Ganz genau besehen konnte man kleine Spalten erkennen.

  „Hey Hey“, murmelte er.

Nach dem wir ein im Weg stehendes Kästchens zur Seite schoben sahen wir, dass sich in der Holzwand scheinbar eine für das flüchtige Auge verborgene Tür verbag.

„Exzellent“

 Holmes drückte dagegen, das Holz  gab nach, die Tür ging zur rechten Seite auf, mehr sahen wir erst ein mal nicht, da es stockdunkel war. Holmes zündete ein Streichholz an und zum Vorschein kam eine Art Rumpelkammer. Wir bemerkten ein paar Schränke mit Kleidern und Stellagen. Der Rest des Raumes war vollgepackt mit Kisten, gefüllt mit Kleidern, Fotographien sowie anderen Plunder.

  Die Constables, die die Tür nicht entdeckt hatten, wollten auch eintreten und den Raum durchsuchen aber Holmes vertröstete sie auf später. Die Polizeibeamten wagten keine Widerrede. Er machte mich sodann aufmerksam auf die roten Körner und die Asche, die wir beide auch hier fanden. Die Person die sie draußen hinterlassen hatte, war also auch hier, dass es der Mörder sein sollte hörte sich für mich immer noch für eine sehr mutige Behauptung an, auf der anderen Seite aber irrte sich Holmes in solchen Sachen fast nie. Da entdeckte ich plötzlich auch etwas.

„Sehen Sie her Holmes“.

Wir sahen in einem kleinen Eckregal, neben ziemlich viel auf engsten Raum gestauten Plunder auch zwei Schachteln mit Revolver Kugeln, rechts davon war aber eine Fläche frei, als ob dort normalerweise die Pistole liegt. „Exzellent Watson, gut gemacht mein alter Freund“

Nachdem er den ganzen Raum untersucht hatte und nichts mehr finden konnte nahm er sich die anderen Zimmer vor, als er mit allem fertig war kam auch schon Detektive Gregson herein.

  „Sherlock Holmes, der Meisterdetektiv“, sagte der Inspector. „und Dr. Watson sein getreuer Partner, Hallo“.

Wir grüßten zurück.

„Was immer Sie hierher führen mag, dieses mal ist ihre werte Hilfe nicht von Nöten. Der Schuldige sitzt schon hinter Schloss und Riegel, er wird gerade von meinen fähigsten Männern verhört. Ich rechne jeden Moment mit einem vollen Geständnis. Es war der Vater der seinen Sohn getötet hat.“

„Es ist natürlich immer noch möglich, dass es der Vater war, aber ich habe da so meine Zweifel, ich verfolge eine andere Spur.“ sagte Holmes.

Verwundert zog Gregson die Brauen hoch:

„Andere Spur, welche andere Spur?“

„Nun ja ich habe da so meine eigenen Methoden wie Sie wissen“, meinte Holmes süffisant. Der Inspector aber ließ sich nicht einschüchtern:

„Probieren Sie ruhig ihre Theorien und Methoden, ich aber prophezeie Ihnen, dass es diesmal nichts nützen wird. In besonders kniffeligen und rätselhaften Fällen mögen Sie uns von der altmodischen Polizei vielleicht überlegen sein, aber das hier ist reine Routine.“

„Warten Sie einmal ich sage Ihnen kurz wie es abgelaufen ist“ forderte Gregson Holmes auf „Also: Zwischen Vater und Sohn gab es oft Streit. Dies haben uns jedenfalls viele Nachbarn bestätigt. Der Vater war also generell enttäuscht. Dann wissen wir, dass der Vater als er heimkam vom Ortspfarrer eine Nachricht erhielt, die seinen Zorn auf den Sohn neu entfachte. Mit dem alten Herren geht der religiöse Eifer oder der verletzte Vaterstolz durch, er erschießt sein einzigen männlichen Nachfahren. Was soll er nun tun. Er ist ganz verwirrt. Das einzige, was ihm einfällt ist, seinem Sprößling den Übergang zu erleichtern. Er holt die heilige Schrift und den Rosenkranz um das Sterben zu erleichtern. Dann kommt er darauf, die Waffe zu verstecken. Es fällt ihm nichts besseres ein als es in seinem Schlafzimmer notdürftig zu verstauen. Die Panik ergreift ihn aber dann, er wird verzweifelt und fürchtet sich davor, dass jemand den Schuss gehört hatte. Er gibt also Fersengeld und verlässt den Tatort. Miss Parker die Nachbarin von rechts hat den Schuss vernommen und als einzige gemerkt, obwohl sie das auch seltsam fand, dass er aus der Wohnung der Kurfners stammte. Schießereien unter Bandenmitglieder gibt es in diesem Viertel leider viele, deshalb fiel der Schuss hier auch nicht so wahnsinnig auf. Die alte Miss Parker nahm also Ihren ganzen Mut zusammen und ging nach ungefähr zehn Minuten Nachschauen. Laut Ihren Angaben war die Wohnungstür unverschlossen. Sie war es die den Leichnam fand und dafür gesorgt hatte, dass wir verständigt wurden. Dann kommt der Vater zurück, er hofft vielleicht, dass der Schuss irgendeinem Gaunerduell zugerechnet wird und möchte die Leiche verstauen oder sonstwie seine Spuren verwischen, doch als er eintritt sieht er uns. Ziemlich eindeutig, dass müssen sie zugeben. Wir haben ein klares Motiv, die Tatwaffe, die das Eigentum des Beschuldigten ist genauso Bibel und Rosenkranz, die auch eine eindeutige Sprache sprechen und übrigens ebenfalls dem Vater gehören. Das macht doch einen ziemlich klaren Fall.“

  Holmes kommentierte Gregsons Ausführungen:

„Ich wage dennoch daran zu zweifeln. Außerdem hätte ich ein paar Fragen an Sie. „

  „Nur zu, ich helfe Ihnen trotzdem gerne“. Holmes ging ein paar Schritte auf und ab und dachte scheinbar nach, schlussendlich fragte er:

“Nun gut wer hat die Leiche zuerst gefunden?“ „Das war Constable Spencer, da drüben.---- Spencer“

„Ja Sir“

„Kommen Sie einmal her Sherlock Holmes hier möchte Sie etwas fragen“.

Der junge Beamte war sichtlich aufgeregt mit dem berühmten Detektiv zu sprechen. „Constable,“ sagte Holmes in versöhnlichen Ton „bitte nehmen Sie es mir nicht übel, falls ich davor etwas rüde war. Nun gut bitte beschreiben Sie mir was sie sahen, als sie die Leiche fanden.“

Spencer überlegte kurz und sagte dann: „Wissen Sie Mr. Holmes ich bin ein großer Bewunderer Ihrer Methoden und ich fühle mich von Ihrer Arbeit sehr inspiriert. Am besten wäre es, ich erzähle alles von Anfang an“,

Holmes deutete, dass er anfangen könne

„Also, ich patrollierte gerade fünf Blocks weiter in der Chapelstreet, von wo ich natürlich keinen Schuss gehört haben kann. Da kommt diese alte Dame erzählte mir von ihrem Leichenfund. Die genannte Wohnungstür stand weit offen Tatsächlich fand ich den Toten. Er hatte eine Einschusswunde im Herz vermutlich war er sofort tot. Waffe war keine in Sicht. Die Hände wiesen keine Schmauch- oder Blutspuren und um das Herz herum war keine sogenannte Stanzmaske vorhanden, was heißt, dass die Pistole nicht in nächster Nähe zum Opfer abgefeuert worden war, das alles sprach gegen einen Selbstmord. Dass der Mord erst vor kurzem geschehen ist konnte ich am Blut erkennen. Eher auf einen Selbstmord hindeutend waren eben die religiösen Insignien. Sie waren dem Opfer aus den Händen gefallen als der Tod eingetreten ist. Neben der rechten Hand war ein Rosenkranz und die Bibel habe ich neben der linken Hand gefunden.“

 „War eine andere Person in der Wohnung.“ fragte Holmes.

„Nein Sir, zumindest habe ich niemanden bemerkt“
 

„Wie haben sich die Dinge nun entwickelt.“

„Ich lief nach Verstärkung und kam sodann mit Detective Gregson und Constable Smith zurück. Am Tatort konnte ich keine Veränderungen feststellen. Detective Gregson war es dann, der die Schusswaffe unter der Matratze im ersten Schlafzimmer entdeckt hatte.“

„Danke, mein junger Freund. – und –sie werden es noch weit bringen.“

Der Constable wurde verlegen und ging zu seinem Partner.

  „Wirklich ein begabter Junger Mann“

sagte Holmes Gregson anblickend

„Aber nun zu seinem Vorgesetzten. Sie haben sicher sämtliche Haus-Bewohner vernommen. Welche Zeugenaussagen konnten Sie sammeln?“

Gregson antwortete:

“Nicht sehr viele fürchte ich. Der Streit zwischen den beiden ist lediglich Miss Parker dezidiert aufgefallen. Soetwas ist in dieser Gegend nichts besonderes. Der Schuss wurde auch von vielen Parteien gehört. Er veranlasste die meisten dazu, aus Angst im Haus zu bleiben. Nur die alte Miss Parker, die, da sie neben den Kurfners wohnte, als einzige ahnte woher der Schuss kam, ging der Sache auf den Grund.“

„Hat vielleicht irgendjemand eine außergewöhnliche Person bzw. einen Fremdling gesehen.“

„Das ist ein großes Haus, die Leute kennen sich oft kaum, niemand ist aufgefallen, nicht einmal der Vater als er geflüchtet ist wurde gesehen. Niemand hatte irgend etwas gesehen, dass klingt vielleicht ein bisschen verwunderlich, aber jeder wollte sich aus dem Ärger raushalten und hat sich in den eigenen vier Wänden verkrochen.“ Holmes dachte nach und kam mit der nächsten Frage:

  „Sie haben den heimkommenden Kurfner sicherlich durchsucht. Konnten sie den Wohnungsschlüssel bei ihm finden“, fragte Holmes.

„Ja Sir, das haben wir“, antwortete Gregson.

„Aha Kurfner hat dann also den Schlüssel mitgenommen aber dann nicht abgesperrt“ „Ja das war wohl die Panik“.

 „Noch etwas“, sagte Holmes „Wie viel Leute haben diesen Raum nach dem Mord betreten?“

„Nur die beiden Beamten ich, sie beide sowie Vater und Sohn Kurfner“, kam die Antwort von Gregson.

„Gentlemen ich möchte bitte ihre Schuhe überprüfen“. verlautbarte Holmes.

Er tat es und der zuvor aufgestellte Verdacht verhärtete sich.

„Bitte Detective Gregson tun Sie mir den Gefallen und untersuchen sie auch die Schuhe des Opfers und die des Holger Kurfners nach roten Sandkörnern“, bat Holmes.

Der Detective verzog das Gesicht „Nun ja wenn sie wollen“

„Und noch was“, sagte Holmes

„haben Sie schon diesen Dylan befragt“.

 „Was für einen Dylan bitte“, kam Gregsons Antwort. Holmes warf mir einen Blick zu, der seine Geringschätzung für den Scotland Yard Mann Ausdruck verlieh sagte aber dann ganz höflich:

„Gar nichts. Ich danke für die Informationen. Watson Wir haben genug gesehen lassen Sie uns gehen.“

  Wir fuhren wieder in die Baker Street. Holmes verhielt sich still, er hatte, so gut kannte ich ihn schon, die meisten Fäden in der Hand die zur Lösung dieses Rätsels führten. Nur liebte er es zu sehr, seine Mitmenschen zu verblüffen und sie vor vollendete Tatsachen zu stellen, als das er mich eingeweiht hätte. Er war ein Effekthascher.

  „Den Rest des Tages wäre es besser auf Ihre hilfreiche Mitarbeit zu verzichten und allein zu ermitteln“, sagte er

„Sie warten bitte in der Bakerstreet auf Neuigkeiten.“

„Das mache ich“ willigte ich ein „und was tun Sie Holmes“.

„Ich werde ins Pub gehen“.

So war es auch in der Baker Street schlüpfte der wohl situierte und weltbekannte Privatdetektiv in ordinäre und schmutzige Straßenkleidung.

  Tatsächlich hätte ihn jeder, der ihn so sah für einen Tagedieb oder Habenichts gehalten.

Nun konnte ich mich also auf eine unbestimmte Wartezeit einstellen. Ich machte es mir auf dem Kanapee bequem und versuchte mich meiner Lektüre zu widmen. Es war eine Short Story eines noch eher unbekannten Englischen Dichters, die ich dem Cornhill Magazine entnommen habe. „Der Ring des Thoth“ hieß das Werk und Arthur Conan Doyle sein Autor. Obwohl mir der Schreibstiel gefiel, fand ich die Geschichte nicht sehr mitreißend, war doch die Realität viel spannender. Würde Holmes Erfolg haben und den beschuldigten Holger Kurfner entlasten? Ich wünschte es mir für die herzbetörende Misses Morrissey, sie sollte nicht nach dem Bruder auch noch den Vater verlieren. Selber glaubte ich eigentlich immer noch an seine Schuld, andererseits aber schien Holmes bereits hinter jemand anderen her zu sein, und er irrt sich äußerst selten. Wer könnte es aber sein, dieser Unbekannte den Holmes verfolgte. War es jemand aus der Anarchisten Szene oder vielleicht dieser Dylan? Schließlich gab ich meine sinnlosen Grübeleien auf und las weiter. 

  Erst gegen Abend betrat Holmes wieder das Büro, er eilte zum Schreibtisch ließ sich in seinen Armsessel fallen und zündete die Pfeife an: „Hallo, mein lieber Watson“, sagte er dann.

  „Holmes, ich habe mir schon Sorgen gemacht, was haben sie die ganze Zeit getrieben“, sagte ich.

  „Es gab einiges zu tun, dafür werden wir bald das Netz auslegen können und dann einen großen Fisch fangen. Noch können wir aber nicht viel tun und müssen einmal abwarten. Deshalb gehen wir in einer Stunde in den Musikverein. Mendelsohns Lieder, stehen mal wieder auf den Programm, Sie kennen ja meine Vorliebe für Deutsche Musik, Watson. Dam Dam Dam... „

  Holmes summte gerade eine Melodie, da unterbrach ich ihn.

„Nun erzählen Sie schon, bitte. Wie lief Ihr Besuch in der Kneipe.“

  „Also gut mein Freund, es ist noch Zeit, für einen kleinen Plausch. ich fuhr also zum Hannover Square und betrat ‚Bull's Corner’. Die Szenerie, welche sich mir bot war beklemmend düster. Es war eine realtiv dunkle aber doch überraschend geräumige Stube. In den dunklen Ecken standen einige Tische mit Sesseln wovon nur wenige besetzt waren. An manchen wurde gemauschelt an anderen schliefen die Betrunkenen ihren Rausch aus. Das Hauptaugenmerk der Räumlichkeit bildete aber die große Bar, die mit der hinteren Seite an der die Regale mit den Flaschen standen eine Art Dreieck bildete. Ich setzte mich auf einen der zahlreichen freien Hocker. Die Kerle, die neben mir saßen, das kann ich Ihnen sagen Watson, waren finstere Zeitgenossen. Ich hoffte nur, dass mich keiner erkennen würde, sonst wäre es mir sehr schlecht gegangen. Die meisten waren aber damit beschäftigt in ihr Glas zu blicken. So bestellte ich Whisky und fragte den Bartender, einen gewissen Diddy, auch ein sehr reizender blondhaariger Kerl, der mich, seit ich den Raum betreten hatte, misstrauisch angestarrt hatte, ob er einen Dylan, den Freund von Jakob Kurfner, kenne. Er blickte mich griesgrämig an und sagte verächtlich: ‚Tut mir leid die kenn ich nicht’ ‚Bitte Sir, ich weiß, dass die beiden hier Stammgäste sind und ich hätte da ein paar Fragen über sie, es ist ganz wichtig.’ bat ich Diddy mit gedämpfter Stimme, damit nicht der ganze Saal aufmerksam wurde. Was sollte ich tun? Ich konnte mich ja nicht als Detektiv zu erkennen geben. ‚Hören Sie zu, wir sind hier eine Art Privatgesellschaft und wir trauen Fremden nicht ganz, besonders wenn sie dumme Fragen stellen. Also trinken Sie Ihren Whisky aus und hauen Sie ab’ und Diddy legte dabei seine ganze Überzeugungskraft in seine Worte. Als ich schon im Gehen begriffen war, stand plötzlich ein Mann vom Barhocker auf und schrie ‚Halt’, er war sicher zwei Meter groß und über 100 Kilo schwer und hatte eine Glatze, auf seinen muskelbepackten Oberarm lachte mir eine hinreißende Meerjungfrau in Form einer Tätowierung entgegen. Ich fürchtete um mein Leben. Was wenn ich erkannt worden bin? ‚Ich könnte Ihnen vielleicht helfen Mister..’  Er sagte er heiße Frank Drebber, ich solle Ihn aber Pinky nennen, wie alle hier, er kenne die beiden Jungen gut und würde mir helfen; ’aber dafür müssen Sie gegen mich im Dartschießen gewinnen’. Das gesamte Pub lachte aus Leibeskräften. Pinky fuhr fort:’Gewinnen Sie, dann helfe ich Ihnen, bin jedoch ich am Ende der Sieger so schulden sie mir zehn Pfund’. Ich nahm die Herausforderung an. Jetzt erst hörte ich von anderen Barbesuchern, dass Pinky der ungeschlagene Champion im ‚Bull's Corner’ sei. Nun was soll ich sagen Watson, die Sache endete damit, dass wir beide nach draußen gingen und er beantwortete mir anstandslos und wahrheitsgemäß wie ich merken konnte alles was ich wissen wollte“

  „Holmes sie erstaunen mich doch immer wieder, ich wusste gar nicht, dass ich sie so hervorragend im Dart sind.“
unterbrach ich die spannende Erzählung meines Freundes.

  „Nun ja Watson, auch Sie wissen noch längst nicht alles über mich. Während meiner Studienzeit habe ich dieses Wurfpfeilspiel exzessiv betrieben. Seit dem jedoch nicht mehr. Schön, dass meine damals erworbenen Fähigkeiten noch nicht ganz verrostet sind. Was mir mein neuer Freund Pinky alles erzählt hat, davon werde ich ein andermal berichten, die Zeit drängt ein bisschen. Das wichtigste jedenfalls, war dass er mir die Adresse gab wo Dylan, mit Nachahmen heißt er übrigens Taylor, zur Untermiete logiert. So begab ich mich also in die Townsed Street, es war nicht weit. Als ich jedoch vor der Tür dieses kleinen alten Häuschens stand, bemerkte ich, dass diese offen stand. Ich klopfte mehrmals, aber niemand schien es zu hören. Irgend etwas war geschehen, dachte ich. Vorsichtig und darauf bedacht auf keinen Fall irgendeinen Lärm zu verursachen schlich ich mich schließlich ins Haus. Niemand war zu sehen oder zu hören. Dennoch hatte ich die Vermutung, dass wohl irgendetwas nicht stimmen würde. Richtiggehend aufgeregt fühlte ich mich. Die erste Türe im Untergeschosse führte in eine Küche. Hier konnte ich nichts außergewöhnliches erkennen.

  Da plötzlich glaubte ich von oben etwas gehört zu haben. Es klang wie ein gedämpfter Schrei. Ich schäme mich nicht, mein lieber Watson, dass ich mir nun wünschte sie an meiner Seite zu haben. Mein Herz klopfte, der Atem stockte. Was kam auf mich zu? Dennoch musste ich es wagen. Behutsam erklomm ich die rustikale Holzstiege und hielt mich mit der rechten Hand dabei am Geländer fest. Da passierte es. Als ich ungefähr die Hälfte der Treppe geschafft hatte, ächzte das alte Holz fürchterlich laut. Was sollte ich machen. Ich musste weiter gehen. Wieder knarrten die Balken der Treppe. Als ich schlussendlich beinahe oben angelangt war, schoss plötzlich eine Gestalt aus einem Raum auf mich zu. Pfeilschnell kam sie herangeeilt und versetzte mir von links einen derartigen Stoß, dass mich meines Gleichgewichtssinnes beraubt sah und von der Stiege fiel, was auch beabsichtigt war. Dank meiner Geistesgegenwart aber, konnte ich mich am äußeren Treppengeländer festhalten bevor ich in die Tiefe gekracht wäre.

  Der versuchte Mörder eilte die Tür hinaus, er trug einen schwarzen Umhang und eine schwarze Kutte sodass ich sein Gesicht nicht erkennen konnte. Er war ziemlich schnell obwohl ich sah, dass er das linke Bein etwas nachzog. So reichte sein Vorsprung aus um mir zu entkommen. Als ich mich endlich aus meiner fatalen Lage befreit hatte und vor die Tür gerannt bin, war die seltsame Gestalt bereits verschwunden. An den im Garten hinterlassenen Fußabdrücken, welche bis zum Trottoir führten, sah ich meine Beobachtung mit den linken Bein bestätigt und stellte auch fest, dass der Unbekannte ungefähr 1,65 groß sein müsste. Beim Inspizieren der oberen Räumlichkeiten fand ich sodann eine alte Frau gefesselt und geknebelt. Nachdem ich Sie befreit hatte erzählte sie mir alles. Diesen Mann hatte sie noch nie im Leben gesehen, sie konnte mir aber sein  Gesicht in etwa beschreiben. Vor allem eine Narbe auf der rechten Wange war ihr in Erinnerung. Des weiteren erfuhr ich, dass Dylan, ihr junger Untermieter, in den frühen Morgenstunden aufgebrochen und auf unbestimmte Zeit untergetaucht sei. Der Einbrecher habe auch nach ihm gefragt und als er erfuhr, dass Dylan verschollen sei, so fesselte und knebelte er die arme Frau und ging dann in das Zimmer des Jungen, worin er ordentlich Krach machte, bis ich kam. Über das Leben Ihres Untermieters konnte Sie nichts sagen, nur, dass er immer pünktlich bezahlt“

  Als ich den Erzählungen meines Freundes Holmes folgte wollte mir das Blut in den Adern gefrieren. So knapp war er an einer Katastrophe vorbeigeschlittert.

  „Nach diesem Abenteuer hatte ich noch allerhand andere wichtige Dinge zu erledigen, von denen ich sie beizeiten noch unterrichten werde. So nun hop hop Watson. Wir sollten uns jetzt wirklich zum Konzert bereit machen. Es ist Liederzeit!“

 
Kapitel 3: Die Falle schnappt zu

Am nächsten Morgen erwachte ich spät und musste folglich dasFrühstück allein einnehmen. Da mir mein Freund mitteilte, dass wir momentan gar nichts tun könnten, nur abwarten müssten so verbrachte ich den Rest des Vormittages daran, einen Brief an meine geliebte Frau Marry zu schreiben. Als ich mich dann zum gemeinsamen Mittagsmahl einfand, so sah ich zu meiner großen Verwunderung den völlig verwahrlosten und mit Schmutz übersäten Anführer der Straßenkinder-Bande, die Holmes des öfteren schon wertvolle Dienste geleistet hatte, mit stolz geschwellter Brust und vor Freude mit einem klimpernden Geldsäckchen jonglierend, unser Haus verlassen.

  Als ob das schon nicht genug der Überraschung wäre, so traf ich am Mittagstisch plötzlich einen mir völlig unbekannten jungen Mann.

 „Hallo Watson,“ richtete Holmes das Wort an mich.

Ich habe eine gute Nachricht für Sie. Unser Warten hat bereits ein Ende, darf ich vorstellen“ er zeigte auf den jungen Mann, der sofort aufstand

„ – Dylan Taylor – Dylan, dass ist mein Partner Dr. Watson, Sie können vor ihm ganz offen sprechen“

„Guten Tag, Dr. Watson“.

„Guten Tag“ grüßte ich zurück und dann an meinen Freund gewandt

“Holmes, Ich dachte er wäre verschollen“.

„Natürlich. Unser neuer junger Freund hat sich versteckt. Ein sehr weiser Entschluss, wenn man einmal in Betracht zieht,. dass unsere Freunde offensichtlich vor keinen Mitteln zurückschrecken. Er hatte sich in Sicherheit gebracht um den Häschern zu entgehen. Es gibt jedoch kaum einen Platz in London an der man vor meiner kleinen Rasselbanden-Armee sicher sein könnte, sie haben den Ausreißer am Hafen entdeckt, er hatte sich bei einer Jugendbande versteckt. Watson, stärken Sie sich nun. Die Falle ist aufgestellt“ Er setzte ein süffisantes Grinsen auf, seine Adlernase schob sich nach vor, seine Augen funkelten. „Nach dem Essen werden wir Sie zuschnappen lassen.“

„Aber Holmes wer ist der Mörder? Was werden wir nachher tun, wohin gehen?“ drückte ich meinen Unmut über die kryptischen Aussagen aus.

„Geduld mein neugieriger Freund, es wird sich noch alles weisen, sie werden sehen“

meinte Holmes amüsiert und nach kurzer Nachdenkpause:

„Mein lieber Watson wir werden ihnen eine hübsche neue Kopfbedeckung kaufen, eine neuen Zylinder vielleicht oder eine Melone, ganz wie sie wollen“. Nach dem Essen kam auch schon Constable Spencer, er war beauftragt worden, unseren neuen Gast zu bewachen.

  Genau um halb zwei standen Holmes und ich vor unserem Ziel. ‚Kurfner & Associates’ stand auf dem großen Ladenschild überhalb des Geschäftseingangs und in der zweiten Zeile auf dem Logo ‚The First Adress for Quality Hats in London’. „Haben sie Ihren Revolver dabei, nur für alle Fälle“, fragte mich Holmes

„Ja wie Sie mir gesagt haben“ antwortete ich und zeigte auf meine rechte Manteltasche.

„Also dann möge es beginnen“ und wir beide gingen hinein. Wir kamen in ein mittelgroßen schlauchförmigen Raum. Von allen Ecken und Enden war man von verschiedenen Kopfbedeckungen umgeben, sie lagen teils auf Stellagen, die an allen Wänden montiert waren, teils hingen sie direkt an Haken an der Mauer. Man sah Filzhüte, Stetsons, Melonen, Borsalinos und natürlich in England Zylinder und das in allen erdenklichen Farben.Gleich rechts neben dem Eingang führte eine Tür in den nächsten Raum. In der rechten hinteren Ecke jedoch befand sich der Tresen mitsamt Kassa, hinter dem ein adrett gekleideter Angestellter stand. Holmes schritt zu ihm nach vorn und sprach ihn an:

„Guten Tag, Mein Name ist Sherlock Holmes mein Freund da drüben, Dr. Watson“ er machte dabei eine ausladende Bewegung in meine Richtung. „möchte unbedingt eine neue Melone erwerben.“

  „Einen Bowler Hat also,  kein Problem. Wir hätten da folgende Modelle.“, antwortete der Angestellte höflich

„Nein es tut mir leid, es ist nichts persönliches gegen Sie, sie scheinen ein sehr kompetenter Mann zu sein, aber trotzdem hätten wir gerne die Bedienung vom Chef persönlich. Ist Herr Kurfner zu gegen?“.

„Ähem der ist heute unpässlich..“, antwortete der Verkäufer.

 „Bitte, es ist wichtig, wenn er anwesend ist, fragen Sie ihn, sagen Sie Sherlock Holmes möchte von ihm persönlich einen Hut kaufen.“

Der Mann ging an mir vorbei in den zweiten Raum. Ich blickte ihm nach durch die Tür. Der zweite Raum war größer als der erste und quadratisch. Während es vorn nur schicke Herrenhüte gab, fand man hier exotische Kopfbedeckungen wie Sombreros oder Tropenhüte, auch Damen Kopfschmuck war ausgestellt und natürlich Accessoires wie der für den Englischen Gentleman obligatorische Spazierstock. Von diesem Raum aus gingen auch Türen zu Lager- und Bürogebäude, und in eine dieser Türen verschwand der Mann auch.

  Nach einiger Wartezeit schlussendlich kamen zwei Männer zu uns. Der eine mittelgroß, ziemlich voluminös um nicht zu sagen dickleibig er hatte schütteres dunkelblondes Haar und trug ein ärmelloses Jackett über seinem karierten Hemd. Schätzte man den vollschlanken auf ungefähr fünfzig ein, so war der andere beträchtlich älter. Er war der kleinere der beiden und hatte kaum mehr Haare, nur noch am Hinterkopf reichten ein paar graue Zotteln nach unten. Seine Statur war zwar nicht muskulös aber doch sehnisch zäh trotzt des Alters und man traute ihm zu, da er den Anschein eines Kämpfers hatte, zumindest kurzzeitig große Kräfte mobilisieren zu können. Seine Behinderung, er zog den linken Fuß nach, schien ihm kaum in der Bewegungsfreiheit einzuschränken. Das Gesicht war ausgemergelt, die Wangen eingefallen und der Blick leer und von einem entsagungsreichen Leben zeugend. Auf der rechten Wange blitzte eine circa 10cm große, schlecht verheilte Narbe hervor.


 
„Was kann ich tun für Sie Mr. Holmes, Ludwig Kurfner, mein Name“, sprach der Vollschlanke und lächelte uns dabei freundlich an „Ich habe meinen Gehilfen Pedro mitgebracht um Ihren Ansprüchen auch voll gerecht zu werden“.

„Guten Tag, es ist mir eine Ehre. Wissen Sie, dass ich im Mordfall an Ihren Neffen ermittle.“

Kurfners Miene verzog sich, er setzte einen traurigen Gesichtsausdruck auf. Seine Nasenflügel blähten sich auf - unterschwellig konnte man auch Wut spüren

  „Ja, es ist so schrecklich, ich kann mich auf gar nichts konzentrieren, deshalb arbeite ich auch heute eigentlich nicht. Der liebe Jakob – es ist so furchtbar. Aber, dass sie ermitteln? Kann es sein? Detective Gregson von Scotland Yard hat mir doch inständig klar gemacht, dass mein braver Bruder Holger der Mörder ist. Ich konnte es erst nicht glauben, weil es so furchtbar ist.“

„Da habe ich gute Nachrichten“ sagte mein Freund „Ihr Bruder ist nämlich unschuldig.“

Der Dicke starrte entsetzt: „Was? Ist es denn möglich? Sie belieben zu Scherzen Mr. Holmes, das sollten sie nicht tun, ich habe doch alles gelesen in der Zeitung. Auch wenn es weh tut, es ist leider glasklar. Holger hat es getan, es passierte im Affekt.“

  „Sie werden mir dennoch erlauben, im Sinne Ihres Bruders ein paar Fragen an Sie zu richten“

„Sicher, jede“ antwortete Kurfner und griff sich dabei auf die Nase, er schien leicht beunruhigt.

  Holmes verschränkte seine Arme, ging ein paar Schritte zurück und dann wieder nach rechts, gebannt verfolgten ihn unsere beiden Gegenüber mit den Augen. Schließlich fragte er nüchtern und doch leicht schnippisch:

“Kennen Sie, Herr Kurfner, einen gewissen Frank Taylor, genannt ‚Knucklehead’ “

  Urplötzlich erblasste dieser, sämtliche Farbe entwich seinem feisten Gesicht. Ungläubigkeit und Panik konnte man aus seinen Augen ablesen. Dann fing er sich wieder und sagte bemüht gelassen:

„Nein, tut mir leid, noch nie was von ihm gehört.“

Holmes verzog kurz die Mundwinkel und rümpfte die Nase, darauf sagte er schon etwas mokanter:

„Kennen Sie also nicht –gut. Verzeihen Sie wenn ich ein bisschen indiskret bin, aber es interessiert mich einfach. Sie gelten als sehr reicher Mann Herr Kurfner, sie wohnen in Teddington, engagieren sich für Kunst und Kultur“,

dabei gestikulierte mein Freund ausladend mit den Händen, nun hatte er den seinen großen Auftritt, dass war es was er liebte.

„geht das Hut Geschäft wirklich so gut.“

Der Mann wurde immer nervöser, ich bemerkte wie die ersten Schweißtropfen von der Stirn sein rundes Gesicht entlang liefen. Pedro blieb noch genauso still stehen wie vorerst und verfolgte das Geschehen verdutzt dreinblickend.

„Ich handle zusätzlich noch an der Londoner Börse, in meinen Besitz befinden sich zahlreiche Aktien von prosperierenden und namhaften Unternehmen, aber ich weiß wirklich nicht was das mit meinem Neffen zu tun hat.“ Holmes ließ sich nicht aus der Ruhe bringen:

„Die Börse, es heißt ja du brauchst Geld um Geld zu machen. Wie haben Sie das geschafft, aus armen Hause stammend?“

  Nun wurde Ludwig Kurfner vollkommen wütend. Seine Miene verkrampfte sich, die Augen wurden  zu schmalen Schlitzen, die Wangen traten hervor, der Mund schob sich zusammen und die Mundwinkel zuckten sporadisch.

„Ich habe“ brachte er seine Wut nicht mehr versteckend hervor „mit extrem riskanten Spekulationen viel Geld gemacht, es war sehr viel Glück. Nun genieße ich die Früchte davon und investiere sehr konservativ.“

Mit einen m Rümpfen der Nase zeigte Holmes seine Verachtung und stieß amüsiert und überlegen. „Pah“. Sie und Ihr Partner --- Frank Taylor. Sie beide haben im Jahre 1868 eine Serie von Banküberfällen begangen- bis ‚Knuckelhead’ umkam.“

Kurfners Finger zitterten – auch sein Gehilfe Pedro zeigte sich nun in höchstem Maße beunruhigt.

„Sie beschlossen, daraufhin, mit dem Rauben aufzuhören, da Sie nun die gesamte Beute alleine besaßen, hatten sie genug Startkapital für ein bürgerliches Leben auf großem Fuß.“

Mit seiner arrogant süffisanten Art provozierte Holmes den bereits vor Wut Kochenden noch mehr. Dieser versuchte sich zu beruhigen und meinte bemüht gelassen:

„Diese kühnen Anschuldigungen entbehren ja sämtlicher Grundlage. Entweder sie kaufen jetzt einen Hut, wie sie gesagt haben, oder, und das wäre mir noch lieber sie verlassen mein Geschäft auf der Stelle.“ Holmes fuhr aber fort:

„Da die Überfälle meisterhaft durchgeführt wurden, war es Scotland Yard unmöglich, sie zu erwischen. Ein fast perfektes Verbrechen. Was sie aber lange Zeit nicht bedacht, wahrscheinlich gar nicht gewusst haben war, dass ihr Partner einen kleinen Jungen zurückgelassen hatte, Dylan Taylor.“ Kurfner machte große Augen.

„Dieser ausgesprochen höfliche junge Mann, hat mich besucht und ihm verdanke ich unter anderem dieses Foto, dass eindeutig Ihre Bekanntschaft mit seinem Vater illustriert. Holmes griff in seine Manteltasche. Als Kurfner das bemerkte so fasste auch er in seine Hosentasche und zog einen Revolver hervor. Holmes jedoch brachte besagtes Foto zum Vorschein.

„Seit dem haben Sie sich zwar etwas verändert, aber dennoch belegt, das Bild eindeutig Ihre Bekanntschaft, zusammen mit den weiteren Beweisen und den Aussagen, des Dylan Taylor,....“

„So jetzt ist aber Schluss Mr. Holmes sehen sie was ich hier in meiner Hand halte. Pedro zieh auch deine Waffe.“

Der Gehilfe folgte.

„Ich weiß leider nicht ob sie irgendwelche schlüssigen Beweise haben, aber das Risiko kann ich gar nicht eingehen.“ sagte Kurfner.

„Ich bin ja noch gar nicht fertig. Durch Dylan hat dann Ihr Neffe Jakob die Wahrheit erfahren. Gemeinsam fühlten Sie sich stark genug um sie zu erpressen. Deswegen musste Ihr Neffe sterben, damit er die Wahrheit ins Grab mitnimmt.“

„Das gleiche werden Sie beide in Kürze tun. Nur damit das klar ist, ich wollte es nicht tun, ihn nicht umbringen, ich kenne ihn von kleinauf und habe meinen Neffen geliebt. Er aber wollte nicht vernünftig werden, ich habe ihm gedroht, jedoch es half nichts. Eigentlich war es ein furchtbarer Unfall, und ich werde mein Leben lang daran zu grübeln haben, auch wegen meinen bemitleidenswerten Bruder.“

Erstaunlich gelassen und nahezu oberschullehrerhaft besserwisserisch meinte Holmes darauf:

Ein Verbrechen muss durch ein Verbrechen vertuscht werden. - Seneca .

  Kurfner schnaubte, sein massiger Bauch wogte hin und her. Seine Revolverhand zuckte und zitterte. Um ein derartig erfolgreicher Bankräuber und ein so kühler Stratege zu sein, musste er ein Mann mit Nerven wie Drahtseilen sein. Der ehrlich verspürte Kummer über den Mord an seinem Neffen und vor allem die Überraschung, noch vor zehn Minuten hatte er gedacht, seine Probleme erledigt zu haben, und die gewiefte Art wie es Holmes verstand Menschen zu provozieren, brachten ihn völlig aus den Takt und er verlor seine Gelassenheit. Holmes fuhr fort, immer noch nahezu in die Mündung des Revolvers blickend.

„Das Glück ist nur, dass der junge Dylan seinen Häscher entkommen konnte. Er wird dafür sorgen, dass Gerechtigkeit siegen wird.“

Das schlug ein wie eine Bombe. Kurfner drehte sich nach links zu seinem Kompanion:

“Du Stümper, sagenhafter, du hast gesagt, du hättest ihn beseitigt.“

Als Holmes dies bemerkte, stieß er eine gellenden Pfiff hervor und machte einen Satz nach rechts. Bevor ich mich versah, war der Raum voller Polizeibeamten, gekommen sowohl von der Eingangstür, als auch aus dem Nebenraum. Die Verbrecher wurden blitzschnell überwältigt. Allen voran war Detective Gregson. Er half Holmes vom Boden auf und sagte:

“Sherlock Holmes, ich muss mich wirklich entschuldigen bei Ihnen. Sie behielten wieder einmal Recht, ich habe alles mitangehört. Durch Ihre Arbeit konnte nicht nur Scotland Yard einer möglichen Blamage entgehen, nein Sie haben vor allem einen Unschuldigen vorm Galgen gerettet, das gesamte Königreich schuldete Ihnen Dank. Mein Freund genoss diese Worte. Als wir nachdem alles gelaufen war im Landauer Taxi saßen, wir ließen uns die angenehme Aufgabe nicht entgehen die frohe Kunde der liebreizenden Misses Michaela Morrissey persönlich zu übermitteln, fragte ich meinen Freund leicht verärgert:

„Holmes, wieso müssen Sie das immer wieder tun. Wieso haben Sie mir nicht gesagt, dass Gregson mit seinen Männern draußen wartet. Ich war bereits sehr besorgt, und sie wissen ich kann etwas vertragen ich war in Afghanistan. Vertrauen Sie mir nicht?“

„Nichts lege mir ferner. Ich vertraue Ihnen voll und Ganz mein Freund, und zwar nur Ihnen Sie sind der Einzige, dem ich alles über meine Fälle erzähle. Aber verstehen Sie denn nicht, hätte ich es Ihnen gesagt, wären Ihre Reaktionen vielleicht nicht authentisch gewesen, und unser Gegner, ein hoch intelligenter Mann, hätte Verdacht geschöpft.“

Ich ließ es dabei bewenden, da ich dergleichen immer als Antwort erhalte. Natürlich wusste ich, dass es nur die halbe Wahrheit war, mein Freund liebt einfach den Show-Effekt, es verschafft ihm Befriedigung andere in Erstaunen zu versetzen. Fortan richtete ich meine Gedanken auf unsere brave, tapfere Klientin, ihren unschuldigen Vater und auch an meine geliebte Gattin im fernen Leeds.

 

Kapitel 4: Die Wahrheit kommt ans Licht

  Es war noch am Abend des folgenden im Hause Morrissey. Detective Gregson hatte schon zur Freude aller Anwesenden den unschuldigen Holger Kurfner nach Hause gebracht, Holmes und ich waren zum Abendessen eingeladen. Mittlerweile waren bedrohlich schwarze Gewitterwolken über der Londoner Stadt aufgezogen, aus welchen zuerst nur sporadisch und danach in periodischen Abständen, für jeweils eine Sekunde alle Häuser, Straßen und Gassen in ein gleißend Helles, alles umfassendes und alles bestrahlendes, Licht tauchende, Blitzstrahlen zuckten.

Die schöne und diesmal für alle Londoner äußerst befreiende Nebenwirkung des Unwetters war der Regen. Er floss in Strömen vom Himmel, In den Straßen bildeten sich bereits Pfützen, die die vom Blitz erhellte Stadt in wunderschöne Weise widerspiegelten. Ähnlich kurios und vage war auch die Stimmung im Hause.

  „Mr. Holmes. Sie haben schon so viel für uns getan. Es würde mich dennoch sehr freuen, wenn Sie uns alle in Ihr Geheimnis einweihen. Wie es ist Ihnen gelungen, die Wahrheit aufzudecken? Wie kamen Sei überhaupt darauf, dass es unser Onkel war? Vor allem was ist eigentlich genau passiert?“, fragte die Frau des Hauses

  Holmes sah zu mir und sagte:

„Watson, Sie werden sich wohl erinnern, bereits zu Beginn kam es mir sehr komisch vor, dass Herr Kurfner“

er deutete mit der Hand auf dem Mann, der nun in Freiheit bei uns am Tisch saß.

  “Nach begangenem Mord, die Tatwaffe, die jeder als ihm gehörend identifizieren konnte, stümperhaft im eigenen Schlafzimmer versteckt und danach erst wieder wegläuft, wieso sollte er sie nicht unterwegs irgendwo verstauen? Die einzig logische Folgerung daraus ist, jemand wollte, dass die Waffe gefunden wird, folglich wollte er auch, dass es so aussieht als ob der Vater seinen eigenen Sohn damit erschossen hatte. Genauso steht es mit dem Rosenkranz und der Bibel. Weshalb hatte er sie nicht wieder entfernt. Wenn es ihm aber egal gewesen wäre, ob sie gefunden werden und folglich auf ihn hindeuten, dann hätte er sich ja gleich den Behörden stellen können. Jetzt hatte ich schon bevor ich den Tatort betreten habe, ja schon bevor ich überhaupt mit Misses Morrissey wirklich gesprochen habe, zwei Indizien, die eindeutig darauf hinwiesen, dass irgendjemand Holger Kurfner als Täter hinstellen wollte, vermutlich der Mörder selbst. Das alles war mir ziemlich klar nach der Lektüre des Zeitungsartikels, nicht mehr, nicht weniger. Erfreut war ich dann, als ich hörte, dass der Hausherr, obwohl er in einer ärmlichen Gegend wohnt ein ungemein reinlicher Mann ist. Mir selbst hat er versichert, als ich ihm im Gefängnis befragte, jeden Morgen aufs gründlichste sauber zu machen, so tat er es auch am Morgen des Mordes. Wie gehofft wurden ich und mein Partner in der Parkerstreet dann auch fündig. Nicht nur, dass wir Zigarrenasche fanden, die vermutlich der Mörder hinterlassen hatte, auch entdeckte ich, mit freien Auge kaum wahrnehmbar, Spuren von roten Sandkörnchen, welche jemand mit den Schuhen hinterlassen hatte. Da niemand der anwesenden Raucher ist und da sich auch auf niemandes Schuhe besagte Körnchen feststellen ließen, muss es eine zusätzliche Person im Wohnraum gegeben haben.. Mit der Asche und dem roten Staub konnte ich auch bereits seine Schritte und somit die Körpergröße des gesuchten überschlagsmäßig bestimmen. Jetzt hätte ich beinah ein Indiz für einen weiteren Mann im Raum ausgelassen. Die Frage ist wie kommt der Mörder ins Haus Die Zeugin meldet, die Türe wäre unverschlossen gewesen, aber laut Gregson fand man beim Heimkehrenden Herrn Kurfner einen Schlüssel in der Manteltasche. Auch entdeckte ich in der rechten Wandnische eine Metallstange heraushängen auf der ein Schlüssel hing. Es wäre schon ziemlich seltsam, würde der Beschuldigte, egal wie panisch er war, den Haustürschlüssel von seinem Platz nehmen und dann beim Verlassen die Tür unverschlossen lassen. Er hat es mir auch erzählt er hat abgesperrt zur Sicherheit, obwohl sein, wohlgemerkt noch quicklebendiger Sohn im Haus war. Der nächste Meilenstein in den Ermittlungen war die mehr oder weniger zufällige Entdeckung des geheimen Raumes, hier hatte sich die Person den Spuren nach zu urteilen alleine aufgehalten, entsprechend der hinterlassenen Menge an Asche ungefähr eine Stunde. Von hier stammen auch die Waffe und die Insiquien.

  Als wir dann die Parkerstreet verließen wusste ich, nur durch logisches Schließen aus den für jedes Auge ersichtlichen Beweisen und aus den Aussagen meiner Klientin im Grunde wie das Verbrechen abgelaufen ist. Was ich noch nicht kannte war der Name und die Identität des Mörders. Mein nächster Schritt war der Besuch des Pubs ‚Bull's Corner’, Dr. Watson mag ihnen die Begebenheit, bei Gelegenheit erzählen und zwar weit spannender als ich es könnte. Meine Bekanntschaft Pinky, ein weiterer Intimus Jakobs, versicherte mir, dass es keinerlei Streit in seinem Freundes- und Bekanntenkreis gab. Somit wurde mein Verdacht, dass es sich bei dem Unbekannten um eine Person, im Umfeld des Hause Kurfners handle, da sie einen Schlüssel besaß und den Abstellraum vermutlich kannte, nur erhärtet. Der darauffolgende Besuch bei Jakobs Freund Dylan, zeigte mir wiederum, dass Dylan vermutlich etwas mit der Sache zu tun hatte, da er verschwunden war, und mir dieser Mann, Pedro wie sich später herausstellte, begegnet ist. Pedro hatte das Zimmer von Jakobs Freund durchsucht haben, dies musste einfach etwas mit dem Mord im Hause Kurfner zu tun haben.“

  „Entschuldigen Sie bitte Mr. Holmes“ meldete sich Steven Patrick Morrissey zu Wort. „Wie konnten Sie wissen, dass dieses Ereignis, also die Flucht Dylans mit dem Mord an meinem Schwager zu tun hat. Der Ausreißer hatte eine bewegte Vergangenheit und lebt auch jetzt noch in einem, nun ja, leicht zwielichtigen Umfeld. Wäre es nicht möglich, dass er vor einer ganz anderen Sache davonlief.“

  „Das kann einfach kein Zufall sein. Wenn der erste Freund umgebracht wird, und der andere am nächsten spurlos verschwindet, ja es wird sogar sein Raum durchsucht, dann muss es hier einen Kausalzusammenhang geben.“

  „Es ist möglich“, wollte ich unserem Gastgeber zu Hilfe kommen.

  „Nein! Es ist wahrscheinlich“, konterte Holmes. Wir gaben uns geschlagen und er setzte fort.

  „Als nächstes suchte ich das Londoner Archiv auf. Ich wollte mehr über diesen Dylan in Erfahrung bringen. Von seiner Vermieterin erfuhr ich seinen Nachnamen und sein Alter. Ich wollte überprüfen ob, die Aussage bezüglich seines Vaters, gegenüber Misses Morrissey hat er erwähnt sein Vater sei bei einem Banküberfall gestorben, der Wahrheit entspricht. Da ich nun den ungefähren Zeitpunkt wusste, an dem ich zu suchen hatte, wurde ich schnell fündig. Taylor oder ‚Knucklehead’ war tatsächlich Teil eines Bankräuber Duos, und machte dann seinen Namen alle Ehre, als er sich  erschießen ließ. Der Überlebende floh und hatte fortan die ganze Beute für sich. Er konnte nie gefasst werden. Dylan Taylor hatte von seinem Vater sicher die Identität des Zweiten erfahren. Da er aber zuerst zu klein und ängstlich war und später selbst ein Bandenmitglied geworden ist, also keinesfalls etwas mit den Offiziellen zu tun haben wollte, hat geschwiegen. Was liege da näher als eine Erpressung zu suchen. Der nächste Schritt war die Tennisvereine aufzusuchen, welche einen Sandplatz anbieten. Am Festland wäre dies eine Sissyphusarbeit gewesen, aber hier bei uns auf der Insel bevorzugt man ja den grünen Grasplatz.“

  „Holmes, woher wussten Sie, dass er in einem Verein spielt“, fragte ich.

 „Ich wusste es nicht, aber es war einen Versuch wert, da die Asche einer Royal Virgin auf einen wohlhabenden Menschen hindeutete und die sind oft in Vereinen oder Countryclubs organisiert.“

  „Bei einem Countryclub fand ich tatsächlich einen Namen den ich kannte. Ludwig Kurfner, war Mitglied und hat am entsprechenden Tag bis 13:00 Uhr am Sandplatz gespielt. Obwohl, ich mir meines Verdachtes schon ziemlich sicher war, stellten meine Entdeckung noch bei weitem kein Beweis dar. Ich suchte also meinen Freund Lui auf, für ein kleines Trinkgeld besorgte er mir die Informationen die ich benötigte. Das erste mal, dass Kurfner an der Börse aktiv wurde war 1869, das selbe Jahr indem sein Hutgeschäft gegründet wurde und ein halbes Jahr nach dem letzten Banküberfall des Duos. Er wurde gleich mit einem großen Startkapital aktiv, dass er zugegebenermaßen mittlerweile bereits vervierfacht hatte. Mein letzter Weg führte mich noch ins Gefängnis zu Ihnen, Herr Kurfner. Sie bestätigten mir die Statur Ihres Bruders und, dass sowohl die Waffe als auch das religiöse Zubehör im Wandsaal waren.

Um dies alles zu beweisen fehlte noch etwas Zwingedes, dies war in Ermangelung an Augenzeugen des Verbrechens. Dylan Taylor der, so schloss ich, und bekam es dann auch bestätigt, gemeinsam mit seinem Freund den Ex-Partner seines Vaters erpresste. Dies war auch der Grund, liebe Misses Morrissey wieso ihr werter Bruder keine Arbeit wollte und wieso ihm trotzdem gewisse Mittel zur Verfügung standen. Sie hielten ihre Unternehmung geheim, nichteinmal im ‚Bull's Corner’ wusste man Genaues. Es war einfach zu erraten, dass er geflohen ist, nachdem er die Zeitung gelesen hatte. Ein weiser Entschluss wie sich herausgestellt hatte. Als meine Straßenarmee ihn schlussendlich fand war mein Fall perfekt. Um ganz sicher zu sein, dass der Mörder seiner Strafe zugeführt wird ließ ich ihm diese Falle aufstellen.

 Vermutlich interessiert Sie noch mehr, was genau geschehen ist in diesen schweren Stunden. Der Mörder kam mit seinen eigenen Schlüssel ins Haus, er hatte gehofft, Jakob Kurfner alleine zu erwischen, da er für gewöhnlich um diese Zeit zu Hause ist. Vermutlich wollte er ihn überraschen und etwas einschüchtern. Ihr Onkel, der von irgendwoher einen Schlüssel besaß, betrat aber zuerst eine leere Wohnung, er beschließt auf den Erpresser zu warten, geht dabei im Wohnzimmer umher und hinterlässt dabei wichtige Spuren. Als er urplötzlich durch das Fenster schauend seinen Bruder erblickt, gerät er in Panik. Was soll er nun tun? Wie soll er seinen Aufenthalt in einem leeren Haus erklären? Sein Bruder weiß nichts von seinem Schlüssel. Zum Weglaufen ist es zu spät, der Hausherr kommt bereits die Treppe hinauf. Er versperrt also die Wohnung von innen und beschließt sich in den Geheimraum zu verstecken. Hier wird so schnell wohl niemand hineinschauen. Vielleicht böte sich bald eine Fluchtmöglichkeit und er könnte das Weite suchen oder er wollte sich vielleicht auch nur eine weitere Ausrede einfallen lassen. In diesem Holzraum findet er auch den Revolver sowie den alten Rosenkranz und die Bibel 

  „Ja in dem Raum haben wir alle Sachen aus der alten Heimat verstaut, die wir nicht mehr benützen aber dennoch als Erinnerungsstücke behalten wollen. Es ist unsere geheime Identität. Wir betreten die Kammer kaum.“, sagte der Vater Holger Kurfner

 „Also nun sind Sie nach Hause gekommen Herr Kurfner. Es kam zum Streit mit Ihrem Sohn. Der Onkel im Wandraum hört alles mit. Vielleicht erkennt er jetzt schon welch einzigartige Möglichkeit ihm das Schicksal bieten könnte um seinr Probleme zu lösen.

Schließlich verlassen Sie die Wohnung. Was dann geschah lässt sich ohne Ludwig Kurfners Aussage nicht mit Sicherheit sagen. Vielleicht hat er seine Chance gewittert und die Freveltat sofort begangen. Ich bin eher dazu geneigt zu glauben dass er die Waffe nur zur Drohung vorgesehen hatte. Er überraschte seinen Neffen. und dieser ließ sich, da er ja schon erregt war, allzugern provozieren. Schlussendlich erschießt dann Ludwig Kurfner seinen Neffen.

 Die Waffe verstaut er dort, wo sie ja gefunden wird. Auch bringt er die Gegenstände an, die auf Holger Kurfner hinweisen. Als er dann hinauseilt, lässt er die Türe offen. Es könnte so sein, dass jemand die Leiche noch vor dem Hausherrn entdeckt, was auch geschah. Ansonsten würde eine offene Tür auch einen Einbrecher oder einen Freund Jakobs, dem dieser dann geöffnet hat, als Täter nahe legen. Jetzt steht er aber vor einem Problem einer seiner Erpresser ist tot, der andere läuft noch frei herum. Aber das ist eine Gefahr für ihn. Hätte er die Aktion im Vorhinein geplant, so würde er beide gleichzeitig unschädlich gemacht haben. So muss er es im Nachhinein erledigen. Da er sich nicht mehr selbst schmutzig machen will, schickt er seinen hinkenden Gehilfen Pedro. Gott sei Dank konnte dieser seinen finsteren Auftrag nicht erfüllen.“

  Nach Holmes’ Bericht kehrte Stille am Tisch ein. Die Morrisseys und der Schwiegervater waren fassungslos über die finsteren Machenschaften, des Mannes der Ihnen einst so geholfen hatte. Erst langsam kam das Gespräch danach wieder in Gange. Ich begann mir bereits wieder Sorgen zu machen, wann der nächste Fall kommen wird und wie Holmes die Zeit dazwischen überbrücken würde. Hoffentlich kein Kokain mehr!

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.09.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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