Kapitel
1: Ein reizender Besuch
Wir saßen gerade im Büro und unterhielten uns über den
leidigen Fall, als die Haustürglocke läutete. Hoffnungsvoll blickten wir aus
dem Fenster und erspähten eine unglaublich bezaubernde junge Dame. Holmes rieb
sich die Hände:
„Ha, mein lieber Watson. Endlich ist Schluss mit dem
elenden Müßiggang, dieses süße Geschöpf benötigt unsere Fähigkeiten, das spüre
ich.“
Immer wieder wird es mich überraschen, wie sich seine
Stimmung im Bruchteil einer Sekunde um 180 Grad drehen kann. All das
Phlegmatische und die ganze Lethargie wichen einem tatkräftigen Optimismus. Mir
fiel ein Stein vom Herzen. Das Kokain war erst einmal kein Thema mehr.
Kurze Zeit später ging unsere Zimmertür auf und die
junge Dame trat ein, sie war absolut bezaubernd. Aufgrund meiner Bekanntschaft
mit Sherlock Holmes hatte ich das Vergnügen viele außerordentlich liebreizende
junge Damen kennenzulernen, etwa Irene Adler beim Fall ‚Ein Skandal in Böhmen’,
oder bei dem Abenteuer ‚Das Zeichen der Vier’ die anbetungswürdige Miss Mary
Morstan, deren ausgesprochen glücklicher Ehemann ich heute bin. Die junge Frau
mit ihren langen glatten blonden Haar, ihren himmelblauen Augen und
hervorstechenden dunklen Brauen, stand den anderen Schönen um nichts nach. Sie
trug ein luftiges hellblaues Kleid und eine weiße Perlenkette. Obwohl sie doch
sehr verzweifelt wirkte, ihre Augen und Nase waren noch geschwollen vom Weinen,
schimmerte doch ihre starke und tapfere Natur durch.
„Sind Sie Sherlock Holmes der berühmte
Meisterdetektiv?“
fragte sie aufgebracht und mit schweren deutschem
Akzent
„Zumindest sagt man so, meine Dame. Zu meiner Rechten
steht übrigens Dr. John Watson mein treuer Partner und Chronist.Was können wir
für Sie tun? --- Bitte setzen Sie sich doch zuerst einmal“
, sagte Holmes, bot ihr einen Stuhl an und setzte sich
anschließend selbst ihr gegenüber in seinen Armsessel hinter dem eleganten
hölzernen Sekretär.
„Mr. Holmes ich heiße Michaela Morrissey“ brachte sie
das Schluchzen unterdrückend in ihrem bezaubernd exotischen Englisch hervor
„Holger Kurfner ist mein Vater, Sie haben sicher in der Zeitung schon davon
gelesen.“
„So leid es mir tut, aber das habe ich nicht. Geht es
um die heutige Ausgabe?“,fragte mein Partner.
„Ja er wurde gestern noch festgenommen - ---dabei ist
er doch unschuldig!“
„Was wird ihm vorgeworfen“ fragte Holmes einfühlsam.
„Er soll meinen Bruder getötet haben --- Jakob, -- er ist tot---es ist so
schrecklich“.
Daraufhin brach das junge Geschöpf in Tränen aus und
sank im Stuhl zusammen, sie bekam einen Schwächeanfall. Holmes und ich eilten
sofort zu ihr. Während ich ein Glas Wasser holte, der Leidenden ein leichtes
Beruhigungsmittel verabreichte und sie zum hinlegen bewog, meinte mein Partner:
“Das ganze muss Misses Morrissey wohl sehr mitgenommen
haben. Es wäre wohl das beste sie sich erstmal etwas erholen zu lassen. Watson
– Bitte bringen Sie mir die heutige Zeitung und suchen Sie am besten gleich den
Artikel über“ und zur jungen Dame gewandt „..... Jakob Kurfner? - - ist das der
Name ihres Bruders?“ Sie nickte. „Also dann Watson“.
Der gewünschte Artikel war schnell gefunden, er lautet
folgendermaßen:
Wieder ein blutiger Mord im Armenviertel:
Der Deutsche Vater
gilt als dringend Tatverdächtig
Gestern Abend um 17:20 wurde der 19 Jährige Deutsche Einwanderer Jakob K. in seiner Wohnung in der Pakerstreet tot aufgefunden. Als Todesursache wurde ein Einschuss ins Herz festgestellt. Eine Nachbarin Miss Parker, hatte einen Streit zwischen dem Jungen und seinem Vater vernommen und anschließend einen Schuss gehört. Darauf alarmierte sie die Polizei. Der äußerst talentierte Detektive Tobias Gregson von Scotland Yard kümmert sich persönlich um den Fall. Was dem schrecklichen Ereignis zusätzliche Brisanz verleiht: In beiden Händen des Leichnams fand man religiöse Insignien, einen Rosenkranz und eine alte deutsche Ausgabe der Bibel.
„Hm Watson was halten Sie von dem Ganzen?“
fragte mich Holmes, als wir den Artikel fertig gelesen hatten.
„Es tut mir zwar sehr leid für die junge Dame. Aber es scheint mir wohl
doch diesmal ziemlich eindeutig. Es ist nur zu verständlich, dass niemand
seinen Vater einen Mord zutraut, aber die nüchternen Beweise sprechen doch eine
ganz eindeutige Sprache“
„Kommt Ihnen denn nicht eine Menge ziemlich komisch vor?“
„Ich wüsste nicht was, alles scheint eindeutig!“
„Tat tat Watson. Es wäre wohl ein unglaublich dummer Mord gewesen.
Wieso hätte zB seine Waffe im eigenen Haus verstecken und dann erst wieder
hinaus gehen sollen. Er hätte sie doch unterwegs verstauen können.“
„Nicht jeder kann so einen kühl berechnenden Verstand haben wie Sie.
Vermutlich geschah es im Effekt und der Vater gerät in Panik und begeht viele
Fehler, das ist doch eine sehr gute Möglichkeit“ ,
mein Partner setzte darauf ein nachdenkliches Gesicht auf
„Oder Holmes?“
fühlte ich mich genötigt nachzufragen, da ich spürte, dass er meinen
Schlüssen zu Folgen durchaus nicht gewillt war.
„Sie haben recht, lassen wir das, wir brauchen erst mehr Fakten.
Glauben Sie die junge Dame ist für ein Gespräch fit genug“.
„Ja mir geht’s schon wieder gut“,
kam es vom Sofa hinten. Bitte fragen Sie mich was Sie wissen wollen,
mein Vater hat mich noch bevor er verhaftet wurde vollends eingeweiht“.
Sie wollte aufstehen aber Holmes deutete ihr liegen zu bleiben nahm
sich einen Stuhl, stellte ihn ans Kopfende der Couch und sagte mit beruhigenden
Ton in der Stimme:
„Erzählen Sie mir alles, das irgendwie wichtig sein könnte, vor allem
über das Verhältnis zwischen Ihrem Bruder und Ihrem Vater.Es sind zumeist die
kleinen Details, die mir bei meinen Fällen am meisten helfen. Fangen Sie aber
ganz von vorn an und erzählen Sie von der Familie Kurfner“
„Das konnte meinen Vater zur Weißglut bringen. Sie müssen wissen Mr.
Holmes aufgrund seiner religiösen Einstellung ist für ihn die sinnvolle Arbeit
das wichtigste in einem guten Leben. Er hat uns als Kinder immer erzählt, dass
nur die schwere Arbeit dem Leben Sinn zu geben im Stande wäre. Seit dem Tod von
Mutter, also nachdem er seine Krise überwunden hatte wurde er noch radikaler in
seinen Einstellungen. Er war immer streng zu uns Kinder gewesen. Dennoch war er
ein sehr guter Vater. hinter seiner rauhen Schale wollte er nur das beste für
uns Kinder. Um uns durchzubringen hatte mein Vater auch oft zu Hause
Schreinerarbeiten nach Feierabend privat erledigt. Hatte er einmal nichts zu
tun, so fand er irgend etwas. Jakob, hatte dann immer gespottet: deine Religion
ist doch die Arbeit. Er wollte ein ganz anderes Leben führen, was Vater
natürlich entsetzte. Vor zwei Jahren, war ich glücklich meinen braven Ehemann
Steven Patrick zu finden, und dem angespannten Klima zu entfliehen.“
„Was war das für eine Person dieser Dylan können Sie das etwas genauer
ausführen bitte“
fuhr das schöne Geschöpf fort.
“Ein Rumtreiber und dennoch trug er immer sehr ordentliche Kleidung er
wirkte sehr gepflegt und kam mir fast wie ein Dandy vor und hatte seine
schwarzen Haare immer zu einem Mittelscheitel frisiert, ich erinnere mich wie
sein Kopf immer von der ganzen Pomade glänzte. Dylan ist so 1,80 groß und ca.
so alt wie Jakob, soweit ich weiß, seinen Nachnamen kenne ich nicht. Bei einem
Besuch der beiden erzählte er einmal von seiner Vergangenheit. Die Knaben-Zeit
verbrachte er im Waisenhaus, sein Vater, so sagte er zumindest sei bei einem
Banküberfall ums Leben gekommen. Ob das wahr ist kann ich nicht beurteilen.
Nach dem Waisenhaus, ist er der Nickel-Bande beigetreten und sein Alltag
bestand aus Verbrechen und Gaunereien. Dann wurde es ihm zuviel, so erzählte
er, und er sei ausgestiegen. Als ich mein Wissen dann Vater erzählte, sah er
seine Befürchtungen bestätigt. Er glaubte nämlich, dass Jakob und sein neuer
Freund ihr Leben mit Gaunereien oder ähnlich illegalen Tricks finanzierten und
fürchtete sich schon auf den Tag an dem die Polizei vor der Tür stehen würde.
fragte ich sie so behutsam und mitfühlend ich es herausbrachte.
sagte Holmes in gemächlichen Ton.
„Im großen und ganzen ging es nun so weiter. Die beiden, also Jakob und
Dylan, betranken sich oft und verbrachten viel Zeit in ihrer Stammkneipe“
„Welche ist das?“, fragte Holmes
„Sie heißt Bull’s Corner und liegt am Hannover Square, eine armselige
Spelunke. Ich war noch nie drinnen, aber es heißt, dass hauptsächlich Diebe und
Halunken dort verkehren, aber auch Anarchisten, Freimaurer und Sozialisten und
was es da sonst noch so gibt. Hier konnten sie ungestraft ihre Pläne und Visionen
besprechen und über Staat und Kirche schimpfen. Die heftigen Streits zwischen
Jakob und unserem Vater häuften sich, es kam aber meist wieder zur Versöhnung.
Soweit die Dinge, dann kam dieser furchtbare Vorfall. Mein Vater, das müssen
Sie wissen, hat fest daran geglaubt noch einen redlichen Menschen aus Jakob zu
machen und den verlorenen Sohn zurückzuholen. Er hätte ihn niemals etwas antun
können.“
Sie nahm einen Schluck vom Wasserglas, das neben ihr auf einem Kästchen
stand.
Darauf schluchzte Misses Michaela Morrissey abermals und setzte nach
ein paar Sekunden Pause wieder fort:“
„Ja genau vielen Dank Misses Morrissey, Fahren Sie bitte fort mit Ihrer
wahrhaftig außerordentlichen Geschichte.“
„So, er beendete also die Arbeit früher. In der Zeitung steht, er wurde
von jemanden über Jakob angesprochen. Hatte er mit Ihnen darüber geredet.“
„Ja er hat mir alles erzählt, damit ich es Ihnen sagen kann. Er ist
sehr an der Aufklärung interessiert nicht nur um seine Unschuld zu beweisen,
sondern auch, dass der wirkliche Mörder seine Bestrafung zugeführt wird. Es war
Pater Moore, derjenige also mit dem sich mein Vater des Öfteren über seine
Probleme mit Jakob unterhalten hatte. Er erzählte ihm was dieser Sonntags Nacht
getrieben hatte. Jakob sei unter einer Horde Vandalen gewesen, die in der Nacht
ins Kirchengebäude eingebrochen sind und es verunstaltet haben. Sie hätten die
Wände vollgekritzelt und auch noch Ärgeres angestellt. Als sie der Priester
vertieben hat, hätte er auch Jakob gesehen, da er aber ein guter Mensch ist
ließ er von einer Anzeige ab.“
Die junge Miss Michaela Morrissey setzte sich anschließend auf und
sagte „Ah besser so!“ und „So ungefähr gegen dreiviertel fünf kam Vatar dann
nach Hause. Ziemlich wütend wartet er auf seinen Sohn. Dieser kommt dann schon
kurz nach fünf Uhr. Vater konfrontiert ihn mit dem was er weiß und
schlussendlich meint Jakob er werde wohl nicht lange in der Buchhaltung
bleiben. Der Streit wird immer heftiger und lauter, bis es mein Vater nicht
mehr aushält und, wie er mir selbst schon gestanden hat, um keine Dummheit zu
begehen das Haus verlässt, weg rennt und Trost beim Herrn in der Kirche zu
suchen. Als er zurückkommt sieht er die Polizei in seiner Wohnung. Den
traurigen Rest kennen Sie. Bitte Mr. Holmes finden Sie den wahren Täter und
glauben Sie mir mein Vater war es sicher nicht, dafür lege ich meine Hand ins
Feuer.“
„Holm..“ wollte ich ihn ansprechen.
„Psst Watson ich versuche nachzudenken“ kam es zurück, aber dann
„Misses Morrissey, verbrachte Ihr Bruder für gewöhnlich die Nachmittage
in der Parkerstreet.“
„Ja er bleibt oft den ganzen Tag zu Hause, wenn mein Vater dann heim
kommt, verschwindet er dann zumeist und schlägt sich die Nacht um die Ohren.“
„Und wer wusste von der neuen Arbeit noch“
„Hmm also mein Mann und ich und der alte O’Reilly, wir wollten noch
nichts verschreien.“ gab die Klientin als Antwort.
„Also was ist ihre Meinung respektive die ihres werten Vaters, wer
könnte es getan haben, wer hatte ein Motiv. Wenn man den Zeitungsartikel
glauben schenken kann gibt es ja für Einbruch keine Hinweise. Gab es
Wertgegenstände in der Wohnung? Hatte ihr Bruder irgendwelche Feinde?“
stieß Holmes hervor während er im Zimmer hin und her streifte. Danach
ergriff er mit seiner linken Hand den rechten Ellbogen und berührte mit seinem
rechten Zeigefinger die Wange, eine Geste die ihn nachdenklich und bestimmt
erscheinen ließ.
sie die bis jetzt immer nur mit Holmes gesprochen hatte schaute mich
nun dezidiert an.
„Seit er diesen Jungen kennt ist unser Jakob noch viel seltsamer
geworden. Vater sagte auch noch, das habe ich zuvor vergessen, dass er den
Eindruck hat die beiden führen etwas gemeinsam im Schilde, irgendetwas
Kriminelles vermutlich. Das würde auch erklären, woher sie das Geld für ihre
Kleidung und die ständigen Nächte im Pub haben, wir können es uns wie gesagt
nicht vorstellen woher es sonst kommen sollte. Vielleicht kam es auch zum
Streit zwischen den beiden und....“
„Aha und wo finde ich diesen Dylan.“ fragte Holmes.
„Versuchen sie es doch in der Bar im ‚Bull's Corner’ Mr Holmes“.
„Ja, das habe ich vergessen“,
antwortete sie und kramte darauf in ihrer Handtasche einen staubigen Schlüssel
hervor
„Hier haben Sie Mr. Holmes, ich glaube aber die Polizei ist noch
drinnen.“
„Umso besser, ich möchte Detective Gregson sowieso einige Fragen
stellen. Er wird uns schon behilflich sein, denn er ist mir noch den einen oder
anderen Gefallen schuldig.“
Holmes lächelte, denn er wusste, dass der gute Ruf, der sogenannten
großen Detektive der Polizei von Fällen herrührt, die in Wirklichkeit er gelöst
hatte.
„Soweit ich weiß existieren nur drei Schlüssel einen habe ich, einen
der Vater und einen Jakob. Genau weiß ich es nicht.“ kam ihre Antwort.
„Und wie sieht es aus mit ihren
Onkel Ludwig, oder Dylan“, bohrte ich nach.
„Also bei Onkel Ludwig glaube
ich es nicht, zumindest weiß ich von keinem, das muss aber nichts heißen. Bei
Dylan jedoch bin ich mir sicher, dass mein Vater dies auf gar keinen Fall
zugelassen hätte. Vielleicht hat ihn Jakob nachmachen lassen.
„Ist es nicht wunderbar mein treuer Freund Watson, endlich wieder etwas
zu tun. Es ist sehr gut möglich, dass dies ein Glanzstück in Ihrer Sammlung
unserer gemeinsamer Abenteuer wird.“
Kurz darauf wurde Holmes Miene ernster und er verfiel wieder in seine
nachdenkliche Stimmung. Ich wusste, dass nun jedes Detail der Erzählung unserer
Klientin genau abwegte.
„Sehen sie her Holmes, der Kopf, liegt der Türe zugewandt, Also ich
sehe, das so, der Vater erschießt Jakob, nachdem dieser hereingetreten war und
der Getroffene fällt nach hinten mit dem Kopf gen Ausgang“
„Exzellent Watson, aber das ist lediglich ein Indiz, ein eher schwaches
sogar, denn zwischen den beiden ist es vermutlich zuerst zum Streit gekommen
und dabei haben sich ihre Positionen geändert. Aber, dass der Mörder, zum
Tatzeitpunkt im Haus und zwar weiter entfernt von der Türe als der junge Herr
Kurfner es war, das scheint nun wahrscheinlich.“,
belehrte mich der
Meisterdetektiv. Da kam schon einer der
Polizisten auf uns zu:
Mit einen schnelle und ironischen Blick zeigte mir Holmes wie amüsant
er das fand, waren es doch Scotland Yard, die die meisten Spuren verwischten
und damit seine Arbeit erschwerten.
„ Hallo Junger Freund“ sagte er „Ich bin Sherlock Holmes und das ist
mein Partner Dr. John Watson, wir sind Privatdetektive und ermitteln für den
beschuldigten Herr Kurfner“
„Natürlich kenne ich Sie Mr. Holmes“, wurde der Polizist kleinlaut
„aber ich weiß trotzdem nicht ob ich Sie“
„Ist Detective Tobias Gregson vielleicht zugegen?“, fragte Holmes
leicht verärgert“ „Nein Sir, wir erwarten ihn jeden Moment zurück“,
„er hat sicher nichts gegen ein bißchen Hilfe, außerdem schuldet er mir
ja sowieso noch einiges.“
Holmes schob den unsicheren Polizisten einfach zur Seite und trat ein .
Wir standen als wir durch die Tür geschritten waren in einem größeren fast
quadratischen Raum. Ein großer Esstisch mit Stühlen und Bücherregale an den
Wänden verrieten, dass er als Wohn- und Esszimmer diente. Zu unserer Linken
befanden sich links und rechts vom Bücherregal zwei Türen, die wie sich später
herausstellte, zu einer Art Abstellraum samt Waschtrog und der Küche führten.
Die rechte Mauer des Raums war im Gegensatz zu den anderen aus Holz und wies
genau auf der Türseite eine Einbuchtung bzw. einen Vorsprung auf. So hatte man
eine Nische in der sich Haken für die Kleiderablage befanden. Von der
Hinterseite des Raums führten zwei Türen in die beiden Schlafzimmer.
„Tennis, Watson.“, sprach er mich schließlich an.
„Bitte – Holmes?“deutete ich
meine Verwirrung an.
„Sehen Sie mein Freund, hier und da diese winzigen roten Staubkörner.“
Er gab mir die Lupe und ich bemerkte erst die roten Körner, die man mit
freiem Auge kaum erkennen konnte:
„Hat unsere Klientin ihren Vater nicht als einen, trotz seines Umfelds,
sehr auf Reinlichkeit bedachten Menschen ausgegeben. Etwas komisch, dass soviel
Staub herumliegt. Das sind, wie Sie sehen rote Partikeln, diese werden bei
Tenns-Sand-Plätzen verwendet und bilden dort obere Schicht. Übrigends die
Asche, welche sie hier überall herumliegen sehen können, stammt von einer Royal
Virgin Zigarre, eine besonders exquisite und teure Marke.“
Holmes hatte schon in zahlreichen anderen Fällen die Gelegenheit,
Nutzen aus seiner großangelegten Tabak-Studie aus der Anfangszeit zu ziehen. Er
konnte jede hier erhältliche Zigarette und Zigarre anhand der Asche erkennen.
Nach dem wir ein im Weg stehendes Kästchens zur Seite schoben sahen
wir, dass sich in der Holzwand scheinbar eine für das flüchtige Auge verborgene
Tür verbag.
„Exzellent“
Holmes drückte dagegen, das
Holz gab nach, die Tür ging zur rechten
Seite auf, mehr sahen wir erst ein mal nicht, da es stockdunkel war. Holmes
zündete ein Streichholz an und zum Vorschein kam eine Art Rumpelkammer. Wir
bemerkten ein paar Schränke mit Kleidern und Stellagen. Der Rest des Raumes war
vollgepackt mit Kisten, gefüllt mit Kleidern, Fotographien sowie anderen
Plunder.
„Sehen Sie her Holmes“.
Wir sahen in einem kleinen Eckregal, neben ziemlich viel auf engsten
Raum gestauten Plunder auch zwei Schachteln mit Revolver Kugeln, rechts davon
war aber eine Fläche frei, als ob dort normalerweise die Pistole liegt.
„Exzellent Watson, gut gemacht mein alter Freund“
Nachdem er den ganzen Raum untersucht hatte und nichts mehr finden
konnte nahm er sich die anderen Zimmer vor, als er mit allem fertig war kam
auch schon Detektive Gregson herein.
Wir grüßten zurück.
„Was immer Sie hierher führen mag, dieses mal ist ihre werte Hilfe
nicht von Nöten. Der Schuldige sitzt schon hinter Schloss und Riegel, er wird
gerade von meinen fähigsten Männern verhört. Ich rechne jeden Moment mit einem
vollen Geständnis. Es war der Vater der seinen Sohn getötet hat.“
„Es ist natürlich immer noch möglich, dass es der Vater war, aber ich
habe da so meine Zweifel, ich verfolge eine andere Spur.“ sagte Holmes.
Verwundert zog Gregson die Brauen hoch:
„Andere Spur, welche andere Spur?“
„Nun ja ich habe da so meine eigenen Methoden wie Sie wissen“, meinte
Holmes süffisant. Der Inspector aber ließ sich nicht einschüchtern:
„Probieren Sie ruhig ihre Theorien und Methoden, ich aber prophezeie
Ihnen, dass es diesmal nichts nützen wird. In besonders kniffeligen und
rätselhaften Fällen mögen Sie uns von der altmodischen Polizei vielleicht
überlegen sein, aber das hier ist reine Routine.“
„Warten Sie einmal ich sage Ihnen kurz wie es abgelaufen ist“ forderte
Gregson Holmes auf „Also: Zwischen Vater und Sohn gab es oft Streit. Dies haben
uns jedenfalls viele Nachbarn bestätigt. Der Vater war also generell
enttäuscht. Dann wissen wir, dass der Vater als er heimkam vom Ortspfarrer eine
Nachricht erhielt, die seinen Zorn auf den Sohn neu entfachte. Mit dem alten
Herren geht der religiöse Eifer oder der verletzte Vaterstolz durch, er
erschießt sein einzigen männlichen Nachfahren. Was soll er nun tun. Er ist ganz
verwirrt. Das einzige, was ihm einfällt ist, seinem Sprößling
den Übergang zu erleichtern. Er holt die heilige Schrift und den Rosenkranz um
das Sterben zu erleichtern. Dann kommt er darauf, die Waffe zu verstecken. Es
fällt ihm nichts besseres ein als es in seinem Schlafzimmer notdürftig zu
verstauen. Die Panik ergreift ihn aber dann, er wird verzweifelt und fürchtet
sich davor, dass jemand den Schuss gehört hatte. Er gibt also Fersengeld und
verlässt den Tatort. Miss Parker die Nachbarin von rechts hat den Schuss
vernommen und als einzige gemerkt, obwohl sie das auch seltsam fand, dass er
aus der Wohnung der Kurfners stammte. Schießereien unter Bandenmitglieder gibt
es in diesem Viertel leider viele, deshalb fiel der Schuss hier auch nicht so
wahnsinnig auf. Die alte Miss Parker nahm also Ihren ganzen Mut zusammen und
ging nach ungefähr zehn Minuten Nachschauen. Laut Ihren Angaben war die
Wohnungstür unverschlossen. Sie war es die den Leichnam fand und dafür gesorgt
hatte, dass wir verständigt wurden. Dann kommt der Vater zurück, er hofft
vielleicht, dass der Schuss irgendeinem Gaunerduell zugerechnet wird und möchte
die Leiche verstauen oder sonstwie seine Spuren verwischen, doch als er
eintritt sieht er uns. Ziemlich eindeutig, dass müssen sie zugeben. Wir haben
ein klares Motiv, die Tatwaffe, die das Eigentum des Beschuldigten ist genauso
Bibel und Rosenkranz, die auch eine eindeutige Sprache sprechen und übrigens
ebenfalls dem Vater gehören. Das macht doch einen ziemlich klaren Fall.“
„Ich wage dennoch daran zu zweifeln. Außerdem hätte ich ein paar Fragen
an Sie. „
“Nun gut wer hat die Leiche zuerst gefunden?“ „Das war Constable
Spencer, da drüben.---- Spencer“
„Ja Sir“
„Kommen Sie einmal her Sherlock Holmes hier möchte Sie etwas fragen“.
Der junge Beamte war sichtlich aufgeregt mit dem berühmten Detektiv zu
sprechen. „Constable,“ sagte Holmes in versöhnlichen Ton „bitte nehmen Sie es
mir nicht übel, falls ich davor etwas rüde war. Nun gut bitte beschreiben Sie
mir was sie sahen, als sie die Leiche fanden.“
Spencer überlegte kurz und sagte dann: „Wissen Sie Mr. Holmes ich bin
ein großer Bewunderer Ihrer Methoden und ich fühle mich von Ihrer Arbeit sehr
inspiriert. Am besten wäre es, ich erzähle alles von Anfang an“,
Holmes deutete, dass er anfangen könne
„Also, ich patrollierte gerade fünf Blocks weiter in der Chapelstreet,
von wo ich natürlich keinen Schuss gehört haben kann. Da kommt diese alte Dame
erzählte mir von ihrem Leichenfund. Die genannte Wohnungstür stand weit offen
Tatsächlich fand ich den Toten. Er hatte eine Einschusswunde im Herz vermutlich
war er sofort tot. Waffe war keine in Sicht. Die Hände wiesen keine Schmauch-
oder Blutspuren und um das Herz herum war keine sogenannte Stanzmaske
vorhanden, was heißt, dass die Pistole nicht in nächster Nähe zum Opfer
abgefeuert worden war, das alles sprach gegen einen Selbstmord. Dass der Mord
erst vor kurzem geschehen ist konnte ich am Blut erkennen. Eher auf einen
Selbstmord hindeutend waren eben die religiösen Insignien. Sie waren dem Opfer
aus den Händen gefallen als der Tod eingetreten ist. Neben der rechten Hand war
ein Rosenkranz und die Bibel habe ich neben der linken Hand gefunden.“
„War eine andere Person in der
Wohnung.“ fragte Holmes.
„Nein Sir, zumindest habe ich niemanden bemerkt“
„Wie haben sich die Dinge nun entwickelt.“
„Ich lief nach Verstärkung und kam sodann mit Detective Gregson und
Constable Smith zurück. Am Tatort konnte ich keine Veränderungen feststellen.
Detective Gregson war es dann, der die Schusswaffe unter der Matratze im ersten
Schlafzimmer entdeckt hatte.“
„Danke, mein junger Freund. – und –sie werden es noch weit bringen.“
Der Constable wurde verlegen und ging zu seinem Partner.
sagte Holmes Gregson anblickend
„Aber nun zu seinem Vorgesetzten. Sie haben sicher sämtliche
Haus-Bewohner vernommen. Welche Zeugenaussagen konnten Sie sammeln?“
Gregson antwortete:
“Nicht sehr viele fürchte ich. Der Streit zwischen den beiden ist
lediglich Miss Parker dezidiert aufgefallen. Soetwas ist in dieser Gegend
nichts besonderes. Der Schuss wurde auch von vielen Parteien gehört. Er
veranlasste die meisten dazu, aus Angst im Haus zu bleiben. Nur die alte Miss
Parker, die, da sie neben den Kurfners wohnte, als einzige ahnte woher der
Schuss kam, ging der Sache auf den Grund.“
„Hat vielleicht irgendjemand eine außergewöhnliche Person bzw. einen
Fremdling gesehen.“
„Das ist ein großes Haus, die Leute kennen sich oft kaum, niemand ist
aufgefallen, nicht einmal der Vater als er geflüchtet ist wurde gesehen.
Niemand hatte irgend etwas gesehen, dass klingt vielleicht ein bisschen
verwunderlich, aber jeder wollte sich aus dem Ärger raushalten und hat sich in
den eigenen vier Wänden verkrochen.“ Holmes dachte nach und kam mit der
nächsten Frage:
„Ja Sir, das haben wir“, antwortete Gregson.
„Aha Kurfner hat dann also den Schlüssel mitgenommen aber dann nicht
abgesperrt“ „Ja das war wohl die Panik“.
„Noch etwas“, sagte Holmes „Wie
viel Leute haben diesen Raum nach dem Mord betreten?“
„Nur die beiden Beamten ich, sie beide sowie Vater und Sohn Kurfner“,
kam die Antwort von Gregson.
„Gentlemen ich möchte bitte ihre Schuhe überprüfen“. verlautbarte
Holmes.
Er tat es und der zuvor aufgestellte Verdacht verhärtete sich.
„Bitte Detective Gregson tun Sie mir den Gefallen und untersuchen sie
auch die Schuhe des Opfers und die des Holger Kurfners nach roten Sandkörnern“,
bat Holmes.
Der Detective verzog das Gesicht „Nun ja wenn sie wollen“
„Und noch was“, sagte Holmes
„haben Sie schon diesen Dylan befragt“.
„Was für einen Dylan bitte“,
kam Gregsons Antwort. Holmes warf mir einen Blick zu, der seine Geringschätzung
für den Scotland Yard Mann Ausdruck verlieh sagte aber dann ganz höflich:
„Gar nichts. Ich danke für die Informationen. Watson Wir haben genug
gesehen lassen Sie uns gehen.“
„Sie warten bitte in der Bakerstreet auf Neuigkeiten.“
„Das mache ich“ willigte ich ein „und was tun Sie Holmes“.
„Ich werde ins Pub gehen“.
So war es auch in der Baker Street schlüpfte der wohl situierte und
weltbekannte Privatdetektiv in ordinäre und schmutzige Straßenkleidung.
Nun konnte ich mich also auf eine unbestimmte Wartezeit einstellen. Ich
machte es mir auf dem Kanapee bequem und versuchte mich meiner Lektüre zu
widmen. Es war eine Short Story eines noch eher unbekannten Englischen
Dichters, die ich dem Cornhill Magazine entnommen habe. „Der Ring des Thoth“
hieß das Werk und Arthur Conan Doyle sein Autor. Obwohl mir der Schreibstiel
gefiel, fand ich die Geschichte nicht sehr mitreißend, war doch die Realität
viel spannender. Würde Holmes Erfolg haben und den beschuldigten Holger Kurfner
entlasten? Ich wünschte es mir für die herzbetörende Misses Morrissey, sie
sollte nicht nach dem Bruder auch noch den Vater verlieren. Selber glaubte ich
eigentlich immer noch an seine Schuld, andererseits aber schien Holmes bereits
hinter jemand anderen her zu sein, und er irrt sich äußerst selten. Wer könnte
es aber sein, dieser Unbekannte den Holmes verfolgte. War es jemand aus der
Anarchisten Szene oder vielleicht dieser Dylan? Schließlich gab ich meine
sinnlosen Grübeleien auf und las weiter.
„Nun erzählen Sie schon, bitte. Wie lief Ihr Besuch in der Kneipe.“
unterbrach ich die spannende Erzählung meines Freundes.
Kapitel
3: Die Falle schnappt zu
Am
nächsten Morgen erwachte ich spät und musste folglich dasFrühstück allein
einnehmen. Da mir mein Freund mitteilte, dass wir momentan gar nichts tun
könnten, nur abwarten müssten so verbrachte ich den Rest des Vormittages daran,
einen Brief an meine geliebte Frau Marry zu schreiben. Als ich mich dann zum
gemeinsamen Mittagsmahl einfand, so sah ich zu meiner großen Verwunderung den
völlig verwahrlosten und mit Schmutz übersäten Anführer der
Straßenkinder-Bande, die Holmes des öfteren schon wertvolle Dienste geleistet
hatte, mit stolz geschwellter Brust und vor Freude mit einem klimpernden
Geldsäckchen jonglierend, unser Haus verlassen.
„Hallo Watson,“ richtete Holmes das Wort an
mich.
Ich
habe eine gute Nachricht für Sie. Unser Warten hat bereits ein Ende, darf ich
vorstellen“ er zeigte auf den jungen Mann, der sofort aufstand
„ –
Dylan Taylor – Dylan, dass ist mein Partner Dr. Watson, Sie können vor ihm ganz
offen sprechen“
„Guten
Tag, Dr. Watson“.
„Guten
Tag“ grüßte ich zurück und dann an meinen Freund gewandt
“Holmes,
Ich dachte er wäre verschollen“.
„Natürlich.
Unser neuer junger Freund hat sich versteckt. Ein sehr weiser Entschluss, wenn
man einmal in Betracht zieht,. dass unsere Freunde offensichtlich vor keinen
Mitteln zurückschrecken. Er hatte sich in Sicherheit gebracht um den Häschern
zu entgehen. Es gibt jedoch kaum einen Platz in London an der man vor meiner
kleinen Rasselbanden-Armee sicher sein könnte, sie haben den Ausreißer am Hafen
entdeckt, er hatte sich bei einer Jugendbande versteckt. Watson, stärken Sie
sich nun. Die Falle ist aufgestellt“ Er setzte ein süffisantes Grinsen auf,
seine Adlernase schob sich nach vor, seine Augen funkelten. „Nach dem Essen
werden wir Sie zuschnappen lassen.“
„Aber
Holmes wer ist der Mörder? Was werden wir nachher tun, wohin gehen?“ drückte
ich meinen Unmut über die kryptischen Aussagen aus.
„Geduld
mein neugieriger Freund, es wird sich noch alles weisen, sie werden sehen“
meinte
Holmes amüsiert und nach kurzer Nachdenkpause:
„Mein
lieber Watson wir werden ihnen eine hübsche neue Kopfbedeckung kaufen, eine
neuen Zylinder vielleicht oder eine Melone, ganz wie sie wollen“. Nach dem
Essen kam auch schon Constable Spencer, er war beauftragt worden, unseren neuen
Gast zu bewachen.
„Ja
wie Sie mir gesagt haben“ antwortete ich und zeigte auf meine rechte
Manteltasche.
„Also
dann möge es beginnen“ und wir beide gingen hinein. Wir kamen in ein
mittelgroßen schlauchförmigen Raum. Von allen Ecken und Enden war man von
verschiedenen Kopfbedeckungen umgeben, sie lagen teils auf Stellagen, die an
allen Wänden montiert waren, teils hingen sie direkt an Haken an der Mauer. Man
sah Filzhüte, Stetsons, Melonen, Borsalinos und natürlich in England Zylinder
und das in allen erdenklichen Farben.Gleich rechts neben dem Eingang führte
eine Tür in den nächsten Raum. In der rechten hinteren Ecke jedoch befand sich
der Tresen mitsamt Kassa, hinter dem ein adrett gekleideter Angestellter stand.
Holmes schritt zu ihm nach vorn und sprach ihn an:
„Guten
Tag, Mein Name ist Sherlock Holmes mein Freund da drüben, Dr. Watson“ er machte
dabei eine ausladende Bewegung in meine Richtung. „möchte unbedingt eine neue
Melone erwerben.“
„Nein
es tut mir leid, es ist nichts persönliches gegen Sie, sie scheinen ein sehr
kompetenter Mann zu sein, aber trotzdem hätten wir gerne die Bedienung vom Chef
persönlich. Ist Herr Kurfner zu gegen?“.
„Ähem
der ist heute unpässlich..“, antwortete der Verkäufer.
„Bitte, es ist wichtig, wenn er anwesend ist,
fragen Sie ihn, sagen Sie Sherlock Holmes möchte von ihm persönlich einen Hut
kaufen.“
Der
Mann ging an mir vorbei in den zweiten Raum. Ich blickte ihm nach durch die
Tür. Der zweite Raum war größer als der erste und quadratisch. Während es vorn
nur schicke Herrenhüte gab, fand man hier exotische Kopfbedeckungen wie
Sombreros oder Tropenhüte, auch Damen Kopfschmuck war ausgestellt und natürlich
Accessoires wie der für den Englischen Gentleman obligatorische Spazierstock.
Von diesem Raum aus gingen auch Türen zu Lager- und Bürogebäude, und in eine
dieser Türen verschwand der Mann auch.
„Guten
Tag, es ist mir eine Ehre. Wissen Sie, dass ich im Mordfall an Ihren Neffen
ermittle.“
Kurfners
Miene verzog sich, er setzte einen traurigen Gesichtsausdruck auf. Seine
Nasenflügel blähten sich auf - unterschwellig konnte man auch Wut spüren
„Da
habe ich gute Nachrichten“ sagte mein Freund „Ihr Bruder ist nämlich
unschuldig.“
Der
Dicke starrte entsetzt: „Was? Ist es denn möglich? Sie belieben zu Scherzen Mr.
Holmes, das sollten sie nicht tun, ich habe doch alles gelesen in der Zeitung.
Auch wenn es weh tut, es ist leider glasklar. Holger hat es getan, es passierte
im Affekt.“
„Sicher,
jede“ antwortete Kurfner und griff sich dabei auf die Nase, er schien leicht
beunruhigt.
“Kennen
Sie, Herr Kurfner, einen gewissen Frank Taylor, genannt ‚Knucklehead’ “
„Nein,
tut mir leid, noch nie was von ihm gehört.“
Holmes
verzog kurz die Mundwinkel und rümpfte die Nase, darauf sagte er schon etwas
mokanter:
„Kennen
Sie also nicht –gut. Verzeihen Sie wenn ich ein bisschen indiskret bin, aber es
interessiert mich einfach. Sie gelten als sehr reicher Mann Herr Kurfner, sie
wohnen in Teddington, engagieren sich für Kunst und Kultur“,
dabei
gestikulierte mein Freund ausladend mit den Händen, nun hatte er den seinen
großen Auftritt, dass war es was er liebte.
„geht
das Hut Geschäft wirklich so gut.“
Der
Mann wurde immer nervöser, ich bemerkte wie die ersten Schweißtropfen von der
Stirn sein rundes Gesicht entlang liefen. Pedro blieb noch genauso still stehen
wie vorerst und verfolgte das Geschehen verdutzt dreinblickend.
„Ich
handle zusätzlich noch an der Londoner Börse, in meinen Besitz befinden sich
zahlreiche Aktien von prosperierenden und namhaften Unternehmen, aber ich weiß
wirklich nicht was das mit meinem Neffen zu tun hat.“ Holmes ließ sich nicht
aus der Ruhe bringen:
„Die
Börse, es heißt ja du brauchst Geld um Geld zu machen. Wie haben Sie das
geschafft, aus armen Hause stammend?“
„Ich
habe“ brachte er seine Wut nicht mehr versteckend hervor „mit extrem riskanten
Spekulationen viel Geld gemacht, es war sehr viel Glück. Nun genieße ich die
Früchte davon und investiere sehr konservativ.“
Mit
einen m Rümpfen der Nase zeigte Holmes seine Verachtung und stieß amüsiert und
überlegen. „Pah“. Sie und Ihr Partner --- Frank Taylor. Sie beide haben im
Jahre 1868 eine Serie von Banküberfällen begangen- bis ‚Knuckelhead’ umkam.“
Kurfners
Finger zitterten – auch sein Gehilfe Pedro zeigte sich nun in höchstem Maße
beunruhigt.
„Sie
beschlossen, daraufhin, mit dem Rauben aufzuhören, da Sie nun die gesamte Beute
alleine besaßen, hatten sie genug Startkapital für ein bürgerliches Leben auf
großem Fuß.“
Mit
seiner arrogant süffisanten Art provozierte Holmes den bereits vor Wut
Kochenden noch mehr. Dieser versuchte sich zu beruhigen und meinte bemüht
gelassen:
„Diese
kühnen Anschuldigungen entbehren ja sämtlicher Grundlage. Entweder sie kaufen
jetzt einen Hut, wie sie gesagt haben, oder, und das wäre mir noch lieber sie
verlassen mein Geschäft auf der Stelle.“ Holmes fuhr aber fort:
„Da
die Überfälle meisterhaft durchgeführt wurden, war es Scotland Yard unmöglich,
sie zu erwischen. Ein fast perfektes Verbrechen. Was sie aber lange Zeit nicht
bedacht, wahrscheinlich gar nicht gewusst haben war, dass ihr Partner einen
kleinen Jungen zurückgelassen hatte, Dylan Taylor.“ Kurfner machte große Augen.
„Dieser
ausgesprochen höfliche junge Mann, hat mich besucht und ihm verdanke ich unter
anderem dieses Foto, dass eindeutig Ihre Bekanntschaft mit seinem Vater
illustriert. Holmes griff in seine Manteltasche. Als Kurfner das bemerkte so
fasste auch er in seine Hosentasche und zog einen Revolver hervor. Holmes
jedoch brachte besagtes Foto zum Vorschein.
„Seit
dem haben Sie sich zwar etwas verändert, aber dennoch belegt, das Bild
eindeutig Ihre Bekanntschaft, zusammen mit den weiteren Beweisen und den
Aussagen, des Dylan Taylor,....“
„So
jetzt ist aber Schluss Mr. Holmes sehen sie was ich hier in meiner Hand halte.
Pedro zieh auch deine Waffe.“
Der
Gehilfe folgte.
„Ich
weiß leider nicht ob sie irgendwelche schlüssigen Beweise haben, aber das
Risiko kann ich gar nicht eingehen.“ sagte Kurfner.
„Ich
bin ja noch gar nicht fertig. Durch Dylan hat dann Ihr Neffe Jakob die Wahrheit
erfahren. Gemeinsam fühlten Sie sich stark genug um sie zu erpressen. Deswegen
musste Ihr Neffe sterben, damit er die Wahrheit ins Grab mitnimmt.“
„Das
gleiche werden Sie beide in Kürze tun. Nur damit das klar ist, ich wollte es
nicht tun, ihn nicht umbringen, ich kenne ihn von kleinauf und habe meinen
Neffen geliebt. Er aber wollte nicht vernünftig werden, ich habe ihm gedroht,
jedoch es half nichts. Eigentlich war es ein furchtbarer Unfall, und ich werde
mein Leben lang daran zu grübeln haben, auch wegen meinen bemitleidenswerten
Bruder.“
Erstaunlich
gelassen und nahezu oberschullehrerhaft besserwisserisch meinte Holmes darauf:
„Ein Verbrechen muss durch
ein Verbrechen vertuscht werden. - Seneca .“
„Das
Glück ist nur, dass der junge Dylan seinen Häscher entkommen konnte. Er wird
dafür sorgen, dass Gerechtigkeit siegen wird.“
Das
schlug ein wie eine Bombe. Kurfner drehte sich nach links zu seinem Kompanion:
“Du
Stümper, sagenhafter, du hast gesagt, du hättest ihn beseitigt.“
Als
Holmes dies bemerkte, stieß er eine gellenden Pfiff hervor und machte einen
Satz nach rechts. Bevor ich mich versah, war der Raum voller Polizeibeamten,
gekommen sowohl von der Eingangstür, als auch aus dem Nebenraum. Die Verbrecher
wurden blitzschnell überwältigt. Allen voran war Detective Gregson. Er half
Holmes vom Boden auf und sagte:
“Sherlock
Holmes, ich muss mich wirklich entschuldigen bei Ihnen. Sie behielten wieder
einmal Recht, ich habe alles mitangehört. Durch Ihre Arbeit konnte nicht nur
Scotland Yard einer möglichen Blamage entgehen, nein Sie haben vor allem einen
Unschuldigen vorm Galgen gerettet, das gesamte Königreich schuldete Ihnen Dank.
Mein Freund genoss diese Worte. Als wir nachdem alles gelaufen war im Landauer
Taxi saßen, wir ließen uns die angenehme Aufgabe nicht entgehen die frohe Kunde
der liebreizenden Misses Michaela Morrissey persönlich zu übermitteln, fragte
ich meinen Freund leicht verärgert:
„Holmes,
wieso müssen Sie das immer wieder tun. Wieso haben Sie mir nicht gesagt, dass
Gregson mit seinen Männern draußen wartet. Ich war bereits sehr besorgt, und
sie wissen ich kann etwas vertragen ich war in Afghanistan. Vertrauen Sie mir
nicht?“
„Nichts
lege mir ferner. Ich vertraue Ihnen voll und Ganz mein Freund, und zwar nur
Ihnen Sie sind der Einzige, dem ich alles über meine Fälle erzähle. Aber
verstehen Sie denn nicht, hätte ich es Ihnen gesagt, wären Ihre Reaktionen
vielleicht nicht authentisch gewesen, und unser Gegner, ein hoch intelligenter
Mann, hätte Verdacht geschöpft.“
Ich
ließ es dabei bewenden, da ich dergleichen immer als Antwort erhalte. Natürlich
wusste ich, dass es nur die halbe Wahrheit war, mein Freund liebt einfach den
Show-Effekt, es verschafft ihm Befriedigung andere in Erstaunen zu versetzen.
Fortan richtete ich meine Gedanken auf unsere brave, tapfere Klientin, ihren
unschuldigen Vater und auch an meine geliebte Gattin im fernen Leeds.
Kapitel
4: Die Wahrheit kommt ans Licht
Die
schöne und diesmal für alle Londoner äußerst befreiende Nebenwirkung des
Unwetters war der Regen. Er floss in Strömen vom Himmel, In den Straßen
bildeten sich bereits Pfützen, die die vom Blitz erhellte Stadt in wunderschöne
Weise widerspiegelten. Ähnlich kurios und vage war auch die Stimmung im Hause.
„Watson,
Sie werden sich wohl erinnern, bereits zu Beginn kam es mir sehr komisch vor,
dass Herr Kurfner“
er
deutete mit der Hand auf dem Mann, der nun in Freiheit bei uns am Tisch saß.
„Ich
wusste es nicht, aber es war einen Versuch wert, da die Asche einer Royal
Virgin auf einen wohlhabenden Menschen hindeutete und die sind oft in Vereinen
oder Countryclubs organisiert.“
Um
dies alles zu beweisen fehlte noch etwas Zwingedes, dies war in Ermangelung an
Augenzeugen des Verbrechens. Dylan Taylor der, so schloss ich, und bekam es
dann auch bestätigt, gemeinsam mit seinem Freund den Ex-Partner seines Vaters
erpresste. Dies war auch der Grund, liebe Misses Morrissey wieso ihr werter
Bruder keine Arbeit wollte und wieso ihm trotzdem gewisse Mittel zur Verfügung
standen. Sie hielten ihre Unternehmung geheim, nichteinmal im ‚Bull's Corner’
wusste man Genaues. Es war einfach zu erraten, dass er geflohen ist, nachdem er
die Zeitung gelesen hatte. Ein weiser Entschluss wie sich herausgestellt hatte.
Als meine Straßenarmee ihn schlussendlich fand war mein Fall perfekt. Um ganz
sicher zu sein, dass der Mörder seiner Strafe zugeführt wird ließ ich ihm diese
Falle aufstellen.
Vermutlich
interessiert Sie noch mehr, was genau geschehen ist in diesen schweren Stunden.
Der Mörder kam mit seinen eigenen Schlüssel ins Haus, er hatte gehofft, Jakob Kurfner
alleine zu erwischen, da er für gewöhnlich um diese Zeit zu Hause ist.
Vermutlich wollte er ihn überraschen und etwas einschüchtern. Ihr Onkel, der
von irgendwoher einen Schlüssel besaß, betrat aber zuerst eine leere Wohnung,
er beschließt auf den Erpresser zu warten, geht dabei im Wohnzimmer umher und
hinterlässt dabei wichtige Spuren. Als er urplötzlich durch das Fenster
schauend seinen Bruder erblickt, gerät er in Panik. Was soll er nun tun? Wie
soll er seinen Aufenthalt in einem leeren Haus erklären? Sein Bruder weiß
nichts von seinem Schlüssel. Zum Weglaufen ist es zu spät, der Hausherr kommt
bereits die Treppe hinauf. Er versperrt also die Wohnung von innen und
beschließt sich in den Geheimraum zu verstecken. Hier wird so schnell wohl
niemand hineinschauen. Vielleicht böte sich bald eine Fluchtmöglichkeit und er
könnte das Weite suchen oder er wollte sich vielleicht auch nur eine weitere
Ausrede einfallen lassen. In diesem Holzraum findet er auch den Revolver sowie
den alten Rosenkranz und die Bibel
„Also
nun sind Sie nach Hause gekommen Herr Kurfner. Es kam zum Streit mit Ihrem
Sohn. Der Onkel im Wandraum hört alles mit. Vielleicht erkennt er jetzt schon
welch einzigartige Möglichkeit ihm das Schicksal bieten könnte um seinr
Probleme zu lösen.
Schließlich
verlassen Sie die Wohnung. Was dann geschah lässt sich ohne Ludwig Kurfners
Aussage nicht mit Sicherheit sagen. Vielleicht hat er seine Chance gewittert
und die Freveltat sofort begangen. Ich bin eher dazu geneigt zu glauben dass er
die Waffe nur zur Drohung vorgesehen hatte. Er überraschte seinen Neffen. und
dieser ließ sich, da er ja schon erregt war, allzugern provozieren.
Schlussendlich erschießt dann Ludwig Kurfner seinen Neffen.
Die
Waffe verstaut er dort, wo sie ja gefunden wird. Auch bringt er die Gegenstände
an, die auf Holger Kurfner hinweisen. Als er dann hinauseilt, lässt er die Türe
offen. Es könnte so sein, dass jemand die Leiche noch vor dem Hausherrn
entdeckt, was auch geschah. Ansonsten würde eine offene Tür auch einen
Einbrecher oder einen Freund Jakobs, dem dieser dann geöffnet hat, als Täter
nahe legen. Jetzt steht er aber vor einem Problem einer seiner Erpresser ist
tot, der andere läuft noch frei herum. Aber das ist eine Gefahr für ihn. Hätte
er die Aktion im Vorhinein geplant, so würde er beide gleichzeitig unschädlich
gemacht haben. So muss er es im Nachhinein erledigen. Da er sich nicht mehr
selbst schmutzig machen will, schickt er seinen hinkenden Gehilfen Pedro. Gott
sei Dank konnte dieser seinen finsteren Auftrag nicht erfüllen.“
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.09.2006.
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