Maria Peters

Vergangenheit (8. Kapitel)

8. Bedenken?
 
Am nächsten Morgen versuchte Cassie wieder in den für sie eigentlichen Alltag einzukehren. Sie stand noch vor Tony auf, um die Kinder zur Schule und in den Kindergarten zu bringen. Sie, Mimi und Alex wollten gerade aufbrechen, als sie an der Tür erneut eine dunkle Silhouette erkannte. Stockend blieb sie stehen, schloss die Augen und öffnete sie wieder, in der Hoffnung es wäre nur Einbildung. Doch dem war nicht so…
Bevor der verfrühte Besuch auf die Klingel drücken konnte, öffnete sie diese.
„Guten Morgen.“
„Aidan, was tust du hier?“, fragte sie verwirrter denn je, denn die Bilder von gestern wollten ihr einfach nicht aus dem Kopf. „Und das zu dieser Zeit?“
„Ich wollte dich abholen.“, entgegnete er ihr und seine Miene wirkte ebenfalls völlig anders.
„Ich muss meine Kinder wegbringen. Ich habe jetzt keine Zeit. Ich bin Mutter… ich kann nicht immer springen, wenn ihr es von mir verlangt.“, legte Cassie schließlich los und blickte ihn starr an, damit er nicht erst in die Versuchung kam, gegen anzureden.
„Okay.“, gab er sich zufrieden. „Wir fahren mit meinem Wagen.“
„Ach, damit du mich wieder nach Hause bringen musst… und gleichzeitig wieder angeschossen wirst?“, fuhr sie ihn an, doch da blieb er eisern.
„Wir fahren mit meinem Wagen. Es ist dringend…!“
Cassie und er sahen sich eine Zeit lang unverwandt an, bis Mimi im Flur erschien.
„Spatz, deine Brote sind heute mal in der blauen Dose. Steck sie dir gut weg, hast du gehört?“, rief Cassie ihrer kleinen zu, nachdem sie sich von Aidan abgewandt hatte. „Wo ist dein Bruder?“
Doch Mimi kam nicht dazu, zu antworten. Alex tauchte ebenfalls auf. In der Hand hielt er seine Schultasche.
Er sah an Cassie vorbei zu Aidan.
„Guten Morgen.“, begrüßte er ihn etwas merkwürdig, wenn auch höflich.
„Morgen.“, entgegnete auch Aidan und sah den Jungen an.
„Alex, deine ist die grüne Dose. Vergiss sie nicht, okay?“
Er nickte und ging kurz in die Küche.
Noch einmal blickte Cassie zu Aidan.
„Okay, wir fahren mit deinem Wagen. Aber das ist das letzte Mal, dass ihr mich einfach so aus heiterem Himmel einkassieren könnt, hast du mich verstanden?“, zischte sie ihm leise zu, zu dem er zwar nur ungern zustimmte, es jedoch schließlich tat.
Mimi kam mit einem breiten Lächeln angelaufen, begrüßte Aidan jedoch schüchtern und – wenn Cassie es richtig deutete – auch Angst, denn sie kannte ihn ja noch nicht wirklich.
Alex hingegen näherte sich Aidan unbekümmert, auch wenn seine Blicke undefinierbar waren und das für Cassie, seiner Mutter, die doch eigentlich wissen sollte, wie ihre eigenen Kinder denken. Er sah ihn an, doch mit welchen Gedanken konnte sie bei besten Willen nicht sagen.
„Wir fahren heute mit Aidan.“, teilte sie ihren Kindern mit.
Alex nickte lustlos, dennoch einverstanden. Mimi war nicht wirklich bereit dazu, sagte aber nichts. War es aus Angst?
Alle näherten sich dem schwarzen Porsche, mit dem er auch heute wieder da war. Cassie war das Schlusslicht. Aidan hielt Mimi die Tür geöffnet und wartete darauf, dass sie einstieg. Doch das Mädchen rannte um das Auto herum und stieg auf der anderen Seite ein. Mit einem frechen Zungen-Herausstrecken, das natürlich Aidan galt, stieg sie von allein ein.
Auch Alex hielt vor der geöffneten Tür an und blickte zu Aidan hinauf.
„Ich bin sechs Jahre alt. Wie man in ein Auto einsteigt, habe ich bereits gelernt. Aber danke Ihrer Bemühungen.“, sagte er in einem höflichen Ton und stieg ein, als Aidan die Tür losließ.
Hilfe suchend sah er zu Cassie, die sich ein siegessicheres Lächeln nicht verkneifen konnte. Sie schlug die Tür zu und zuckte danach mit den Schultern.
„Sind eben meine Kinder.“, sagte sie triumphierend. „Zieht eben nicht bei jedem deine Gentlemannummer. Akzeptier es einfach!“
Auch sie öffnete sich allein die Tür und stieg ein.
Seit gestern hatte sich etwas in ihr verändert, auch wenn sie das nicht wirklich wahrhaben wollte. Ihre Seite, die immer auf Hilfe angewiesen war, schien schwächer zu werden. Jedenfalls bemerkte Aidan all das seit gestern sehr extrem.
Er starrte alle drei noch einmal etwas verblüfft an und ging dann ebenfalls um den Wagen herum, um sich dann neben Cassie niederzulassen.
Schweigend ließ er den Motor an und fuhr los.
„Wir können erst Mimi wegbringen. Ihr Kindergarten liegt nämlich direkt auf dem Weg.“, sagte Cassie und erklärte ihm kurz den Weg.
Nach ungefähr zehn Minuten standen sie auch schon vor dem Gebäude.
„Da sind wir.“, sagte Aidan und wandte sich dann zu Mimi um. „Viel Spaß, kleine Prinzessin.“
Sie erwiderte seinen Blick, streckte ihm erneut die Zunge raus und hopste dann aus dem Auto. „Ich bring sie nur schnell rein, ja, mein Schatz?“, fraget Cassie ihren Sohn, der abermals schweigend nickte. „Ich bin gleich zurück!“
Auch sie stieg aus und folgte ihrer Tochter, die langsam vorgegangen war, an der Treppe aber auf sie zu warten schien.
Aidan beobachtete Cassie sehr genau. Das erste was ihm auffiel, was ihr Zopf, den sie trug. Seit er sie vor vier Tagen wieder gesehen hatte, hatte sie ihre Haare nur offen getragen. Doch nun?
„Hat deine Mutter eigentlich immer die Haare offen gehabt? Ich meine, in den letzten Jahren?“, fragte Aidan Alex und drehte sich leicht herum, um ihn sehen zu können.
Er nickte.
„Du redest wohl nicht viel, hab ich recht?“, machte Aidan weiter, denn auch das viel ihm auf, seit er diesen Jungen gestern gesehen hatte. „Ist wohl besser. Alles was man sagt, kann und wird irgendwann gegen einen verwendet. Ich war als Kind genauso. Eigentlich bin ich es noch…!“
Aus dem Augenwinkel sah Aidan, wie Cassie in dem Gebäude verschwand.
Das zweite was ihm auffiel war ihr Gang…
Sie ist viel selbstbewusster geworden. Nicht mehr so häuslich und mütterlich, wie sie es noch vor ein paar Tagen war. Der Stolz und die Grazie sind wieder da. So, als wären sie nie weg gewesen.  Sollte das Serum wirklich die wahre Wirkung neutralisieren können? Das ist unfassbar. Und sollte das wirklich bedeuten, dass sie vollständig zurückkehrt?
„Lieben Sie sie?“, fragte plötzlich Alex und sah zu Aidan, der ihn geschockt ansah – oder fühlte er sich nur ertappt?
Eine ganze Weile verging und auch nach wenigen Minuten wusste Aidan nicht was er antworten sollte.
„Ihrer Reaktion zu urteilen, ist es wohl so…“, machte Alex weiter und zwischen all der Zeit hatte er nicht einmal geblinzelt, was Aidan noch nicht einmal überraschte.
„Weißt du, dass du mir sehr ähnlich bist?“, begann Aidan auf einmal und lächelte zaghaft.
Er schloss die Augen und rief sich ein Bild von sich ins Gedächtnis.
Oh, ja. Dieser Junge ist mir wirklich sehr ähnlich, musste er sich eingestehen. Er könnte fast mein Sohn sein. Wäre da nicht…
„Du siehst mir ähnlich… mehr als es mein Vater tut.“, sagte Alex plötzlich und Aidan und Alex starrten sich erneut an.
Die Zeit verging und auf einmal überraschte das Öffnen der Autotür Aidan. Cassie war zurück.
„So, wir können weiter.“, sagte sie und entdeckte dann Aidan, der Alex noch immer ansah. „Hab ich etwas verpasst?“, machte sie fragend weiter, doch keiner gab ihr eine Antwort.
„Nein.“, presste Aidan schließlich heraus und wandte sich wieder der Straße zu.
Innerhalb wenigen Sekunden hatte er das Auto in Bewegung gesetzt und war auf die Straße gefahren.
Betretendes Schweigen war ausgebrochen.
Alex hatte ein Thema angesprochen, über das er sich noch nie Gedanken gemacht hatte. Doch auf einmal schien er nicht einmal mehr einen Gedanken fassen zu können, der nicht mit dem Jungen oder ihr zutun hatte.
Was ist nur in mich gefahren? Dieser Junge kann nicht mein Kind sein. Immerhin hätte das nie… oder doch?
Er blickte zu Cassie, die weiter auf die Straße blickte.
Aidans Herz begann zu rasen. Noch nie hatte es das getan. Nicht, in den letzten fünf Jahren.
Sie ist damals gegangen. Vor fünf Jahren ist sie gegangen… fünf! Alex ist sechs… was ist in diesem einen Jahr geschehen? Was?
Aidan vergaß völlig, dass er am Steuer saß. Seine ganze Gelassenheit, die er doch sonst immer hatte, war plötzlich weg.
Sie hat nie ein Wort gesagt… warum sollte sie auch? Sicher hat sie das nicht gewollt. Und warum sollte sie mich damit auch belagern? Immerhin waren wir ja nie zusammen. Außerdem war sie nicht der Typ dafür… aber war das vielleicht der wahre Grund, warum sie uns verlassen hat? Aber warum hat sie sich dann das Serum spritzen lassen? Wollte sie ihre ganze Aufmerksamkeit ihm widmen? Und hat sie in dieser Zeit vielleicht Tony kennen gelernt?
 Plötzlich sah er, wie Cassie ihm den Kopf zu wandte und etwas sagte. Doch er war so in seine Gedanken vertieft, dass er das nicht mitbekam, bis sie schließlich das Lenkrad herumriss.
Der Wagen war auf die andere Fahrbahn geraten. Sie konnte gerade noch verhindern, dass der Porsche mit einem riesigen LKW kollidierte, der donnernd auf sie zu hielt.
Mit nur wenigen Zentimetern Platz rollte er schließlich an ihnen vorbei. Der Fahrer machte seiner Wut Luft, in dem er Aidan mit wutentbrannten Handzeichen belagerte.
„Hast du sie nicht mehr alle?“, fuhr Cassie Aidan schließlich an. „Wir hätte sterben können.“
„Es tut mir leid.“, brachte Aidan nur geschockt heraus und krallte sich in das Leder am Lenkrad, um nicht die Fassung zu verlieren.
„Es tut dir leid? Damit hättest du uns auch nicht lebendig machen können, du Idiot.“, machte Cassie aufgebracht weiter. „Wenn du dich selbst in den Tod fahren willst, dann warne uns vor. Dann steigen wir aus. Aber nicht solange wir hier im Wagen sitzen!“
„Okay, okay.“, versuchte Aidan sie zu beruhigen. „Ich hab nicht aufgepasst. Das wird mir sicher kein zweites Mal passieren.“
Cassie schnaufte tief durch und wandte sich dann zu Alex um und tätschelte ihm das Bein.
„Alles okay, mein Schatz?“, fragte sie noch immer leicht nervös, doch er nickte genauso ruhig wie vorher, als wäre nichts passiert. „Gut.“
Nach wenigen Minuten war auch die Schule von Alex endlich in Sicht.
Heilfroh darüber, dass sie nicht tot war, stieg Cassie aus und atmete erst einmal frische Luft ein. Dann verabschiedete sie sich von Alex.
„Mach’s gut, mein Kleiner.“, sagte sie und gab ihm ein Kuss auf die Stirn. „Und ich will keine Klagen hören. Mach unserer Familie Ehre. Ich hol dich nachher wieder ab.“
Und mit diesen Worten ging er los.
Cassie sah ihm nach, bis er hinter der großen Schultür verschwand. Dann stieg sie wieder zu Aidan ins Auto und schnallte sich an.
„So… das wäre erledigt. Und nun zu dir!“, begann sie und wandte sich Aidan zu. „Warum muss ich heute schon wieder zum Boss?“
„Er will dich sehen. Mehr weiß ich nicht.“, gestand er. „Du musst wissen, wir fragen nicht nach, wenn wir einen Auftrag kriegen. Es ist einfach so. Wir müssen ihm gehorchen und wir tun es gern. Also, stell auch du keine Fragen.“
Langsam setzte er sich erneut in Bewegung und fuhr in Richtung Parkhaus, unter dem die riesige Organisation zu finden war.
Cassie schwieg und beachtete Aidan auch nicht weiter. Etwas schien sich wirklich in ihr zu verändern. Doch warum kam das alles so plötzlich. Andere Verhaltensweisen nahmen Gestalt an. Andere Ziele und dazu noch andere Gefühle. Sie konnte es nicht beschreiben, aber dieses gewöhnliche Gefühl, diese Wärme in ihr, gefiel ich plötzlich nicht mehr. Sie fühlte sich dadurch schwach und angreifbar. Bloß, woher kam das?
„Was macht Ross eigentlich?“, fragte sie schließlich, um die Bilder zu ignorieren, die wieder wie ein Film vor ihr abliefen.
Zwar hatte jedes Bild eine Bedeutung und rief vergessene Erinnerungen in ihr, doch auf einmal wollte sie all das nicht mehr.
„Er beschäftigt sich mit anderen Problemen.“, erklärte er und fuhr nach rechts in eine Straße hinein. „Du wurdest jetzt meiner Obhut unterteilt.“
Eine kurze Pause erfüllte das Auto.
„Was ich noch nicht verstanden habe… wenn du doch Bote bist, wie konntest du dann so schnell deine Waffe ziehen?“, platzte plötzlich aus Cassie heraus, denn das brannte ihr schon seit dem gestrigen Abend auf der Seele.
„Das liegt daran, dass ich kein Bote bin.“, gestand Aidan nun hielt, denn sie waren da.
Cassie starrte ihn ungläubig an.
„Aber…“, begann sie, doch er zog den Schlüssel ab und fuhr fort.
„Ich habe nie gesagt, dass ich Bote bin. Da hast du etwas falschen reininterpretiert.“, sagte er. „Ross ist Bote, das ist richtig. Doch ich war noch nie etwas anderes, als eine schwarze Katze, genau wie du.“
Cassie wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Schlagartig kehrten die Bilder zurück, die sie gestern gesehen hatte. Bilder von ihr und ihm. Bilder, an die sie sich nicht erinnern konnte, die dennoch wahr zu sein schienen.
„Wie haben wir uns kennen gelernt?“, entfuhr es Cassie weiter.
„Wir?“, wiederholte Aidan etwas überrascht und blickte sie unverwandt an. „Es ist sicher noch nicht der richtige Moment, dass sie zu erfahren. Es würde nur Fragen aufwerfen.“
„Fragen, wie z.B.: Ist Alex wirklich das Kind von Tony? Oder: Haben wir uns damals geliebt?“, begann Cassie auf einmal und versuchte ihren Bedenken Luft zu verschaffen.
Aidan schien nicht zu wissen, was er sagen sollte. Er hörte ihr einfach zu.
„Ich meine, er ist sechs Jahre alt. So, wie man mir berichtete, bin ich vor guten fünf Jahren ausgestiegen. Ich kann mich nur nicht daran erinnern. Daher weiß ich auch nicht, was damals geschehen ist. Hatte ich ihn da schon? Kannte ich da Tony überhaupt schon?“, machte sie eifrig weiter und sah geradeaus, um seinen Blick nicht sehen zu müssen. „Seit gestern sehe ich Bilder vor meinem inneren Auge. Zwar nur Fetzen und Bruchstücke und dennoch kehren die Erinnerungen langsam zurück. Ich habe auch dich gesehen. Besser: Dich und mich. Und kurz darauf erschien mir Alex. Mein Kind. Das Kind, was mit all dem eigentlich nichts zutun hat. Wie kann man sich das wohl erklären? Das ist doch… ach, ich weiß es nicht.“
Sie hielt inne. Zwar war sie tieftraurig und hätte losheulen können. Doch sie tat es nicht. Ihr altes Ich hätte es sicher sofort getan. Doch nicht sie. Nicht die Cassie, die sie jetzt wieder zu werden schien. Die Cassie, die sie einst gewesen war.
„Er sieht mir ähnlich.“, sagte nun Aidan und blickte, genau wie sie, geradeaus. „Das hat er selbst gesagt.“
Sie warf ihm einen fragenden Blick zu.
„Vorhin, als du Mimi in den Kindergarten gebracht hast.“, erklärte er ihr. „Doch das kann nicht sein. Ich wüsste es. Ich meine, du warst nie… ja… also… nie sonderlich dick… du hattest immer eine perfekte Figur. In all der Zeit, die ich dich kannte. Und sieh dich an… du siehst noch immer aus wie vor fünf Jahren. Besonders jetzt, wo du dein Haar nicht mehr offen trägst.“
Cassie schwieg.
„Es gibt Unklarheiten… das steht fest. Und noch nicht einmal du kannst mir meine Fragen beantworten. Das steht ebenfalls fest. Vielleicht muss ich mich einfach gedulden, denn von Tag zu Tag kommen mehr Bilder. Mehr Erinnerungen, die auf mich einstürzen und langsam die Person zurückbringen, die verschollen war unter all der Liebe, die in mir war.“
„War?“, wiederholte Aidan etwas beunruhigt.
„Ja, war. Ich spüre, wie sie langsam verschwindet. Nicht einmal mehr die mütterliche Liebe, die man in sich haben sollte, wenn man Kinder hat, existiert. Ich weiß, ich bin ihre Mutter. Und ich weiß, dass ich eine Verbindung zu ihnen habe. Aber irgendwie ist das auch schon alles, was ich fühle, wenn ich an meine Kinder denke. Vielleicht war das damals der Grund, warum ich die Organisation verlassen habe. Ich meine, wer kann mir diese Frage schon wahrhaftig beantworten? Vielleicht hatte ich damals, wie heute, dasselbe Gefühl. Vielleicht wusste ich, dass ich meine Kinder nie lieben kann, solange ich in dieser Organisation bin. Denn, auch wenn man mir gestern erst dieses Anti-Serum gespritzt hat, kann ich sagen, dass ich mich jetzt schon anders fühle. So, wie ich mich noch nie gefühlt habe. Ich versuche meine Kinder zu lieben, doch dann bekomme ich diese eigenartigen Gefühle… eine Stimme in meinen Kopf, die mir sagt, dass ich sie nicht lieben darf. Denn wenn ich sie liebe, kann man sie gegen mich verwenden. Somit wäre ich schwach und angreifbar. Das will mein jetziges Ich nicht zu lassen, egal wer ich bin.“
„Cassie… das ist… ich weiß es nicht.“, begann Aidan und wollte ihr eigentlich irgendetwas Aufbauendes sagen, doch er konnte nicht, da er auf einmal die alte Cassie wieder erkannte.
Er sah ihr Gesicht und hörte ihre Stimme. Es war die Person, die er damals kennen gelernt hatte und doch, auch wenn man es nicht sofort sah, war noch immer etwas in ihr, was an die Hausfrau und an die Mutter erinnerte, die sie die letzten Jahre war.
Ihr Gesicht hatte wieder diese alte Undurchdringlichkeit. Diese gewisse Kühle und die Härte. Ihre Augen waren wieder so klar und dennoch kalt, dass man sich in ihnen fest gucken musste, um überhaupt im Ansatz zu sehen, was in ihr vorging.
„Ich weiß, dass ich eine Aufgabe habe und da haben meine Kinder keinen Platz. Das könnte ebenfalls der Grund sein, warum ich ausgestiegen bin.“, fuhr Cassie ruhig fort.
Auf einmal stieg sie aus.
Auch Aidan hatte ganz vergessen, dass er längst gehalten hatte.
Ein wenig bedrückt tat er es ihr nach und ließ den Wagen zurück, als die beiden sich dem Fahrstuhl näherten und in das Reich fuhren, von dem keiner etwas wusste.
Wieder war dieses übliche Geschehen unter ihnen. Menschen, die ständig hin- und herliefen. Andere, die Missionen erfüllten. Und wieder andere, die einfach nur zur Hilfe da waren. Cassie war nun schon zum dritten Mal hier unten und dennoch veränderte sich in ihren Augen nichts. Es war für sie wie ein riesiger Ameisenbau. Jeder hatte seine Aufgabe, so unnütz sie auch aussehen mag. Doch würde nur einer damit aufhören, würde das dieses gesamte System stören und aus den Fugen geraten. So schätze sie diese Organisation ein und etwas in ihr stimmte ihr zu. Wie beruhigend das Gefühl auch war.
Aidan und sie gingen abermals denselben Weg zum Boss. Mit jedem Mal, dass Cassie diesen Weg antrat, war der Weg kürzer. Und mit jedem Mal hatte sie weniger Angst. Immerhin lag das größte Hindernis schon hinter ihr.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.09.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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