Michael Mews

Mitternachtsmord

Es war schon nach Mitternacht, als ich zum Glück gleich vor unserem Haus einen Parkplatz entdeckte. Zufrieden parkte ich das Auto ein, blieb aber noch sitzen, um Mut zu sammeln zum auszusteigen.

 

 

Die heftigen Windböen peitschten heulend den prasselnd Regen gegen die Windschutzscheibe. Plötzlich packte mich völlig unerwartet der Mut, ich riss die Tür auf, rannte zum Hauseingang, während hinter mir die Äste im Wind wild um sich schlugen und sehr gefährlich ächzten.

 

 

Bis auf die Knochen durchnässt, betrat ich das Haus, schüttelte mich (das habe ich von meinem Hund gelernt) und das Wasser spritze von meinem Mantel gegen die Treppenhauswände und erzeugte dort geheimnisvolle, fast grauenhafte, dynamische Ornamente.

 

 

Ich war zu müde, um stehen zu bleiben und diese Ornamente zu deuten. Hätte ich diese richtig gedeutet, dann hätte ich mit Sicherheit meine Wohnung nicht betreten.

 

 

Aber nun war es leider zu spät. Mein Schicksal hatte mich fest im Griff und zeigte mir den vorbestimmten Weg.

 

 

„Der Weg ist das Ziel“, dachte ich.

 

 

Leise, sehr leise schloss ich die Tür auf, knipste das Licht an und hängte den nassen Mantel an die Garderoben. Der Mantel tropfte so, wie ein Wasserrohrbruch, trotzdem betrat ich die Küche und schenkte mir ein kühles Bier ein.

 

 

Erst jetzt bemerkte ich den Bluttropfen an meiner Hand, vermutlich habe ich mir beim öffnen der Bierdose die Hand verletzt. Das Blut tropfte auf den Boden und ich überlegte, ob ich mir vor dem Kühlschrank eine Blutrinne einbauen lassen sollte.

 

 

Das erfrischende Bier genoss ich, ging dann zu meiner Bibliothek und entdeckte, dass die Tür merkwürdiger Weise nur leicht angelehnt war.

 

 

Ich öffnete sie und blickte in den Raum, furcht erregende Dunkelheit blickte zurück, die seltsamer Weise verschwand, als ich das Licht anknipste.

 

 

Und da, nein das darf nicht wahr sein! Das Blut gefror mir in den Adern, ich wollte schreien, aber mein Atem stockte, mir wurde schwindlig. Mit letzter Kraft hielt ich mich an der Tür fest, während meine Knie taktlos zitterten und der Schock wie ein Blitz, mehrmals durch meinen Körper fuhr.

 

 

Es war einfach ein grauenhafter Anblick.

 

 

Sie lag direkt vor meinen Füssen! Auf dem Rücken, die Beine ungesund angewinkelt, bewegungslos mit starren Augen.

 

 

Langsam, sehr langsam bückte ich mich, aber meine Tochter, die inzwischen neben mir stand, war schneller.

 

 

In der rechten Hand hielt sie einen Tischstaubsauger, knipste ihn an und saugte die Tote Fliege einfach auf.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Michael Mews).
Der Beitrag wurde von Michael Mews auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.09.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Michael Mews als Lieblingsautor markieren

Buch von Michael Mews:

cover

Auch auf Leichen liegt man weich - Kurzgeschichten von Michael Mews



"Auch auf Leichen liegt man weich" ist eine Sammlung schaurig schöner und manchmal surrealer Kurzgeschichten, in denen Alltagsbegebenheiten beängstigend werden können und Schrecken auf einmal keine mehr sind - vielleicht!

Wir begegnen Lupa, der ein kleines Schlagenproblem zu haben scheint und sich auch schon einmal verläuft, stellen fest, dass Morde ungesund sind, und werden Toilettentüren in Flugzeug in Zukunft mit ganz anderen Augen betrachten.

Und immer wieder begleiten den Erzähler seine beiden guten Freunde: die Gänsehaut und das leichte Grauen ...

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Wahre Geschichten" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Michael Mews

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Hokus und Pokus / Teil 2 von Michael Mews (Märchen)
Unser Hund Schiefkopf von Karl-Heinz Fricke (Wahre Geschichten)
TINI von Christine Wolny (Tiergeschichten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen