Engelbert Blabsreiter

Glühwürmchenzauber für Kinder

Es waren einmal zwei Glühwürmchenmännchen namens Blank und Blink.
Verborgen im Erdreich unter einer Wiese, warteten sie auf den nahenden Frühling. Sodann mussten sie sich häuten und gemäß ihrer Bestimmung Jagd auf Schnecken machen. Die Lieblingsnahrung von Glühwürmchenlarven sind nämlich verschiedene Arten von Schnecken.
Als die Tage länger wurden und der Boden sich erwärmte, krabbelten sie aus ihren Verstecken im Boden und warteten bis die gleißende Sonnenstrahlung von der Dunkelheit der Nacht abgelöst wurde.
Mit ihren Riechorganen konnten sich Blank und Blink sofort wieder erkennen als sie die Erdoberfläche erreichten. Sie freuten sich, den Winter so gut überstanden zu haben und wie das vorhergehende Jahr gemeinsam auf Jagd zu gehen. Sie waren zu guten Freunden geworden und gemeinsam konnten sie auch ihre Opfer leichter überwältigen. Ihre Geruchsorgane führten sie immer zielgerichtet zu den Schleimspuren, die Schnecken gewöhnlich hinterlassen und so brauchten sie diesen nur zu folgen um ihre Opfer zu finden. Mit ihren dolchartigen Kiefern spritzten sie dann diesen Schnecken ihr Gift ein und töteten sie, um sie dann in aller Ruhe zu verspeisen. So manches Abenteuer konnten sie dabei erleben und die Tage und Nächte vergingen für Blank und Blink wie im Flug. Es gab immer viele Schnecken und so brauchten sie nie Hunger leiden. Als es wieder einmal auf das Ende des Sommers zu ging und die Nächte zu kalt wurden, um Schnecken zu jagen, zogen sie sich mit vollem Bauch  in ihr Versteck im Erdboden zurück. Aber diesmal war es anders als die Jahre vorher. Ihre Haut veränderte sich, sie wurde fester und fester. Ihr Körper verwandelte sich zu einer harten Puppe und  so schliefen sie schließlich völlig ermattet ein, um im nächsten Frühjahr als Glühwürmchenkäfer das Licht der Welt zu erblicken.
Als es dann so weit war und der Frühling kam  schälten sie sich aus ihren erhärteten Puppen, um sich an die Erdoberfläche zu graben. Sie merkten sofort, dass sich alles an ihnen verändert hatte. Sie waren keine Larven mehr sondern richtige Glühwürmchen. Und Hunger nach Schnecken hatten sie auch keinen mehr. Sie hatten ein anderes Verlangen.....das Verlangen nach einem Glühwürmchenweibchen mit dem sie sich paaren wollten.
Alles was sie dazu brauchten hatte ihnen Ihr Schöpfer bereits mitgegeben und so machten sich Blank und Blink auf die Suche nach  Weibchen. Nicht auf dem Boden krabbelnd wie früher ,... nein sie konnten jetzt fliegen und am Ende ihres Körpers hatten sie einen wundervollen Leuchtkörper der kaltes Licht ausstrahlte um sie in der dunklen Nacht sichtbar zu machen. Das gleiche Licht wurde auch von den Weibchen ausgestrahlt, aber bereits der Geruchssinn ließ sie vorher schon unterscheiden was Männchen und was Weibchen war. So flogen sie nun dahin und suchten nach diesem Leuchten und Düften von denen sie wussten, dass paarungsfähige Weibchen die Verursacher sein konnten.
Viele Nächte irrten sie umher und nur das sanfte Mondlicht begleitete ihren Weg durch die einsamen Weiten der Wiesen und Wälder.
Plötzlich sah Blank ein kleines Licht in der Ferne. Unbändiges Verlangen machte sich in seinem Herz breit. Er konnte es gar nicht mehr erwarten, das lange ersehnte Glühwürmchenweibchen in seine Arme zu nehmen. Blink merkte erst einige Momente später, dass sein Freund ohne Kommentar die Richtung gewechselt hatte und rief ihm nach, er solle doch auf ihn warten. Doch die Sehnsucht ließ seinen Freund alle Vorsicht vergessen und so flog Blank mit rasend klopfendem Herzen zielgenau auf das immer heller werdende Licht zu. Voller Freude und Aufregung und ohne Erfahrung erkannte er nicht, dass das Licht dem er sich so schnell näherte nicht von einem Glühwürmchenweibchen stammte sondern von einer glühend heißen Straßenlaterne. Als ihm bewusst wurde dass er sich geirrt hatte, war er schon so geblendet, dass er die Orientierung verlor und an der heißen Glühlampe augenblicklich verbrannte. Auch die warnenden Rufe seines Freundes konnte er jetzt nicht mehr wahrnehmen. Während sein von der glühenden Hitze entstellter Körper zum Boden trudelte, wurde ihm schmerzhaft bewusst, dass sein Leben im Moment des hellsten Lichtes ausgelöscht wurde. Als sein Körper den Boden erreichte, war bereits alles Leben aus seinem Körper gewichen und Blink konnte ihn nur noch bewegungslos und mit entsetztem Blick vorfinden.
Die ganze Nacht blieb sein Freund im Licht der Straßenlampe sitzen, immer in der Hoffnung, ob Blank sich nicht doch noch bewegen würde. Aber als der Morgen graute, wusste er, dass alle Hoffnung vergebens war und die Einsamkeit kroch schrecklich tief in sein Herz hinein. Er zog sich über den Tag in ein Erdloch zurück und ruhte sich für die folgende Nacht aus. Seine Gedanken und Träume jedoch kreisten den ganzen Tag  um das, was in der Nacht geschehen war.

Die Sehnsucht nach einem Glühwürmchenweibchen trieb ihn aber wieder aus dem Erdloch und so machte er sich diesmal, um eine Erfahrung reicher und einen Freund weniger, allein auf die Suche nach einem Partner.
Das helle Licht hatte seinem Freund das Leben gekostet und so suchte er die Dunkelheit um nicht an die Ereignisse der letzten Nacht erinnert zu werden. Der Mond war in dieser Nacht nicht sichtbar und so war es sehr dunkel über den Grashalmen über die er gerade flog.
Blink´s Hinterteil leuchtete dafür umso heller und man konnte ihn schon von weitem an seinem lustig taumelnden Flug erkennen.
Plötzlich sah er ein kleines Leuchten auf einem der Grashalme unter ihm und der verführerische Duft eines Weibchens drang an seine Geruchsorgane. Sein Herz schlug heftig und rasend schnell, als er am Ende des Grashalmes  landete, um sich langsam dem Glühwürmchenweibchen zu nähern. Der Grashalm zitterte unter dem Gewicht des Männchens. So musste sich das Weibchen fester an den Grashalm klammern, um nicht herunter zu fallen. Blink war etwas verunsichert, als er sich auf dem Grashalm dem Weibchen näherte aber ein lustiges Kichern ließ ihn erkennen, dass sie wohl eher etwas belustigt war. Das Weibchen hieß Blend und sie freute sich sehr den hübschen Blink zu treffen.

Sie waren wie geschaffen füreinander und erlebten gemeinsam einige wundervolle Tage und Nächte. Sie waren so glücklich, dass sie  nicht mehr zwischen ihren Träumen und der Realität unterscheiden konnten.
Nach ein paar Tagen jedoch wurde Blink krank….. Er wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass Glühwürmchenmänner nur wenige Tage nach der Paarung sterben müssen. Langsam entwich so auch das Leben aus Blinks Körper. Blend musste zusehen, wie ihr Blink schwächer wurde und spürte die Angst die ihn vor seinem nahen Ende schwer zu schaffen machte.
Auch wenn sein Körper schon sehr geschwächt war, so jagten in den letzen Minuten seines Lebens die Gedanken in völliger Klarheit durch sein Gehirn…..
Er sah sein Leben wie in einem Film an sich vorüberziehen….die Abenteuer mit seinem Freund Blank….die aufregende Jagd nach Schnecken….die Momente des Aufwachens und Einschlafens unter der Erde….der Verlust seines Freundes und die phantastischen und traumhaften Momente mit seiner geliebten Blend. Und  nun musste er erkennen, dass sein Leben genauso wie bei seinem Freund Blank im vermeindlich schönsten Moment enden würde. Wie schade, dass sein Leben gerade jetzt enden musste…..
Als sein Körper erkaltet war, musste ihn Blend verlassen, um das Vermächtnis, dass ihr Blink hinterlassen hatte seiner Bestimmung zu übergeben. Sie legte viele Eier in ein tiefes Loch im Boden und im nächsten Jahr schlüpften viele kleine Blink´s und Blend´s aus der Erde. 

Seitdem können wir sie jedes Jahr fliegen sehen….die kleinen Lichtlein, die blinkend durch die dunkle Nacht schweben und uns erfreuen und bezaubern…
….weil wir wissen was der Preis dafür war….

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.09.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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