Micha Schorn

Schlaf gut!

Irgendwann hatte er angefangen sein Alter in Form von Gicht in beiden Händen zu spüren. Vor einigen Jahren war es gewesen. Gerade als die neuen Nachbarn das Haus bezogen. Anfangs verfluchte er die junge Familie. Laut waren sie gewesen, das Kind zu naseweis. Es hatte einige Zeit gedauert, bis er merkte das die Kleine ihn an die Mädchen in seinem Heft erinnerten. Die Gardine hatte er nie beiseite geschoben wenn es sie beim Spielen beobachtete. Sieben vielleicht acht hatte er gedacht. Er begann die Neuen zu grüssen. Seine Frau wunderte sich. Er grüßte nie. Ob sie es komisch fand hatte sie nie geäußert. Manchmal strich er der Kleinen über den Kopf. Lächelte. Suchte Gespräche. Abends onanierte er in der Küche. Hektisch. Getrieben. Das Heft auf seinen Knien, die Gedanken bei ihr.
 
 
 
Er lächelte großherzig als sie ihn fragten. Man kannte sich schließlich. Ein Ziel vor Augen hatte er die traute Nachbarschaft über sich ergehen lassen. Hatte sich zuverlässig gezeigt, am Leben teilgenommen, kleine Herzen erobert. Als neuen Menschen hatte sie ihn bezeichnet. Vielleicht verwundert.
 
 
 
Um acht hatte sie ins Bett gemusst. Man hielt ihn zur Zeiteinhaltung an. Entkleiden, waschen, Zähne putzen. Eine halbe Stunde noch lesen, danach Licht aus. Ihre Anordnungen waren eindeutig gewesen. Noch heute konnte er bei diesen Gedanken die Erregung spüren die ihn damals getrieben hatte. Bevor er hinüberging, hatte er noch einen Blick in das Heft geworfen.
 
 
 
Als sie ins Bad ging, war er ihr gefolgt. Leise hatte er sich auf den Wannenrand gesetzt und sie beobachtet. Kindlich war ihr Lachen gewesen. Nur in Unterwäsche hatte sie begonnen sich die Zähne zu putzen. Er hatte gezittert, rang um Beherrschung. Als sie ihr Nachthemd überstreifen wollte, hatte er gesagt sie möge doch noch saubere Wäsche anziehen. Sie wäre etwas feucht vom Waschen. Ihr Blick war verdutzt, er sah ihn noch heute vor sich. Er hatte geholfen, sie hatte nichts geahnt. Ohne Vorankündigung, etwas grob, hatte er zwei Finger in sie gedrängt. Geweitete Augen, kein Wort, ein leichtes Stöhnen. Es hatte ihn noch mehr erregt. Er bewegte seine Finger, spürte die Enge. Er hatte an die Mädchen in seinem Heft gedacht. Sie alle lächelten. Sie war starr, versuchte die Beine zusammen zu pressen. Seine Hand ließ es nicht zu. Die Andere hatte sanft über ihren leichten Brustansatz gestreichelt, die Warzen hatten begonnen sich zu versteifen. Er war überzeugt das es ihr gefalle. Irgendwann hatte er sich aus ihr zurückgezogen. Er meinte sich an Tränen erinnern zu können. Er hatte sie zum Ankleiden angehalten, es sei schon spät. Ganz nah hatte er sich zu ihr herange-beugt, sie war ein wenig zurückgewichen. Schweigen hatte er ihr befohlen, sonst stürben Mama und Papa und sie käme in ein Heim. Das wolle doch niemand.
 
 
 
Fürsorglich hatte er sie zugedeckt, sie müsse keine Angst im Dunkeln haben, er wäre ja unten. Er hatte ihr gesagt das sie rufen sollte. Er war da um sie zu beschützen. Bevor er das Licht löschte, hatte er noch einmal zurückgesehen. Ihr Körper zitterte, die Bettdecke bewegte sich. Sie wird es vergessen hatte er gedacht.
 
 
 
Auf dem Sofa sitzend, hatte er onaniert. Zum wiederholten Male. An seinen Finger riechend versteifte sein Penis. Er schmerzte. Er fühlte sich gut. Die Mädchen aus seinem Heft waren zu Leben erweckt worden. Alles in Ordnung hatte er ihnen gesagt als sie nach Hause kamen. Sie beide wären gut zurechtgekommen. Keine Probleme. Ihre Schuldigkeit? Er hatte abgewunken. Nicht der Rede wert. Immer wieder, hörte er sich noch heute sagen. Leicht war das Gefühl gewesen als er die Tür hinter sich schloss.
 
 
 
Wortlos hatte er sich neben sie ins Bett gelegt. Er wusste nicht ob sie schon schlief. Es war ihm egal gewesen. Ihr alter Leib widerte ihn an. Ein seitlicher Blick hatte ihn am nächsten Morgen empfangen. Er hatte ihn ignoriert.
 
 
 
Bis zum Wegzug der Familie, sie zogen berufsbedingt in eine andere Stadt, hatte er noch unzählige Male auf die Kleine aufgepasst. Es gäbe keinen Besseren hörte er sie sagen. Anfangs das Bad, später jeder Raum. Anfangs zwei Finger, später nur noch seltenst die Hand.
 
 
 Er hatte ihnen gewunken als der Möbelwagen um die Ecke bog. Traurig. Nie hatte sie auch nur ein Wort darüber verloren. Er war sicher das sie sich nicht mehr erinnere. Es war doch ganz natürlich, passierte millionenfach jeden Tag. Er hatte Wehmut gespürt. Er hatte sie geliebt.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.10.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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