Farhad Salmanian

Der größte Apfel der Welt

In einem großen Walde standen viele schöne Bäume dicht bei einander, summten Lieder von Liebe und Freude und genossen ihr Leben zusammen. Auch ich lebte in diesem Walde, in dem jeder Liebeslieder sang. Jeden Tag wachte ich auf in der Morgenfrühe und erzählte, wie es im Walde üblich war, alles was man in der Nacht geträumt hatte. Einer der alten Bäume sprach gerade von vielfarbigen Blüten. Ich war überrascht und spitzte die Ohren: “Ich träumte davon, dass alle meine Zweige voller Äpfel sind und die Kinder um mich herum tanzten, sangen und Äpfel pflückten. Aber sobald einer Äpfel pflückte, wuchsen an der Stelle wieder neue Äpfel und die Kinder kamen dauernd zu mir und aßen diese.” sagte er.
Ein Baum dessen Blüten noch blass waren, sagte eilig:” Ich habe davon geträumt, dass alle meine Äpfel, die vom Regen nass wurden durch den Sonnenschein sieben Farben bekommen hatten, genau wie ein Regenbogen. So hörte man im Walde überall von den süßen Apfelbaumträumen. Auch die anderen hörten ihre Geschichten.

Auf einmal schwiegen alle. Der jüngste Apfelbaum schlief noch, und wie tief war sein Schlaf! Die anderen Bäume wurden neugierig und wollten wissen, wovon dieser Baum träumt. Das Geräusch der anderen Bäume weckte den kleinen Baum auf. Er machte die Augen mit Unlust auf als er die anderen fragen hörte: “Wovon hast du geträumt?” “Ich hatte den schönsten Traum der Welt,” antwortete er und erzählte weiter: ”Ich...ich ...träumte davon, dass einer meiner Äste bis in die Wolken gewachsen war und alle meine Blüten außer einer herabgefallen waren. Aus der übriggebliebenen Blüte entwickelte sich ein großer Apfel. Der war so groß wie die Sonne! Wie schön war er. Schade, dass mich euer Lärm aus dem Schlaf weckte. Hätte ich doch so einen großen Apfel besessen, den niemand pflücken und den kein Vogel erreichen könnte!“ Der kleine Baum sprach bis zum Abend mit keinem anderen mehr. Vielleicht wollte er nur an seinen schönen Traum denken und glaubte, dass er wichtiger als die andere wäre.
“Oh, was für ein schöner Apfel! Es war meiner! …Meiner!” sagte er vor sich hin. Nachts schliefen alle; der kleine Baum aber nicht. Sobald er einschlief, wachte er wieder auf und sah sich seine Äste an. Er wünschte, dass etwas passieren und sein Traum in Erfüllung gehen würde. Auf einmal bewegte sich einer seiner Äste. Dann zogen die Wolken schnell auf. Der kleine Baum stellte fest, dass ihm die Natur den Wunsch erfüllen wollte. Er konzentrierte alle seine Kräfte darauf diesen Ast bestmöglich zu ernähern. Demzufolge vertrockneten die Blüten der anderen Bäume und fielen ab. Auch die Baumblätter wurden gelb. Die letzte Blüte des kleinen Apfelbaumes, die durch dessen Ast an die Wolken gelangt war, verwandelte sich in einen großen Apfel, der wuchs und wuchs... Der kleine Apfelbaum wusste nicht, ob er träumte oder ob es wahr war. Es war aber nur ein Traum! Wie schön war der Apfel! Der Morgen brach an; die anderen Bäume des Waldes konnten jedoch an diesem Tag die Sonne nicht sehen, weil sie durch einen riesigen Apfel verdeckt war. Nun machten sie sich Sorgen, alle miteinander. Wegen des Schattens bekamen die Blumen am Fuße des Baumes kein Sonnenlicht und verwelkten; aber er stand noch voll Hochmut und schaute dem Sterben der anderen zu...
Während der Wald sich mit dem Schatten des großen Apfels überzog, wurden die Blätter der anderen Bäume noch welker und der Apfel wuchs immer mehr...

Der kleine Baum jedoch dachte nur an seinen Schein. Plötzlich ertönte ein schrecklicher Ton im Walde. Der lange Ast brach und der riesige Apfel fiel herab und zerplatzte auf der Erde. Auf einmal erwachte der kleine Baum aus dem Schlaf und nach einer Weile sagte er vor sich hin: ”Was für ein Albtraum! Gott sei dank, dass ich wie die anderen Bäume bin!”

Übertragen aus dem Persischen: Farhad Salmanian

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.10.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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