Sandra Bauer

VORBEI (sechs Jahre meines Lebens)

Ich war damals 14 Jahre jung, unverbraucht und noch sooo naiv. Alles begann als ich in meiner Lieblingsbar saß, da lernte ich dann Roland kennen. Er saß da in seiner Bundesheer-uniform und ich dachte, hmm der hat nen recht knackigen Hintern in der Uniformhose. Ich beobachtete ihn eine Weile, er dürfte dies bemerkt haben. Kam auf mich zu und stellte sich vor, wir verstanden uns auf Anhieb und hatten viel Spaß, ich schaute auf die Uhr, oh Gott schon 22:00 Uhr ich muss nach Hause. Wir verabredeten uns für den nächsten Abend und dann ging ich. Tags darauf war ich wie vereinbart um Punkt 19:00 wieder in der Bar, er saß da mit einem zweiten Burschen. Ich ging auf die beiden zu sagte kurz "Hallo" und dann sah ich sie.... diese zwei wunderschönen grünen Augen. "Ich bin Michael" hörte ich wie durch Wolken. "Ich bin die Sandra" stotterte ich und setzte mich, es war in dem Moment um mich geschehen, in dem ich in diese wunderbaren grünen Augen sah.
Ich wusste, diesen Mann muss ich wiedersehen, egal was passiert. Im Laufe des Abends bemerkte ich, dass auch ich ihm gefiel und wir wussten beide, das da was ganz besonderes ist. Wir tauschten Telefonnummern aus und sahen uns von da an jeden Tag.

Ich war betäubt von dem Gefühl der Liebe und doch sollte ich bald darauf die Ernüchterung erleben.......Manno wie naiv ist man mit 14. Heute kann ich es gar nicht mehr glauben.

Wir sahen uns jeden Tag und mir fiel zwar auf das er jeden Tag am Pokerautomaten saß, doch das störte mich nicht im geringsten, ganz im Gegenteil ich fand es spannend, sah nicht das es bei ihm schon lange eine Sucht war. Wir waren nun schon ein halbes Jahr zusammen, als wir uns entschlossen zusammenzuziehen. Er zog also bei mir zu Hause ein und wir genossen die gemeinsame Zeit. Als wir unseren ersten Jahrestag feierten sagte er zu mir "Du bist zwar noch jung, doch ich will immer mit dir zusammensein, du auch mit mir". Das waren die Worte auf die ich gewartet hatte, ich zersprang fast vor Freunde und viel ihm mit Tränen in den Augen um den Hals. Als Krönung zog er noch einen schönen Ring aus der Tasche, ganz aus Gold, mit der Gravur, DU UND ICH FÜR IMMER.

Zwei Jahre lang lief alles super, ich hatte Michael vom Pokerspielen wegholen können, wir hatten eine eigene Wohnung bezogen und ich war glücklich wie noch nie. Dann traf ich eine alte Freundin wieder. Silvia. Sie war ein Jahr in Amerika auf Schüleraustausch gewesen, ich freute mich riesig. Meine Welt war in Ordnung, doch mein Leben sollte sich in den nächsten drei Jahren noch dramatisch verändern.

Wir saßen in meiner Lieblings-Pizzaria und an meinem Handgelenk blitzen ein neues Armband, wir waren nun vier Jahre zusammen und alles war für mich in Ordnung gewesen. Doch genauso wie Michael mir heute an meinem Jahrestag ein Armkettchen geschenkt hatte, hatte auch ich noch eine Überraschung parat. Ich schaute ihm tief in die Augen und sagte, die Worte die mein ganzes Leben verändern sollten: "Schatz, ich bin im dritten Monat schwanger!" Er sah mich an und seine Augen waren plötzlich total kalt und vor allem sehr leer, er schaute mich eine Minute lang an und dann sagte er "Und ist es von mir"? Ich war fassungslos, was bildete sich dieser Mann eigentlich ein "Natürlich ist es von dir" hörte ich mich sagen, bevor ich mich mit Tränen in den Augen umdrehte, nach hause ging und ihn einfach stehen ließ. Ich war schon drei Stunden zu Hause, als er mächtig angetrunken, torkelnd bei der Tür reinkam. Er fing an zu schimpfen "du Schlampe, du Hure..." alles mögliche kam aus seinem Mund, Tränen liefen über meine Wangen und als ich versuchte etwas zu erwidern, traf seine Faust mein Gesicht und als ich stürzte verspürte ich nur noch einen heftigen Stich in der Magengegend. Ich schaute ihn durch einen Tränenvorhang an, er hatte mich wirklich in den Magen getreten, ich fasste es nicht. Ich kroch auf allen vieren ins Badezimmer und sperrte mich ein, er trommelte von draußen an die Tür und nach einer Ewigkeit war es ruhig. Ich versuchte aufzustehen und sah plötzlich das ich eine kleine Blutlache auf den Fliesen hinterlassen hatte. Mein Gott was war geschehen, ich begann zu weinen, schloss die Tür auf und schrie. Michael erhob sich schwankend, er sah mich entsetzt an, plötzlich war er total nüchtern, hob mich hoch und fuhr mit mir wie die Feuerwehr ins Krankenhaus. Ich setzte mich dort auf den Stuhl und ließ mich untersuchen, es war mir peinlich was sollte ich dem Arzt sagen und plötzlich stellte dieser die erschütternde Diagnose:
"Es tut mir leid, Sie haben Ihr Kind verloren".

Ich sah den Arzt entsetzt an und dann sah ich Michael an und als ich ihn so ansah, überkam mich ein unglaublicher Zorn, trotz des Blutverlusts, trotz der Schmerzen, sprang ich auf und trommelte mit den Fäusten gegen seine Brust. "Du Schwein, du hast unser Baby umgebracht", das nächste an das ich mich erinnere ist das die Ärzte mich wegzogen und mir eine Spritze gaben.

Ich erwachte in einem kalkweißen Zimmer und sah einen riesigen Strauß roter Rosen an meinem Bett stehen, mit einem Kärtchen wo drauf stand "Es tut mir leid". Dieses Arschloch dachte ich, der braucht mir nicht mehr unterkommen. Ich will ihn nie wieder sehen dachte ich und plötzlich betrat er auch schon mein Zimmer. Ich starrte an die Decke als er auf mich einredete und dann sagte er "Es tut mir leid, ich hab zuviel getrunken, ich liebe dich doch" Tränen liefen wieder über meine Wangen und die ganze schöne Zeit die wir bis jetzt hatten, lief vor meinem geistigen Auge ab. "Ich liebe dich auch" sagte ich "gemeinsam können wir es schaffen"

Tja fast auf den Tag genau, zwei Jahre später fand ich mich abermals im Krankenhaus wieder, diesmal mit einer schweren rechtsseitigen Gesichtsprellung. Ich war in der Zwischenzeit ein Wrack, in den vergangenen zwei Jahren bin ich durch die Hölle gegangen und ich hätte nie gedacht das ich den Menschen den ich einst so liebte, einmal so hassen könnte. Er kam nicht einmal ins Krankenhaus, er scherte sich nichts mehr um mich, kam auch oft nächtelang nicht nach Hause. Was war aus der Zeit geworden, aus der Zeit wo ich glücklich war, wo kein Wässerchen meine Stimmung hätte trüben können.............tja die Zeit war nun vorbei, genauso wie sechs Jahre meines Lebens..

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Sandra Bauer).
Der Beitrag wurde von Sandra Bauer auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.08.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Sandra Bauer als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Hundsgemein!: Merkwürdige Hundegeschichten von Walter Raasch



Genau als ich aus der Tür trat, fuhr in gemütlichem Tempo mein Mercedes an mir vorbei. Mit meinem Hund auf dem Fahrersitz. Er sah wirklich lässig und souverän aus, fast wartete ich darauf, dass er grüßend die Pfote hob. Ich denke, ich habe in meinem ganzen Leben niemals verwirrter und dämlicher aus der Wäsche geguckt.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (2)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Drama" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Sandra Bauer

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Ein neuer Anfang.... von Sandra Bauer (Wie das Leben so spielt)
Abschiedsbrief einer fünfzehnjährigen von Rüdiger Nazar (Drama)
Pilgertour nach Campostela...Teil II. von Rüdiger Nazar (Abenteuer)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen