Christina Halupczok

Die kleine Zela (Das Leben)

Es war einmal ein Organismus, in dem lebte eine kleine Zelle, ihr Name war Zela. Sie hatte eine zarte und doch sehr stabile Schicht um sich, man könnte es eine Hülle nennen. Diese Hülle war sehr weich und beweglich, denn sie war ja viel unterwegs, musste sich durch verschiedene Gänge quetschen und wenn Sie in die Nähe bestimmter Organe schwamm, musste sie aufpassen, nicht mit ihnen zusammen zu stoßen. Was eigentlich auch nicht so schlimm war, sie hatte ihre bewegliche Hülle, die sich gut anpassen konnte.
Sie war 50 Mikrometer groß, das ist für eine Zelle des menschlichen Organismus schon eine beachtliche Leistung. Es gibt auch noch kleinere Zellen, die sich zwischen 5 und 50 Mikrometer befinden. Die größte Zelle im Körper ist die Eizelle, die ist etwa 0,2 mm groß und darauf war Zela immer ganz neidisch. Wie gerne würde sie auch eine Eizelle sein.
Außer dieser Kleinigkeit fühlte sie sich zwischen ihren Eltern (auch Zellen), Onkel, Tanten und sämtlicher Verwandschaft (z. B. Gewebe und Organe) sehr wohl. Sie schlief nie, wie wir Menschen zum Beispiel, um sich von der Arbeit zu erholen. Zela war ein Workaholic. Rund um die Uhr war sie in Aktion. Sie empfing öfter am Tag Gäste wie Wasser, Vitamine, Sauerstoff und Glucose. Doch mit einigen Zeitgenossen hatte sie ihr Kreuz zu tragen. Wollten sich doch immer wieder so ein paar Eiweißverbindungen bei ihr einnisten, aber da haben sie die Rechnung ohne Zela gemacht. Sie sagte immer wieder: "Meine Schicht ist zu dick und undurchdringlich für euch," natürlich ohne großen Erfolg. `Die Eiweiße denken wohl sie sind weise`, dachte Zela und nach etlichen Versuchen des Eindringens war sie doch die Stärkere am Ende.
Da sie selbst Proteine (Eiweiße) produzierte, haben die bei ihr einfach nichts zu suchen, das kapieren die einfach nicht. Ich geb ja zu, dass Proteine den Hauptbestandteil in jedem Organismus bilden, dachte sie, trotzdem müssen die sich ja nicht immer aufdrängeln.
Jedes Organ besteht aus Zellen die sich zu Gewebe zusammenschließen und dann, wenn sie gut sind und hart abreiten, einmal Organe werden. Und da müssen die hin," husch husch." Naja, sie haben ja auch keinen Kern, der ihnen sagen könnte: "Hey, ihr seid hier falsch, von mir kommt ihr her, ihr müsst jetzt einen anderen Weg einschlagen." Man erwartet manchmal einfach zu viel von der Natur.
Sind eben nur Proteine, die unter anderem Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff enthalten, wovon etwa 30 000 verschiedene in jedem Körper produziert werden. Obwohl sie das manchmal etwas schwächte, schaffte sie es, durch ihr eigenes Kraftwerk, in ein paar Sekunden wieder topfit zu sein. Nun konnte Sie sich ihrer eigentlichen Aufgabe, der Produktion widmen, die wertvollen Bestandteile für den Organismus zu schaffen, wie zum Beispiel Eiweiße, Fette, Energie, jeden Tag, jede Stunde und so weiter und so fort. Sie produzierte durch die Zuführung von Nährstoffen (ihren Gästen) wie Sauerstoff, Kohlenhydrate, Stärke etc. ihre Eiweiße, Fette und Energie, um den Organismus zu erhalten, denn hier war jede einzelne Zelle gefragt. Ohne die Zusammenarbeit aller könnte der Organismus nicht stabil laufen. Sie war stolz ein Teil des Ganzen zu sein. Das motivierte sie so sehr, dass sie einfach alle Kraft die sie hatte für ihre Arbeit einsetzte.
Es war wieder ein ganz normaler Tag im Organismus und nach einiger Zeit hatte Zela das Bedürfnis auf etwas Neues in ihrem Leben. Ihr größter Wunsch war es, eine Eizelle zu werden und sich zu vermehren. `Mutter sein, das fehlt mir noch zu meinem Glück`, dachte Zela. Nun wie stellt man das an, ohne großen Schaden anzurichten? Was wenn sie sich teilt (hatte sie mal von einer Tante gehört, dass so etwas geht) und nur noch jeweils die Hälfte produziert, mit Verlusten die der Organismus nicht auffangen kann?
Was wenn das ganze System zusammenbricht, nur weil ich Mutter werden will? Wie geht das überhaupt? Wie lange muss ich eigentlich die Arbeit verrichten, produzieren, produzieren, produzieren? Das könnte doch auch jemand anders übernehmen, oder? All diese Fragen stellte Zela sich während ihrer fortlaufenden Arbeit. Jedoch so egoistisch zu sein und etwas anderes machen zu wollen kam ihr im nächsten Moment wieder sehr albern vor und sie schämte sich ihren Verwandten und Mitzellen gegenüber, solche Gedanken zu haben.

Nach langer Zeit des produzierens ereignete sich eines Tages etwas, das Zela nicht einordnen konnte. Die vergangene Zeit verbrachte sie sehr viel mit der Konzentration eine Eizelle zu werden und sich zu vermehren, obwohl sie nicht genau wusste wie. Trotz der inneren Stimme, die da sagte: "Mach das was du kannst und kümmere dich um deine Arbeit und nicht um das, was anderer Zellen Aufgabe ist!" Sie konnte nicht anders, als immer das Gleiche zu denken und zu überlegen, wie sie sich ihren größten innerlichen Wunsch erfüllen könnte.
Nun, besagter Tag, sie fühlte sich auf einmal etwas doppelig. Ihre Chromosomen (die in jeder Zelle vorhanden sind, genau 46 Stück als 23 Paar) spielten irgendwie verrückt. Die sich sonst gegenüberstehden Chromosomen machten auf einmal so merkwürdige Verrenkungen sich auseinander zu reihen, spinnen die? Vielleicht hat sie zu lange darüber nachgedacht etwas Anderes werden zu wollen und jetzt bekommt sie die Rechnung, man soll doch mit dem zufrieden sein, was man hat. Hilfe!
Die Chromis, wie sie ihre Mitbewohner lieb nannte, begannen sich zu verdicken und zu verkürzen um dann als lange, dünne Fäden wie ein Wollknäuel in einer Art Spirale zu enden. Na mal schauen, was die noch so vorhaben. Zela war ganz mulmig zumute, wie es einer Zelle halt mulmig sein kann, bei Menschen heißt das: "Ich glaub ich muss mich übergeben!"
Nach längerem Treiben in ihrem Zellleib kam es zu einer kleinen Ruhepause, die Chromosomen im ersten Anfall geteilt und an den Stellen die frei wurden dockten sich kleine Teilchen (Basen) an, haben sich also verdoppelt. Nennen sich Chromatiden. ´Hat denn sowas schon einer gehört, mein Zellkern (Hirn der Zelle könnte man sagen) gab mir immer kleine Infos, jetzt kann ich ihn kaum hören, als ob er nichts sagen darf, dabei waren wir echt mal ein Superteam. Ich verstehe gar nicht, warum er sich so ruhig verhält.´ "Hey, merkst du nich was vor sich geht?" denkt Zela ganz laut, doch der Kern scheint sie einfach nicht hören zu wollen. Naja, bis jetzt haben wir immer gut zusammen gearbeitet, schätze, dass ich ihm ein wenig vertrauen sollte. Wenn der Vorgang ihm an den Kragen ginge, würde er sich bestimmt anders verhalten.? Vermutlich!
Nun, nachdem drei weitere Vorgänge erfolgten, begann Zela sich in der Mitte einzuschnüren. Sie konnte gar nicht anders, wie ein Gürtel, der immer enger wurde. Ihre Mitte wurde förmlich abgeschnürt und am Ende durchtrennt. Sie war auf einmal zweimal.
"Bin ich jetzt Mutter?"
Alle ihre Eigenschaften wie ihre Hülle, ihre Zellorgane,wie das Kraftwerk Mitochondrie oder ihr Kern, selbst die verfressenen Lysosomen (futtern, vernichten Abfallprodukte in der Zelle) sind da. Was hat das zu bedeuten. "Hallo, Kern meiner Zelle, bitte sag mir was los ist!"
"Tja meine Liebe, du hast dich gerade vermehrt. Aus Eins sind Zwei geworden, weil du so lieb und fleißig bist hast du dich mit Hilfe der Natur verdoppelt. Herzlichen Glückwunsch!"
Auch wenn ihr größter Wunsch, eine Mutter zu werden, nicht in Erfüllung ging, hatte sie ein kleines Wunder erlebt. Sie hatte sich geteilt. Nun ist zumindest die Kraft des Organismus gestärkt und sie kann sich weiter ihrer Aufgabe widmen. Mit dem Wissen, sich geteilt und wieder ein Glied in der Kette geschaffen zu haben wurde sie ganz glücklich und wer weiß, vielleicht klappts ja doch noch mit dem Mutter werden. Dazu braucht es wahrscheinlich etwas mehr. Was das wohl sein kann? 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.11.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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