08.11.2006
Kategorie "Wahre Geschichten" (Kurzgeschichten)
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Raststätte "DDR" Mittagpause Örtchen Kondomautomat Bananengeschmack

Norbert Wittke

Erinnerungen an ein Schlaraffenland

Ich habe diesen Titel bewusst provokativ gewählt, weil ich den

Eindruck habe, dass sich einige der Bürger der ehemaligen "DDR"

nicht mehr so recht zurückerinnern können an die schönen alten

Zeiten.

Ich hatte die Gelegenheit die ehemalige "DDR" , im September

1990 ein wenig kennen zu lernen, kurz vor der offiziellen Wieder-

vereinigung. Da mein Vater bei der Bundeswehr war, durften wir

dieses zweite Deutsche Land vorher nicht besuchen.

Im September 1990 erhielt ich den dienstlichen Auftrag, für den

Kreis Angermünde kleine Hilfsdienste beim Aufbau der Verwal-

tung zu leisten.

Ich bin mit meinem PKW von meinem Wohnort so los gefahren,

dass ich Punkt 12.00 Uhr die erste Raststätte im ehemaligen

dortigen Staatsgebiet erreichte. Mir war nach 5 Stunden Fahrt

über die Autobahn doch nach etwas Essen und Trinken zu Mute.

Also betrat ich die Raststätte, bemühte mich an den Schalter der

Essenausgabe. Da ein sehr unfreundlicher Aktivist schloss die

Schalterfenster mit Schwung und verkündete Mittagspause von

12.00 bis 14.00 Uhr. Also Mittagessen in der Mittagszeit fiel

hier aus, man war hier offensichtlich noch nicht daran gewöhnt,

Dienstleistungen jeglicher Art zu erbringen. Schönes Deutschland,

schöne Wiedervereinigung dachte ich mir.

Austreten musste ich aber. Zum Glück wurde das Örtchen nicht

auch zur gemeinen Volkspause verbarrikadiert. Schon ein kleiner

Fortschritt für westliche Besucher, dachte ich für mich.Nachdem

ich mich erleichtert hatte schaute ich mir den Vorraum genau an.

Ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Mein Blick fiel auf einen

supermodernen Kondomautomaten mit 5 Angebotsschächten.

Nanu, so weit sind sie hier doch schon, dachte ich. Unwillkürlich

musste ich fast laut auflachen. Ich schaute mir das Objekt der

Begierde für geschlechtswillige Verbraucher näher an. Da waren

3 von den 5 Reihen, die Kondome mit Bananengeschmack anboten.

Wohl ein wirklich großer Nachholbedarf an Bananen, dachte ich

für mich. Dann weiter wie wollen sie die dann verzehren und vor

allem wie schälen, dann wäre das zu bedeckende Objekt wieder

freigelegt? Na ja, die Damen konnten dann eben mal an der Schale

lecken oder so.

So war mein erster Eindruck doch nicht so, wie es mancher ehema-

liger "DDR"-Bürger gerne hören möchte. Ich habe diese wahre Ge-

schichte schon oft erzählt und muss über dieses Erlebnis noch heute

schmunzeln. Nun die Kondomautomaten waren neben den vielen

Videoläden und Automatenhallen der erste Eindruck von persön-

licher Freiheit.

08.11.2006 Norbert Wittke

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Leserkommentare (4)

Lieber Norbert,
richtig spannend diese Geschichte auf deiner ersten Fahrt zur Amtshilfe für den Kreis Angermünde.
Es zeigt sich auch hier das Kondome in der damaligen DDR den universalen Bedürfnissen der Menschen entsprungen sind.
Gefühle zwischen jubeln und klagen, schweigen und singen!
Mit frdl. Gr. Karl- Heinz

Musilump2308.11.2006

Hallo Norbert, wunderbar erzählt.
LG Margit

mkvar09.11.2006

Aller Anfang ist eben schwer, Norbert. Solche und ähnliche Geschichten gab es und auch umgekehrt führte ein Besuch manchmal zu missverständlichen Begebenheiten. An Bananen haben wir uns mittlerweile satt gegessen...*schmunzel.
Die Gegensätze waren schon mitunter sehr krass, zwei Welten sozusagen, die zusammen trafen und bis heute nicht richtig zu einer geworden sind, leider.
Herzliche Grüße,
Rita

RitaHoehne09.11.2006

Hallo Norbert,
Eine schöne Geschichte.
Auch wir fuhren in den ersten Tagen der Grenzöffnung in das Land Sachsen Anhalt. Die Straßen waren zerfahren, die Stromkabel lagen neben der Fahrbahn im Graben, alles war spottbillig und die Menschen waren nicht unfreundlich. Die Tankstellen bestanden aus Fässern für die stinkenden Trabis. In Wernigerode war keine Toilette zu finden. Selbst ein Cafe' verfügte nicht über eine solche. Wir mussten unser Wasser zurück in den Westen nehmen und das des Kaffee's dazu.Braunkohlengase hingen in der Luft. Schließlich waren wir froh wieder in Goslar zu sein. Das waren so die ersten Eindrücke.
Liebe Grüße,
Karl-Heinz

Goslar10.11.2006

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