Sophie Christine Antal

Der schönste Tod

 
Die beiden kannten sich schon immer. Sie waren im selben Dorf aufgewachsen, hatten dieselbe Schule besucht. Und irgendwann hatten sie geheiratet-dort in ihrem Dorf. Sie waren noch so jung und trotzdem war alles klar.
 
Dann kam der Krieg und nahm ihn ihr fort. Er sollte einer der letzten sein, die zurückkehrten.1955 hatte sie schon aufgegeben. Da  kehrte er aus der russischen Gefangenschaft zurück. Er war ein anderer Mensch geworden. Sie hatte gewartet-all die Jahre.
 
Nun lebten sie dort, in ihrem Dorf. Ruhig und beschaulich. Mit Hühnern und Bienen. Die Bienen waren seine Leidenschaft. Er war ein ruhiger Mensch. Sie liebte es fröhliche Menschen um sich zu haben. Wie traurig sie war, als sie es erfuhr. Niemals würden sie Kinder haben können. Sie weinte so oft um all das verlorene Kinderlachen.
 
Sie wurden alt, die beiden. Da zog eine junge Familie in das Haus nebenan. Sie war glücklich. Sie kümmerte sich um die beiden Kinder, später auch um das dritte und das vierte. Und auch er freute sich. Ganz still, auf seine Art.
 
Als die Fanilie umzog, war sie verzweifelt. Nun hatten sie wieder nur sich, die beiden. Die schwere Krankheit machte ihn noch stiller. Sie pflegte ihn-er war ihr ein und alles.
 
Doch es war schwer- sie war nicht mehr die Jüngste. Sie musste sich helfen lassen. Sie wurde schwächer und er immer stiller.
 
Eines Abends wollte er sich nicht füttern lassen. Es schmeckte ihm nicht. Er verlangte Leberwurst. Sie lächelte und gab ihm. Dann brachte sie ihn zu Bett. Ihr Nachbar von gegenüber musste ihr helfen, sie konnte ihn nicht allein halten. Das tat er gern. Heute war etwas anders. Er lächelte. Sie sagte : " Wir müssen allein sein." Und der nette Nachbar ging.
Sie nahm seine Hand. "Ich bin da, mein Lieber. Hörst du mich? Ich bin da." Sie hielt ihn. Er sprach nicht. Doch er spürte sie. Sie legte sich zu ihm ins Bett. Ihre Knochen schmerzten nicht mehr. Sie nahm ihn in den Arm. Sie hielt ihn ganz fest. "Ich bin bei dir." So lange lag sie neben ihm und hielt ihn einfach.
Seine Hände waren kalt geworden. Sie ließ ihn nicht los. Sie erkannte es erst Stunden später.
Sie dankte Gott. Für all die Jahre. Dass er in ihren Armen gestorben war. So ruhig, auf seine Art.
Nun war sie allein.

Lieber Opa- ich hoffe du bist gut dort oben angekommen. ich bin so froh, dass du nicht an den Schmerzen deiner Krankheit gestorben bist, sondern in den Armen deiner Frau eingeschlafen bist. Welchen schöneren Tod kann man sich vorstellen, als in den Armen des geliebtesten Menschen-beschützt und wiedergeliebt.
ich verspreche dir-wir lassen deine Rosa nicht allein. Schau auf sie herunter und pass auf sie auf!
Sophie Christine Antal, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.11.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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