Geschickt setzte Piri auf dem Weg vor dem Feenschloss auf. Ihm war beinahe feierlich zumute. „Hoffentlich verstehen sich die Beiden!“, dachte er. Die letzte Flugkurve lang war er ganz in Gedanken versunken gewesen und hatte gar nicht mehr auf seine Freundin geachtet. Prüfend drehte er seinen Kopf zur Seite, aber da war keine Lizzi! „Huih!“, erschrak er und drehte seinen Kopf noch weiter nach hinten. Eulen können das besser als wir Menschen. So musste Piri sich nicht einmal umdrehen, um trotzdem genau sehen zu können, was sich hinter seinem Rücken so tat. Aus den Augenwinkeln entdeckte er Lizzi, die viel weiter vom Schloss entfernt als er selber ebenfalls auf dem Boden hockte. Überhaupt nicht mehr fröhlich wirkte sie, sondern eher ein wenig ängstlich. Mit ein paar Flatterschlägen war Piri bei ihr: „Was ist mit dir denn so plötzlich los?“ „Ich hab` irgendwie Bammel!“, flüsterte Lizzi und kratzte sich verschämt mit der linken Kralle hinter ihrem linken Ohr. „Quatsch!“, tröstete Piri sie. „Erstens ist Lumi die netteste Traumfee, die ich kenne und zweitens bist du das niedlichste Eulenmädchen weit und breit.“ „Das ist wieder typisch Piri. Soo lieb!“, sagte sich Lizzi, strahlte ihn dankbar an und guckte gleich schon ein wenig mutiger. „Außerdem bin ich doch bei dir!“, ergänzte Piri fürsorglich. „Versuchte jemand, Lizzi auch nur eine einzige Feder zu krümmen, verteidigte ich sie mit Schnabel und Krallen. Der würde sich wundern, wie heftig ich dann zuhackte!“, schwor sich Piri. Behutsam führte er seine kleine Freundin auf das Schloss zu.Im Schneckentempo und mit klitzekurzen Trippelschritten folgte ihm Lizzi. Sie war zwar inzwischen schon mutiger, aber soo ganz mutig immer noch nicht. „Wi, ist das schön!“ Die kleine Eule war begeistert und vergass prompt, dass sie sich ja eigentlich noch ein bisschen unsicher fühlte. Begeistert starrte sie auf das auf allen Seiten von bunten Blumen umrankte Haus. Plötzlich war sie es, die Piri ungeduldig zur Schlosstür zog. Ihre Scheu war wie weggeblasen. „Endlich ist sie wieder fröhlich!“, freute sich Piri. Da Piri ein gut erzogener Eulenjunge war, wusste er auch, wie er sich einem Mädchen gegenüber zu benehmen hatte und hielt Lizzi höflich die Türe auf. Gar nicht mehr schüchtern, hopste sie hinein. Noch ein paar Schritte und sie standen vor Lumis Zimmer. Zum zweiten Male an diesem Tage pickte Piri dreimal kräftig gegen die Tür. Diesmal öffnete die Fee selber. „Hallo, ich bin Lumi. Und du bist Lizzi, ja?“, lächelte sie. Lizzi musterte sie neugierig. „Die finde ich nett!“, dachte die kleine Eule sofort und nickte eifrig. „Piri hat mir schon viel von dir erzählt!“, begann Lumi. ´Klapp` machte es. Lizzi hatte die Augen nieder geschlagen und sogar noch die Flügelspitzen darüber gelegt, so verlegen war sie. „Er hat dich sehr lieb!“ Da klappte Lizzi ihre schönen Augen ganz schnell wieder auf und wurde putzmunter. „Ich hab` ihn auch lieb! Wir erzählen uns alles, können ganz toll miteinander spielen und jagen auch gemeinsam!“, verriet sie stolz. „Einmal, da... Lizzi war einfach nicht mehr zu bremsen, lachte, lachte noch mehr und redete unentwegt und fast ohne Pause. Lumi unterbrach die kleine Eule nicht, sondern hörte zu und hatte ihren Spaß an diesem lebhaften Eulenmädchen. „Sie ist wirklich besonders süß!“, flüsterte sie ihrem Piri ins Ohr. Der strahlte übers ganze Gesicht. „Ich hab` s ja geahnt, dass Lumi sie mag!“ Piri war da bestimmt der glücklichste Eulenjunge der Welt. Die Drei unterhielten sich noch ganz lange. Plötzlich meinte die Fee: „Kinder, es wird dringend Zeit. Ich muss los!“ Piri und Lizzi guckten sie aus großen Bettelaugen an: „Nimmst du uns mit zur Teddybärenstadt?“ So niedlich, wie Piri und Lizzi das fragten, fiel es der Fee unheimlich schwer, ihnen das abzuschlagen. Leider ging es aber nicht anders. „Seid nicht traurig, ihr Zwei, doch ich reise allein.“ „Schaade!“, meinten Piri und Lizzi enttäuscht wie aus einem Schnabel. Piri schluckte tapfer und Lizzi kämpfte sogar mit einer Träne. Damit weder die Fee und noch Piri das bemerken sollten, fuhr sie sich verstohlen mit der Flügelspitze über die Augen. So, jetzt sah niemand mehr etwas und dass ihre Feder jetzt ein wenig feucht war, störte Lizzi nicht weiter. Die trocknete von alleine wieder. Lumi taten sie sehr leid und sie überlegte rasch, wie sie die Beiden wieder aufmuntern könnte. Da kam ihr auch sofort die richtige Idee: „Hört mal zu!“ Piri und Lizzi spitzten die Ohren. „Ob wir vielleicht doch noch...?“ Doch Lumi hatte an etwas ganz anderes gedacht: „Ich kann euch tatsächlich nicht mitnehmen, aber...Ich habe eine wichtige Aufgabe für euch.“ „Eine Aufgabe?“, forschte Piri. „Ja, es muss doch jemand auf das Schloss aufpassen, während ich weg bin“, antwortete die Fee, ausnahmsweise sehr ernst. „Stellt euch vor, die Paradiesvögel, die sowieso nur Unfug im Kopf haben, zögen meine Feenkleider an und hüpften darin durch das Geäst der Bäume. Bei ihren wilden Spielen rissen sie hässliche Löcher in den Stoff und ich könnte die schönen Gewänder nur noch wegwerfen. Zur Himmelsschneiderin könnte ich sie auch nicht bringen, denn die hat mit den Engelskleidern schon mehr als genug Arbeit.“ Bei der Vorstellung, auf ihre hübschen Kleider verzichten zu sollen, seufzte die Fee laut. Aber es gab noch viel größere Schätze im Schloss. Die waren so wertvoll, dass sie sogar in Glaskästen aufbewahrt wurden. „Ja“, sprach die Fee sehr eindringlich. „Es geht um die Feenzauberbücher. Es wäre schrecklich, wenn sie geklaut würden.“ Das verstanden Piri und selbst Lizzi sofort. Eine Fee ohne ihre Zaubersprüche? Das ging überhaupt nicht. „Seht ihr, deshalb müsst ihr hier bleiben!“, sagte Lumi. „Piri, Lizzi darf gerne hier im Schloss wohnen. So seid ihr immer zusammen und ich kann ruhig verreisen.“ „Für so tüchtig hält sie uns!“, flüsterte Piri stolz seiner Freundin ins Ohr. Alle Traurigkeit war vergessen. Lumi führte Lizzi durchs Schloss und zeigte ihr alles. Piri begleitete sie. Zuletzt betraten sie ein besonders hübsches Zimmer. Lizzi traute ihren Augen nicht. „Das ist euer Schlafzimmer. Gefällt es euch?“ „G..Gefallen??“ Lizzi war selig. Das Zimmer war fast so eingerichtet wie ihre Eulenhöhlen zuhause. Die Wände waren mit einer Tapete geschmückt, auf der viele Bäume und Wiesen mit bunten Blumen zu sehen waren. Auf dem Boden lag ein riesiger, flauschiger Teppich, der fast so braun war wie die Erde draußen. Mitten im Raum stand ein gewaltiger Blumentopf mit einem Minibaum. Der hatte genauso viele Kletteräste wie die Laubbäume im Feenwald. Aber das Schönste überhaupt entdeckten Lizzi und Piri dann in der hintersten Ecke des Zimmers. Dort hatte Lumi ein richtiges Eulennest gebaut. Ein riesiges Eulennest für zwei verliebte Eulen wie Piri und Lizzi mit einer weichen Kuscheldecke darin, damit es auch ganz doll gemütlich sein sollte. Diesmal war es Lizzi, die mit einem jubelnden ´Huihwiwi` auf Lumis Schulter landete und voller Dankbarkeit an deren Haaren zupfte. Und wieder gab es ein Antwortstreicheln von Lumi. Als dann eine kurze Weile später die Fee auf ihrem Lumimobil von dannen fuhr, winkten ihr zwei super glückliche, super stolze Eulenkinder hinterher. Piri sagte zu Lizzi: „Jetzt bin ich der Schlossherr!“ Und, vor sich hin träumend, meinte Lizzi dazu: „Und ich deine Prinzessin!“ |
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.11.2006.
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