Sebastian Pillkowsky

Kein, mein, kann das sein? Träume sind stärker....

                                        Kein, mein, kann das sein?                                              
 

Und wieder betrat er die graue, schneebedeckte Brücke. Es ist nicht das erste mal, dass er seine Träume lebt. Das kleine Mädchen cirka 5 Meter vor ihm, das die Hände nach ihm ausstreckt und er, der noch am Anfang der Brücke steht und nicht weiß, ob er sich das alles einbildet, oder ob seine Träume Realität sind. Und wieder macht er den einen vorsichtigen Schritt auf die schneebedeckte Holzbrücke. Und wieder sieht er das kleine Mädchen, das ihre Mundwinkel zu einem Lächeln verzieht. „Ihr typisches Lächeln“, denkt er und steht nun mit beiden Beinen auf gleicher Höhe mit ihr, wie jeden morgen.

Er trägt wie immer seinen Morgenmantel, den er wegen der Kälte sehr eng an sich geschnürt hat. Die Brücke gibt ein hölzernes Signal, als er mit seinen Schuhen einen erneuten Schritt nach vorne wagt, wie jedes mal, wenn er auf das kleine Mädchen trifft.

Etwas kam ihm in diesem Moment sehr komisch vor. Irgendetwas war nicht richtig, es hatte sich irgend etwas verändert. Der Traum geriet außer Kontrolle. Bestimmte er nun seinen Traum? Aber wie war das nur möglich? Dieser eine Schritt nach vorne, der Versuch, das Mädchen zu ertasten, endlich eine Antwort zu finden auf das, worauf es keine Antwort gibt, zerstörte alles.

Und so geschah etwas, was er noch nie träumte und sich auch nie gewagt hätte zu Erträumen. Das Mädchen verschwand plötzlich, es war totenstill auf der Brücke und er war ganz allein. Er spürte sofort, wie kalt es ihm wurde. Diese Kälte war keine gewöhnliche Kälte, es war die Kälte des Alleinseins. Seine Angst, alleine auf einer großen, hölzernen Brücke zu stehen, ohne Rückhalt, ohne Unterstützung, es machte ihm Angst.

Kalte Schauer liefen ihm den Rücken hinunter, als er immer noch versuchte, das Unerreichbare zu erreichen, das andere Ende der Brücke. Er setzte einen erneuten Schritt nach vorne, die Flucht nach vorne endete in einem jähen lauten Knall. Er fiel, die Brücke gab nach. Es begann zu schneien und während er fiel, sah er plötzlich das andere Ende der Brücke. Sein Mund stand weit offen und Tränen rannen sein Gesicht herunter. Das Mädchen stand am anderen Ende der Brücke und hielt ihre Hände erneut ausgestreckt in seine Richtung. Auch ihr rannen Tränen die Wangen hinunter.

Er wartete die ganze Zeit auf einen Aufschlag, der ein jähes Ende dieses Traumes verursachen würde. Er zitterte am ganzen Körper, doch plötzlich fiel er nicht mehr.

Stattdessen stand er wieder vor dem Mädchen. „Wer bist du?“ Er stotterte, ohne das es ihm bewusst war. Das Mädchen schüttelte mit dem Kopf und drehte ihm den Rücken zu, als er mit seiner Hand nach ihr Griff. Es fröstelte ihn, als er bemerkte, dass er sie nicht greifen konnte. Er wollte Antworten und diese jetzt. „Was ist nur mit mir los, was soll das Ganze hier? Was machst du mit mir? Immer träume ich von dir. Jeden Tag stehen wir uns hier gegenüber und dabei ist das alles ein Traum. Dich gibt es doch gar nicht.“ Das Mädchen drehte sich zu ihm um und legte ihren Zeigefinger auf seinen Mund.

„Sei still, du weißt, wer ich bin“. Erschrocken und überrascht zugleich, dass das Mädchen zu sprechen begann, wich er zurück. Er erkannte erneut das gleiche Grinsen in ihrem Gesicht. Es ist ein unberechenbares Grinsen, was aber nicht heißen sollte, dass sie böse ist. „Sag mir, was hier geschieht!“. „Schau dich um, dann wirst du alle Antworten auf deine Fragen bekommen.“ Er hob den Kopf leicht an, damit er sich einen Überblick über die Umgebung schaffen konnte. „Ich kann nichts sehen, es ist alles so neblig.“ „Nicht das was wir sehen ist real, sondern das was wir fühlen“, hörte er von irgendwo her. „Was soll das heißen?“ Keine Antwort.

„Ich will hier weg, ich will aufwachen“. „ Du willst also weg von hier?“ Er fuhr herum und erblickte erneut das Mädchen, das auf der Brücke stand. Die Brücke, sie war wieder da. Der Nebel verschwand und erleuchtete das ganze Tal. Zum ersten Mal konnte er das ganze Tal durchblicken, er erkannte Felsen und Seen, Dinge, die er nie zuvor gesehen hat.

„Siehst du, du hast dich entschieden.“ „Wofür habe ich mich entschieden?“ „ Du hast dich für deine kommenden Träume entschieden.“ „Das ist doch unmöglich, wie soll ich das denn machen, du bist nicht real, dich kann man ja noch nicht einmal greifen. Du bist ein Traum, das alles hier ist ein Traum.“ „Das ist alles ein Traum, aber es ist der Traum, den du möchtest und du entscheidest über ihn“.

„Warum sehe ich all diese Dinge hier?“ „Du meinst das weite Tal? Nun, du hast dich für einen anderen Weg entschieden“. „Welchen anderen Weg?“ „ Du möchtest heraustreten aus deinem, meinem Traum, du möchtest die Brücke nicht überqueren.“

„Nein, ich meine natürlich will ich das, aber....“

„ Du hast dich entschieden“.

„Warte, jetzt höre mir mal zu. Ich bin nicht verrückt und es ist schlimm genug, dass ich hier mit einer Fantasie von mir spreche.“

„Aber es scheint dir sichtlich Spaß zu machen, dich mit deiner Fantasie zu unterhalten.“ „Es macht mir nicht Spaß, es muss so sein.“

„Ja, und genau das ist der Punkt. Du machst es, weil du es musst, du willst es nicht.“ „Doch, ich will es.“ „Nein, du willst es nicht. Du möchtest die Brücke überqueren, weil du denkst, dass es so einfach ist, einfach alles das in Besitz zu nehmen, was dir nicht gehört. Du willst immer weiter höher hinaus, dabei vergisst du, dass du dafür auch etwas geben musst.“ „Was soll ich dir geben?“ „Ich glaube, du verstehst mich nicht. Du hattest die Möglichkeit zu zeigen, dass es dir wichtig ist, auf das andere Ende der Brücke zu kommen. Wie viele Male standen wir uns hier auf der Brücke schon gegenüber? Immer wieder wolltest du zurück in deine Welt, deine reale Welt. Ich habe dich fallen gelassen, weil ich dachte, du würdest zur Besinnung kommen und würdest sehen, dass man für seine Träume auch etwas tun muss. Dabei habe ich nichts weiter gesehen, als deine unbeholfene Art. Und das machte mich traurig. Du verhältst dich in deinen Träumen wie in deiner realen Welt. Du bist rücksichtslos, unbeholfen und verstehst es nicht, dass man für Etwas manchmal kämpfen muss. „ Sei ruhig!“

Das Mädchen verzog ihr Gesicht wieder zu ihrem typischen Lächeln. „ Mache es gut. Wir werden uns vielleicht nicht mehr wiedersehen, aber ich wünsche dir trotzdem viel Erfolg auf deiner weiteren Reise durch deine Träume. Dann ergriff sie seine Hand. Es erschrak ihn, dass er diese plötzlich spüren konnte. Sie hatte einen weichen, festen Händedruck. Sie kehrte ihm den Rücken zu und ging in Richtung Brückenende. „Das ist meine Welt, das ist deine Welt. Wir passen einfach nicht zusammen.“ Sie deutete mit ihrem Zeigefinger in seine Richtung.

 „Es wird Zeit für dich wieder zu erwachen. Doch lass mich dir eines sagen: Träume sind stärker, als das was man lebt, solange noch Menschen träumen, werden Wunder wahr.“ 
 
 

 

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.11.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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